Ein atemloser Wettlauf gegen die Zeit beginnt im Deutschland des Jahres 1937, als sieben mutige Häftlinge aus dem Konzentrationslager Westhofen fliehen, gejagt von der unerbittlichen Maschinerie des NS-Regimes. Im Zentrum dieser packenden Erzählung steht Georg Heisler, dessen verzweifelte Suche nach Freiheit und Menschlichkeit ihn durch ein Land voller Angst, Misstrauen und vereinzelter Hoffnung führt. Während die Gestapo fieberhaft daran arbeitet, die Entflohenen wieder einzufangen und zur Schau zu stellen, werden sieben Platanen gefällt und Kreuze errichtet, um ein makabres Zeichen der Macht zu demonstrieren. Doch inmitten dieser Dunkelheit entzündet sich ein Funke des Widerstands, als mutige Menschen ihr eigenes Leben riskieren, um Georg zu helfen, sei es durch kleine Akte der Barmherzigkeit oder durch die Bereitstellung lebensnotwendiger Unterstützung. Anna Seghers' Exilroman "Das siebte Kreuz" ist ein erschütterndes Porträt von Verfolgung, Solidarität und der unbezwingbaren Kraft des menschlichen Geistes. Die symbolträchtige Bedeutung des siebten Kreuzes, das leer bleibt, verkörpert die Hoffnung auf Freiheit und Gerechtigkeit in einer Zeit der tiefsten Finsternis. Durch die Augen von Verfolgern, Verfolgten und Helfern erleben wir die Zerrissenheit einer Gesellschaft, in der Angst und Gleichgültigkeit allgegenwärtig sind, aber auch der Mut zur Menschlichkeit immer wieder aufblitzt. Die präzise Charakterisierung von Figuren wie Georg Heisler und Paul Röder, die unterschiedlicher nicht sein könnten, verdeutlicht die moralischen Konflikte und Entscheidungen, vor denen die Menschen im Angesicht des Terrors standen. Seghers' Werk ist nicht nur ein historisches Dokument, sondern auch eine zeitlose Mahnung, die uns auffordert, Zivilcourage zu zeigen und uns gegen jede Form von Unterdrückung zu stellen. "Das siebte Kreuz" ist ein Meisterwerk der Exilliteratur, das den Leser tief berührt und zum Nachdenken über die Bedeutung von Freiheit, Verantwortung und Mitmenschlichkeit anregt, und sich mit Themen wie Widerstand, NS-Regime, Verfolgung, Solidarität, Exilliteratur, Antifaschismus und Zivilcourage auseinandersetzt.
Gliederung
1. Biografie
2. Inhaltsangabe
3. Intention des Autors
4. Aufbau des Romans
5. Symbolik des 7. Kreuzes
6. Personenkonstellationen
7. Charakterisierung
a) Georg Heißler
b) Paul Röder
8. Gesamteindruck/Empfehlung
1. Biografie
- 19.11.1900 Geburt von Netty Reiling; Tochter des jüdischen Kunst- und Antiquitätenhändlers Isidor Reiling und dessen Frau Hedwig (geb. Fuld) in Mainz
- nach Grund- und Oberschule à 1919 Studium an den UniversitÄten Köln und Heidelberg (Geschichte, Sinologie und Philologie)
- promovierte an der Universität Heidelberg mit der Arbeit "Jude und Judentum im Werke Rembrandts"
- 1925 Heirat mit dem kommunistischen Gesellschaftswissenschaftler László Radványi aus Ungarn
- (1876-1933) (später: Johann - Lorenz Schmidt) à zwei Kinder
- 1927 Veröffentlichung der Erzählung "Grubetsch" unter dem Pseudonym "Seghers"; Vermutung à Autor ist ein Mann
- 1928 Eintritt in KPD und 1. Buch ,, Aufstand der Fischer von St. Barbara" unter Pseudonym Anna Seghers; Auszeichnung des Buches mit dem Kleist - Preis 1929 Beitritt in den Bund proletarisch - revolutionärer Schriftsteller (BPRS)
