Inhaltsverzeichnis
1. Der Begriff ,,Opposition"
1.1. Die Aufgaben der Opposition
1.2. Die Funktionen der Opposition
2. Formen der Opposition
2.1. Machtkontrolle durch außerparlamentarische Opposition
2.2. Oppositionsfunktion bei der Einparteienregierung
3. Rechtsgrundlagen der Opposition
3.1. Parlamentsreform
3.2. Oppositionsverbot
3.3. Föderale Politikverflechtung
4.Wie kann die Opposition ihre Aufgaben erfüllen?
4.1. Oppositionskritik
4.2. Oppositionsverhandlungen
4.3. Einsetzen von Minderheitenrechten
4.4. Durchsetzungschancen der Opposition
5. Die Opposition unter sich
5.1. Oppositionsführer
5.2. Oppositionsstrategien
5.3. Oppositionsfraktionsvereinbarungen
6. Geschichte der Opposition
Quellenverzeichnis
1. Der Begriff ,,Opposition"
Opposition, opponieren, lat. oppositio = Widerspruch, widersprechen, dagegen sein, ,,das Entgegengesetzte", allgemein für gegensätzliche Haltung, Gegensatz und Widerstand In der Politik bezeichnet der Begriff Opposition im weiteren Sinne diejenigen Personen und Gruppen, die im Widerspruch zur herrschenden Meinung oder Autorität stehen, bzw. diesen Widerspruch selbst; im engeren Sinne versteht man unter Opposition diejenigen Parteien und Gruppen im Parlament, die nicht an der Regierung beteiligt sind und im Gegensatz zur Regierung und ihrer Politik stehen. Die politische Opposition allgemein ist ein wesentliches Merkmal des demokratischen Verfassungsstaates; ihre Grundvoraussetzung ist das Recht auf Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit.
1.1. Die Aufgaben der Opposition
Bei den Bundestagswahlen 1990 sprachen sich von den rund 46,5 Millionen Wählern, die eine gültige Stimme abgaben, rund 25,5 Millionen für und rund 21 Millionen gegen die Regierung aus. Die 21 Millionen Bürger, die der Regierung nicht ihre Stimme gaben, wurden dann im Bundestag von den Oppositionsparteien SPD, PDS und Bündnis ´90 die Grünen vertreten.
,,Die Opposition hat einen wesentlichen Auftrag derjenigen Wähler zu erfüllen, die ihre Stimme nicht den Regierungsparteien gegeben haben."
(Gustav Heinemann, Bundespräsident von 1969-1974) Konsens am Ende politischer Willensbildung und Entscheidungsfindung ist nur tragfähig, wenn die zugrunde liegenden Konflikte mit den alternativen Lösungsvorstellungen in für alle beteiligten Interessen vertretbarem und zumutbarem Umfange in die Entscheidungsfindung einbezogen worden sind. Damit eine solche Abwägung aller Interessen im politischen Meinungskampf tatsächlich erfolgt, ist in der Staatsform der Demokratie durch institutionelle Vorkehrungen dafür gesorgt, dass sich nicht nur die herrschenden, sondern auch die abweichenden politischen Interessen an der Willensbildung des Gesamtstaates beteiligen können. Demzufolge gehört zu den Wesensmerkmalen einer Demokratie nicht nur eine Regierung, sondern auch eine Opposition, die die Chance zur Regierungsübernahme nach Neubildung von Koalitionen oder nach Neuwahlen besitzt. Das Bild von der ,,Gegen Regierung", der ,,Schatten-Regierung" oder der ,,Regierung von morgen" leuchtet auf.
Als Gegenkraft zu den Regierungsparteien spielt die parlamentarische Opposition für das Verständnis eines parlamentarischen Regierungssystems eine tragende Rolle. Ein Staat, der Opposition nicht duldet, ist eine Diktatur und eine oppositionslose Demokratie daher ein Widerspruch in sich.
So hat das Bundesverfassungsgericht das ,,Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition" als ein grundlegendes Prinzip der ,,freiheitlichen demokratischen Grundordnung" hervorgehoben. Da harte parlamentarische Auseinandersetzungen in Deutschland vielfach als verpönt gelten, besitzt die parlamentarische Opposition bei uns nicht die Legitimität wie etwa in Großbritannien, wo die Opposition ein ,,Schattenkabinett" aufstellt, wenngleich positive Wandlungen festzustellen sind.
Das vielfach mangelnde Verständnis für die parlamentarische Funktionsweise schlägt sich darin nieder, dass eine parlamentarische Opposition auf zahlreiche Vorbehalte stößt, unterstellt man ihr doch häufig, dass sie das ,,Staatsganze" gefährdet. Mehrere Gründe lassen sich für die Neigung anführen, die Rolle der Opposition zu diffamieren:
Im kaiserlichen Obrigkeitsstaat konnte sich ein Wechselspiel von parlamentarischer Opposition und Regierung nicht verankern, da die Regierung nicht der Unterstützung des Parlaments bedurfte. Stattdessen wurden die Parteien, die die Regierung attackierten, als illoyal angesehen Auch in der Weimarer Republik entstand keine Opposition, weil sich ein Zweiparteien- oder Zweigruppensystem nicht herausbildete und der nötige Konsens fehlte. Die Oppositionsparteien des politischen Extremismus - dies gilt sowohl für Kommunisten wie für Nationalsozialisten und zum größten Teil auch für die Deutsch-Nationalen - verstanden sich nicht als ,,Opposition im System", sondern als ,,Opposition zum System".
Die negative Bewertung der Opposition setzte sich in der Bundesrepublik Deutschland zum Teil fort. Widersprach die Opposition grundlegenden Maßnahmen der Regierung (wie die SPD 1956 dem Wehrpflichtgesetz, die FDP 1968 den Notstandsgesetzen oder die CDU/CSU 1973 dem Grundlagenvertrag), so wurde sie mitunter der ,,Neinsagerei" beschuldigt. Besonders die SPD hatte während der 50er Jahre unter dem unzureichenden Oppositionsverständnis der Bevölkerung zu leiden Die Sehnsucht nach einer heilen Gesellschaft zählt immer noch mehr als Konflikt, Streit und Widerspruch. Wer Demokratie als Identität von Regierenden und Regierten versteht, leistet der Auffassung Vorschub, die Regierung repräsentiere den Volkswillen, und die Opposition weiche von ihm ab. Der traditionelle Anti-Parteiaffekt richtet sich vor allem gegen die Opposition, weil die Mehrheitsparteien die Regierung stützen. Allerdings haben sich im Laufe des letzten Jahrzehnts gewisse Wandlungen vollzogen. Die Konfliktbereitschaft vieler Bürger ist gestiegen.
