Was, wenn das Streben nach Wissen zur dunklen Besessenheit wird? In Goethes "Faust" erleben wir den tiefen Fall eines Gelehrten, der in seinem unstillbaren Durst nach Erkenntnis die Grenzen des menschlichen Verstandes überschreiten will. Gefangen in seinem Studierzimmer, umgeben von verstaubten Folianten und unerfüllten Träumen, wendet sich Faust der Magie zu, um das innerste Geheimnis des Lebens zu entschlüsseln. Doch seine Beschwörung des Erdgeistes endet in Ernüchterung, eine schmerzhafte Erinnerung an seine Sterblichkeit. Gerade als die Verzweiflung ihn zu überwältigen droht, tritt Wagner auf, sein pedantischer Famulus, ein Kontrastbild zu Fausts leidenschaftlichem Streben. Dieser Begegnung entlarvt nicht nur die Kluft zwischen rationaler Wissenschaft und transzendentaler Sehnsucht, sondern offenbart auch Fausts zynische Verachtung für konventionelles Wissen. Der Leser wird Zeuge eines intellektuellen Schlagabtauschs, in dem Missverständnisse und unterschiedliche Weltanschauungen aufeinanderprallen. Während Wagner in seiner begrenzten akademischen Welt Zufriedenheit findet, quält sich Faust mit Fragen nach dem Sinn des Lebens und der Unzulänglichkeit menschlicher Erkenntnis. Die Szene "Nacht" wird so zu einem Spiegelbild von Fausts innerem Konflikt, ein Vorbote seiner tragischen Entwicklung. Tauchen Sie ein in eine Welt voller dunkler Magie, philosophischer Debatten und der ewigen Suche nach Wahrheit. Erleben Sie, wie Fausts unersättlicher Wissensdrang ihn in die Arme des Teufels treibt und ihn zwingt, den Preis für seine unstillbare Neugier zu zahlen. Eine Geschichte über Ehrgeiz, Verzweiflung und die Grenzen der menschlichen Existenz, die Sie bis zur letzten Seite fesseln wird. Begleiten Sie Faust auf seinem Weg zwischen himmlischer Erleuchtung und höllischer Verdammnis, ein zeitloses Meisterwerk über die conditio humana. "Faust" ist mehr als nur ein Drama; es ist eine Reise in die Tiefen der menschlichen Seele, ein Spiegelbild unserer eigenen Sehnsüchte und Ängste, ein Mahnmal für die Gefahren des unkontrollierten Strebens.
FAUST, Goethe
Analyse: Faust-Wagner Szene, Nacht
Der Gelehrte Faust, der Protagonist des gleichnamigen Dramas von J.W. Goethe, hat sich alles Wissen angeeignet, was die Welt bieten konnte und ihn erfüllt dennoch Verzweiflung. Zurückgezogen in sein Studierzimmer, sucht er in der Szene "Nacht" schließlich, seine innere Erfüllung durch das Hinwenden zur Magie, um den Sinn des Lebens zu erkennen. Als er weder in der Natur noch in dem Zeichen des Makrokosmos Hoffnung findet, beschwört er schließlich den Erdgeist, der ihm erscheint. Entgegen der Hoffnung Fausts wird er jedoch zurückgewiesen, Faust muss erfahren, dass er nur ein Mensch ist und keineswegs gottgleich. Der Geist ist verschwunden und der zusammenbrechende Faust wurde zurückgelassen, als es klopft und sein Gehilfe und Schüler Wagner, in Schlafrock und Nachtmütze, eintritt.
Die Erscheinung Wagners beinhaltet eine Komik, die nicht nur von der Kleidung, sondern auch von dem Kontrast zu der Dramaturgie der vorhergehenden Szene herrührt und sein plötzlicher Auftritt wirkt in hohem Maße ernüchternd. Die Klimax, die sich aufgebaut hat, wird durch einen plötzlichen Abfall der Spannung zu einem Ende gebracht, die Wirklichkeit ersetzt die Ekstase Fausts.