- 1933 kurzzeitige Verhaftung während Verfolgungswelle nach Reichstagsbrand à daraufhin Flucht mit Mann und Kindernüber Schweiz nach Frankreich; aktiver Widerstand gegen Hitler (Mitarbeit in antifaschistischen Exilzeitschriften und an den in Prag erscheinenden "Neuen Deutschen Blättern"); in erstem Exilwerk, dem Roman "Der Kopflohn"à Frage nach den Ursachen für den Nationalsozialismus in Deutschland
- 1940 erneute Flucht nach Mexiko City; da deutsche Truppen in Frankreich einmarschierten ( gelang Anna Seghers ihren Mann im Internierungslager in Vernet zu finden und nach Marseille zu kommen; nach Beschaffung der nötigen Ausweispapiere à Flucht über San Domingo und Ellis Island nach Mexiko)
- 1942 Herausgabe des Romans „ Das siebte Kreuz “ (eines der berühmtesten Werke der Exilliteratur; gehört zur heutigen Weltliteratur)
- 1947 Rückkehr nach Deutschland; Betätigung in Weltfriedensbewegung und auf kulturpolitischem Gebiet (zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen für schriftstellerischen Leistungen und politisches Engagement; Bspw.: Büchner - Preis für "Das siebte Kreuz" )
- 01.06.1983 Tod in Ost - Berlin im Alter von 82 Jahren
2. Inhaltsangabe
- Herbst 1937 Flucht von 7 Häftlingen (Georg Heisler; Wallau, der mit Georg alles geplant hatte; Beutler; Pelzer; Belloni; Füllgrabe und Aldinger) aus dem KZ Westhofen bei Frankfurt/M.
- Hauptperson in Roman: Flüchtling Georg Heisler; bestimmt gesamten Handl ungsablauf maßgeblich
- Georg auf der Flucht vor Gestapo; diese soll alle Flüchtlinge schnellst möglich zurückbringen, wo sie sicherer Tod erwartet
- auf seinem Weg ins Ungewisse à Konfrontation mit zahlreichen Problemen: Veröffentlichung der Namen durch Nazis à konnten jederzeit erkannt werden; Hunger und Erschöpfung ; Verschlechterung Zustand der verletzten Hand
- schlägt sich 2 Tage auf eigene Faust durch à Versuch Gedanken zu ordnen
- Von Tag zu Tag erschöpfter à Kontaktaufnahmen zu diversen Bekannten
- Unterdessen: Anordnung Fahrenbergs à Stutzen von 7 Platanen und Anfertigung/Aufstellung von 7 Kreuzen im Lagerinnenhof à Peinigung der Flüchtlinge
- Zwischenzeitlich: Bürger aus Umgebung über Flucht informiert à herrscht Angst, Gleichgültigkeit; teilweise auch Wille, Entflohenen zu helfen
- Franz Marnet, ehemaliger Freund von Georg à Überlegung Freund zu unterstützen
- Zieht vertrauenswürdige Bekannte zu Rat; Versuch, hilfreiche Kontakte zu knüpfen à kein Erfolg, da Gestapo undß sehr wachsam sind
- Überwachung von Häusern, in denen Georg vermutet wird; Bespitzelung von Verwandten Georgs (bspw. seine Frau Elli) - Auf Weg zu Leni läßt er verletzte Hand behandeln
- Georg schlägt sich mit Glück zu Ex - Freundin Leni durch; weist ihn ab, da sie jetzt verheiratet ist (mitß Mann)à zu gefährlich für sie, mit ihm Kontakt zu haben à Enttäuschung Georgs, zieht weiter
- Am nächsten Tag: zufälliges Treffen auf Füllgrabe (weiterer Flüchtling); dieser verrät Georg, dass er sich Gestapo stellen werde, da keine Kraft mehr; kein Sinn mehr, Flucht fortzusetzen (denkt, dass er so dem Tod entgehen könnte)
- Georg hält ihn für verrückt und bemerkt, dass er von Nazis keine Gnade erwarten dürfte
- Füllgrabe ist nicht von seinem Plan abzubringen; Georg setzt seinen Weg fort
- Füllgrabe stellt sich; Aldinger stirbt auf Flucht (zu alt)
- Nach weiteren Strapazen à Erinnerungen an Jugendfreund Paul Röder (immer hilfsbereit und sozial)
- dieser nimmt ihn sofort auf, hat aber Bedenken, als Georg von Flucht berichtet (Sorge um Familie); erkennt aber auch, dass Georg ohne Hilfe verloren ist
