Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Die Hundert Blumen Bewegung
II.1 Über chinesische Besonderheiten und Gedanken Reform Kampagnen
II.1.a Chinesische Besonderheiten
II.1.b Gedanken Reform Kampagnen
II.2 Die Jahre 1949-56
II.3 Die drei Phasen der Hundert Blumen Bewegung
III. Der Große Sprung nach vorne
III.1 Die Sprungpolitik
III.1.a Die Situation vor dem Sprung
III.1.b Die Elemente der Sprungpolitik
III.2 Der Verlauf der Sprungpolitik
III.3 Gründe für den Fehlschlag der Sprungpolitik und die unmittelbaren Folgen
III.4 Die Zeit nach dem Sprung und die mittelfristigen Folgen: Die Politik der Regulierung, Konsolidierung, Ergänzung und Niveau- Hebung
IV. Die Spaltung in der KP- Führung
IV.1 Das Heranwachsen des Konflikts
IV.2 Exkurs: Der Revisionismus nach Mao und die Bildung der Maoistischen Fraktion
IV.2.a Der Revisionismus nach Mao
IV.2.b Die maoistische Fraktion
IV.3 Der Konflikt spitzt sich zu: Die Sozialistische Erziehungsbewegung
V. Die Wende in den außenpolitischen Beziehungen: Abkehr von der UdSSR
VI. Abschließende Betrachtung
VII. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Das Thema dieser Hausarbeit ist die Entwicklung der Volksrepublik China (VRC) in den Jahren 1956-65. Ein Zeitraum in dem zahlreiche wichtige innenpolitische und außenpolitische Ereignisse stattfanden; Ereignisse, die unbestreitbaren Einfluß auf die Gestalt der heutigen Volksrepublik gehabt haben und die, die Grundlagen für die Stellung Chinas - als einzige noch verbleibende kommunistische Großmacht - in der heutigen Welt gelegt haben.
Bei meinen Ausführungen möchte ich mich besonders auf vier elementare Phänomene der Epoche beschränken. Zunächst die Hundert Blumen Bewegung (1956-57), die darauffolgenden Jahre des Großen Sprung nach vorne (1958-60) mit seinen unmittelbaren Folgen (1960-62) und die daraus resultierende Spaltung in der Parteiführung, aus der dann später die Kulturrevolution erwachsen sollte (1962-65). Abschließend möchte ich noch mein Augenmerk auf die Wende in den außenpolitischen Beziehungen zwischen UdSSR und der VRC richten. Dieses soll am Ende geschehen, da sich die Ereignisse über die gesamte Epoche erstrecken. Die übrigen Teile sollen - weitestgehend - chronologisch abgehandelt werden.
II. Die Hundert Blumen Bewegung
II.1 Über chinesische Besonderheiten und Gedanken Reform Kampagnen
Da die Hundert Blumen Bewegung den Höhepunkt einer widersprüchlichen Politik der KPC gegenüber den Intellektuellen darstellt1. Müssen im Folgenden zunächst einmal einige Besonderheiten der chinesischen Kultur aufgegriffen werden und die Ereignisse vor 1956 beleuchtet werden.
II.1.a Chinesische Besonderheiten
Intellektuelle in China waren traditionell zunächst einmal konfuzianische Staatsbeamte, deren Lebensinhalt es war, sich für die Interessen der Gemeinschaft einzubringen und über die Einhaltung des konfuzianischen Sittenkodex zu wachen2. Dies konnte sich auch in öffentlicher Kritik gegen die jeweils Herrschenden äußern3. Erst die 4. Mai Bewegung von 1919 brachte eine Loslösung von dem stark traditionsbezogenen Konfuzianismus, der damals als Sündenbock für die soziale, wirtschaftliche und politische Rückständigkeit des Landes herhalten mußte und öffnete China für westliche Wissenschaftsmethoden und Lehrmeinungen4. Da die frühen konfuzianischen Staatsbeamten zu den wenigen Privilegierten gehörten, die in die Kunst des Lesens und Schreibens eingeweiht waren, kommt der Schrift in China als Ausdruck der Staatskritik eine tragende Rolle zu5. So kann es nicht verwundern, daß besonders die Schriftsteller Kritik am Staat übten und demnach auch am stärksten von repressiven Maßnahmen des Staates betroffen waren. Über die Zahl der Intellektuellen in China herrschte keine Einigkeit, da es keine einheitliche Definition gab6.
II.1.b Gedanken Reform Kampagnen
Schon vor der Machtübernahme der KPC 1949 hatte diese einige Erfahrung gesammelt bezüglich des Umgangs mit kritisch denkenden Intellektuellen. Bereits während des Sino- Japanischen Krieges (1937-45) hatte die KPC starken Zuspruch von Intellektuellen erhalten, die in das Hauptquartier der KPC im zentralchinesischen Yenan strömten, da sie in ihr die einzige politische Kraft sahen, die China aus dem Chaos führen könne7. Die Führenden der Partei standen damals dem Zustrom von jungen Studenten und literarischen Kräften mit gemischten Gefühlen entgegen, da sie durch diese eine Verstärkung des ohnehin schon begonnen Verfalls der revolutionären Gesinnung durch undiszipliniertes Verhalten der Zuwanderer befürchteten. Aus dieser Furcht heraus entstand ein System politischer Konditionierung, das später nach Gründung der VRC oftmals angewandt wurde8, um politisch anders denkende zu kontrollieren und aufkommende Konflikte bereits vorzeitig zu unterbinden. Diese Schulungsmaßnahmen, bekannt als "Gedanken Reform Kampagne9 " (chin. Cheng Feng), erfolgten immer nach dem gleichen System, welches in drei Phasen untergliedert war10. Zunächst wurden ausgewählte politische Schriften in kleinen Gruppen unter der Leitung von höherstehenden KP- Funktionären gelesen und ausgiebig diskutiert11. Bei den Diskussionen war stets zu beachten eine eigene Meinung zu vertreten, d. h. alle Anwesenden mußten sich auch äußern12. Diese Äußerungen bildeten dann die Grundlage für die zweite Phase, in der die Einzelnen dann in der Gruppe zu ihren Meinungen befragt wurden und zum Teil harscher Kritik ausgesetzt wurden13. Dies führte zur dritten Phase, in der die Beteiligten genötigt wurden eine Selbstkritik zu verfassen, die oftmals als unzureichend zurückgewiesen wurde und die von den Teilnehmern völlige Bereitschaft zum Gehorsam der Parteiweisungen erforderte14. Ursprünglich wandten sich diese Erziehungsmaßnahmen sowohl gegen den Bürokratismus und Dogmatismus der Kader, als auch gegen den Liberalismus der Intellektuellen15.