Das Erscheinen Wagners beruht auf einem Irrtum des Famulus. Wagner, im Glauben Faust zitiere ein griechisches Trauerspiel, hofft darauf zu profitieren und hat den unwilligen Faust schon bald in ein Gespräch verwickelt, in dem Rhetorik und die Geschichtsschreibung die Hauptthemen bilden. Jedoch entstehen durch die unterschiedlichen Auffassungen der Wissenschaft, die die beiden Charaktere vertreten, eine Reihe von Missverständnissen. Wagner hofft darauf, Faust könne ihn etwas lehren über die Kunst des Redens, worauf Faust entgegnet man könne diese nicht lernen, das Gesagte müsse nur von Herzen kommen. Doch dies scheint Wagner nicht verstehen zu können (oder zu wollen), er äußert seine Angst nie Perfektion erreichen zu können: "Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben, / Durch die man zu den Quellen steigt!" (Z.562-563). Über die Geschichtsschreibung äußert sich Faust in negativer Weise, er beschreibt sie als lückenhaft und unbefriedigend, während Wagner sie bewundert. Die beiden Wissenschaftler reden also ununterbrochen aneinander vorbei. Faust kritisiert Wagner heftig; zynisch und bisweilen sogar überheblich beurteilt er seine Einstellung, wie z.B. in den Z.538-541: "Sitzt ihr nur immer! Leimt zusammen/ Braut ein Ragout von anderer Schmaus,/ Und blast die kümmerlichen Flammen/ Aus eurem Aschenhäufchen 'raus!". Doch diese Kritik und dieser Zynismus werden nicht wahrgenommen, bzw. verstanden, im Gegenteil, Wagner verlässt Faust mit dem Gefühl eine fruchtbare wissenschaftliche Besprechung geführt zu haben und glaubt sein Wissen vermehrt (vgl. Z.596-601), wogegen ihn Faust für einen "trockenen" (Z.521) und "ärmlichen" (Z.601) Narren hält und das Gespräch eher als Zurechtweisung auffasst.
Wagner spielt in dieser Szene eine besondere Rolle, er dient als Kontrast zu Faust, um dessen Einstellung und Auffassungen der Wissenschaft deutlich zu machen. Im Gegensatz zu Faust trennt Wagner seine Studien von seinem Privatleben. Er ist ein Wissenschaftler aus Freude am Wissen und am Lernen, wie in Zeile 601 deutlich wird: "Zwar weiß ich viel, doch möcht' ich alles wissen." Dabei beschränkt er sich auf das allgemeine akademische Wissen, im Gegensatz zu Fragen des Lebens, wie der Philosophie und erfreut sich an Schriften anderer, weniger daran, selbst Ideen zu entwickeln. Die Wissenschaft ist für ihn unpersönlich, er begibt sich nicht auf die höhere Ebene des Analysierens, sondern glaubt, er müsse nur genügend Wissen erlangen um die Welt zu verstehen. Im Gespräch zeigt sich seine "passive" Auffassung der Wissenschaft, die sich auf das Studieren der Gedanken anderer beschränkt, in der Anwendung von Allgemeinplätzen, wie "Allein die Welt! Des Menschen Herz und Geist" (Z.586) oder "Allein der Vortrag macht des Redners Glück" (Z.546), die gedankenlos zitiert werden. Die Zeilen 570-574: "es ist ein groß Ergetzen,/ […] Zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht,/ Und wie wir's dann zuletzt so herrlich weit gebracht." zeigen, wie er die Fortschrittlichkeit der Wissenschaft bewundert und wie die Errungenschaften der Wissenschaft und das Wissen, welches erworben wurde durch die Jahrhunderte, eine Faszination ausüben auf Wagner. Er hofft darauf aufzubauen, strebt jedoch nicht danach neues Wissen zu erlangen. Auch interessiert ihn das Wissen, die Erkenntnis, die jeder für sich erlangen muss, um persönlich einen Sinn zu finden, nicht.
Im Gegensatz zu Wagners unpersönlicher Auffassung von der Wissenschaft, sucht Faust ausschließlich den persönlichen Bezug. Er versucht für sich selbst Erfüllung zu finden, das Allgemeinwissen, welches man in Büchern lesen kann, interessiert ihn nicht, sondern er forscht nach den großen Zusammenhängen des Lebens. Er blickt hinter die Fassade und gibt sich nicht mit auf den ersten Blick Offensichtlichem zufrieden, wie z.B. seine Einstellung zur Geschichtsschreibung zeigt (vgl. Z.575-585). Zur Rhetorik meint er, dass man sie nicht lernen kann, sondern dass ein gutes Thema, vorgetragen von einem beherzten Redner, von allein überzeugend wirkt, was in den Zeilen 534-535 und 550-551 deutlich wird: "Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen,/ Wenn es nicht aus der Seele dringt/ […] Es trägt Verstand und rechter Sinn/ Mit wenig Kunst sich selber vor" Nicht nur ein Redner muss jedoch seiner Meinung nach aus ganzem Herzen Redner sein, auch ein Wissenschaftler muss sich seiner Sache verschrieben haben. Für ihn ist die Philosophie eine persönliche Frage, was er in den Zeilen 568-569 deutlich beschreibt: "Erquickung kannst du nicht gewinnen,/ Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt."
