Ist Patrick Süskinds Werk "Das Parfum" als eine Parodie eines Bildungsromans anzusehen? Diese Fragestellung soll im Folgenden nachgegangen werden. Dabei werden verschiedene Aspekte beleuchtet, welche als Kennzeichen eines Bildungsromans anzusehen sind.
„Das Parfum“ von Patrick Süskind – Parodie auf einen Bildungsroman?
1. Definition Bildungsroman
- Entstehung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Deutschland
- Erzählgattung des Bürgertums
- Begriff „Bildung“: professionelle Ausbildung und kulturelle Allgemeinbildung
- schildert innere Entwicklung, Erziehung und stetige harmonische Bildung eines jungen Menschen, der als Held dargestellt wird
- Erfahrungen, Belehrungen und Suche nach dem Sinn des Lebens
- Biografische Züge
- Protagonist wird von Jugend bis hin zur gereiften Persönlichkeit begleitet
- Zentrierung auf die Entwicklung des Protagonisten durch ironischen, auktorialen Erzähler
- Mittelpunkt: Einfluss von Kulturgütern, seelischen Erfahrungen und Umfeld auf Reifung und Entfaltung des Charakters
- Ziele: Integration in die Gesellschaft, Überwindung des jugendlichen Subjektivismus und Selbstfindung
- Protagonist reflektiert an entscheidenden Stellen seines Lebenswegs seinen erreichten Bildungsstand
- Aufbau: Lehrjahre, Wanderjahre, Meisterjahre
- Meist mit Entwicklungs- und Künstlerroman verschmolzen
- Idee der „inneren Entfaltung“ des Menschen entstammt der Aufklärung
2. Definition Parodie
- griech. parodía = Gegengesang
- übertreibende, verzerrende Nachahmung eines bereits bestehenden Werks, Genres oder einer Person
- Beibehaltung charakteristischer Merkmale und Inhalte des parodierten Werks oder Genres
- Intention besteht in der Unterhaltung oder dem Anbringen von Kritik
- Humoristischer Effekt entsteht durch Diskrepanz zwischen der Erwartung an das parodierte Werk/Genre und seiner Umdeutung
- Wirkt wie ein Zerrbild der Realität und erregt dadurch Provokation
- Gattungen: komische, satirische und polemische Parodie
3. Vergleich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4. Fazit
- Teile des Romans „Das Parfum“ stimmen mit Elementen des klassischen Bildungsromans überein, beispielsweise der klassische dreigeteilte Aufbau ( jedoch durch den vierten Teil der Selbstzerstörung durchbrochen) oder die Darstellung des Protagonisten anhand einer fiktiven Biografie
- Zudem findet eine Weiterentwicklung von Grenouilles genialen Fähigkeiten statt (Baldini, Marquis, Arnulfi) und er erreicht sein Lebensziel
- Allerdings wird das grundlegende Ziel des Protagonisten eines Bildungsromans, die erfolgreiche Integration in die Gesellschaft, nicht erreicht und seine Ziele sind egoistischer Natur
- Ferner findet nur eine einseitige Bildung Grenouilles statt und Grenouille zerbricht an einer Identitätskrise, was zur Selbstzerstörung des „Antihelden“ führt
- Generell lässt sich „Das Parfum“ als eine Parodie auf einen Bildungsroman bezeichnen, da grundlegende Merkmale des Bildungsromans nicht vorhanden sind oder parodiert und somit ins Lächerliche gezogen werden
Quellen:
- Frizen, W. u. Spancken, M., Patrick Süskind. Das Parfum, München 2008 (Oldenbourg Interpretationen 78).
- Bernsmeier, H., Patrick Süskind. Das Parfum, Leipzig 2005 (Reclam).
- Matzkowski, B., Patrick Süskind. Das Parfum, Hollfeld 2015 (Königserläuterungen).
- Reisner, H.P., Patrick Süskind. Das Parfum, Stuttgart 2012 (Klett Lektürehilfen).
- Kissler, A. u. Leimbach, C., Alles über Patrick Süskinds Das Parfum, München 2006.
- Rötzer, H.G., Auf einen Blick: Literarische Grundbegriffe, 1999.