Später wurde die "Gedanken Reform Kampagne" dann speziell vermehrt dazu benutzt, sich unliebsam gewordener Parteikritiker zu entledigen16. Auch bei diesen Kampagnen, die zum ersten mal 1942 auftauchten und denen nicht selten Aufrufe der Parteioberen zur öffentlichen Parteikritik vorhergingen17, waren einige grundlegenden Gemeinsamkeiten erkennbar. Zum Einen waren es selten rein ideologische Verfehlungen, die dem erwählten Opfer vorgeworfen wurden, vielmehr standen oftmals auch persönliche Reibereien und allgemein politische Überlegungen im Vordergrund. Zum Anderen war auch hierbei stets das gleiche Vorgehen beobachtbar18. Die Arbeiten der unter Kritik stehenden Personen wurden genau analysiert und kritisiert und lieferten somit das Material für die Kampagne19. Das Opfer wurde von seinen früheren Kollegen isoliert, wobei diejenigen, die sich freiwillig distanzierten weniger streng behandelt wurden und diejenigen, die das Opfer am heftigsten kritisierten, oftmals ihre eigene Position stärken konnten20.
Die "Gedanken Reform Kampagne" - sowohl die anfängliche groß angelegte, allgemeine Version, als auch die spätere spezielle, auf ein spezifisches Opfer angelegte - wurde somit zum Hauptwerkzeug der KPC, um "den pluralistischen Geist und die intellektuelle Autonomie der 4. Mai Bewegung [zu unterdrücken] und durch Partei- geleitete Kultur und Partei- disziplinierte Intellektuelle zu ersetzen21 ".
II.2 Die Zeit von 1949-56
War das Konzept der "Gedanken Reform Kampagnen" bereits vor Republikgründung 1949 entwickelt worden, erfolgte deren Einsatz jedoch unregelmäßig. Wie bereits einleitend erwähnt war die Politik der KPC gegenüber den Intellektuellen eine widersprüchliche22. Phasen relativer Entspannung, in denen Intellektuelle aufgefordert wurden öffentlich Kritik zu üben, wechselten sich ab mit Phasen der Repression und der Verfolgung einzelner besonders auffälliger Parteikritiker. Oft waren diese Phasen abhängig von nationalen ökonomischen und wirtschaftlichen Faktoren, oft auch von internationalen Ereignissen23. Die bedeutsamsten Opfer dieser Periode waren Yu Pingpo24, Feng Xuefeng25 und - in der bis dato populistischsten Kampagne - Hu Feng26. Bis 1956 war es der Partei dann durch diese Politik innerhalb eines jeden Fachgebietes westlich, liberalistische Ansichten und Methoden zu unterbinden und diese durch marxistisch- leninistische zu ersetzen. Besonders die Intensität der Kampagne gegen Hu Feng hatte deutlich gemacht, daß es der Partei ernst war, wenn es darum ging Individualismus und Meinungsfreiheit zugunsten von Linientreue und revolutionärer Gesinnung zu unterbinden. Der Druck, der auf den Intellektuellen zu dieser Zeit lastete, war so groß, daß Selbstmorde in kulturellen Organen keine Seltenheit mehr waren27. Jedoch sollte der größte Brocken erst noch kommen.