1.2. Funktionen der Opposition
Durch die Opposition soll Machtmissbrauch verhindert werden. Ohne eine wache Opposition ist eine wirksame Kontrolle der Regierung nicht möglich. Eine Regierung, die nicht kontrolliert wird, ist versucht, ihre Macht zu missbrauchen. Und kann leicht zur Diktatur ausarten. Die Opposition ist also das Auge des Volkes, das der Regierung ständig auf die Finger schaut.
,,Die Opposition hat die ständige Aufgabe, die Kritik am Regierungsprogramm im Grundsatz und im Einzelfall öffentlich zu vertreten."
aus Artikel 23a der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg Kritik zu üben ist nicht einfach. Kritik muss deutlich und darf hart sein, aber sie soll fair bleiben. Die Gefahr, dass sie unsachlich, verletzend oder subjektiv wird, ist groß. Kritik durch die Opposition und Auseinandersetzungen zwischen Koalitions- und Oppositionsparteien schließen nicht aus, dass die Opposition mit der Regierung zusammenarbeitet, vor allem dann, wenn es um besonders wichtige und für die Zukunft entscheidende Fragen geht. Nein-Sagen allein genügt nicht. Wer kritisiert, muss auch sagen, was und wie es besser gemacht werden soll und kann. Eine gute Opposition entwickelt ein eigenes ,,Regierungsprogramm", damit sie in der Lage ist, zum gegebenen Zeitpunkt selbst die Regierung zu übernehmen. Sie zeigt dem Wähler, wie sie die anstehenden politischen Probleme anpacken und lösen würde. Sie bietet dem Wähler Alternativen an.
Eine Opposition ist wesentlicher Bestandteil sowohl eines demokratischen Präsidialsystems, wie es sich beispielsweise in den USA herausgebildet hat, wie auch von parlamentarischen Regierungssystemen nach der Art des Grundgesetzes. Einer Opposition werden in der politischen Theorie meist drei Funktionen zugewiesen, nämlich
1. Die Kritik der Regierungspolitik
2. Die Kontrolle der Regierung und Verwaltung
3. Die Formulierung von Alternativen zur Regierungspolitik
Es gibt aber auch differenziertere Aufgabenbeschreibungen. Anschaulich unterscheidet beispielsweise Winfried Steffani als Oppositionsfunktionen:
- >>Kontrolle der Regierung einschließlich des von ihr zu verantwortenden Verwaltungshandelns
- Kritik der und Einflussnahme auf die Regierungspolitik (gegebenenfalls durch Aufzeigen von Alternativen)
- Erarbeitung von Alternativpositionen (Sachalternative)
- Selektion und Ausbildung qualifizierter Regierungsaspiranten (Personalalternative) · Stete Bereitschaft zur Regierungsübernahme
- Kritischer Mahner zur Wahrung von Freiheit und Minderheitenschutz, Recht und Ordnung (Opposition als ,,Hort und Hüter der Freiheit")
- Integration von Minderheitsgruppen in den politischen Prozess und
- Mobilisierung der Öffentlichkeit als ,,Beweger der Politik wirksam werden"<<
Aber im Grund genommen (vereinfacht) hat die parlamentarische Opposition in einer parlamentarischen Demokratie, wie der Bundesrepublik Deutschland, primär die Aufgabe, Kritik zu üben, die Regierung zu kontrollieren, Alternativen aufzubauen und in Grundfragen mit der Regierung zu kooperieren, um auf das System integrierend zu wirken.
Die Opposition kritisiert die Maßnahmen der Regierung; sie will die öffentliche Meinung auf ihre Seite bringen. Natürlich ist sie nicht verpflichtet, jede Entscheidung der Regierung zu missbilligen. So haben SPD und CDU/CSU während ihrer Oppositionszeit den meisten Gesetzen zugestimmt. Dabei gerät die parlamentarische Opposition allerdings in ein Dilemma. Durch ihre zumeist kooperative Haltung in den Ausschüssen fällt es ihr hernach im Plenum1bisweilen schwer, glaubwürdige Kritik zu üben.
Das Parlament besitzt ein vielfältiges Instrumentarium, um die Tätigkeit der Regierung zu kontrollieren. Verständlicherweise macht davon vor allem die Opposition Gebrauch. Der Großteil der Kontrollrechte bleibt allerdings folgenlos, die Opposition vermag schließlich kaum eine Entscheidung der Regierung zu verhindern. Bedeutung gewinnt die oppositionelle Wächterrolle dann, wenn die Regierung die Opposition benötigt. So kann das Grundgesetz nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit geändert werden.
Die parlamentarische Opposition muss versuchen, Alternativen gegenüber der Regierung deutlich zu machen, und das nicht nur in personeller Hinsicht. Vor allem für die zentralen Bereiche der Politik will die öffentliche Meinung die Gegenvorstellungen der Opposition erfahren. Natürlich liegen den Alternativen selten völlig gegensätzliche Konzepte zugrunde.
Bei aller Unerlässlichkeit, die Regierung zu kritisieren, zu kontrollieren und in die Enge zu treiben, obliegt es der parlamentarischen Opposition, die Spielregeln der parlamentarischen Demokratie nicht in Frage zu stellen. Eine Opposition, die danach trachtet, das parlamentarische System aus den Angeln zu heben, führt sich selbst ins Aus. Trotz mancher Schärfe, die die Oppositionstätigkeit der SPD wie die der CDU/CSU zeitweilig kennzeichnete, bestand bisher nicht die Gefahr einer systemüberwindenden Oppositionsstrategie.
Die jeweiligen Oppositionsparteien
- SPD von 1949 bis 1966 und von 1982 bis 1999 · FDP von 1956 bis 1961 und 1966 bis 1969 · CDU/CSU von 1969 bis 1982 und ab 1999 haben ihre Funktionen im allgemeinen angemessen wahrgenommen. Das Oppositionsverhalten schwankte von einer deutlich kompetitiven (auf Wettbewerb ausgerichtet) (SPD1949 - 1953; CDU/CSU 1969 bis 1972) bis zu einer kooperativen (auf Zusammenarbeit ausgelegt) Strategie (SPD 1961 - 1966). Selbstverständlich gibt es auch die Möglichkeit, dass eine Opposition ihre Strategie variiert, je nach dem Bereich. Allgemeingültige Aussagen darüber zu treffen, welche Strategie vorzuziehen sei, ist nicht möglich.