- Mittlerweile: alle Flüchtlinge bis auf Georg gefasst; auch Wallau: Georgs großes Vorbild und bester Freund (wird nach erfolglosen Verhören von Lagerkommandant Fahrenberg zu Tode geprügelt)
- Paul erkundigt sich bei Arbeitskollegen, wie er Georg helfen könnte; erhält von einem Mann namens Fiedler (Beteiligung an zahlreichen Protestaktionen gegen Nazis) einen gefälschten Pass und Geld
- Mitteilung an Georg à nächster Tag: Auslaufen eines holländischen Kahn, wo er mitfahren könnte
- Zwischenzeitlich: nochmaliges Wechseln der Unterkunft, dann Besteigen des Schiffes
- 7. Kreuz bleibt unbesetzt; wird verbrannt
3. Intention
- will mit diesem Exilroman zeigen, dass man immer helfen kann und
- auch wenn man nur ein bißchen macht➔ es hilft
- geschieht aber nur, wenn viele helfen und auch „nur“ ein bißchen tun
- will die Leute, die dem Terror der Nazis nicht länger ausgesetzt sein wollen, zusammenführen
- will die Gegenkräfte des Nationalsozialismus vereinen, denn nur so kann man den Hitlerfaschismus aus Deutschland vertreiben ➔ Aus diesem Grund: Widmung des Buch an die 'toten und lebenden Antifaschisten Deutschlands'
4. Aufbau des Romans
- 7 Kapitel, unterteilt in Einzelabschnitte
- ein auktorialer Erzähler
- hypertaktischer Satzbau
- zeitraffendes Erzählen
- Charaktere wie das Holzklötzchen, Pfeffernüsschen, Hechtschwänzchen und Zimthütchen klingen märchenhaft und komisch; erinnern an Rumpelstielchen
- Personen und Landschaft genau beschrieben (z.B. Landszenen im Gegensatz zu Vorgängen im KZ)
- Rückblenden, Dialoge, innere Monologe à abwechslungsreich
- Häufig Bilder verwendet
- Handlung: aus der Sicht der Verfolger, der Verfolgten, Helfer
- Zahl 7 bedeutende Rolle
5. Symbolik 7. Kreuz
➔ siebte Kreuz = Metapher
- Kreuz und Zahl 7: christliche Symbole - Christliches Symbol ➔ Zahl 7
- man findet Zahl 7 in nahezu allen Kulturen:
- Gott benötigte 7 Tage um die Welt zu erschaffen
- „Josefs-Geschichte“: nach 7 „fetten“ tagen folgen 7 „magere“ Tage
- Christentum: 7 Tage Woche
- den siebten Tag soll man heiligen
- 7 Sakramente usw.
- die Zahl Sieben steht für Allmacht und Vollkommenheit
- im Roman selber:
- 7 Flüchtlinge
- 7 Kreuze
- 7 Tage dauert die Flucht
- in 7 Kapitel aufgeteilt
- Christliches Symbol ➔ Kreuz
- Wird in Literatur nicht selten verwendet; repräsentiert Leid und Qual
- Lagerkommandant Fahrenberg beabsichtigt Zurückgebrachten zu erniedrigen, indem er sie wie Jesus Christus ans Kreuz binden läßt
- Martyrium, das die 6 Geflohenen erleiden müssen bewirkt nicht die erhoffte Demütigung, sondern wird zum „stellvertretenden Leiden“ für das dt. Volk
- Ersten 6 Kreuze symbolisieren Leid; leere 7. Kreuz steht für Hoffnung und Freiheit
- Verstärkung der symbolischen Funktion➔ Verbrennung des Kreuzes ➔ wird zum allgegenwärtigen Hoffnungsträger für übrige Gefangenen
- Christus wurde gekreuzigt
- die Flüchtlinge werden an den Kreuzen gedemütigt und gequält
- ➔ es steht symbolisch für die Macht des Regimesüber Menschen,über ihr Leben und ihre Würde
- "[...]Doch an dem Abend, als man zum erstenmal die Häftlingsbaracke einheizte und das Kleinholz verbrannt war, das, wie wir glaubten, von den sieben Bäumen kam, fühlten wir uns dem Leben näher als jemals später und auch viel näher als alle anderen, die sich lebendig vorkommen.[...] Wir fühlten alle, wie tief und furchtbar die äußern Mächte den Menschen hineingreifen können, bis in sein Innerstes, aber wir fühlten auch, daß es im Innersten etwas gab, was unangreifbar war und unverletzbar.[...]"