II.3.Die drei Phasen der Hundert Blumen Bewegung
Die Hundert Blumen Bewegung begann im Mai 1956, Mao selbst lieferte das Motto mit der Aufforderung :"Laßt hundert Blumen blühen!" in kultureller Hinsicht und "Laßt hundert Schulen wetteifern!" in den Wissenschaften28. Der wechselhafte Verlauf der Bewegung liegt in der Uneinigkeit begründet, die damals innerhalb der Parteispitze über den Umgang mit Intellektuellen herrschte. Diejenigen, die eine Entspannung der Beziehung zwischen den beiden Gruppen befürworteten, vertraten die Ansicht, daß die Notwendigkeit der Fachkräfte für das Erreichen der Ziele des Fünf- Jahres- Plans offensichtlich sei und daß die Führung der KP mittlerweile so gefestigt sei, daß sie Kritik von außen schadlos überstehen könne29. Namentlich bestand diese Gruppe aus dem Parteivorsitzenden Mao Zedong selbst, Premierminister Zhou Enlai, dem Sekretär General Deng Xiaoping und General Lin Biao30. Die Gegenposition, vertreten durch die beiden Senior Mitglieder des ständigen Politbüro Komitees Liu Shaoqi und Zhu De sowie General Peng Dehuai, befürchteten einen Verfall der Parteieinigkeit und der Disziplin innerhalb des Landes31. Somit kann er Verlauf der Hundert Blumen Bewegung in drei Teile gegliedert werden: Eine erste Phase 1956, eine zweite von April 1957 bis Juni 1957 und die daran anschließende Anti- Rechtsabweichler Kampagne. Die Geschichte gestaltete sich wie folgt:
Wie so oft waren die Hintergründe wirtschaftlicher Art. Ende 1955 war die Kollektivierung der Landwirtschaft weitestgehend abgeschlossen32. Um der weiteren Entwicklung der Industrie einen neuen Antrieb zu verleihen, war die Hilfe von hoch ausgebildeten Fachkräften vonnöten33. Jedoch waren die Gelehrten aller Fächer durch die Kampagnen der vorhergegangenen Jahre dermaßen eingeschüchtert, daß sie oftmals ihre Arbeit verweigerten34. Was lag also aus Sicht der Partei näher, als neue Zugeständnisse zu machen und die Intellektuellen erneut zur Kritik und zur Mitarbeit aufzufordern. Die Bewegung verfolgte dann auch von Beginn an zwei Ziele: Zum Einen die Kooperation der Fachkräfte wieder zu erlangen und zum Anderen eine Neuausrichtung der Partei zu bewirken, um denen von Mao befürchteten Widersprüchen innerhalb des Volkes entgegenzuwirken35. Der Unterschied bei dieser Aufforderung im Vergleich zu den vorhergegangenen mag sein, daß sich diesmal höchste politische Kräfte zu Wort meldeten. So versicherte Premier Minister Zhou Enlai im Januar 1956 in einer Rede vor dem KPC Zentralkomitee einen Wechsel der Politik im Umgang mit den Intellektuellen36. Er setzte sich für eine größere Wertschätzung von Forschungsarbeiten ein und versprach höhere finanzielle Zuwendungen37. Dies wurde auf der selben Sitzung von Mao persönlich noch einmal bestärkt38. Im April des gleichen Jahres wandte Mao sich dann gegen Widersprüche innerhalb des Volkes, die er besonders zwischen den nicht Partei anhängigen Intellektuellen und der Partei aufkommen sah39. Einen Monat später folgte dann seine einleitend erwähnte Rede in einer Sitzung unter Parteiführern40. Diese wurde jedoch bis heute noch nicht gänzlich veröffentlicht, was ein Zeichen für die Uneinigkeit innerhalb der Partei zu dieser Zeit sein dürfte41. Den offiziellen Startschuß der Kampagne setzte dann der Vorsitzende des Propaganda Ministerium Lu Ting ebenfalls im Mai 195642. Begleitet waren diese Aufforderungen von zahlreichen Maßnahmen zur Entspannung in der Wirtschaftspolitik, wie zum Beispiel die Öffnung von freien Märkten auf dem Land und der Zuwendung zur Leichtindustrie43. Durch die Versicherungen von höchster Stelle bestärkt meldeten sich dann auch alsbald die Gelehrtenschaft zu Wort. Die Ökonomen zweifelten an der Richtigkeit der marxistischen Wirtschaftstheorien, Ingenieure stellten die Allwissenheit der Parteikader in ihren Fachbereichen in Frage und auch in anderen Fachbereichen erfolgten neue Überlegungen und Forschungsansätze44. Zurückhaltend reagierte nur die schreibende Zunft. Diese, in der Vergangenheit oft gebeutelt, meldeten sich erst Mitte 1956 zu Wort45. Als wichtigste Zeitschrift während der Hundert Blumen Bewegung tat sich Chin Chaoyangs "People Literature" hervor. In ihr erschienen zahlreiche kritische Essays, wie zum Beispiel von Liu Penyen und Wang Meng46. Diese als Meister des Realismus eingeführten Schriftsteller wandten sich gegen bürokratisches Mißmanagment, Zensur und Verrat an kommunistischen Idealen47. Die Reaktion auf diese Schriften war zweigeteilt: Einerseits wurden sie enthusiastisch begrüßt, andererseits fühlte sich auch so mancher Kader persönlich angegriffen und befürchtete den Verfall der Partei48. Diese Furcht äußerte sich dann in einigen der Bewegung kritisch gegenüberstehenden Artikeln die Anfang 1957 erschienen und somit die Bewegung verstummen ließen49.
Die Verunsicherung zu Beginn des Jahres 1957 wurde mit Maos Rede vom 27. Februar "Über den korrekten Umgang mit Widersprüchen innerhalb des Volkes" behoben50. Die Widersprüche müßten ans Tageslicht gebracht werden und durch demokratische Methoden, wie Diskussion und Kritik, behoben werden51. Er sah die Unruhen in Polen und Ungarn von 1956 darin begründet, daß die Kommunistischen Parteien dieser Länder isoliert von der Bevölkerung gewesen seien52. Dieses sollte in China verhindert werden! Im März des Jahres forderte er nochmals alle Bürger auf ihre Meinung offen zu formulieren, zu kritisieren und zu debattieren53. Als sich auch noch Chou Yang im Mai 1957 hinter die Politik Maos stellte, brach die Kritikwelle los54. Kritik gegen den Bürokratismus wurde zur Kritik gegen die Partei selbst, die Forderung nach einem demokratischen Parteiensystem wurde laut, Foren wurden eingerichtet, in denen Intellektuelle offen über ihre Ansichten diskutieren konnten55. Sogar vor dem Großen Vorsitzendem machte die Kritikwelle nicht halt56 57. Als Mitte des Jahres die Bewegung auf die Universitäten überschwappte, war die Lage außer Kontrolle geraten58 59.