Die parlamentarische Opposition besitzt gegenüber den Regierungsparteien gewisse Wettbewerbsnachteile: Der Vertrauensvorschuss, den der Regierungschef genießt (,,Amtsbonus"), verursacht häufig einen ,,Mitläufereffekt", weil sich viele Wähler an der Regierung orientieren und mit ihr identifizieren. In den Massenmedien kommt die Regierung viel öfter zu Wort, ergreift sie doch mehr Initiativen als die Opposition, die häufig nur darauf reagieren kann. Und Interessengruppen neigen dazu, Kontakte zur jeweiligen Regierung zwecks Durchsetzung ihrer Forderungen zu pflegen. Natürlich ist eine Regierungswechsel durchaus nicht ausgeschlossen, das Wort von der ,,Dauernden Ohnmacht" der Opposition daher übertrieben, zumal aufgrund der höheren Erwartungshaltung schon eine geringfügige wirtschaftliche Krise der Regierung Schaden bringen kann. Jede Regierung nutzt sich ab und begeht Fehler, die die Wähler auf Dauer nicht tolerieren.
2. Formen der Opposition
Die Politikwissenschaft unterscheidet je nach Systemtreue, Handlungsweise gegenüber der Regierung (Aktionskonsistenz) und Betätigungsfeld verschiedene Ausprägungen der politischen Verfassung, eine Antisystem- oder Fundamental-Opposition lehnt sie ab und strebt die Errichtung eines anderen Systems an. Eine kompetitive Opposition artikuliert in weiten Bereichen konsequent ihr eigenes Programm, eine Ad-hoc-Opposition opponiert fallweise im Rahmen bestimmter Sachfragen, eine kooperative Opposition ist prinzipiell zur Zusammenarbeit mit der Regierung bereit und eine obstruktive Opposition sucht in erster Linie die Regierungsarbeiten zu behindern. Nach ihrem Betätigungsfeld gliedert sich die Opposition in parlamentarische und außerparlamentarische.
2.1. Machtkontrolle durch die außerparlamentarische Opposition
Entstehung der außerparlamentarischen Opposition Während der Regierung der ,,Großen Koalition" zwischen CDU/CSU und SPD von 1966 bis 1969 war die parlamentarische Opposition (FDP) sehr schwach (447 zu 49 Abgeordneten). Das führte zu einer verstärkten Tätigkeit der außerparlamentarischen Opposition. In vielen Städten der Bundesrepublik bildeten sich Vereinigungen, besonders von jungen Menschen und Studenten (,,Studentenrevolte"), mit dem Ziel, fehlende parlamentarische Opposition durch heftige außerparlamentarische zu ersetzen. Im Volksmund bekamen sie den Namen ,,APO" (= außerparlamentarische Opposition). In manchen Fällen richteten sich die Angriffe der APO nicht nur gegen Regierung und Parteien, sondern gegen die parlamentarische Demokratie und unsere verfassungsmäßige Ordnung überhaupt: Aus der außerparlamentarischen wurde eine antiparlamentarische Opposition. Die außerparlamentarische Opposition der sechziger Jahre war in einem gewissen Sinne Vorläufer der heutigen Bürgerinitiativen und Demonstrationen, die um 1970 ihren Anfang nahmen.
In der Bundesrepublik hat es noch weitere zahlreiche außerparlamentarische Protestbewegungen gegeben: in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre fanden Protestkundgebungen gegen die Wiederbewaffnung unter dem Schlagwort ,,Remilitarisierung" statt. Diese ,,Ohne-mich-Bewegung" hatte 1955 ihren Höhepunkt überschritten. 1957/58 flammte erneut eine Protestbewegung auf: Es ging gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr. Mit dem Rückzug der SPD zerfiel die Kampagne ,,Kampf dem Atomtod". In der Folgezeit gab es Ostermärsche der Atomwaffengegner (,,Ostermarschbewegung"). Sie sind in gewisser Weise ein Vorläufer der außerparlamentarischen Bewegung in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre.
In einem gewissen Sinne haben die seit Anfang der siebziger Jahre aufsehenerregenden Bürgerinitiativen die Nachfolge der außerparlamentarischen Opposition angetreten. Bürger schließen sich in (parteipolitisch nicht festgelegten) Gruppen zusammen, um die Entscheidungen der Parlamente, der Parteien und der Verwaltungen und so - tatsächliche oder vermeintliche - Missstände und Fehlhandlungen abzuwehren. Besonders bekannt geworden sind die Bürgerinitiativen im Bereich des Umweltschutzes, hier wiederum die Aktivitäten gegen den bau von Atomkraftwerken. Bürgerinitiativen - prinzipiell ein legitimer Ausdruck der Vereinigungsfreiheit - helfen mit, politische Apathie der Bürger zu überwinden. Andererseits besitzen Bürgerinitiativen kein allgemeines Mandat der Bevölkerung (das heißt, sie werden nicht gewählt), und manchmal versuchen sie, ihre Teilinteressen und Einzelforderungen mit massivem Druck durchzusetzen. Daher haben die gewählten Vertreter, die schließlich das Mandat der Bevölkerung besitzen, die Pflicht, jeden Einzelfall zu prüfen. Gruppierungen, die nur eigensüchtige Interessen oder antidemokratische Ziele verfolgen, betreiben ,,Etikettenschwindel", wenn sie sich als Bürgerinitiativen ausgeben. Damit diskreditieren sie lediglich die legitimen Absichten der ,,wirklichen" Bürgerinitiativen.
Aus den Bürgerinitiativen zum Schutz der Umwelt im allgemeinen und zur Verhinderung des Baus von Kernkraftwerken sind die Grünen hervorgegangen. 1980 hielten sie ihren Gründungskongress ab und streben seither in die Parlamente. Das Beispiel der Grünen zeigt die fließenden Grenzen von außerparlamentarischer und parlamentarischer Opposition. Seitdem sie parlamentarisch tätig sind, gehen ihre Forderungen weit über umweltpolitische Programmpunkte hinaus.
Von außerparlamentarischer Opposition kann man dann reden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- Es muss eine konkrete Zielsetzung bestehen;
- Ein gewisser organisatorischer Kern der Bewegung muss vorhanden sein;
- Über die Mobilisierung der Öffentlichkeit muss Druck auf Parlament und
Regierung ausgeübt werden.