- weiteres christliches Motiv ➔ Mainzer Dom
- bietet Schutz für Georg in der Nacht
- Einerseits ➔ Darstellung eines Schutzraums (Angebot der Kirche für sozial Benachteiligte)
- auf der anderen Seite ➔ Verkörperung eines Denkmals christlicher Hochkonjunktur
- Aufgreifen anderer Religionen
- Ernst (Schäfer) ➔ Repräsentation des jüdischen Glaubens
- Vorräume historischer Rückbl ick am Anfang des Romans zeigt die Vielfältig auf
"[...] Hier lagerten die Legionen und mit ihnnen alle Götter der Welt, städtische und bäuerliche, Judengott und Christengott, Astarte (11) und Isis (12), Mithras (13) und Orpheus (14). [...]" (15)
- Will damit aufzeigen: kommt nicht auf Religion an, es ist die Sache, die zählt ➔ bspw.: Namen der Götter ändern sich
- was unveränderlich ist ➔ Aufgabe der Religionen; nämlich: Angebot einer Schutzmöglichkeit für Mittellose und Verfolgte - Anna Seghers hegt Hoffnung auf Erleuchtung der Menschheit ➔ Grund ihres Literarischen Wirkens - Ziel ist es nicht, Geschichte festzuhalten ➔ schreibt um zu verändern ➔ will Mitläufern des nationalsozialistischen Regimes die Augen öffnen, indem sie Begebenheiten ohne Beschönigung festhält
6. Personenkonstellation
- 1.Gruppe
➔ Lagerkommandant Fahrenberg u. seine Helfer Zillich und Bunsen
➔ Polizisten Fischer und Overkamp
➔ Nachfolger Fahrenbergs Sommerfeld als Repräsentanten der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft
Fahrenberg
- für ihn war die Flucht der Häftlinge eine persönliche Niederlage
- seine Schwäche konnte ihm jeder anmerken und viele hielten ihn auch für verrückt (S.189)
- um seine Minderwertigkeitskomplexe auszugleichen misshandelte er die Häftlinge brutal und sadistisch
- Fahrenberg steht für die Menschen, die durch Kriegserfahrung und -gewöhnung nicht den Weg ins bürgerliche Leben gefunden haben
- er orientiert sich an autoritären Idealen und sucht in der NS - Bewegung Halt und Sinn für sein gescheitertes Leben
Zillich
- ähnliche Charakterzüge
- seine Lebensangst verdrängt er durch beängstigende Brutalität (S.356)
- er hat Wallau ermordet
- weitere Nationalsozialisten in Westhofen: Bunsen, Overkamp und Fischer
- 2. Gruppe
➔ sieben Flüchtlinge:
➔ Wallau
- Reichsabgeordneter der KPD
- er setzt all seine Hoffnung auf Georg, der für ihn wie ein Sohn ist
- stark und konsequent
- er gilt unter den Nationalsozialisten in Westhofen als eine ,,uneinnehmbare Festung", da er bei jedem Verhör schweigt
- er starb an den Folgen dieses Schweigens (zu Tode geprügelt)
➔ Belloni
- Artist, bei Ergreifung Selbstmord, um Schrecken des KZ‘ s zu entgehen
➔ Füllgrabe
- fähig und schlau, aber durch Faschismus gebrochener Mensch; nicht genügend Nervenstärke für erfolgreiche Flucht
➔ Kapitulation aus Angst vor faschistischem Terror und Hoffnung, durch Aufgabe wenigstens Leben zu retten
➔ Aldinger
- ,,der alte Bauer"; möchte noch einmal sein zu Hause sehen ➔ kurz vor Ziel Zusammenbruch aus Erschöpfung
➔ Beutler und Pelzer - weniger von Bedeutung, da sie als erste gleich wieder eingefangen
- Charaktere: keine sozial einheitliche Gruppe ➔ verschiedene politische Anschauungen, aus unterschiedlichen Gründen im KZ
- 3. Gruppe
➔ ehemalige Freunde Heislers: Franz Marnet und Paul Röder; Marnet nahm Kontakt zu Heisler auf, Paul Röder wurde von Heisler aufgesucht
- 4. Gruppe
➔ eigentlich unbeteiligte Helfer: Pauls Tante Katharina Grabber (konnte dort arbeiten), Werner Fiedler (Freund Pauls): Organisation der Flucht aus Deutschland (à weitere Hilfe durch seine Frau Grete und das Ehepaar Kreß)
7. Charakterisierungen
a) Georg Heißler
- Georg Heisler: 30jähriger kommunistischer Automechaniker, steht im Mittelpunkt der Handlung des Romans; ist die Hauptfigur
- Vaterlose, kinderreiche Arbeiterfamilie ➔ frühe Konfrontation mit familiären Aufgaben
- wagt mit 6 weiteren Mitgefangenen die Flucht aus dem KZ Westhofen.