Die Hundert Blumen Kampagne hatte eine Eigendynamik entwickelt die weit hinter der eigentlichen Intention der Partei lag60. Auch die Neuausrichtung der Partei war fehlgeschlagen, da zumindest neun chinesische Provinzen niemals hinter der Bewegung gestanden hatten61. Produktive Kritik, um Mißbildungen innerhalb des Parteiapparates auszumerzen, sollte gefördert werden, jedoch Kritik, die das gesamte System in Frage stellte konnte nicht hingenommen werden62. Als Gegenmaßnahme wurde - insbesondere von denen, die die Bewegung niemals befürwortet hatten - die Anti- Rechts- Abweichler Kampagne aus der Taufe gehoben. Diese begann im Juni 1957 und verlief nach alt bewährter "Gedanken Reform"- Manier63. Auch Mao - sicherlich berührt durch die Kritik an seiner Person - schloß sich schließlich dieser Kampagne an, indem er den Text seiner Rede "Über den korrekten Umgang mit Widersprüchen innerhalb des Volkes" dahingehend änderte, daß von nun an intellektuelle Freiheit nur noch dazu dienen sollte, den Sozialismus zu stärken64. Diese Version wurde dann landesweit in Umlauf gebracht65. Die Besonderheit in der Anti- Rechts- Abweichler Kampagne, lag darin, daß ihr nun nicht mehr lediglich einzelne Intellektuelle zum Opfer fielen. Nein, diesmal ging die Partei systematisch vor. War es noch in der Hu Feng Kampagne einigen Intellektuellen gelungen, sich zurückzuhalten, wurden jetzt alle aufgefordert teilzunehmen66. Die Partei nutzte die Kampagne, um ihre locker gewordenen Zügel in den Kulturinstituten neu anzuziehen. Nahezu alle wichtigen Positionen bei Zeitungen wurden durch linientreue Kader neu besetzt67. Besonders Chou Yang verstand es sich seiner alten Widersacher nunmehr gänzlich zu entledigen68. Alte Kampagnen, wie die gegen Feng Xuefeng wurden neu aufgerollt, um die alteingesessenen Intellektuellen innerhalb der Partei endgültig zum Schweigen zu bringen69. Durch die hohe Anzahl, der jetzt neu zu besetzenden Stellen, bot sich natürlich vielen Nachwuchskräften durch besonders heftiges Denunzieren die Möglichkeit, innerhalb der Parteihierarchie nach oben zu klettern70. Ein Fakt der die gereizte Atmosphäre der damaligen Zeit noch weiter angeheizt haben dürfte. Die Systematik mit der die Partei vorging zeigt der Umstand, daß an jede Verwaltungseinheit die Weisung erging, mindestens 5% ihrer Belegschaft als Rechtsabweichler auszuliefern71. Es wird geschätzt, daß bis 1958 400.000 - 700.000 Intellektuelle ihre Position verloren und zur Umerziehung durch Arbeit oder aufs Land geschickt wurden72. Von der lebenslangen Benachteiligung durch die Brandmarke "Rechtsabweichler" ganz zu schweigen73 ! Die dadurch entstandenen freien Positionen wurden durch Parteikader neu besetzt, was deren Kontrollmöglichkeit innerhalb des Kulturbetriebes weiter erhöhte74. Bei der breiten Masse der Bevölkerung traf die Anti- Rechts- Abweichler Kampagne im Übrigen kaum auf Kritik, auf dem Land hatte man eh nur wenig Verständnis für die Bedürfnisse der Intellektuellen gehegt75. So hatte die Hundert Blumen Bewegung, die eigentlich ja das Ziel verfolgt hatte die Kluft zwischen Partei und Intellektuellen zu schließen, diese nur noch weiter voneinander entfernt76.
III. Der Große Sprung nach vorne
III.1 Die Sprungpolitik
Die Anti- Rechts- Abweichler Kampagne war noch nicht völlig verstummt, da drohte bereits das nächste Unwetter über die junge Volksrepublik herüber zu ziehen. War bei der Hundert Blumen Bewegung nur ein kleiner Ausschnitt der Bevölkerung betroffen gewesen, so sollte der Große Sprung nach Vorne weite Teile der Bevölkerung betreffen und das Gesicht Chinas grundlegend verändern.
