Frauen bei der Bundeswehr
Ich referiere heute über die Entscheidung des europäischen Gerichtshof der es auch deutschen Frauen in Zukunft ermöglicht freiwilligen Dienst an der Waffe zu tun:
Am Dienstag den 11.1.2000 entschied der europäische Gerichtshof, dass das deutsche Waffendienstverbot für Frauen in Artikel 12a des Grundgesetzes gegen Europarecht verstoßt. Damit gab er einer Klage der 23-jährigen Elektrotechnikerin Tanja Kreil statt.
Diese hatte 1996 Klage beim Verwaltungsgericht in Hannover wegen geschlechtlicher Diskriminierung erhoben. Tanja Kreil hatte sich bei der Bundeswehr um eine Stelle zur Instandsetzung von Waffentechnik beworben. Ihre Bewerbung wurde mit der Begründung abgelehnt, dass laut Artikel 12a Absatz 4 des Grundgesetzes Frauen auf keinen Fall Dienst an der Waffe leisten dürften. Das deutsche Gericht schaltete die europäische Instanz ein weil sich die Klägerin auf die europäische Richtlinie zur Gleichberechtigung von Mann und Frau aus dem Jahre 1976 berufen hatte. Während der Verhandlung vertrat die beklagte Bundesregierung die Meinung, dass die Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine Sache der nationalen Souveränität sei. Der europäische Gerichtshof überschreite also gewissermaßen seine Kompetenzen mit einer Einmischung in die deutsche Verfassung. Doch bereits im Oktober letzten Jahres entkräftete der europäische Gerichtshof dieses Argument in einem anderen Urteil mit der Begründung:" Das Arbeitsrecht europäischer Streitkräfte kann nicht pauschal dem Geltungsbereich des Diskriminierungsverbotes entzogen werden."
Aufgrund des Urteils des europäischen Gerichtshofs ist Deutschland jetzt dazu verpflichtet, den Artikel 12a des Grundgesetzes nicht mehr anzuwenden. Zum ersten mal in der Geschichte der EU rührt ein europäisches Gericht nicht nur die Verfassung eines der Mitgliedsländer an sondern hebelt einen zentralen Punkt der Verfassung regelrecht aus. Prinzipiell gilt allerdings: Europarecht geht vor nationalem Verfassungsrecht. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zwar noch das Recht vorbehalten europäische Normen nicht anzuwenden wenn diese deutsche Grundrechte berühren, doch diese Regelung findet hier keine Anwendung. Denn beim Artikel 12a handelt es sich nicht um ein Grundrecht sondern um die Einschränkung des Grundrechts auf freie Berufswahl.
Die Bundesregierung muss sich jetzt entscheiden wie sie das luxemburger Urteil umsetzt. Entweder beginnt sie mit dem aufwendigen Prozess der Grundgesetzänderung oder sie bemüht sich um eine europarechtskonforme Auslegung des strittigen Artikels. Entscheidet sich die Bundesregierung für letzteres müsste sie die Verbotsvorschrift so auslegen dass sie nur die Wehrpflicht nicht aber den freiwilligen Dienst betrifft. Eine solche mit sprachlichen Verrenkungen verbundene Auslegung widerspricht jedoch der ursprünglichen Intention die der Verfassungsgeber bei der Einführung des Artikels ins Grundgesetz 1956 verfolgt hat. Der Artikel sollte eine Reaktion auf den Einsatz von Frauen zu militärischen Zwecken während des zweiten Weltkrieg darstellen. Dort setzte man Frauen zur sogenannten "Reichsverteidigung" im Reichsarbeitsdienst oder in Form von "Helferinnenkorps" der Wehrmacht und der SS ein. Mit dem in Artikel 12a ausgesprochenen Verbot wollte der Verfassungsgeber verhindern dass Frauen als Kombattanten feindlicher Waffenwirkung ausgesetzt werden oder das Los der Kriegsgefangenschaft erleiden müssen. Damals hieß es wörtlich im Bundestag :"Unsere Auffassung von der Natur und der Bestimmung der Frau verbietet einen Dienst mit der Waffe."
Bis vor kurzem hieß das noch konkret das Frauen zwar die gleiche Grundausbildung ,darunter auch die Ausbildung an der Waffe, wie ihre männlichen Kollegen genießen, sie dann aber nur bestimmte Berufe in der Bundeswehr ausüben dürften. Dazu gehören der Sanitätsdienst und der Bundeswehrmusikdienst. Aufgrund dieser Tatsache hielten die Richter der Bundeswehr vor selbst gegen das Prinzip zu verstoßen Frauen niemals den Gefahren von Kombattanten auszusetzen. Denn vor allem bei den Ärztinnen und Sanitäterinnen ist anzunehmen ,dass diese vielfach Seite an Seite mit den Soldaten arbeiten.
