Eine grobe Übersicht zur ATOPIE
von Christoph Sadowski
Definition :
© 1997 Walter de Gruyter Pschyrembel 258. Auflage Atopie (gr. atopia Ungewöhnlichkeit, Seltsamkeit) f: (engl.) atopy; zusammenfassende Bez. für die auf einer genet. Prädisposition beruhenden klin. Manifestationen der Überempfindlichkeitsreaktion vom Soforttyp (Typ I der Allergie*), v.a. atopisches Ekzem*, allergische Konjunktivitis, Rhinitis* allergica, exogen-allergisches Asthma* bronchiale, allergische Enteritis, selten in Form einer Urtikaria*; Vork. in unterschiedl. starker Ausprägung bei 10-15% der Bevölkerung; vgl. Anaphylaxie.
Inzidenz im Kindesalter ca. 3-4 % !!!
2/3 der Erkrankten stammen aus „Atopikerfamilie“.
Bei 70 % tritt die Erstmanifestation innerhalb des ersten Lebensjahres auf.
Sobald der von Umweltfaktoren abhängige, individuell variable Schwellenwert überschritten wird, schlägt die Disposition zur Erkrankung um.
Begriffsklärung:
Soforttyp, Typ I der Allergie :
Angeborene oder erworbene spezifische. Änderung der Reaktionsfähigkeit des Immunsystems gegenüber körperfremden, eigentlich unschädlichen Substanzen, die als Allergen erkannt werden; Entweder einer Allergie nach klinisch stummem Erstkontakt in einer Sensibilisierungsphase (mind. fünf Tage bis mehrere Jahre). Auftreten von Entzündungsreaktionen nach erneutem Kontakt an den allergisierten Organsystemen (Haut, Konjunktiven, Nasen-, Rachen-, Bronchialschleimhaut, Magen-Darm-Trakt). Einteilung nach Coombs und Gell (1963) in drei überwiegend durch humorale Faktoren unterhaltene Frühreaktionen und eine zellulär vermittelte Spätreaktion, wobei diese Formen nicht isoliert, sondern z.T. parallel ablaufen oder ineinander übergehen (häufigste Form: Typ I).Im Falle der Atopie ist dies eine genetische Disposition zur überschießenden Bildung von Gesamt-IgE und allergenspezifischen IgE ( Radio-Allergo-Sorbent-Test ), sowie deren Fixierung an Mastzellen und basophile Granulozyten der Haut und Schleimhaut Damit von einer echten Allergie gesprochen werden kann MUSS eine Sensibilisierung vorausgegangen sein. ( DD: Pseudoallergie ) Typ I nach Coombs und Gell : Durch spezifische IgE-AK vermittelt, direkte Mediatorfreisetzung ( Histamin, Leukotrienen u.a.)aus den Mastzellen, Reaktion innerhalb von Minuten.
Atopiezeichen :
- weißer Dermographismus · Herthoge-Zeichen
- diffuses Gesichtserythem · Dennie-Morgan-Falten
- Milchschorf , i.d.R. innerhalb der ersten vier Lebenswochen
- Neurodermitistypische Hautveränderungen (beugenbetonte Lichenifikation, Juckattacken...)
- Cheilose
- typische Provokationsfaktoren ( Klima, Herbst-Winter-Gipfel, Infekte, Allergenexposition, Nahrungsmittel, emotionale Fakoren )
Typische Trias: atopische Dermatitis, Rhinokonjunktivits allergica,exogen-allerg. Asthma
atopische Dermatitis :
Auftreten in sehr variabler Form und Ausprägung der oben genannten Atopiezeichen, wobei eine Einteilung in 3 Phasen stattfindet:
1. Phase: 2. Trimenon bis Ende des 2. LJ: Papulovesikel, ekzemähnlich (E-Typ)
2. Phase : 4.-12. LJ: Lichenifikation, lichenoide Papel (L-Typ)
3. Phase : ab dem 13. LJ: Papel auf urtikariellem Grund, Übergang in Prurigoknoten (P- Typ)
Da kein spezifischer Marker für die Atopie bekannt ist, wird ein Kriterienbündel zur Diagnose herangezogen, wobei die Haupkriterien: Pruritus, typische Morphe und Verteilung, chronischer oder chron. rezidivierender Verlauf, atopische Eigen- und Familienanamnese sind.
Weitere diagnostische Kriterien sind das erhöhte Gesamt-IgE ( bei 80% d.F. ), RAST (Nabelschnurblut), Prick- und Intracutantestungen, Provokationstestungen, Anamnese ( Jahreszeit, Ort, Medi, Nahrungsmittel, Temperaturreize...).
Wichtigste Komplikationen sind das Ekzema herpeticatum und die Quincke-Symptomatik.