III.1.a Die Situation vor dem Sprung
Die Politik, die wir als den Großen Sprung nach vorne bezeichnen, ist eine Wirtschaftspolitik, die hauptsächlich aus maoistischer Feder entsprang. Maos Vorliebe für Massenmobilisierungen war bereits in der Hundert Blumen Bewegung zum Vorschein gekommen und dürfte aus seinen Erfahrungen während der glorreichen Yenaner Tage herrühren77. Der Große Sprung beruht auf dem Glauben, daß größere Produktionsformen zwangsläufig auch einen größeren wirtschaftlichen Ertrag bringen. Er stellt den Versuch dar, durch Massenmobilisierung und Umstrukturierung Arbeitskraftpotential auf dem Land freizulegen, und in der Industrie das bisherige Konzept der kapitalintensiven Schwerindustrieförderung beizubehalten, um somit das Wirtschaftswachstum zu forcieren. Folgendes ist näher auszuführen:
Der erste Fünf- Jahres- Plan (1953-57) hatte eigentlich weitestgehend solide Wachstumswerte gebracht. Besonders das Wachstum der Schwerindustrie zeigte zufriedenstellende Werte78. Jedoch hinkte die Entwicklung der Landwirtschaft, der der Industrie um einiges hinterher und so wurde das nach dem Sowjet- Modell konzipierte Entwicklungsprogramm seit 1956 vermehrt in Frage gestellt79 (Besonders Mao hatte sich seit 1955 des öfteren über das seiner Ansicht nach zu schleppende Wirtschaftswachstum beklagt80 ). Kennzeichen des Sowjet- Modells war die Bevorzugung der Schwerindustrie gegenüber der Landwirtschaft81. Die Landwirtschaft hatte die durch die Förderung der Schwerindustrie stark angestiegene städtische Arbeiterschaft mit Nahrungsmitteln zu versorgen82. Zu diesem Zwecke waren fixe Versorgungsquoten an den Staat zu entrichten, der die Nahrungsmittel dann in die Städte umleitete83. Zudem wurden durch den Export von Agrarerzeugnissen Exporterlöse erzielt, die dann wieder in Investitionen für die kapitalintensive Schwerindustrie umgewandelt wurden84. Dieses System hatte bereits in der UdSSR zur Unterversorgung der ländlichen Bevölkerung geführt und war auch nicht ohne weiteres auf die VRC übertragbar, da die Situation in China zu der in der UdSSR zwei elementare Unterschiede aufwies85. Zunächst setzt das Erfüllen von Versorgungsquoten und der Export von Agrargütern einen landwirtschaftlichen Überschuß voraus, dieser war aber in der VRC nicht gegeben, weil der Pro- Kopf- Output an landwirtschaftlichen Gütern in China um einiges unter dem der UdSSR lag86. Zudem waren ca. 70% der KPC Mitglieder Bauern und einem dermaßen hohen Anteil der Mitglieder war wahrlich nicht dahingehend Rechnung zu tragen, indem man ihn zum Wohle einer städtischen Minderheit ausbeutet87 ! Die Politik war also gefordert ein Programm zu entwickeln, daß den Aufbau einer ertragreicheren Landwirtschaft förderte ohne das Wachstum im Industrie Sektor zu gefährden88.
III.1.b Die Elemente der Sprungpolitik
Die Frage wie dies zu gewährleisten sei, führte zu erhitzten Debatten auf dem III. Plenum des 8. Zentralkomitees im September und Oktober 195789. Dabei taten sich besonders zwei divergierende Meinungen hervor. Chen Yun, hochrangiges Parteimitglied und Wirtschaftsspezialist, vertrat die Auffassung, daß der Aufbau der Landwirtschaft durch erhöhte finanzielle Anreize für die Bauern und erhöhten Düngereinsatz (und vergleichbare Investitionen, wie zum Beispiel Maschinen) zu erfolgen habe90. Gleichzeitig sollte die Leichtindustrie gefördert werden, um der ländlichen Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, ihre Einnahmen in Güter umzuwandeln und somit einen Warenfluß auf dem Land in Gang zu setzen91. Dagegen setzte Mao die Ansicht, daß politische und organisatorische Mittel einzusetzen wären, um nicht genutzte Ressourcen - insbesondere Arbeitskraft - freizusetzen und somit den Ertrag der Landwirtschaft zu steigern und die Entwicklung insgesamt zu beschleunigen92. Letztendlich sollte sich die Ungeduld Maos durchsetzen und alsbald wurden Versuche durchgeführt wie die Neugestaltung auf dem Land auszusehen habe93.
Im Frühjahr 1958 wurde dann stolz bekannt gegeben, daß es 100 Millionen Bauern in Sichuan unter Aufwendung aller gemeinsamen Kräfte gelungen wäre, durch Bewässerungsmaßnahmen 7,8 Millionen Hektar Neuland zu gewinnen94. Dies sollte das Vorbild für eine groß angelegte Umstrukturierung auf dem Land liefern95. War bis 1956 das Land bereits soweit gehend kollektiviert worden, daß Genossenschaften gebildet wurden, sollten nun weitere Umstrukturierungen erfolgen, um die Durchführung von Großprojekten zu ermöglichen ohne den landwirtschaftlichen Alltagsbetrieb durch den dadurch entstehenden Wegfall von Arbeitskräften zu stören96. So wurde Anfang 1958 die Volkskommune97 (renmin gongshe) aus der Taufe gehoben und deren Durchführung im August 1958 auf einer Parteisitzung in Beidaihe beschlossen. Bereits im Dezember 1958 gab dann das Zentralkomitee bekannt, daß 740.000 Genossenschaften zu 26.000 Kommunen zusammengeschlossen worden seien, was einem Prozentsatz von 99% der ländlichen Bevölkerung entspreche98. Die Volkskommunen bestachen also zunächst einmal durch ihre Größe. Sie waren zugleich Verwaltungs- und Wirtschaftseinheiten, in ihren Aufgabenbereich fiel nicht nur die Agrarproduktion, sondern vielmehr übernahm sie auch die Kontrolle über die lokale Industrie, Handel, Schulwesen und Polizei99. Innerhalb einer Kommune erfolgte eine Spezialisierung von Arbeitskräften, d. h. spezialisierte Arbeitsgruppen wanderten von Ort zu Ort, um dort ihre jeweiligen Aufgaben zu entrichten. Auch das alltäglich Leben wurde kollektiviert, indem die Kindererziehung nunmehr in den Aufgabenbereich der Kommune fiel, um die Mütter für die Feldarbeit freizustellen, ebenso wurden Gemeinschaftspeiseräume und zentrale Waschstätten eingerichtet100. Die Entlohnung der Bauern in der Kommune erfolgte durch gleichmäßige Umverteilung des Gesamtgewinns auf die einzelnen Bewohner101. Kurzum stellte die Volkskommune den vollendeten Schritt vom Sozialismus in den Kommunismus dar.