Georgs Charaktereigenschaften vor der Flucht
- unbeschwerter Mensch
- er war von sich selbst eingenommen; behandelte Menschen, die weniger schön waren, oder nicht seinem Ideal entsprachen verachtend und herablassend à "Auf seinem schönen braunen Gesicht lag oft ein Ausdruck von Verachtung; sein Gang war fast zu aufrecht, als täten ihm alle Menschen leid, die weniger schön und stark als er selbst seien"
- war sehr nachtragend "Georgs Augen wurden wieder eng mit winzigen Pünktchen von Hass, als gäbe es irgendwas zu rächen, einen Schimpf oder eine Schande"
- als Kind sehr aufsässig und schwierig; ständig Streit mit seinen Brüdern; gab auch viele Klagen und Beschwerden der Lehrer und Nachbarn; galt als unberechenbarer Bursche, da er sich in jungen Jahren oft mit einem Ruck von Freundschaften losriss
- Einzug Georgs bei Franz à entscheidender Wendepunkt in Georgs Leben und Charakter (winzigen von Hass geprägten Pünktchen verschwanden aus Georgs Augen)
- wechselte in der Zeit in der er mit Franz zusammenlebte sehr häufig seine Freundinnen; war in gewisser Weise ein Frauenheld
- als Georg Franz beschuldigt kein richtiger Freund zu sein, wird zum erstenmal deutlich, dass Georg es sich nicht vorstellen kann alleine zu leben, zumindest für eine gewisse Zeit
- fühlt sich Franz, den man nach Wallau als seinen ersten Lehrer ansehen kann, unterlegen à stets Minderwertigkeitsgefühle in Gesprächen mit Franz; um Unterlegenheitsgefühl zu kompensieren, vielleicht auch um sich an Franz zu rächen à Ausspannen von Franz‘ damaliger Freundin Elli; verlässt sie nach Schwangerschaft wieder
- kurz darauf: verliebt sich in 19jährige Leni
- Georg kam durch Franz in Kontakt mit dem Widerstand und dem Kommunismus; Freundschaft und Lehrbeziehung zerstörte er durch sein unüberlegtes Handeln und seine Rachsucht
Georgs Beziehung zu Wallau
- Bei 1. Begegnung mit Wallau: “In diesen vier Worten, mit denen ihn der ältere Mann begrüsste, hatte Georg zum erstenmal seinen eigenen vollen Wert verspürt. Zum ersten, vielleicht auch zum letzten Mal, war in sein junges Leben eine Freundschaft gekommen, wo es nicht darum ging, zu prahlen oder sich klein zu machen, sich festzuklammern oder sich völlig hinzugeben, sondern nur zu zeigen wer man war, und dafür geliebt zu werden."
- Wallau Einfluss auf Georgs Charakter
- Wallau moralische Stütze -> Flucht überstehen
- Wallau ist immer bei Georg zumindest innerlich, dies ist einer der wichtigsten Gründe für das Gelingen von Georgs Flucht. Selbst als Georg von Wallaus Tod erfährt bricht seine innere Beziehung zu Wallau nicht ab.