- http://www.litipedia.de/artikel/parodie, zuletzt abgerufen am 01.12.15
- http://www.rossipotti.de/inhalt/literaturlexikon/sachbegriffe/parodie.html, zuletzt abgerufen am 01.12.15
- http://www.oxforddictionaries.com/definition/english/bildungsroman, zuletzt abgerufen am 29.11.15
- http://www.fernunihagen.de/EUROL/termini/welcome.html?page=/EUROL/termini/9310.htm, zuletzt abgerufen am 28.11.15
- http://www.definitions.net/definition/bildungsroman, zuletzt abgerufen am 29.11.15
- http://www.victorianweb.org/genre/hader1.html, zuletzt abgerufen am 28.11.15
- http://www.buecher-wiki.de/index.php/BuecherWiki/Parodie, abgerufen am 01.12.15
Häufig gestellte Fragen
Was ist ein Bildungsroman?
Ein Bildungsroman ist eine Erzählgattung, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Deutschland entstand. Er schildert die innere Entwicklung, Erziehung und stetige harmonische Bildung eines jungen Menschen, der als Held dargestellt wird. Wesentliche Merkmale sind Erfahrungen, Belehrungen, die Suche nach dem Sinn des Lebens, biografische Züge, die Begleitung des Protagonisten von der Jugend bis zur Reife, die Zentrierung auf seine Entwicklung durch einen ironischen Erzähler und der Einfluss von Kulturgütern, seelischen Erfahrungen und des Umfelds auf die Reifung. Ziele sind die Integration in die Gesellschaft, die Überwindung des Subjektivismus und die Selbstfindung. Der Aufbau besteht oft aus Lehr-, Wander- und Meisterjahren.
Was ist eine Parodie?
Eine Parodie (griech. parodía = Gegengesang) ist eine übertreibende, verzerrende Nachahmung eines bereits bestehenden Werks, Genres oder einer Person. Sie behält charakteristische Merkmale und Inhalte des parodierten Werks bei, mit der Intention, zu unterhalten oder Kritik anzubringen. Der humoristische Effekt entsteht durch die Diskrepanz zwischen der Erwartung an das parodierte Werk und seiner Umdeutung. Sie wirkt wie ein Zerrbild der Realität und kann Provokation erregen. Es gibt komische, satirische und polemische Parodien.
Inwiefern könnte "Das Parfum" von Patrick Süskind eine Parodie auf einen Bildungsroman sein?
Obwohl "Das Parfum" einige Elemente des Bildungsromans aufweist, wie den dreigeteilten Aufbau und die Darstellung des Protagonisten anhand einer fiktiven Biografie sowie die Weiterentwicklung von Grenouilles Fähigkeiten, werden grundlegende Ziele wie die erfolgreiche Integration in die Gesellschaft nicht erreicht. Grenouilles Ziele sind egoistischer Natur, seine Bildung ist einseitig und er zerbricht an einer Identitätskrise, was zur Selbstzerstörung führt. Daher kann "Das Parfum" als Parodie betrachtet werden, da grundlegende Merkmale des Bildungsromans fehlen oder ins Lächerliche gezogen werden.
Welche Quellen werden in der Analyse herangezogen?
Die Analyse bezieht sich auf verschiedene Interpretationen und Analysen von "Das Parfum" sowie auf Definitionen und Erklärungen zu den Begriffen Bildungsroman und Parodie. Zu den Quellen gehören:
- Frizen, W. u. Spancken, M., Patrick Süskind. Das Parfum, München 2008 (Oldenbourg Interpretationen 78).
- Bernsmeier, H., Patrick Süskind. Das Parfum, Leipzig 2005 (Reclam).
- Matzkowski, B., Patrick Süskind. Das Parfum, Hollfeld 2015 (Königserläuterungen).
- Reisner, H.P., Patrick Süskind. Das Parfum, Stuttgart 2012 (Klett Lektürehilfen).
- Kissler, A. u. Leimbach, C., Alles über Patrick Süskinds Das Parfum, München 2006.
- Rötzer, H.G., Auf einen Blick: Literarische Grundbegriffe, 1999.
- Verschiedene Online-Ressourcen (litipedia.de, rossipotti.de, oxforddictionaries.com, fernunihagen.de, definitions.net, victorianweb.org, buecher-wiki.de).
- Quote paper
- Anonym (Author), 2015, "Das Parfum" von Patrick Süskind. Parodie auf einen Bildungsroman?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1021827