In industrieller Hinsicht wurde mit der offiziellen Einleitung der Sprungpolitik im Mai 1958 die Zielsetzungen für die Schwerindustrieproduktion stetig erhöht und damit einhergehend vollzog sich auch eine Erhöhung der Kapitalinvestitionen.102. So entstanden landesweit zahlreiche ehrgeizige Großprojekte, was natürlich ein Ansteigen der industriellen Arbeitskräfte und somit ein Wachstum der städtischen Bevölkerung zur Folge hatte103.
Zusammengefaßt ergeben sich demnach vier Elemente der Sprungpolitk: Erstens, den Ausgleich fehlenden Kapitals durch Mobilisierung von Arbeitskräften (besonders auf dem Land) wettzumachen; zweitens, utopische Zielsetzungen (besonders in den Schlüsselindustrien) zu setzen, um andere Wirtschaftssektoren mitzureißen; drittens, um den Kapitaleinsatz niedrig zu halten, eine Verbindung von traditionellen und modernen Arbeitsmethoden und viertens, gestreng nach dem Motto "mehr, schneller, besser und mit ökonomischeren Resultaten104 ", die Aufforderung technische Normen außer Acht zu lassen und Unmögliches wahr werden zu lassen105.
III.2 Der Verlauf der Sprungpolitk
So chaotisch das Konzept auch klingen mag, die Strategie schien tatsächlich zu funktionieren106 ! Berichte der lokalen Kader auf dem Land versprachen eine Rekordernte für das Jahr 1958, auch die Wachstumsraten der Schwerindustrie wiesen vorbildliche Werte auf107. Dies hatte zur Folge, daß die Verantwortlichen in Peking, bestärkt durch den scheinbaren Erfolg, immer größere Wachstumsprognosen bekanntgaben und die Kollektivierung immer stärker vorantrieben108. Erst im Herbst 1958 sollten erste Berichte über gefälschte Statistiken auftauchen. Inspektionsreisen gegen Ende 1958, um die Situation in den Volkskommunen zu untersuchen hatten erschreckende Ergebnisse gebracht. Demnach waren die von den lokalen Kadern weitergeleiteten Zahlen wirklich deutlich nach oben korrigiert worden. Anstatt eines Ertragsüberschusses war man auf Getreideengpässe gestoßen109. Auch Maos Mißtrauen schien gegen Ende des Jahres 1958 geweckt worden zu sein. So empfahl er auf der zentralen Arbeitskonferenz des 6. Plenums im November und Dezember 1958, die Wachstumserwartung der Schwerindustrie für 1959 von 30 Mio. Tonnen auf 20 Mio. Tonnen zu berichtigen, zugleich sprach er sich dafür aus, niedrigere Ertragszahlen der Landwirtschaft zu veröffentlichen als die bisher vorliegenden110. Dennoch herrschte Ende 1958 eine noch durchweg positive Stimmung innerhalb der Parteispitze und es herrschte Einigkeit darüber, daß der Große Sprung zum Erfolg führen würde111.
Dies sollte sich erst im Verlauf des Jahres 1959 ändern. Es wurde immer offensichtlicher, daß die Zahlen der lokalen Kader auf dem Land nicht korrekt waren und daß Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Versorgungsquoten auftraten112. So sah sich Mao genötigt Modifizierungen vorzunehmen, um den Großen Sprung nicht zum Desaster werden zu lassen113. So lud er auf einer Sitzung in Chengchow im Februar 1959 seinen bisherigen Widerpart Chen Yun dazu ein, bei der aktiven Mitgestaltung der Sprungpolitik teilzuhaben, des weiteren sprach er sich gegen eine weitere Kollektivierung der Landwirtschaft aus114. Im April des Jahres machte er auch seine bereits vor langer Zeit gegebene Ankündigung war, sich von dem alltäglichen politischen Geschäft zu distanzieren und übergab seinen Platz als Staatsvorsitzender an Liu Shaoqi115. Das er dennoch von der Richtigkeit der ergriffenen Maßnahmen überzeugt war, wurde auf der Lushan Konferenz im Juli 1959 deutlich.
Diese Sitzung unter den Parteiführern sollte in zweifacher Weise fatale Folgen haben. Einerseits wurden hier erste Anzeichen für eine Spaltung der Parteispitze gesetzt und andererseits erhielt dort die Sprungpolitik noch einmal eine fatale Bestätigung116. Bereits im Vorfeld der Sitzung waren Stimmen der Kritik laut geworden. Um seine Sprungpolitik zu retten wollte Mao sich deutlicher Worte bedienen. Mit dem Ziel die Kritiker zum Schweigen zu bringen, entschied er sich für eine Attacke gegen Verteidigungsminister Peng Dehuai. Dieser hatte sich besorgt gezeigt über die Lage auf dem Land und hatte ebenfalls behauptet, daß Maos Heimat Gemeinde in Hunan mehr staatliche Förderung erhalten habe als üblich117. Als er dies Mao in einem persönlichen Brief mitteilen wollte, um ihn auch vor den Folgen einer Fehlplanung zu warnen, stieß er auf erbitterte Gegenwehr118. Mao machte den Brief allen Teilnehmern der Konferenz zugänglich und wertete diesen als Angriff auf seine Person119. Er stellte die Teilnehmer vor die Entscheidung: entweder er oder Peng120. Da es wohl nur sehr wenige Teilnehmer auf einen Machtkampf mit Mao ankommen lassen wollten, endete die Konferenz damit, daß Peng seinen Platz räumen mußte und im September des Jahres durch Lin Biao ersetzt wurde. Auch wurde so jegliche Kritik an der Sprungpolitik unterdrückt (was natürlich auch den Bemühungen die Volkskommune zu modifizieren ein Ende bereitete) und für den Beginn des Jahres 1960 wurde ein neuer Großer Sprung geplant121.
