Deutsch-Hausaufgabe: (16.02.01)
Harry Hallers Besuch beim Professor im Roman "der Steppenwolf" gerät zur Kritik am Bildungsbürgertum.Arbeiten sie die Kritik heraus und nehmen sie Stellung dazu!!
Der Romanabschnitt, in Hermann Hesses Roman "der Steppenwolf" in dem Harry Haller auf seinen früheren Professorenkollegen trifft, ist insofern wichtig als das Harry früher einmal selbst teil dieses vom Professor repräsentierten Bildungsbürgertums war sich aber mittlerweile sehr weit von den mit diesem Stand verbundenen Wertvostellungen entfernt hat, sich nicht mehr mit ihnen identifizieren kann.Außerdem wir an dieser Stelle im Roman deutlich, dass es sich hierbei nicht nur um die Darstellung eines Einzelschicksals sondern um die Darstelung einer "Krankheit einer ganzen Generation" handelt. Somit also dem Roman eine weitere Dimension, Bedeutungsebene verliehen wird. Wie eng das Schicksal des Protagonisten mit der gegenwärtigen Zeitsituation verwoben ist wird beim Zusammentreffen von Harry Haller und dem Professor sichtbar.Diese Kritikpunkte gilt es nun aufzuzeigen und im Anschluß daran Stellung zu nehmen.
Vom Inhalt her schließt der Text an die bereits gesellschaftskritsche Friedhofszene an, im Anschluß Harry Haller zufällig durch einen ehemaligen Kollegen angesprochen und zum Abendessen eingeladen wird.Dieser willigt zunächst mit einem Hauch von wiederkehrender Lebensfreude ein und steht dann auch schließlich vor der Tür des Professors, trotz den vorangegangenen Selbstvorwürfe von seiten des Steppenwolfes in Harry. Schon kurze Zeit nach seinem Eintreten fällt Harry eine Radierung Goethes ins Auge auf dem sich bereits sein gesammter Unwillen konzentriert.Die Unterhaltungen mit dem Professorehepaar, die schon zu Beginn mit Konfliktpotential um einen pazifistischen Artikel Hallers aufarten, verlaufen unbefriedigend und oberflächlich für Harry Haller und es kommt schließlich doch noch zum Eklat wegen des Goethebildes in dem Harry alle falschen Werte des Bürgertums versinnbildlicht sieht, es sich aber ebenso um das Lieblingsbild der Frau des Professors handelt. Woraufhin Harry offen zugibt den Artikel geschrieben zu haben auf den er schon am Anfang des Besuchs angesprochen wurde und damit einen letzten Abschied von dieser moralischen,bürgelichen,gelehrten Welt nimmt,die Flucht antritt .
Als Harry Hallers Kritik am Bildungsbürgertum sind zunächst Selbsteinschränkung ihrer Fähigkeiten/falsche Auffassung derselbigen, Eitelkeit und falscher Einsatz der Fähigkeiten zu nennen.
Der gesamte Lebensinhalt dieser Bildungsbürger liegt in der zwanghaften Erfüllen von sogenannten "Wichtigkeiten"(S.102) wie tägliche Absitzen von "Amts- oder Bureaustunden"(S.102). Sie haben bereits am Anfang ihren Sinn im Leben gefunden und sich mit dieser sehr einfachen Lösung auch vollends zufrieden gegeben. Sie haben ihre persöhnliche Freiheit gegen einen fadenscheiniges,sinnerfülltes Leben eingetauscht. So haben sie auch den letzen Wert ihres Tuns verleugnet, dem eigenen Leben die letze Besonderheit entrissen denn jetzt könnten sie ebensogut durch "Maschinen"(S.102) ersetzt werden.Die Menschen haben sich einem geregelten Tagesablauf unterworfen, der es nicht zulässt über den gegenwartigen Sinn oder Unsinn des Unterfangens des Menschen zu reflektieren.Sie haben sich der "Dummheit" (S. 102) unterworfen und schwimmen Tag ein Tag aus in "Seichtheit" (S. 102)Trotz diesem eigentlichen Unwillen, den die Menschen verspüren wehren sie sich nicht gegen diese "ewig fortlaufende Mechanik" ( S.102).So bestimmt "zwanghaft(e)" (S.102),mechanisches Verhalten den sich ständig wiederholenden Tagesablauf.Die Menschen dieser Maschinerie,der sie sich unterworfen haben hilflos ausgeliefert, sind nicht mehr fähig aus der Zwanghaftigkeit des eigenen Tagesablaufes auszubrechen.Denn dann wäre ihre Denkfähigkeit nicht mehr abgelenkt sondern könnte sich frei entfalten und würde schließlich die eigene Sinnlosigkeit und Nichtigkeit der eigenen Existenz erkennen.Sie leiden an einer pathologisch gewordenen Form des Selbstbetrugs.Demzufolge sind die Bildungsbürger die ganze Zeit gezwungen ausschließlich auf ihre Wichtigkeiten zu konzentrieren, also absichtlich keinen Tiefgang zu entwickeln um nicht ihr Lebensglück zu gefährden.Sie befinden sich in einer Situation des vollkommenen Stillstands in dem sie weder ihre eigene Persöhnlichkeit weiterentwickeln können noch neue Gedanken zulassen können.Sie haben es aufgegeben die Realität zu durchleuchten haben sich mit Gegebenheiten zufriedengeben und können schon mit einfachen Parolen von "stiernackige(n), [...] beschäftigungslosen Offizieren" (S.108) oder Demagogen abpeisen.