Doch nicht nur Fausts Einstellung und Auffassung von der Wissenschaft werden durch seinen Dialog mit Wagner charakterisiert, sondern indirekt erfährt der Leser bzw. Zuhörer auch etwas über Fausts Charakterzüge, wie seine Einstellung zu seinen Mitmenschen. Fausts Reden sind gespickt mit teilweise auch berechtigter Kritik, aber auch mit Zynismus. Sogar Überheblichkeit kristallisiert sich heraus von Zeit zu Zeit, wie z.B. in den Zeilen 574-576: "O ja, bis an die Sterne weit!/ Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit/ Sind und ein Buch mit sieben Siegeln." Hier benutzt er Ironie um eine scharfe Belehrung einzuleiten. Ironie und Zynismus wird auch in den Zeilen 528-529 gebraucht: "Ja, wenn der Pfarrer ein Komödiant ist;/ Wie das denn wohl zu Zeiten kommen mag." Er kritisiert die Kirche, bzw. die Pfarrer, die, gemäß Faust, häufig zu sehr auf Effekthascherei aus sind und zu "Komödianten" werden. Sein Zynismus zeigt nicht nur seine Einstellung zu anderen Menschen, sondern ist aus Ausdruck der schweren Krise, in der er sich befindet.
Der Dialog zwischen Faust und Wagner in der Szene "Nacht" hat die Funktion einer Charakterisierung Fausts, im Kontrast zu Wagner. Das Missverstehen dieser beiden Partner zeigt die Unvereinbarkeit ihrer Auffassungen von den Wissenschaften. In dieser Szene deutet sich auch schon eines der Hauptthemen des Stückes an, es wird plausibel, wie eine Auffassung der Wissenschaft zu einer persönlichen Tragik führen kann, wenn das akademische Wissen nicht mehr genügt und die Erforschung des Lebens zum Lebensinhalt wird. Für Faust sind seine Studien zur Erforschung des Sinnes des Lebens geworden, die mit "normalen" Mitteln nicht mehr erfüllbar ist. Er strebt nach immer mehr Erkenntnis.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in der Analyse der Faust-Wagner Szene "Nacht"?
Die Analyse befasst sich mit der Szene "Nacht" aus Goethes "Faust", in der der Protagonist Faust, trotz seines umfassenden Wissens, Verzweiflung empfindet. Er wendet sich der Magie zu, um den Sinn des Lebens zu ergründen. Nach der gescheiterten Beschwörung des Erdgeistes, die ihn demütigt, erscheint sein Schüler Wagner und unterbricht die dramatische Stimmung.
Welche Rolle spielt Wagner in dieser Szene?
Wagner dient als Kontrastfigur zu Faust. Sein Auftritt wirkt komisch und ernüchternd und bringt die Handlung auf eine alltägliche Ebene zurück. Er ist ein Wissenschaftler, der das Wissen um seiner selbst willen sucht, ohne nach tieferer persönlicher Erkenntnis zu streben. Die unterschiedlichen Auffassungen der beiden Charaktere zur Wissenschaft führen zu Missverständnissen.
Wie unterscheiden sich Faust und Wagner in ihrer Auffassung von Wissenschaft?
Faust sucht den persönlichen Bezug und die Erfüllung in der Wissenschaft, indem er nach den großen Zusammenhängen des Lebens forscht. Im Gegensatz dazu ist Wagners Auffassung von Wissenschaft unpersönlich und beschränkt sich auf das akademische Wissen und die Fortschrittlichkeit der Wissenschaft, ohne persönliche Erkenntnis anzustreben.
Welche Charakterzüge Fausts werden durch den Dialog mit Wagner deutlich?
Der Dialog zeigt Fausts kritische, zynische und bisweilen überhebliche Haltung gegenüber seinen Mitmenschen und der Wissenschaft. Dies wird durch Ironie und Zynismus in seinen Äußerungen deutlich, was seine innere Krise widerspiegelt.
Welche Funktion hat der Dialog zwischen Faust und Wagner in der Szene "Nacht"?
Der Dialog dient der Charakterisierung Fausts im Kontrast zu Wagner und verdeutlicht die Unvereinbarkeit ihrer wissenschaftlichen Auffassungen. Er deutet eines der Hauptthemen des Stückes an: Wie eine bestimmte Auffassung von Wissenschaft zu persönlicher Tragik führen kann, wenn das akademische Wissen nicht mehr ausreicht und die Erforschung des Lebens zum Lebensinhalt wird.
Was ist das zentrale Thema dieser Szene im Hinblick auf Fausts Streben?
Das zentrale Thema ist Fausts endloses und unerfülltes Streben nach Erkenntnis, das zu persönlicher Tragik und Verzweiflung führen kann, wenn er an seine Grenzen stößt. Er strebt nach immer mehr Erkenntnis und versucht den Sinn des Lebens mit "normalen" Mitteln zu ergründen, was nicht mehr möglich ist.
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- Verena Achenbach (Author), 1998, Goethe, Johann Wolfgang von - Faust1 - Analyse Faust-Wagner Szene, Nacht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102373