Die Auswirkungen der Flucht auf seinen Charakter
- Flucht: sehr eisern, willensstark und zielstrebig, aber auch starke Momente der Angst
- Gedanken an Tod: "Als sei er ein andere Tod, als der vor dem er geflohen war, ein Tod in der Wildnis ganz frei von Menschenhand"
- Über Georg wird gesagt: "An ihm haben die uns zeigen wollen, wie man einen baumstarken Kerl einszweidrei umlegt. Aber das Gegenteil ist passiert. Sie haben uns nur gezeigt, dass es nichts gibt was seinesgleichen umlegt. Was er immer für ein Gesicht gehabt hat, so ein Lächeln, das hat sie ganz rasend gemacht und er hat solche Augen gehabt und solche komischen spitzen Pünktchen darin." - Denkt oft über damalige Freunde nach
- Misstrauen gegenüber Menschen: "Georg hatte immer von klein auf gegen ein starkes Gefühl von Mißbehagen kämpfen müssen, wenn an meinem Menschen irgendetwas nicht stimmte, wenn er einen Tick hatte in seinem Verstand oder an seiner Seele oder irgendeinen körperlichen Fehler“
b) Paul Röder
- Paul Röder à alter Schulfreund Georg Heislers; gingen zehn Jahre zusammen zur Schule/spielten zehn Jahre zusammen Fußball; nach dieser Zeit à aus Augen verloren
- Georg Heisler: Interesse in Politik à Kampf gegen Faschismus; später: Verhaftung von Gestapo
- Paul Röder: kein politisches Interesse; weiß zwar von den politischen Veränderungen; Gestapo und Verhaftungen ➔kümmert sich aber darum; nicht von neuem Regime überzeugt, will aber auch nicht in politische Konflikte geraten - arbeitet in Fabrik ➔ fertigt Patronen im Akkord, ohne sich Gedanken zu machen, was um ihn herum passiert u. wozu diese Patronen gebraucht werden (Georg fragt nach dem Sinn seiner Arbeit. Paul antwortet: "Ach, dem einen sein UI, ist dem anderen sein Nachtigall ...")
- ist egal, was er arbeitet; geht zu keiner Versammlung, keine Äußerung zu irgendwelchen Dingen
- genießt Vorteile des neuen Regimes à geregelte und gut bezahlte Arbeit, erhält Zuschüsse für jedes Kind u. konnte sich Urlaub leisten (Georg fragt nach seinem Leben. Paul antwortet: "...all die Vergünstigungen und die Zulagen, sieben Pfennig pro Stunde, das spürst du.")
- ist mit sich und seinem Leben zufrieden; lebt nur für seine Frau und Kinder - Frau Liesel ➔ Hausfrau; kennt Georg und Paul schon aus Jugendzeit
- geht in ihrer Familie auf ➔ nur für Mann und Kinder da; kein politisches Interesse; will keine Konflikte; passives Verhalten
- Paul und Liesel ➔ drei Kinder, erwarten ein viertes; beide akzeptieren ihr Leben u. Verhältnisse ➔ trotzdem: Kein unmenschliches u. egoistisches Verhalten anderen gegenüber
- Dies erkennt man, als Georg nach Jahren vor ihrer Wohnungstür steht; ist geflohen ➔ Paul u. Liesel wissen noch nicht, dass Georg Entflohener ist; gastfreundliche Aufnahme ➔ für beide: guter alter Freund
- als sie erfahren, weshalb Georg wirklich gekommen ist ➔ verschiedene Reaktionen: Georg sagt Paul die Wahrheit ➔ will sich aber nicht aufzwingen
- Paul überlegt nicht lange; zwar wütend, dass Georg wahren Grund verschwiegen hat ➔ überlegt aber sofort, wie er helfen kann (Paul: "Und da willst du jetzt weggehen ohne Bleibe? Du bist nicht bei Trost." "Ei, Schoch," sagte Paul. "Ich hab bloß an einen Bestimmten gedacht...")
- läßt sich auch von Georg nicht davon abbringen zu helfen ➔ will aber Frau nicht gleich davon berichten ➔ will sie nicht gefährden ("Wollen wir der Liesel etwas sagen?" fragte Paul. - "Liesel? Nein, glaubst du, die läßt mich bei euch." Paul schwieg.)