Aus dieser Grundhaltung zum Leben und der Gefangenschaft im Alltag als Grundlage ergeben sich auch die anderen Kritikpunkte Harrys am Bildungsbürgertum:
Harry Haller zufolge versteht der Professor representativ für die ganze Schicht des Bildungsbürgertums, Bildung als bloßes Aufspeichern von Wissen (sh S.103) und dem gegebenenfalls Wiederabrufens, der Reproduktion dieser form- und bedeutungslosen Informationen infolge der Wichtigtuerei dieser Schicht.Das Ganze beschränkt sich auf "wissenschaftliche(s) Geschwatze" (S. 100). Dem Bildungsbürgetum fehlt die differenzierte Sicht ihrer Umwelt, der gesamten Realität. Sie, die "Idealisten","Gläubigen"(S.100) machen sich durch ihr Verhalten nur zu Sklaven einer unaufhaltsam wirkenden Entwicklung des technischen Fortschritts, der ohne ein tieferes Vertändnis oder Reflektion ins Leere zu laufen scheint und durch mehrere solche Leute des gleichen Schlags begünstigt wird. Harry macht die ganzen "gelehrten" Bürger für ihre Attitüde gegenüber ihrer Wissenschaft verantwortlich und den entsprechend falschen Konsequenzen die daraus gezogen werden. So mögen sie zwar auf ihrem eigenen Teilgebiet Fachmann sein, verschließen aber die Augen vor den Erkenntnissen die in anderen Fachbereichen bisweilen gewonnen wurden denn das "(gehe)" beispielsweise "nur die Mathematiker an" (S. 103). Sie sind glauben "an den Fortschritt, an die Entwicklung"(S.103),trotzdem hinterfragen sie diesselbigen nicht womit es wiederum nur beim schlichten Glauben bleibt und kein wahres Wissen um das Zeitgeschehen erlangt wird.
Für Harry Haller bedeutet Bildung etwas anderes als das schlichte Anhäufen von Wissen, je verlangt nicht nur von sich sondern auch von den Bildungsbürgern ein tieferes Verständnis und ein Differenzieren der gesammelten Informationen.Er hält es für unverantwortlich, verlogen und unangemessen sich mit diesem Wissen und diesem beschränkten Leben welches die sogenannten Gelehrten führen auch noch brüsten. Meinen dieses vermeintliche Wissen auch noch anderen kenntlich machen zu müssen, dass sie eben jenes besitzen. So wissen die beiden sicher wann Goethe geboren ist oder wie sein erstes bedeutendes Werk hieß. Weiterhin ist es aber schon fragwürdig ob sie die tiefere Intention, den tieferen Sinn desselbigen erfaßt haben oder ob das nicht auch nur die Germanisten und Literaturwissenschaftler etwas angeht.Den gebildeten Bürgern wird von Harry ihre ganzes Wesen selbst zur Last gelegt.Worunter auch ihrer Achtbarkeit und gesellschaftliche Akzeptanz und Integrierung (sh S.99) fällt.Außerdem gefallen sich die Angehörigen dieser Schicht in ihrer von der Gesellschaft,vom kulturellen Leben zugeteilten Rolle und sind bemüht diese Aufrecht zu erhalten und den Eindruck von Ehrbarkeit noch zu verstärken. Dies Beginnt bei Harry schon bei der Lebensführung und dem "besseren Haus" (S.108) in dem der Professor wohnt und sich von anderen Menschen bedienen lässt (sh S.103). Um seiner ehrenvollen Aufgabe vollends nachgehen zu können.Ihr ganzes Leben scheint lediglich auf die Erfüllung dieser zugedachten Aufgabe ausgelegt zu sein.So bleibt nur die Oberfläche namens Bildungsbürgertum übrig die mit allen Mitteln versucht wird aufrecht zu erhalten. Der fehlende Tiefgang wird durch aufgesetzte,"verlogene" Freundlichtkeit ersetzt.Der ganze Erfährungshorizont besteht nur aus "Höflichkeiten"(S.100), hinter denen die wahre Gesinnung, falls vorhanden, verborgen bleibt und die wirkliche Meinung nicht offen ausgesprochen wird.Das dem Verhalten und Handeln der Bürger einer solche Auffassung vom