Was, wenn die Vergangenheit dich einholt, nicht als Erinnerung, sondern als unerbittliche Konfrontation? In Bernhard Schlinks bewegendem Roman "Der Vorleser" wird Michael Berg mit der dunklen Schuld seiner ehemaligen Geliebten Hanna Schmitz konfrontiert, einer Schuld, die im Herzen des Holocaust wurzelt. Auf der Suche nach Antworten und dem Ringen mit der eigenen moralischen Zerrissenheit begibt sich Michael auf eine Reise zum Konzentrationslager Struthof. Dort trifft er auf einen Mercedes-Fahrer, dessen erschreckende Relativierung der NS-Verbrechen Michael in einen tiefen inneren Konflikt stürzt. Der Fahrer, der die Gräueltaten als bloße Pflichterfüllung abtut, verkörpert eine beunruhigende Perspektive auf die Täterschaft. Ist er ein unbelehrbarer Ideologe oder ein Gefangener seiner eigenen Vergangenheit? Michaels bohrende Frage nach seiner Beteiligung an den Verbrechen lässt die Fassade des Fahrers bröckeln und enthüllt möglicherweise eine erschreckende Wahrheit. "Der Vorleser" ist nicht nur eine Geschichte über Liebe und Verrat, sondern auch eine tiefgründige Auseinandersetzung mit Schuld, Verantwortung und der Frage, wie eine Nation mit ihrer dunklen Vergangenheit umgeht. Ein literarisches Meisterwerk, das den Leser noch lange nach dem Zuklappen des Buches beschäftigt und zum Nachdenken über die Abgründe der menschlichen Natur anregt. Die Suche nach Gerechtigkeit und die Aufarbeitung der Vergangenheit stehen im Zentrum dieser emotionalen Reise, die den Leser aufwühlt und herausfordert. Tauchen Sie ein in eine Geschichte, die unter die Haut geht und die moralischen Fragen unserer Zeit neu beleuchtet. Erleben Sie ein eindringliches Plädoyer für Menschlichkeit und die unbedingte Notwendigkeit, sich der Vergangenheit zu stellen, um eine bessere Zukunft zu gestalten. Lassen Sie sich von Schlinks meisterhafter Erzählkunst fesseln und begleiten Sie Michael Berg auf seiner Suche nach Wahrheit und Versöhnung in einer Welt, die von den Schatten der Vergangenheit bedroht wird. "Der Vorleser" ist ein Muss für alle, die sich mit den großen Fragen der Menschheit auseinandersetzen wollen.
Hausarbeit zum 14. Kapitel des 2. Teils
Bernhard Schlink erzählt in seinem retrospektiven Roman „Der Vorleser“, erschienen 1995, die Geschichte vom Verhältnis des Michael Berg zur wesentlich älteren Hanna Schmitz, von Hannas Schuld während ihrer SS-Zeit und dem Verhalten der beiden nach dem Prozess.
In den vorherigen Kapiteln haben wir erfahren, dass der Protago-nist Michael Berg während seines Studiums seine viel ältere Jugendliebe Hanna Schmitz in einem Prozess wiedertrifft. Er erfährt während des Prozesses, dass Hanna als SS-Angehörige bei der Evakuierung eines KZ’s die in einer Kirche untergebrachten Häftlinge bewachen musste und diese auch nicht aus der Kirche herausließ, als die Kirche von Bomben getroffen und in Brand geraten war. Wegen dieses Verbrechens ist sie mit anderen Aufseherinnen angeklagt.
Um nun seinem inneren Konflikt, nämlich der juristischen und der menschlichen Verurteilung Hannas Herr zu werden, beschließt er, zum Konzentrationslager Struthof zu fahren.
Das Kapitel besteht hauptsächlich aus dem Dialog zwischen dem Mer- cedes-Fahrer und Michael, in dem es um die Kernthematik des Buches geht, nämlich die Frage der Schuld der Täter während des Holocaust.
Der Mercedes-Fahrer vertritt eine neue Entschuldigung der NS- Verbrechen: er beruft sich nicht auf Befehl und Gehorsam, sondern sieht in der Tötung Unschuldiger lediglich eine Arbeit, die erledigt wer- den mußte.
Zu Beginn des Kapitels erinnert sich der Protagonist an zwei Personen, die ihn mitgenommen haben. Einen Lkw-Fahrer, der eine Flasche Bier nach der anderen leert und einen Mercedes-Fahrer mit weißen Hand- schuhen.
Diese beiden Personen könnten meiner Meinung nach zwei Tätertypen der NS-Zeit wiederspiegeln.
Der Lkw-Fahrer erweckt den Eindruck eines einfachen Menschen, der versucht, durch das Trinken während der Fahrt das Vergangene zu verdrängen. Nüchtern kann er die Schuld nicht ertragen. Der Alkohol versinnbildlicht hier die Verdrängung.
Ganz anders der Mercedes-Fahrer. Er scheint ein eher rationaler Mensch zu sein. Der Autor lässt ihn weiße Handschuhe tragen. Weiß - die Farbe der Unschuld und Handschuhe, die man sich überstreift. Man könnte meinen, dass der Mercedes-Fahrer sich seine Unschuld über- gestreift hat.