- Paul handelt aus Freundschaft u. Menschlichkeit; weiß, daß er großes Risiko eingeht; beginnt Suche nach alten Bekannten, die Georg weiterhelfen können
- um Familie nicht zu gefährden àUnterbringung Georgs unter falschem Namen bei Tante als Arbeiter
- während dieser Zeit: Paul findet ehemaligen Genossen von Georg ➔ hilft weiter
- durch Pauls Hilfe ➔ keine Verhaftung Georgs; Möglichkeit der Flucht ins Ausland
- erst nach Georgs Auszugà Paul berichtet Frau, von wahrem Grund; Vorbereitung auf mögliche Verhaftung
- in dieser Unterhaltung: Charaktere beider Personen besonders deutlich sichtbar (Kapitel V, Seite 306-308) ➔Liesel: Zusammenbruch ihrer "heilen Welt" ➔ keine starke Frau, reagiert panisch u. starrsinnig ➔ trotzdem: zeigt Georg nicht bei Polizei an, Angst um sich und Familie
- Erkenntnis von Paul: Liesel hat in Extremsituationen andere Meinung zu Nächstenliebe u. Hilfe
- wird klar: Liesel hätte nicht geholfen ➔ lebt nur in ihren vier Wänden, duldet keine Störung von Außen, will sich nicht so viele Gedanken machen, ist voller Angst
- als Paul wieder zu Hause: froh, Familie wieder beisammen zu haben; erkennt: "heile Welt" schnell zerstörbar ➔ will nicht darüber nachdenken, geht zur Tagesordnung über
- Paul: Bewußt werden der Sinnlosigkeit seines bisherigen Lebens ➔wozu Familie und Wohlstand, wenn keine Meinung vertreten werden ➔ kann Augen nicht vor Ungerechtigkeiten verschließen ➔ mit Liesel nichts mehr gemeinsam; kann nicht mehr gedankenlos wie sie durchs Leben gehen ("Nie mehr kann es so werden, wie es gewesen ist."). - Paul enttäuscht von Liesels Verhalten➔ist bereit, für alles Geschehene Verantwortung zu übernehmen (Paul sagt zu Liesel: "dafür steh ich grad. Ich hab's bestimmt müssen, nicht du")
- nimmt Liesel jegliche Verantwortung ab ➔ weiß, daß Liesel diese auch nicht mittragen will
- mit Hilfe für Georg: Beweis von innerer Stärke; erkennbar: läßt sich in gefährlichen Situationen nicht aus Ruhe bringen, Eintritt für Gerechtigkeit; bewußte Umsetzung der Gedanken; auch bei Verhör durch Gestapo ruhig und standhaft➔ muss ihn entlassen; Paul überkommt große Erleichterung ➔ Überlistung des Regimes u. Hilfe für Georg (Paul denkt: "Aber sie sind keine Spur von allwissend. Sie wissen, was man ihnen sagt.").
- ➔ durch Georgs Flucht: Veränderung von Paul ➔ selbstbewußter
- schwere Bewährungsprobe für Liesel und Paul; haben in Ehe etwas durchgemacht, was noch nie da war
➔ Erschütterung über Wucht der Ereignisse, aber sie gehen hindurch und bestehen sie ➔ auch Liesel
8. Gesamteindruck/Empfehlung
- Kennenlernen Gefühle eines Flüchtlings ➔ keine alltägliche Situation
- Zeit des 3. Reiches ➔ dunkle Seite Geschichte Deutschlands ➔ ergreifend für Leser
- Erfährt Gedanken verschiedener Menschen (Nationalsozialisten, Helfer Georg)
Häufig gestellte Fragen
Was ist "Das siebte Kreuz" und worum geht es in der Biografie von Anna Seghers?
“Das siebte Kreuz” ist ein Roman von Anna Seghers. Anna Seghers wurde am 19. November 1900 in Mainz als Netty Reiling geboren. Sie studierte Geschichte, Sinologie und Philologie in Köln und Heidelberg und promovierte über "Jude und Judentum im Werke Rembrandts". Sie heiratete László Radványi und trat 1928 in die KPD ein. Nach kurzzeitiger Verhaftung 1933 floh sie über die Schweiz nach Frankreich und 1940 nach Mexiko City. 1942 veröffentlichte sie "Das siebte Kreuz". 1947 kehrte sie nach Deutschland zurück und starb am 1. Juni 1983 in Ost-Berlin.
Was ist die Inhaltsangabe von "Das siebte Kreuz"?
Im Herbst 1937 fliehen sieben Häftlinge aus dem KZ Westhofen, darunter Georg Heisler. Der Roman handelt hauptsächlich von Georgs Flucht vor der Gestapo. Die Nazis errichten sieben Kreuze im Lagerhof. Bürger sind informiert, einige helfen, andere sind gleichgültig oder ängstlich. Georg sucht Hilfe bei Freunden, wird aber oft abgewiesen. Ein Mitflüchtling, Füllgrabe, stellt sich der Gestapo, ein anderer, Aldinger, stirbt. Georg findet schließlich Unterschlupf bei Paul Röder, der ihm mit einem gefälschten Pass zur Flucht verhilft. Das siebte Kreuz bleibt unbesetzt und wird verbrannt.