Umgang mit anderen Menschen zugrunde liegt wird schon anhand des ersten Gesprächs zwischen Harry und der Frau des Professors verständlich, als diese ihm zu seinem guten Aussehen trotz der mittlerweile sichtbar hervortretende Gicht gratuliert (sh S. 104f.).Einem solchen Selbstverständnis des Bürgertums kommt auch einer Radierung Goethes entgegen die alle ihre gepriesenen Eigenschaften auf sich zu vereinen scheint, so sieht es zumindest Harry Haller beim Anblick des "zum Schragstehen gezwungen(en)"( S.104) Goethes.Das Bild bzw. Goethes Eigenschaften wurden so lange vom Künstler reduziert bis es den Anspruch in einem bürgerlichen Haus zu stehen genügt.
Die Gelehrten verhalten sich nicht ihrem eigenen Anspruch gelerhrt genannt zu werden entsprechen.Anstatt ihren Namen und ihr Ansehen in der übrigen Gesellschaft, auf das sie ja so erpicht sind, für "Vernunft und Friedensliebe" (S.108) einzusetzen sind sie wie so viele andere auch "blind und besessen" (S. 108) von kriegshetzerischen Ideen und steuern auf einen zweiten Weltkrieg zu. Entgegen besseren Wissens, ziehen auch die Gelehrten keine Lehren aus dem vorangegangenen Krieg, sondern machen nur die anderen ebenfalls am Krieg beteiligten Länder für ihrer derzeitige Situation verantwortlich.In einer Zeit der Orientierungslosigkeit wo sie, die gebildeten Bürger sich für eine Neuorientierung und Demokratie einsetzten könnten sehen sie im Krieg die Antwort auf die politische und wirtschaftliche Krise im Land. Falls sie sich in ihrem kleinen behüteten Leben überhaupt vorher über die Konsequenzen bzw. Ursachen ihres Verhaltens Gedanken gemacht haben.
Harry Haller kann man in seiner Sicht der Dinge durchaus zustimmen. Denn Ansprüche, wie Ehrlichkeit im Umgang mit anderen Menschen, den Willen nach einer tieferen Bedeutung im Leben zu Suchen, die Fähigkeit zu haben die bestehenden Verhältnisse und sich selbst anzuzweifeln, sind durchaus gerechtfertigt ja sogar erstrebenswert. Dennoch sei hier die Frage gestellt ob man den Bildungsbürgern ihr verhalten in Anbetracht ihres geschichtlichen Hintergrundes vollends zur Last legen kann.Denn dem Bildungsbürgertum, wie auch allen anderen Gesellschaftschichten wurde vom ersten Weltkrieg deutlich die Nichtigkeit des eigenen Lebens vor Augen geführt. Der erste Weltkrieg selbst stellte somit einen nicht ganz unfreiwilligen Bruch mit dem bisherigen kulturellen Leben dar, zumindest aber kanalisierte,filterte er die bereits vor dem ersten Weltkrieg entstandenen Strömungen heraus. Diese zeigten sie sich nach dem Krieg umso deutlicher, was wohl zum großen Teil an der Orientierungslosigkeit, ebenfalls durch den Krieg bedingt, und somit einer gesteigerten Anfälligkeit für extreme politische Ideologien fördert.Denn die verunsicherten Bürger suchen nachdem die alten Wertvorstellungen entwertet wurden nach neuen Glaubensgrundsätzen bei denen sie wieder so etwas wie Sicherheit und Zugehörigkeit empfinden können Außerdem, drängten in das frühere von preußischen Wertvorstellungen geprägte Deutschland die aufoktroierte Demokratie und damit auch die beginnende Amerikanisierung.Vor diesem Hintergrund agierte also das Bildungsbürgertum, dass zwar durch eben die vielfältigen Strömungen in seiner Gesamtheit durch die eben erwähnte Pluralität recht produktiv war aber dennoch nichts gegen den beginnenden Nationalsozialismus tun konnte oder wollte.In Anbetracht dieser "äußeren Begleitumstände",ist es schwer zu bewerten wieviel Schuld für die einzelnen Vetreter dieser Schicht zu verzeichnen ist.Denn abgesehen davon das die Kritik an