Oppositionelle Gruppierungen außerhalb des Parlaments sind durchaus legal und legitim. Sie können die Demokratie lebendiger gestalten und sind ein Indiz für die Offenheit des politischen Systems.
2.2. Oppositionsfunktion bei der Einparteienregierung
Wenn eine Partei bei Wahlen die absolute Mehrheit (mehr als die Hälfte der Mandate) gewinnt, kann sie allein die Regierung bilden. Man spricht dann von einer Einparteienregierung. Die anderen Parteien stehen in der Opposition, diese hat dann eine entscheidende Funktion und muss stark und stabil sein, um Machtmissbrauch der Einparteienregierung zu verhindern.
3. Rechtsgrundlagen der Opposition
Verfassungsrechtssprechung zur Stellung der Opposition Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsstellung der Opposition bereits in einer der ersten Entscheidungen als Wesenselement der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes betont. Es hat in seinem Urteil zur Verfassungswidrigkeit der Sozialistischen Reichspartei das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition anerkannt.
Die zuerst zitierte Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts hat sich in der Formulierung des § 92 Abs. 2 des Strafgesetzbuches niedergeschlagen, der die Verfassungsgrundsätze im Sinne des Strafgesetzbuches definiert und dazu unter Nummer 3 ,,das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition" und unter Nummer 4 ,,die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung" zählt.
In einer späteren Entscheidung hat es erklärt, dieses Recht umfasse den Anspruch der oppositionellen Minderheit, ihre eigenen politischen Ansichten im Plenum vorzutragen, zu begründen und die Vorstellungen der Mehrheit zu kritisieren. An einer anderen Stelle ging dasselbe Gericht im Hinblick auf die parlamentarische Gesetzgebungsfunktion sogar weiter.
Es führte aus, es sei nicht nur das Recht der Opposition, sondern geradezu ihre Pflicht, außer ihren politischen auch ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen einen Gesetzentwurf gelten zu machen. Im Gesetzgebungsverfahren können jede Fraktion oder auch 5 von Hundert der Mitglieder des Bundestages, also 34 Abgeordnete, eine Gesetzesvorlage beim Bundestag einbringen und daraufhin ihre Vorstellungen vor dem Bundestag und der Öffentlichkeit darlegen. Davon kann vor allem die Opposition Gebrauch machen.
Allerdings kennt das Grundgesetz keine besonderen Rechte der Opposition, die nur ihr, nicht auch einer anderen Minderheit, die beispielsweise aus Mitgliedern der Regierungsfraktionen gebildet werden könnte, zustehen. Missbilligungsanträge gegen Mitglieder der Bundesregierung oder Vertrauensfrageersuchen können im Bundestag zwar eingebracht werden, stellen aber keine eigenen Oppositionsrechte dar, die nur diese ausüben könnte; die Annahme dieser Anträge im Bundestag wäre übrigens rechtlich auch nicht für die Regierungsmitglieder verbindlich.
Auch die Geschäftsordnung des Bundestages verwendet den Begriff der Opposition nicht. Fast alle Landesverfassungen und Geschäftsordnungen der Volksvertretungen der Länder behandeln die Opposition nicht.
Eine Ausnahme stellt lediglich die Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg dar. Durch Verfassungsänderung vom 18. Februar 1971 wurde ein Artikel 23 a in die Hamburgische Verfassung eingefügt.
Er lautet:
,,(1) Die Opposition ist ein wesentlicher Bestandteil der parlamentarischen Demokratie
(2) Sie hat die ständige Aufgabe, die Kritik am Regierungsprogramm im Grundsatz und im Einzelfall öffentlich zu vertreten. Sie ist die politische Alternative zur Regierungsmehrheit"
Diese hamburgische Verfassungsvorschrift hebt lediglich die Kritik- und die Alternativfunktion der Opposition, nicht auch ihre Kontrollfunktion hervor. Ihre Wirksamkeit für das hamburgische Verfassungsrecht ist zwar noch nicht vollends ausgelotet, bisher hat sie sich nur in Verbindung mit anderen Rechten des Parlaments, beispielsweise mit dem Recht auf Auskunft und Aktenvorlage durch den Senat gemäß Artikel 32 der Hamburgischen Verfassung, als rechtlich effektiv erwiesen.
3.1. Parlamentsreform
Der vom Bundesverfassungsgericht herausgestellte Grundsatz formalisierter Gleichheit im Parlamentsrecht widerstreitet hier dem verfassungspolitisch erwünschten Ziel einer Parlamentsreform, die Stellung der Opposition zu stärken. Die Landtagspräsidenten und die Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft z. B. haben lange Zeit die Verbesserung der Minderheiten- und Oppositionsrechte als zentrales Reformziel angesehen. Heute rücken Fragen der Gesetzgebungslehre in den Vordergrund. Die Probleme interner und externer Kommunikation der Parlamente sowie die der Zuweisung und Ausübung von Verantwortung scheinen auch die übergreifenden Ziele einer Parlamentsreform zu markieren, in die eine Neuordnung der Oppositionsrechte einzuordnen wäre.
3.2. Oppositionsverbot
Eines von Hitlers Zielen war auch die Ausschaltung der Volksvertretung, des Reichstages.
Dadurch wollte er zugleich die gesetzgebende Gewalt in seine Hand bekommen. Er legte der Volksvertretung das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Staat vor (Ermächtigungsgesetz), aufgrund dessen der Reichstag seine Gesetzgebungsbefugnisse auf die Reichsregierung, also auf Hitler, übertragen sollte. In dem Gesetz heißt es:
,,Reichsgesetze können durch die Reichsregierung beschlossen werden. Die Gesetze können von der Verfassung abweichen."
Die für die Verabschiedung des Gesetzes notwendige Zweidrittelmehrheit verschaffte sich Hitler durch Verhaftung von 91 kommunistischen und mehreren sozialdemokratischen Abgeordneten sowie Täuschung und Einschüchterung der anderen Parteien. Mit Hilfe des Ermächtigungsgesetzes hatten die Nationalsozialisten die Volksvertretung und damit auch die parlamentarische Opposition und die demokratische Kontrolle der Regierung durch das Parlament ausgeschaltet.
Mit dem Verbot der SPD im Juni 1933 leitete Hitler die Zerschlagung aller demokratischen Parteien und jeder Opposition in die Wege. Am Ende dieser Entwicklung stand die NSDAP als Einheitspartei.
Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juni 1933:
- 1: ,,In Deutschland besteht als einzige politische Partei die NSDAP."
- 2: ,,Wer es unternimmt, den organisatorischen Zusammenhalt einer anderen
politischen Partei aufrechtzuerhalten oder eine neue politische Partei zu bilden, wird mit Zuchthaus bis zu drei Jahren bestraft."
Heute kann natürlich die Opposition, die als Voraussetzung der Demokratie angesehen wird, nicht mehr verboten werden.
3.3. FöderalePolitikverflechtung
Die Opposition im Bundestag2 kann ihren Aktivitäten aus verfassungsstrukturellen Gründen Nachdruck verleihen. Ein Sonderfall ist in den letzten Jahren immer wieder diskutiert worden, als sich die sozial-liberale Bundesregierung einer Mehrheit im Bundesrat und dann auch im Vermittlungsausschuss gegenüber sah, die parteipolitisch wie die Opposition im Bundestag ausgerichtet war. In diesem Fall konnte die Bundestagsopposition bei zustimmungsbedürftigen Bundesgesetzen auf ihr faktisches Vetorecht verweisen, das ihr im Bundesrat zugefallen war, und somit Kompromisslösungen beschleunigen. Im Falle von Einspruchsgesetzen konnte sie unter Hinweis auf die ihr entsprechende Mehrheit im Vermittlungsausschuss ebenfalls auf die Kompromissbereitschaft der Regierungskoalition drängen. Aber auch diese Machtverteilung in den beiden gesetzgebenden Körperschaften versetzte die Opposition im Bundestag nicht in die Lage, ihre Politik gegen den Willen der Bundestagsmehrheit durchzusetzen.
4. Wie kann die Opposition ihre Aufgaben erfüllen?
Mittel der Opposition, um ihre Kontrollrechte wahrzunehmen, sind:
- Fragestunde im Bundestag
- Kleine und große Anfrage3
- Einsetzung von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen
Die Opposition kann bei den Fragestellungen hartnäckig bleiben, wenn die Antwort der Regierung unbefriedigend ist. Das geschieht im Beisein des Fernsehens und der Presse, also vor den Augen der kritischen Öffentlichkeit.
4.1. Oppositionskritik
Zum Beispiel die Kritik am Grundlagenvertrag (1972) der SPD/FDP- Regierung zwischen der ehemaligen DDR und der Bundesrepublik Deutschland durch die damalige CDU/CSU- Regierung.
Hier Kritik der Oppositionsfraktion CDU und Grüne gegen die rheinland-pfälzische SPDRegierung:
Artikel Rheinpfalz vom 18.08.2000:
>>Opposition: Zöllners ,,Chaos-Tage"
Minister räumt Probleme bei Lehrerversorgung ein
- MAINZ (wif). Bildungsminister Jürgen Zöllner (SPD) hat gestern im Landtag Probleme bei der Lehrerversorgung zu Schuljahresbeginn eingeräumt (wir berichteten am 10. August). Allerdings sei ein Großteil der offenen Stellen bereits in der ersten Schulwoche besetzt worden. Von ,,Chaos-Tagen" an den rheinland- pfälzischen Schulen könnte keine Rede sein, wies Zöllner Vorwürfe der Oppositionsfraktion CDU und Grüne zurück. Auch sei eine verstärkte Abwanderung rheinland-pfälzischer Lehrer in benachbarte Bundesländer nicht zu beobachten.
Nach Zöllners Angaben haben zum Zähltag 8. August 117 Lehrkräfte, die für eine Einstellung in den Schuldienst vorgesehen waren, ihre Bewerbung kurzfristig zurück genommen. Davon entfielen 40 auf Grund- und Hauptschulen, 18 auf Sonderschulen, 28 auf Realschulen, 24 auf Gymnasien und sieben auf Berufsbildende Schulen. Weitere Lehrer hätten telefonisch gemachte Stellenangebote abgelehnt; eine genaue Zahl darüber gebe es nicht. Neun Lehrer haben laut Zöllner ihren Dienst an der Schule trotz entsprechender Vereinbarungen nicht angetreten. Letztlich seien noch 76 Stellen zu Schuljahresbeginn offen gewesen, für die sich mittlerweile fast überall Lehrkräfte gefunden hätten. Diese Zahl, so Zöllner, relativiere sich angesichts der insgesamt 1600 Lehrer, die auf umgerechnet 1200 Vollzeitstellen eingestellt worden seien. Um die Situation weiter zu entschärfen, seien vorzeitige Verbeamtungen vorgenommen und volle Beamtenstellen bei schulscharfen Ausschreibungen vergeben worden. Diese Vielzahl von Stellen sein innerhalb von zwei Monaten besetzt worden, für jedes Wirtschaftsunternehmen wäre das ein Erfolg, meinte Zöllner. Rheinland-Pfalz habe einen Spitzenplatz bei den Anstrengungen der Bundesländer zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung eingenommen, auch wenn es dabei unleugbare Probleme gegeben habe. Mit Blick auf Hessen, wo 250 Lehrerstellen offen waren, meinte der Minister, das Thema betreffe offensichtlich nicht Rheinland-Pfalz allein. Bundesweit gebe es überdies Probleme bei bestimmten Schularten und Fächerkombinationen. So fehlten Lehrer für Berufsbildende Schulen sowie für die Fächer Informatik, Musik und Kunst sowie Englisch. Der CDU-Abgeordnete Josef Keller warf Zöllner vor, an den Schulen sei es ,,drunter und drüber" gegangen, es habe ein Stundenplan-Fiasko gegeben. Mehrfach habe die CDU vor solchen Zuständen gewarnt. Nun erweise sich Zöllner wieder einmal als ,,Weltmeister im Schönrechnen". Der bildungspolitische Fraktionssprecher der CDU, Ehrhard Lelle, forderte volle Planstellen für Lehrer. Es habe sich erwiesen, dass die Dreiviertelverträge nur dazu führten, dass viele Lehrer in benachbarte Bundesländer auswanderten, wo es volle Beamtenstellen gebe. Grünen-Fraktionschefin Ise Thomas sprach von einer Mängelverwaltung im Schulwesen. Es bedürfe einer deutlich höheren Zahl an Lehrern, um die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Redner der Koalitionsfraktionen SPD und FDP verwiesen auf die um 3000 gestiegene Zahl der Schüler und nannten das Vorgehen des Bildungsministers vernünftig. Die geforderte Umwandlung der Dreiviertelstellen in volle Beamtenstellen könne nicht ,,von jetzt auf nachher", sondern nur schrittweise erfolgen.