Was war die Intention des Autors beim Schreiben von "Das siebte Kreuz"?
Anna Seghers wollte zeigen, dass man immer helfen kann und dass auch kleine Beiträge wichtig sind, wenn viele zusammenarbeiten. Sie wollte Menschen, die dem NS-Terror entkommen wollen, zusammenführen und die Gegenkräfte gegen den Nationalsozialismus vereinen. Das Buch ist den "toten und lebenden Antifaschisten Deutschlands" gewidmet.
Wie ist der Roman "Das siebte Kreuz" aufgebaut?
Der Roman besteht aus sieben Kapiteln, die in Einzelabschnitte unterteilt sind. Es gibt einen auktorialen Erzähler mit einem hypertaktischen Satzbau und zeitraffendem Erzählen. Die Charaktere sind detailliert beschrieben. Der Roman verwendet Rückblenden, Dialoge und innere Monologe. Die Handlung wird aus der Sicht der Verfolger, der Verfolgten und der Helfer erzählt. Die Zahl 7 spielt eine bedeutende Rolle.
Welche Symbolik hat das siebte Kreuz im Roman?
Das siebte Kreuz ist eine Metapher. Kreuz und die Zahl 7 sind christliche Symbole. Die Zahl 7 steht für Allmacht und Vollkommenheit und findet sich in vielen Kulturen. Im Roman stehen die sieben Kreuze für die sieben Flüchtlinge und die sieben Tage der Flucht. Das Kreuz repräsentiert Leid und Qual. Das leere siebte Kreuz symbolisiert Hoffnung und Freiheit. Die Verbrennung des Kreuzes wird zum Hoffnungsträger für die übrigen Gefangenen. Der Mainzer Dom bietet Georg Schutz und symbolisiert Schutzräume für sozial Benachteiligte.
Wer sind die Hauptpersonen und wie sind sie charakterisiert?
Es gibt verschiedene Personengruppen: Die Nationalsozialisten (z.B. Fahrenberg, Zillich), die sieben Flüchtlinge (z.B. Wallau, Belloni, Füllgrabe, Aldinger) und die Helfer (z.B. Franz Marnet, Paul Röder, Katharina Grabber, Werner Fiedler). Georg Heißler ist der 30-jährige Hauptcharakter, ein ehemaliger Automechaniker, der aus dem KZ flieht. Paul Röder ist ein alter Schulfreund, der Georg hilft.
Wie wird Georg Heißler charakterisiert?
Georg Heisler ist ein 30-jähriger kommunistischer Automechaniker, der aus dem KZ Westhofen flieht. Vor der Flucht war er ein unbeschwerter Mensch, aber auch eitel und nachtragend. Durch Wallau und seine Erfahrungen im Widerstand veränderte er sich. Die Flucht selbst macht ihn willensstark und zielstrebig, aber auch ängstlich. Er entwickelt ein Misstrauen gegenüber Menschen.
Wie wird Paul Röder charakterisiert?
Paul Röder ist ein alter Schulfreund von Georg. Er ist unpolitisch und arbeitet in einer Fabrik. Er genießt die Vorteile des neuen Regimes, ist aber kein unmenschlicher Egoist. Er hilft Georg aus Freundschaft und Menschlichkeit, obwohl er damit ein großes Risiko eingeht. Durch Georgs Flucht wird ihm die Sinnlosigkeit seines bisherigen Lebens bewusst.
Was ist der Gesamteindruck von "Das siebte Kreuz" und welche Empfehlung gibt es?
Der Roman ermöglicht das Kennenlernen der Gefühle eines Flüchtlings in einer außergewöhnlichen Situation. Er bietet Einblicke in die Gedanken verschiedener Menschen während der Zeit des Nationalsozialismus. Es ist ein ergreifendes Buch, das die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus auf rationale Weise angeht. Das siebte Kreuz ist ein Symbol für Hoffnung und Gerechtigkeit.
- Quote paper
- Aleks Urbannz (Author), 2001, Seghers, Anna - Das siebte Kreuz - Buchvorstellung mit Biografie und Personenkonstellationen; Charaktereisierungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102490