den beschriebenen Wesenszügen durchaus berechtigt ist, muss beachtet werden inwieweit der geschichtliche Hintergrund in das Verhalten mithinein spielt und auch auf welche Vorbedingungen Harry Hallers Blick auf das Bildungsbürgertums trüben könnte. Aber auch weil Harry in gewisser Weise immer noch ein Spiegel seiner selbst vorgehalten wird und er gerade deswegen mit dem Professor so hart ins Gericht geht weil er sich an das was er einmal war und was vielleicht immer noch in ihm latent vorhanden ist erinnert fühlt und sich seine Selbstzweifel und Selbstverachtung abermals manifestieren.Aus der Situation dieses Zusammentreffens Harrys und dem Professor bzw. dem neuen zerissenen Harry und dem alten bürgerlichen Harry entsteht aber auch durch eben beschriebenen inneren Konflikt Harrys konkrete Gesellschaftskritik.In einer Textstelle gibt Harry sogar selbst eine Begründung warum seine hohen Ansprüche an die Zivilisation utopisch und nicht für jedermann realisierbar sind.So kritisiert Harry zum Beispiel, dass sich die Menschen einer täglich wiederkehrenden "Mechanik" unterworfen hätten und deswegen nicht mehr fähig zum objektiven urteilen über das Wesen ihrer Konsequenz. Gibt aber doch gleich im nächsten Satz eine Erklärung dafür warum dieses selbstbetrügerische,selbstbeschränkende,verklärende Verhalten doch die Funktion eines Schutzmechanismus haben könnte. Denn sonst würden sie wie er in die "Leere" starren, hätten wie er die "Traurigkeit und Öde" des Lebens erkannt und könnten wohl genauso wenig wie er selbst mit der ganzen Tragweite bis zu ihrer letzten Konsequenz leben. Zwar sind sie so den täglichen Verpflichtungen zur Arbeit zu gehen, merh oder weniger verlogene Höflichkeiten im umgang mit den anderen unterjochten Maschinen auszutauschen und sich allgemein diesem Strom anzupassen unterworfen und somit unfrei in ihren Handlungen und Sichtweisen aber frei von einer quälenden unverfälschten Sinnfrage. Sie haben ihren Sinn schon im korrekten Umsetzen dieser Verhaltensmaßregeln und Verpflichtungen gefunden. Dadurch das Harry Haller den Mut gehabt hat diesen Schritt an den Rande des Lebens zu machen hat er sich selbst seiner Unschuld beraubt.
Ungeachtet der persöhnlichen Probleme oder zu idealistischen,utopischen Vorstellungen die Harry Haller erst zu diesen Erkenntnissen, dieser Kritik verleitet haben behält doch der eigentliche Kern als Kritik am Bildungsbürgertum durchaus seine Gültigkeit.Trotzdem ist es wohl praktisch unmöglich oder zumindest sehr schwer die Menschen, damals wie heute zum Denken wie auch zum "sinnvollen" Einsatz ihrer Fähigkeiten zu bewegen bzw. von ihrer Oberflächlichkeit abzubringen.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in Harry Hallers Besuch beim Professor im "Steppenwolf"?
Die Hausaufgabe befasst sich mit der Kritik am Bildungsbürgertum, die im Roman "Der Steppenwolf" von Hermann Hesse, speziell in Harry Hallers Besuch beim Professor, zum Ausdruck kommt. Es soll herausgearbeitet werden, wie Harry Hallers Begegnung mit seinem ehemaligen Professorenkollegen eine Kritik an den Werten und Lebensweisen des Bildungsbürgertums darstellt.
Welchen Hintergrund hat die Kritik Harry Hallers?
Harry Haller war einst selbst Teil des Bildungsbürgertums, hat sich aber von dessen Wertvorstellungen distanziert. Der Romanabschnitt verdeutlicht, dass es sich nicht nur um ein individuelles Schicksal, sondern um die Darstellung einer "Krankheit einer ganzen Generation" handelt. Die Kritikpunkte, die Haller äußert, sollen herausgearbeitet und anschließend bewertet werden.