-Kommentar
4.2. Oppositionsverhandlungen
Die SED hatte durch Korruption, Ämtermissbrauch und vieles mehr in der Bevölkerung an Vertrauen verloren. Im Dezember 1989 gab die Partei dann schließlich ihre in der Verfassung verankerte Führungsrolle im Staat auf. Sie änderte ihren Namen in ,,Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS).
Auf Einladung der Kirchen trafen sich Vertreter der regierenden und der oppositionellen Parteien und Gruppen zu Gesprächen am ,,Runden Tisch". Es wurden Grundsätze einer demokratischen Verfassung und ein neues Wahlgesetz erarbeitet.
4.3. Einsetzen von Minderheitenrechten
Die Opposition ist hauptsächlicher Nutznießer der in den Verfassungen und Parlamentsgeschäftsordnungen gewährleisteten Minderheitenrechte4. Diese können von allen Parlamentsminderheiten, die das erforderliche Quorum5 erreichen, ausgeübt werden. Unter dieser Voraussetzung können sie von den Oppositionsfraktionen in Anspruch genommen werden. Es können sich aber auch Minderheiten innerhalb der Regierungsfraktionen oder sich aus dem Regierungslager und der Opposition zusammenfindende Minderheiten bilden. In der Parlamentspraxis lässt sich daher beobachten, dass fast nur Oppositionsabgeordnete in aller Öffentlichkeit von Minderheitenrechten Gebrauch machen, wenn darin eine Kritik an der Regierung liegt. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass Minderheiten im Regierungslager drohen, diese Rechte auszuüben, um die Regierung zur Berücksichtigung oder gar Übernahme der gewünschten Politik zu zwingen. Falls dieses Vorgehen mehrfach erfolgreich bleibt, kann es auch zu offenem Widerstand gegen die Regierung aus den Reihen der sie tragenden Fraktionen kommen. Koalitionsabgeordnete nehmen Minderheitenrechte ohne weiteres in Anspruch, falls sie damit die Regierungspolitik unterstützen können. So werden Aktuelle Stunden beantragt oder Anfragen eingebracht, um der eigenen Regierung Gelegenheit zur Selbstdarstellung zu geben.
4.4. Durchsetzungschancen der Opposition
Oppositionsfraktionen können in geduldigen und geschickten Verhandlungen durchaus Erfolge bei ihrem Bemühen erzielen, die Politik der Regierung und der sie tragenden Mehrheit im Sinne von politischen Zielvorstellungen und Alternativvorschlägen der Opposition zu verändern. Falls sie sich der Unterstützung außerparlamentarischer politischer Kräfte wie z. B. von Verbänden vergewissern können, ist sogar ein gewissen Druck auf die Regierung möglich. Alternativen zu den Regierungsvorschlägen können manchem Gesetzentwurf ein anderes Gesicht geben. Freilich wird die Regierungsmehrheit Gesetzentwürfen der Opposition meist regierungseigene Gesetzesvorlagen gegenüberstellen und nur die letzteren als Verhandlungsgrundlagen akzeptieren, wenn sie sich davon einen Vorteil für die nächste Wahl verspricht. Die Regierungsfraktionen werden auch der Kritik der Opposition entgegenkommen, falls sie sich bei einem Einschwenken auf oppositionelle Vorschläge auch für die eigenen politischen Zielvorstellungen einen Fortschritt erhoffen können. Sicher werden die Mehrheit und die Regierung der vorgetragenen Kritik am Regierungshandeln zunächst zu widerstreiten versuchen und ihr soweit und solange entgegenzutreten, als sie nicht glauben, im Interesse ihrer politischen Zukunft dem Druck der Opposition weichen oder sich beugen zu müssen. Manchmal sucht die Regierung allerdings den Widerspruch der Opposition im Interesse eines gemeinsamen Zieles. So kann die Oppositionskritik einer Regierung beispielsweise vor oder während diplomatischer Verhandlungen mit fremden Mächten willkommen sein. Sicher kann die Oppositionskritik auch genutzt werden, um die Regierungspolitik gegen Widerstände im eigenen Lager durchzusetzen, etwa bei Verhandlungen mit dem Koalitionspartner. Als aktuelles Beispiel der Machtwechsel von Milosevic und Oppositionskandidaten und Wahlgewinner Kostunica in Jugoslawien (auch zu 4.1.) Chronik des Machtkampfes in Belgrad seit der Wahl Sonntag, 24. 9. - Bei den Präsidenten, Parlaments- und Kommunalwahlen in Jugoslawien kommt es nach Angaben von Beobachtern zu erheblichen Unregelmäßigkeiten. Die Wahlbeteiligung in Serbien liegt bei 80 Prozent, in Montenegro wurde ein Boykottaufruf der prowestlichen Regierung weitgehend befolgt.
Montag, 25. 9. - Die Opposition erklärt sich zum klaren Sieger der Wahlen. Im Regierungslager heißt es hingegen, Milosevic liege vorn, habe aber wahrscheinlich die absolute Mehrheit verfehlt.
Dienstag, 26. 9. - Die amtliche Wahlkommission gibt nach langem Warten ein vorläufiges offizielles Ergebnis bekannt: 48,22 Prozent für den Oppositionskandidaten Vojislav Kostunica und 40,23 Prozent für Milosevic. Daher werde am 8. Oktober eine Stichwahl erforderlich. Kostunica spricht von Wahlbetrug ab und lehnt eine Teilnahme an der Stichwahl ab.
Mittwoch, 27. 9. - Rund 200 000 Menschen folgen dem Aufruf der Opposition und demonstrieren in Belgrad für die Anerkennung des Wahlsiegs von Kostunica. Donnerstag, 28. 9. - Das Oppositionsbündnis ruft für Montag zum Generalstreik auf. Milosevic hält trotz des wachsenden Drucks der Opposition an seiner Absicht fest, am 8. Oktober in einem weiteren Wahlgang anzutreten.
Freitag, 29. 9. - Erste Streiks und weitere Protestkundgebungen unterstützen die Forderung nach einem Rücktritt Milosevics.
Samstag, 30. 9. - Die jugoslawische Wahlkommission lehnt den Einspruch der Opposition gegen das offizielle Ergebnis der Präsidentschaftswahl ab. Die Arbeiter des Kohlebergwerks Kolubara treten in den Streik.