Die Therapie besteht in der Aufklärung des Patienten bezüglich der lebenslänglichen Hautempfindlichkeit und der daraus resultierenden Verhaltensweisen, wie tägliche Hautpflege mit geeigneten Cremes, Bädern, Duschverhalten u.a. auch in hauterscheinungsfreien Intervallen. Weitere Maßnahmen bestehen in Schaffung staubarmer Lebensräume, haustierfreiem Haushalt, Heilklimatische Aufenthalte, UV-A-Therapie, u.U. Diät (meiden von Zitrusfrüchten, Obstsäften, Alkohol, scharfe Gerichte...), Berufsberatung ( häufiges Händewaschen ?, Staubexposition ?, - z.B.: Bäcker, Frisör, Tierpfleger etc.)
Bei Ekzemschüben zusätzlich externe Kortikosteroide, teerhaltige Präparate, Antihistaminika, u.U. topische Immunsuppressiva.
Rhinokonjunktivits allergica :
Man unterscheidet grundsätzlich zwei Formen:
1. saisonale allergische Rhinopathie, verursacht durch Pflanzenpollen oder Konidien extramuraler Pilze (Heufieber)
2. perenniale, nicht jahreszeitlich gehäuft auftretende allergische Rhinopathie durch häusliche (Hausstaubmilben, intramurale Pilze, Haustierepithelien) oder Arbeitsplatzallergene (z.B. Mehl-, Holz-, Medikamenten-, Pflanzenstäube...).
Diagnose entsprechend der der atopischen Dermatitis zuzüglich der Inhalations-, nasalen- und konjunktivalen Provokation.
Abgleich der Anamnese, verschiedenen Tests mit Pollenflugkalender.
Therapie ebenfalls entsprechend der atopischen Dermatitis, zusätzlich möglich: Cromoglycinsäure, topische alpha-Sympathomimetika, Anticholinergika, entsprechende Augentropfen.
Exogen-allergisches Asthma bronchiale :
Anfallsweises Auftreten von Atemnot variabler und reversibler Bronchialverengung durch Entzündung und Hyperreaktivität der Atemwege. Kennzeichnend ist die Trias Bronchospasmus, Schleimhautschwellung und Dyskrinie (Bildung zähflüssigen Drüsensekrets).
Allergisches Asthma bronchiale: IgE-vermittelte Sofortreaktion durch Inhalation von Allergenen (meist Pollen sowie Hausstaubmilben, Tierhaare u. -schuppen, Bettfedern u. Schimmelpilzsporen), seltener durch Nahrungsmittel, Medikamente, Insektengifte u. Hautkontakt mit Allergene. Klinisch imponierend durch: Dyspnoe, Husten, meist zäher Auswurf, verlängertes Exspirium, trockene Rasselgeräusche (Giemen u. Brummen, oft sogar auf Distanz hörbar), hypersonorer Klopfschall, Abnahme der Sekundenkapazität und der Vitalkapazität sowie Zunahme des Residualvolumens Therapie: Beta-2-Sympathomimetika, Kortikosteroide, Parasympatholytika, Theophyllin, Antiallergika; Vermeidung der auslösenden Noxe, Allergenkarenz, evtl. Hyposensibilisierung. Prognose: bei Kindern u. Jugendlichen häufig spontane Remissionen, bei Erwachsenen meist chronischer Verlauf, u.U. Übergang in ein obstruktives Lungenemphysem mit Cor pulmonale.
Zur Hyposensibilisierung:
Schrittweises Herabsetzen einer allergenspezifischen IgE-vermittelten Reaktionsbereitschaft (Allergie vom Soforttyp) durch regelmäßige, über einen längeren Zeitraum erfolgende subkutane Injektion oder orale Zufuhr (bei Kleinkindern) des auslösenden Allergens in unterschwelligen, langsam ansteigenden Konzentrationen.
Als Wirkungsmechanismen werden z.B. Bildung blockierender Antikörper der IgG-Klasse, Induktion antiidiotypischer Antikörper, Supprimierung der Produktion spezifischer IgEAntikörper sowie verminderte Degranulationsbereitschaft der Mastzellen und basophilen Granulozyten diskutiert.
Indikation bei ausgeprägten, therapieresistenten und zur Eskalation neigenden Verlaufsformen der insbesondere durch Pollen, Hausstaubmilben und Tierepithelien ausgelösten allergischen Rhinokonjunktivitis (auch zur Asthmaprophylaxe) und des exogen-allergischen Asthma bronchiale.
Bei der Hyposensibilisierung besteht jedoch die Gefahr der Auslösung eines anaphylaktischen Schocks und allergischer Reaktionen auf andere Inhaltsstoffe der Allergenlösungen.
Quellen:
- 1997, Walter de Gruyter; Pschyrembel, 258. Auflage
- 1998, Gustav Fischer; Klinikleitfaden Dermatologie; Altmeyer, Dirschka, Hartwig
- 2001, Springer; Pädiatrie; Speer, Gahr
- 1998, Hippokrates; Dermatologie; Jung
- 1998, Springer; Dermatologie und Venerologie; Fritsch
- 1996, Gustav Fischer; Dermatologie; Amon, Fandrey, Fedler
- Quote paper
- Christoph Sadowski (Author), 2001, Grobe Übersicht zur Atopie im Rahmen des Pädiatriepraktikums, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102332
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