Wie verläuft Harry Hallers Besuch beim Professor?
Der Text knüpft an eine gesellschaftskritische Friedhofsszene an. Haller wird von einem ehemaligen Kollegen zum Abendessen eingeladen. Trotz Selbstzweifel nimmt er die Einladung an. Beim Professor angekommen, konzentriert sich Hallers Unwillen auf eine Goethe-Radierung. Die Unterhaltung mit dem Professorehepaar ist von Konflikten geprägt, insbesondere aufgrund eines pazifistischen Artikels Hallers. Der Eklat erfolgt wegen des Goethebildes, in dem Haller die falschen Werte des Bürgertums sieht. Harry gesteht schließlich, den Artikel geschrieben zu haben und flieht aus dieser Welt.
Welche Kritikpunkte äußert Harry Haller am Bildungsbürgertum?
Harry Hallers Kritik umfasst Selbsteinschränkung der Fähigkeiten, Eitelkeit und falschen Einsatz der Fähigkeiten. Der Lebensinhalt des Bildungsbürgertums besteht in der zwanghaften Erfüllung von "Wichtigkeiten". Sie haben ihre persönliche Freiheit gegen ein sinnerfülltes Leben eingetauscht und sich der "Dummheit" unterworfen. Sie wehren sich nicht gegen die "ewig fortlaufende Mechanik" und sind nicht mehr fähig, aus der Zwanghaftigkeit auszubrechen.
Wie versteht das Bildungsbürgertum Bildung laut Harry Haller?
Haller zufolge versteht der Professor, stellvertretend für das Bildungsbürgertum, Bildung als bloßes Aufspeichern und Reproduzieren von Wissen. Es fehlt die differenzierte Sicht auf die Umwelt und die Realität. Sie machen sich zu Sklaven des technischen Fortschritts, ohne ein tieferes Verständnis zu entwickeln. Sie sind Fachleute in ihrem Gebiet, verschließen aber die Augen vor Erkenntnissen anderer Fachbereiche.
Welche Bedeutung hat die Goethe-Radierung für Harry Hallers Kritik?
Die Goethe-Radierung versinnbildlicht für Harry Haller alle falschen Werte des Bürgertums. Goethe wurde so lange reduziert, bis er den Ansprüchen eines bürgerlichen Hauses genügt. Die Gelehrten entsprechen nicht ihrem eigenen Anspruch und setzen ihr Ansehen nicht für "Vernunft und Friedensliebe" ein, sondern sind von kriegshetzerischen Ideen besessen.
Wie kann man Harry Hallers Kritik bewerten?
Harry Hallers Ansprüche an Ehrlichkeit, den Willen nach tieferer Bedeutung und die Fähigkeit, Verhältnisse zu hinterfragen, sind erstrebenswert. Es stellt sich jedoch die Frage, ob man dem Bildungsbürgertum sein Verhalten in Anbetracht seines geschichtlichen Hintergrundes zur Last legen kann. Der Erste Weltkrieg hat die Nichtigkeit des Lebens vor Augen geführt und zu Orientierungslosigkeit und Anfälligkeit für politische Ideologien geführt.
Inwiefern ist Harry Hallers Kritik auch eine Selbstkritik?
Harry Haller wird durch den Professor ein Spiegel vorgehalten. Er geht mit ihm ins Gericht, weil er sich an das erinnert, was er einmal war und was latent in ihm vorhanden ist. Seine Selbstzweifel und Selbstverachtung manifestieren sich abermals. Harry gibt selbst eine Begründung dafür, warum seine hohen Ansprüche utopisch sind und die tägliche "Mechanik" als Schutzmechanismus dienen kann.
Ist Harry Hallers Kritik am Bildungsbürgertum heute noch relevant?
Auch heute herrscht eine ähnliche Ignoranz gegenüber Kriegen. Die neuesten wissenschaftlichen Durchbrüche werden zur Kenntnis genommen, aber selten in ihrer Tragweite verstanden. Es ist wichtig, das politische Geschehen mit Verstand zu verfolgen und Wissen und Fähigkeiten sinnvoll einzusetzen. Harry Hallers Maximen könnten dazu beitragen, Leute hervorzubringen, die Sachverhalte hinterfragen und geistig aktiver sind.
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- Kerstin Iffland (Author), 2001, Hesse, Hermann - Steppenwolf - Harry Haller`s Besuch beim Professor gerät zur Kritik am Bildungsbürgertum, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102488