Wie der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums letzten Mittwoch verlauten ließ werden auf in Zukunft spezielle Bereiche der Bundeswehr wie die Spezialeinheit der Kampfschwimmer und die U-Boot-Besatzungen weiterhin nur aus Männern rekrutiert werden.
Laut Bundesverteidigungsminister Scharping (SPD) sollen bis Ende 2000 die Voraussetzungen dafür geschaffen werden ,dass um 2001 die ersten Frauen in neuen Verwendungen eingestellt werden können.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in diesem Text über "Frauen bei der Bundeswehr"?
Dieser Text behandelt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, die es deutschen Frauen ermöglicht, freiwillig Dienst an der Waffe zu leisten. Er beleuchtet die Klage von Tanja Kreil, das Urteil des Gerichtshofs und die daraus resultierenden Konsequenzen für die deutsche Verfassung und Bundeswehr.
Was war die Grundlage für die Klage von Tanja Kreil?
Tanja Kreil klagte wegen geschlechtlicher Diskriminierung, da ihre Bewerbung bei der Bundeswehr zur Instandsetzung von Waffentechnik aufgrund des Artikels 12a des Grundgesetzes abgelehnt wurde, welcher Frauen den Dienst an der Waffe untersagt.
Was besagt Artikel 12a des Grundgesetzes (vor der möglichen Änderung)?
Artikel 12a Absatz 4 des Grundgesetzes verbot Frauen, Dienst an der Waffe zu leisten.
Wie argumentierte die Bundesregierung vor dem Europäischen Gerichtshof?
Die Bundesregierung argumentierte, dass Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine Sache der nationalen Souveränität sei und der Europäische Gerichtshof keine Kompetenz habe, in die deutsche Verfassung einzugreifen.
Wie entschied der Europäische Gerichtshof und warum?
Der Europäische Gerichtshof entschied, dass das deutsche Waffendienstverbot für Frauen gegen Europarecht verstößt und gab der Klage von Tanja Kreil statt. Er argumentierte, dass das Arbeitsrecht europäischer Streitkräfte nicht pauschal dem Diskriminierungsverbot entzogen werden kann.
Welche Verpflichtungen hat Deutschland aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs?
Deutschland ist verpflichtet, den Artikel 12a des Grundgesetzes nicht mehr anzuwenden oder ihn europarechtskonform auszulegen.
Welche Optionen hat die Bundesregierung zur Umsetzung des Urteils?
Die Bundesregierung kann entweder den aufwendigen Prozess der Grundgesetzänderung beginnen oder versuchen, den Artikel 12a europarechtskonform auszulegen, indem sie ihn so interpretiert, dass er nur die Wehrpflicht, nicht aber den freiwilligen Dienst, betrifft.
Was war die ursprüngliche Intention des Artikels 12a des Grundgesetzes?
Der Artikel sollte eine Reaktion auf den Einsatz von Frauen zu militärischen Zwecken während des Zweiten Weltkriegs darstellen und verhindern, dass Frauen als Kombattanten feindlicher Waffenwirkung ausgesetzt werden oder das Los der Kriegsgefangenschaft erleiden müssen.
Welche Berufe durften Frauen in der Bundeswehr bisher ausüben?
Frauen durften bisher bestimmte Berufe im Sanitätsdienst und im Bundeswehrmusikdienst ausüben.
Welche Bereiche der Bundeswehr bleiben weiterhin Männern vorbehalten?
Spezielle Bereiche der Bundeswehr wie die Spezialeinheit der Kampfschwimmer und die U-Boot-Besatzungen werden weiterhin nur aus Männern rekrutiert.
Wann sollen die ersten Frauen in neuen Verwendungen bei der Bundeswehr eingestellt werden?
Laut Bundesverteidigungsminister Scharping (SPD) sollen bis Ende 2000 die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass um 2001 die ersten Frauen in neuen Verwendungen eingestellt werden können.
Welche Diskussionen hat das Luxemburger Urteil ausgelöst?
Das Urteil hat eine erneute Diskussion um die vollkommene Abschaffung oder Ausweitung der Wehrpflicht auf die Frauen entfacht.
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- Kerstin Iffland (Author), 2001, Frauen bei der Bundeswehr, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102431