Das Mutter- oder Brandmal an seiner rechten Schläfe erinnert an das biblische Kainsmal, dass zur Kennzeichnung eines Sünders dient.
Seinen konzentrierten Blick könnte man als Zeichen für seine Stetigkeit interpretieren, mit der er seinen (Lebens-)Weg geht.
Nachdem Michael Berg den Fahrer informiert, aus welchem Grund er zum Struthof will, schweigt der zunächst.
Dies lässt sich als Zeichen der schmerzhaften Erinnerung an seine Vergangenheit, sowie als Vorformulierung einer Rechtfertigung deuten. (Dies sehe ich durch die sich häufig wechselnden Landschaftsbeschreibungen bestätigt.)
Als der Mercedes-Fahrer das Schweigen bricht, fragt er, ob er verstehen wolle, warum solche schrecklichen Dinge überhaupt möglich gewesen seien. Er nennt als Beispiel den Henker, der denjenigen, den er richten soll, nicht hasst, sondern lediglich seine Arbeit macht. Auf das Argument von Befehl und Gehorsam verzichtet der MercedesFahrer absichtlich. Selbst die Gegenargumente, dass der Menschlichkeit, der Würde des Menschen und der Ehrfurcht vor dem Leben, liefert der Mercedes-Fahrer gleich selber.
Michael ist sprachlos, ihm fällt auf soviel Dummheit (unschuldige Juden auf der einen Seite und rechtskräftig verurteilte [schuldige] Straftäter auf der anderen Seite, zwei völlig verschiedene Dinge in einen Topf zu werfen)auf soviel Dummheit fällt ihm kein geeigneter Satz ein, den er angemessen erwidern könnte. Er ist wütend.
Als der Mercedes-Fahrer von einem Foto erzählt, auf dem ein Erschießungskommando Juden hinrichtet, der befehlende Offizier von einem Fenstersims zuschaut, „sogar Vergnügtes im Gesicht (hat), vielleicht weil immerhin das Tagwerk geschieht und bald Feierabend ist“ (S. 147), fragt ihn Michael, ob er das gewesen sei.
Seine Reaktion auf diese Frage, das Leuchten des Males (Kainsmal) an seiner Schläfe, der Rauswurf aus dem Auto und die abrupte Wendung des Wagens legen nahe, dass Michael mit seiner Vermutung richtig und der Fahrer sich entdeckt fühlt.
Häufig gestellte Fragen zu "Hausarbeit zum 14. Kapitel des 2. Teils"
Worum geht es in der Hausarbeit?
Die Hausarbeit behandelt das 14. Kapitel des 2. Teils von Bernhard Schlinks Roman "Der Vorleser". Sie analysiert die Schuldfrage der Täter während des Holocaust, speziell anhand der Begegnung Michael Bergs mit einem Mercedes-Fahrer.
Wer sind die zentralen Figuren, die im analysierten Kapitel vorkommen?
Die zentralen Figuren sind Michael Berg und der Mercedes-Fahrer. Der Fahrer repräsentiert eine bestimmte Art von Täter während der NS-Zeit.
Welche Rolle spielt Hanna Schmitz in der Analyse?
Hanna Schmitz' Rolle als SS-Angehörige und ihre Verurteilung im Prozess bilden den Hintergrund für Michaels innere Auseinandersetzung mit der Schuldfrage. Er versucht, das Verhalten von Tätern zu verstehen, während er gleichzeitig Hannas Schuld reflektiert.
Welche These wird bezüglich des Mercedes-Fahrers aufgestellt?
Es wird argumentiert, dass der Mercedes-Fahrer einen Tätertyp repräsentiert, der die NS-Verbrechen nicht mit Befehl und Gehorsam entschuldigt, sondern sie als reine "Arbeit" darstellt.
Wie wird die Figur des Lkw-Fahrers interpretiert?
Der Lkw-Fahrer wird als Repräsentation eines Täters gesehen, der versucht, die Vergangenheit durch Alkohol zu verdrängen.
Was symbolisieren die weißen Handschuhe des Mercedes-Fahrers?
Die weißen Handschuhe symbolisieren eine aufgesetzte Unschuld, die der Fahrer über seine Taten stülpt.
Welche Bedeutung hat das "Muttermal" des Mercedes-Fahrers?
Das Muttermal wird als Kainsmal interpretiert, das den Fahrer als Sünder kennzeichnet.
Welche Frage stellt Michael dem Mercedes-Fahrer?
Michael fragt den Mercedes-Fahrer, ob er der Offizier auf einem Foto war, der die Erschießung von Juden beobachtete.
Wie reagiert der Mercedes-Fahrer auf Michaels Frage?
Der Mercedes-Fahrer reagiert mit einer sichtbaren Veränderung (Leuchten des Kainsmals), wirft Michael aus dem Auto und wendet abrupt.
Was empfindet Michael nach der Begegnung mit dem Mercedes-Fahrer?
Michael empfindet Erleichterung, da er durch seine Frage die widerwärtige Argumentation des Fahrers durchbrochen hat.
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- Henrik Schulte (Author), 2001, Schlink, Bernhard - Der Vorleser - 14. Kapitel des 2. Teils, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102001