Sonntag, 1. 10. - Die Regierung leitet erste Gegenmaßnahmen gegen die Vorbereitungen auf den geplanten Generalstreik ein. Bundeskanzler Gerhard Schröder und der russische Präsident Wladimir Putin stimmen überein, dass Kostunica Wahlsieger ist.
Montag, 2. 10. - Die Streikaktionen laufen eher zögern an.
Dienstag, 3. 10. - Die Streik- und Blockadeaktionen werden fortgesetzt. Milosevic ordnet die Verhaftung der Streikführer im Kohlebergwerk Kolubara an.
Mittwoch, 4. 10. - Das jugoslawische Verfassungsgericht erklärt Teile der umstrittenen Präsidentschaftswahl für ungültig, nachdem die Opposition Einspruch gegen die offizielle Stimmenauszählung eingelegt hatte. Eine Wiederholung der Wahl lehnt die Opposition ab. Donnerstag, 5. 10. - Zehntausende Regimegegner machen sich auf den Weg nach Belgrad, um mit einer Massendemonstration den Rücktritt von Milosevic zu erzwingen. Samstag, 7.10. - Hunderttausende Serben tanzten und jubelten in der Hauptstadt Jugoslawiens nach dem Machtwechsel bis zum Morgengrauen. Doch die Angst vor einem Gegenschlag des gestürzten Diktators Slobodan Milosevic will noch nicht weichen, auch wenn es dazu kaum noch Grund gibt
5. Die Opposition unter sich
Welche Strategien verfolgt die Opposition? Wer wird als Oppositionsführer bestimmt? Und welche Vereinbarungen werden innerhalb der Opposition getroffen?
5.1. Oppositionsführer
Bestehen in einem Parlament mehrere Fraktionen der Opposition, sind diese nicht gezwungen, sich zu einer einheitlichen Opposition zusammenzuschließen. Dieser Umstand macht es im deutschen Parlamentsrecht auch schwierig, einem Oppositionsführer eine parlamentsrechtlich herausgehobene Stellung zuzuweisen. Es müsste dann geklärt werden, welcher Oppositionsfraktion eine solche Funktion zuzubilligen wäre. Zu einem Vertrag darüber können sie angesichts ihrer Handlungsfreiheit nicht gezwungen werden. In der Praxis werden im Zweifel meist die Vorsitzenden der stärksten Oppositionsfraktion als Oppositionsführer bezeichnet.
In Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wurde früher die Oppositionsrolle dadurch betont, dass dem Oppositionsführer angehobene Diäten zugebilligt wurden. Diese Regelungen wurden in der Folge des sogenannten Diätenurteils des Bundesverfassungsgerichts aufgegeben, das entschieden hatte, dass zusätzliche Entschädigungen nur Abgeordneten zugebilligt werden dürften, die für das gesamte Parlament Funktionen ausüben.
5.2. Oppositionsstrategien
Die Oppositionsfraktionen versprechen sich mit ihren Initiativen der Kontrolle, Kritik und Alternativen nicht nur einen Erfolg im Lauf einer Wahlperiode, sondern vielmehr eine Verbesserung ihrer Chancen bei der nächsten Parlamentswahl. Es gehört zu den Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie, dass sich die Fraktionen in der Regierungsverantwortung abwechseln. Das Problem für eine Opposition besteht darin, im Laufe ihrer parlamentarischen Arbeit in der Minderheitenposition Strategien zur Mehrheitsgewinnung zu entwickeln. Aus der Parlamentsgeschichte ist abgeleitet worden, dass sich für die Opposition zwei Wege anbieten. Entweder können sie eine Konfliktstrategie betreiben oder mit Hilfe einer Anpassungsstrategie versuchen zum Ziel zu kommen. Nicht voll deckungsgleich wird außerdem zwischen kompetitiven und kooperativen Oppositionsstrategien unterschieden. Eine Bevorzugung der Konfliktstrategie wurde Franz Josef Strauß schon bald, nachdem die CDU/CSU-Fraktion in die Opposition geraten war, spätestens seit seiner berühmten Rede in Sonthofen unterstellt. Der Eintritt der SPD in die Regierungsverantwortung wird einhellig einer Anpassungsstrategie der SPD-Fraktion und -Partei zugeschrieben. Vermutlich wird eine Opposition sich aber im Laufe ihres Weges der einen wie der anderen Möglichkeit verschreiben, soweit dies ohne Widerspruch geht, um ihre Erfolgschaffen zu verbreitern. Wahrscheinlich wird es ihr dann auch leichter fallen, die in ihren eigenen Reihen agierenden politischen Interessen zu einem durchsetzungsfähigen Gesamtwillen zu integrieren, der ihre Politik für den Fall der Regierungsübernahme vorplant.
5.3. Oppositionsfraktionsvereinbarungen
Oppositionsfraktionen können freiwillig Vereinbarungen über gemeinsames Vorgehen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten abschließen. Die Fraktionsverbindung der WAV und des Zentrums in der 1. Wahlperiode mit dem Ziel, für sie die Bemessung der Stellenanteile in den Ausschüssen günstiger zu gestalten, bietet ein Beispiel. Die Fraktionsvereinbarungen der CDU und CSU, die in der 8. und 9. Wahlperiode des Bundestages geschlossen worden sind, sind hierfür nicht einschlägig, weil beide Parteien nach der Geschäftsordnung des Bundestages ohne weiteres eine Fraktion bilden können (§ 10 Abs. 1 Satz 1 GO-BT); es handelt sich demnach lediglich um eine Vereinbarung von Mitgliedern des Bundestages aus zwei verschiedenen Parteien über die gemeinsam als Fraktion im Bundestag zu verfolgenden politischen Ziele.
6. Die Geschichte der Opposition
Die Institution der politischen Opposition als Gegenpart zur Regierung entstand mit der Herausbildung des Verfassungsstaates in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Großbritannien. Hier waren die ersten Minister, da ihnen die britischen Könige seit Georg I.
zunehmend die Führung der Regierungsgeschäfte überließen, mehr und mehr auf die Unterstützung des Parlaments angewiesen und mussten daher versuchen, die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich zu bringen. Diejenigen Abgeordneten, die die Politik des ersten Ministers nicht unterstützten, nahmen im Unterhaus gegenüber (=opposite) den regierungstreuen Platz. 1749 begründete Lord Bolingbroke, einer der schärfsten Widersacher des Premierministers Sir Robert Walpole, in seiner Schrift ,,Spirit of Patriotism" die Notwendigkeit und die Legitimität der Opposition, indem er sie als diejenige dem Gemeinwohl dienende Kraft charakterisierte, die dem Machtmissbrauch, zu der jede Regierung naturgemäß neige, Einhalt gebieten und eine Alternative bereitstellen könne.