Auf dem Nationalen Volkskongreß im April 1960 sollte die Sprungpolitik dann ihre letzte große Unterstützung erhalten und tatsächlich wurden im Frühjahr noch Maßnahmen zur Bildung von städtischen Kommunen eingeleitet122. Vielleicht lag es an der Zuspitzung der sino- sowjetischen Beziehungen, daß die Politiker die Zeichen der Zeit nicht erkannten, und doch wurden in dieser Zeit die Grundlagen für die größte Hungersnot im 20. Jahrhundert gelegt123.
III.3 Gründe für den Fehlschlag des Großen Sprunges und die unmittelbaren Folgen
Der Hauptgrund für den Fehlschlag des Großen Sprunges dürfte - wie bereits angedeutet - in den gefälschten Statistiken der lokalen Kader zu finden sein. Durch die Aufteilung des Landes in riesige Volkskommunen hatte die Zentrale in Peking große Macht in die Hände lokaler Kader gelegt, die nunmehr mit der Leitung und Kontrolle eines der ehrgeizigsten Projekte in der Geschichte der sozialistischen Staaten betraut wurden. Jedoch hatten in der vorangegangenen Hundert Blumen Bewegung die fähigsten Köpfe der Wirtschaftspolitik ihren Hut nehmen müssen und waren durch linientreue und parteihörige Kader ersetzt worden124. Bei diesen dürfte wohl die Angst, als Rechtsabweichler gebrandmarkt zu werden, dazu geführt haben, die Statistiken gründlich nach oben zu korrigieren125. So hatte die Dezentralisierung während des Großen Sprunges die Parteiführung in Peking "blind" werden lassen, was zur Folge hatte, daß sich immer größere Fehlplanungen in die nächste Planungsperiode einschlichen126 127. Bedingt durch den Fakt, daß die Ertragszahlen seit Einführung der Volkskommunen tatsächlich rückläufig waren und den Umstand, daß die Kader unter allen Umständen versuchten die steigenden Versorgungsquoten zu erfüllen, kam es sodann zu einer erheblichen Unterversorgung der ländlichen Regionen128. Die Unfähigkeit der Parteiführung die geringer werdenden Nahrungsmittel gleichmäßig unter der Bevölkerung zu verteilen, bewirkte, daß in bestimmten Regionen (Regionen, in denen vorwiegend cash crops angebaut wurden) Hungersnöte ausbrachen, die die Gesamtbevölkerung in China allein in 1960 um 10 Mio. fallen ließ129. Die Sterblichkeitsrate130 stieg von 11,1 in 1956-57, auf 14,6 in 1959, erreichte 1960 ein Hoch von 25,4 und sank erst 1961 auf immer noch erhöhte 14,2131. Die Zahl der außergewöhnlichen Todesfälle in den Jahren 1958 bis 1963 wird auf 16132 bis 27133 Millionen geschätzt134.
III.4 Die Zeit nach dem Sprung und die mittelfristigen Folgen: Die Politik der Regulierung, Konsolidierung, Ergänzung und Niveauhebung
Das Ausmaß der Katastrophe wurde viel zu spät erkannt, erst im Juli- August 1960 versammelte sich die Parteispitze in Beidaihe, um die hoffnungslose Lage auf dem Land zu besprechen135. Zunächst wurde dort der Große Sprung formell für beendet erklärt und eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, die auf dem 9. Plenum im Jan. 1961 zur offiziellen Parteipolitik werden sollten136. Liu Shaoqi und Deng Xiaoping übernahmen das politische Ruder und leiteten eine Reihe von Untersuchungen ein, um die Gründe für das Große Sprung Desaster aufzudecken und notwendige Gegenmaßnahmen einzuleiten137. Die daraus entstandene neue Wirtschaftspolitik trug eindeutig die Handschrift Chen Yuns und wurde mit den Schlagworten Regulierung, Konsolidierung, Ergänzung und Niveauhebung umrissen138. Durch diese, zunächst nur als Notstandsprogramm gedachte, Politik wurde eine Bündel von Maßnahmen eingeleitet, die im direkten Gegensatz zur Sprung- Politik lagen.
In der Landwirtschaft, wo der Handlungsbedarf zweifellos am größten war, wurden bereits im Anschluß an die Beidaihe- Sitzung Sofortmaßnahmen eingeleitet139 140. So erschienen bereits im November 1960 die unter der Leitung von Zhou Enlai verfaßten 12 Punkte über die VK, die eine stärkere Dezentralisierung innerhalb der VK zuließen. Zusammen mit den späteren 60 Punkten wurde somit eine der Haupterrungenschaften des Großen Sprunges quasi egalisiert141. Von der ehemals so prächtigen VK blieb nur noch die äußere Hülle übrig. Im Einzelnen bedeutete dies zunächst eine drastische Verkleinerung der VK, so schrumpfte die Durchschnitts- Kommune von 1959 noch rund 5.000 Haushalten auf nur noch rund 2.000 Haushalte im Jahre 1961 zusammen142. Diese sowieso schon verkleinerte Volkskommune, wurde dann nochmals in Subsysteme unterteilt: die Volkskommune, die Produktionsbrigarden und Produktionsmannschaften. Wobei die letzteren zum wichtigsten Glied in der Volkskommune wurden143. Ferner erhielten die Bauern ihre Privatzellen zurück und es erfolgte eine Wiederbelebung der ländlichen Märkte144. Um ein stetiges Wirtschaftswachstum durch einen gleichmäßigen Kapitalfluß zu erzeugen, wurde die regionale Leichtindustrie gefördert145.