Der Gedanke der politischen Opposition verbreitete sich ab der Mitte des 18. Jahrhunderts auch auf dem europäischen Festland; die Etablierung der Opposition als Institution erfolgte jedoch erst mit der Errichtung parlamentarischer Systeme. Im Deutschen Reich schuf erst die parlamentarische Grundordnung der Weimarer Verfassung von 1919 die Voraussetzung für das Entstehen einer modernen politischen Opposition; ihre Entwicklung zu einem konstruktiven politischen Instrument scheiterte jedoch an dem in weiten Kreisen der Bevölkerung fehlenden Verständnis für die Funktionsweise und die Voraussetzungen eines parlamentarischen Systems. Als grundlegender Bestandteil einer Demokratie fand die politische Opposition in Deutschland erst mit der Gründung der Bundesrepublik 1949 allgemein Anerkennung.
Quellenverzeichnis
,,Wegweiser Parlament", Busch/Handschuh/Kretschmer/Zeh, Bundeszentrale für politische Bildung
,,Das parlamentarische System der Bundesrepublik Deutschland" Informationen zur politischen Bildung 119/124
,,Einführung in das Staats- und Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland" Siegfried
F. Franke, R.v. Decker´s Verlag/Fachbücherei
,,Probleme der Gesellschaft" Herbert Baumann, Stam Verlag
[...]
1 Plenum: lat. ,,voll"; Versammlung aller einem Gesamtorgan angehörenden Mitglieder · Plenum der Parlamente ist die Zusammenkunft aller Abgeordneten der betreffenden Vertretungskörperschaft, z. B. Plenum des Bundestages
2 Föderalismus: lat. ,,foedus" = Bund; Zusammenfassung mehrerer Staaten unter gemeinsamer Regierung, in welcher den einzelnen Mitgliedern weitgehend Selbstverwaltung gelassen wird
3 Anfrage: von einer Gruppe von Abgeordneten an die Regierung oder einzelne Minister gerichtete Bitte um Aufklärung in bestimmten Angelegenheiten; je nach Zahl unterscheidet man große und kleine Anfragen
4 Minderheitenrechte: Rechte, über deren Durchsetzung die erforderliche Anzahl von Abgeordneten allein entscheiden können
Häufig gestellte Fragen
Was ist Opposition im politischen Sinne?
Im weiteren Sinne bezeichnet Opposition Personen und Gruppen, die im Widerspruch zur herrschenden Meinung oder Autorität stehen. Im engeren Sinne sind es Parteien und Gruppen im Parlament, die nicht an der Regierung beteiligt sind und im Gegensatz zur Regierung und ihrer Politik stehen. Die politische Opposition ist ein wesentliches Merkmal des demokratischen Verfassungsstaates.
Welche Aufgaben hat die Opposition?
Die Opposition hat die Aufgabe, die Interessen der Wähler zu vertreten, die nicht für die Regierung gestimmt haben. Sie soll die Regierung kontrollieren, Machtmissbrauch verhindern, Kritik üben und Alternativen zur Regierungspolitik formulieren. Sie ist auch dafür verantwortlich, qualifizierte Regierungsaspiranten auszubilden und bereit zu sein, die Regierung zu übernehmen.
Welche Funktionen werden der Opposition zugewiesen?
In der politischen Theorie werden der Opposition meist drei Funktionen zugewiesen: die Kritik der Regierungspolitik, die Kontrolle der Regierung und Verwaltung sowie die Formulierung von Alternativen zur Regierungspolitik. Es gibt auch detailliertere Beschreibungen, die Aspekte wie die Wahrung von Freiheit und Minderheitenschutz, die Integration von Minderheitsgruppen und die Mobilisierung der Öffentlichkeit hervorheben.
Welche Formen der Opposition gibt es?
Die Politikwissenschaft unterscheidet verschiedene Ausprägungen der politischen Verfassung je nach Systemtreue, Handlungsweise gegenüber der Regierung und Betätigungsfeld. Es gibt Antisystem-Opposition, kompetitive Opposition, Ad-hoc-Opposition, kooperative Opposition und obstruktive Opposition. Zudem wird zwischen parlamentarischer und außerparlamentarischer Opposition unterschieden.
Was ist außerparlamentarische Opposition (APO)?
Die APO entstand während der Regierung der ,,Großen Koalition" (1966-1969), als die parlamentarische Opposition schwach war. Es bildeten sich Vereinigungen, besonders von jungen Menschen und Studenten, mit dem Ziel, fehlende parlamentarische Opposition durch außerparlamentarische Tätigkeit zu ersetzen.
Was sind Bürgerinitiativen?
Bürgerinitiativen sind (parteipolitisch nicht festgelegte) Gruppen, die sich zusammenschließen, um die Entscheidungen der Parlamente, der Parteien und der Verwaltungen sowie Missstände und Fehlhandlungen abzuwehren. Sie sind ein legitimer Ausdruck der Vereinigungsfreiheit und helfen mit, politische Apathie der Bürger zu überwinden.
Welche Rechtsgrundlagen hat die Opposition?
Das Bundesverfassungsgericht hat das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition als ein grundlegendes Prinzip der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hervorgehoben. Die Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg hebt die Kritik- und die Alternativfunktion der Opposition hervor.
Welche Mittel hat die Opposition zur Verfügung, um ihre Aufgaben zu erfüllen?
Mittel der Opposition, um ihre Kontrollrechte wahrzunehmen, sind Fragestunden im Bundestag, Kleine und große Anfragen und die Einsetzung von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen.
Welche Strategien verfolgt die Opposition?
Die Opposition kann eine Konfliktstrategie oder eine Anpassungsstrategie verfolgen. Es wird auch zwischen kompetitiven und kooperativen Oppositionsstrategien unterschieden.
Was ist ein Oppositionsführer?
Bestehen in einem Parlament mehrere Fraktionen der Opposition, sind diese nicht gezwungen, sich zu einer einheitlichen Opposition zusammenzuschließen. In der Praxis werden im Zweifel meist die Vorsitzenden der stärksten Oppositionsfraktion als Oppositionsführer bezeichnet.
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- Jennifer Bentz (Author), 2000, Die Opposition, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102519