Eine ergänzende Maßnahme, um der immer stärker werdenden Landflucht entgegenzuwirken, war die 1962 beschlossene, sogenannte Huixiang- Bewegung, bei der rund 30 Millionen Städter in ihre ursprünglichen ländlichen Gebiete zurück gesiedelt wurden146.
In der Industrie wurden die Unternehmen mit mehr Freiräumen ausgestattet, gleichzeitig wurden jedoch Zentralministerien eingerichtet, die die wirtschaftliche Entwicklung steuerten147. Die Einbringung von Experten wurde gefördert und der erwirtschaftete Profit rückte in den Vordergrund. Profitable, gut durchkalkulierte Großunternehmungen wurden den während der Sprung Jahre geförderten zahlreichen dezentralisierten Kleinprojekte vorgezogen148. Durch die insgesamt geringer werdenden Kapitalinvestitionen fielen zahlreiche unrentable Unternehmen dem Rotstift zum Opfer149.
Beim Vergleich der durch Deng und Liu eingeschlagenen neuen Wirtschaftspolitik mit der Politik zur Zeit des Großen Sprunges wird deutlich, dass viele der damaligen Schwerpunkte geradezu auf den Kopf gestellt wurden. Besonders auffällig war das Einbringen von Experten in alle Bereiche, klare Zuständigkeitstrennung, Zentrale Lenkungsorgane und der Versuch die Massen durch Selbst- Interessen zu mobilisieren. Die Philosophie der sprunghaften Entwicklung mußte der, der stetigen kontrollierten weichen150.
IV. Die Spaltung in der KP- Führung
IV.1. Das Heranwachsen des Konflikts
Mao war durch den Fehlschlag seiner Sprungpolitik recht kleinlaut geworden, tatsächlich sollte der Große Vorsitzende auf einer Arbeitskonferenz in Peking im Juni 1961 erstmals leise Töne der Selbstkritik von sich geben151. Jedoch mag man mit Fug und Recht behaupten, daß die Abkehr von seinen geliebten Massenkampagnen und das Heranwachsen marktwirtschaftlicher Strukturen, wohl ganz und gar nicht in seinem Interesse sein konnte152. So erwuchs in den Jahren 1960- 62 ein Phänomen, das später als Spaltung der Yananer Führung in die Geschichtsschreibung eingehen und in den verheerenden Jahren 1966-76 enden sollte.
Die ersten Anzeichen des Konfliktes zeigten sich in einer Sitzung vor 7000 Kadern im Januar- Februar 1962153. Es brach Streit darüber aus, in wieweit die Erholung des Landes fortgeschritten sei und wie die weitere Entwicklung aussehen würde154. Während Liu die wirtschaftliche Situation noch als schlecht bewertete und eine längere Phase der wirtschaftlichen Erholung prognostizierte, hielt Mao die Probleme bereits für weitestgehend bereinigt und fordert nun sich wieder der Revolution im kommunistischen Sinne zu widmen155. Unterstützung erhielt er dabei hauptsächlich von Verteidigungsminister Lin Biao, der sich bereits mehrfach als Großer Anhänger Maos gezeigt hatte und der ein wichtiger Bestandteil der maoistischen Fraktion werden sollte, die später die Kulturrevolution ins Rollen brachte156. Bedingt durch den großen Respekt den einige Politfunktionäre dem Großen Vorsitzendem Mao entgegenbrachten, hielten sich diese mit ihren Analysen des Sprung Desasters zurück157. So konnte die Liu Fraktion keine Mehrheit hinter sich versammeln und die Versammlung endete mit einem mageren Konsens darüber, daß die Partei sich nun wieder revolutionären Themen zuwenden könne158.
Die Situation änderte sich aber als Finanzminister Chen Yun am Anschluß an diese Sitzung einen Bericht veröffentlichte, der die wirtschaftliche Situation des Landes viel dramatischer als vorher angenommen schilderte159. Er prognostizierte in seinem Bericht ein Staatsdefizit von 2- 3 Billionen Yuan und warnte vor weiteren Hungersnöten auf dem Land. Dringend empfahl er den eingeschlagenen Kurs der wirtschaftlichen Konsolidierung weiterzufahren und die Jahre 1962-65 weiter verstärkt der landwirtschaftlichen Entwicklung zu widmen160. Schnell machte Chens Bericht die Runde in Peking und auf einer eiligst einberufenen Versammlungen der Chefs der Regionalbüros forderte Zhou Enlai Chens Bericht zur Grundlage für die Wirtschaftspolitik der nächsten Jahre zu machen161. Zurückblickend kann man feststellen, dass dieser Bericht den Kluft in der Parteiführung noch erweiterte, da die Liu Fraktion nun ein Fundament bekam, mit dem sie ihre Wirtschaftspolitik rechtfertigen konnte.
Zum offenen Ausbruch des Konfliktes kam es bei einem Parteitreffen in Beidaihe im August 1962162. Die Liu Fraktion hatte die vorangegangenen Monate damit verbracht ihre Stellung zu festigen und Chens Bericht zu popularisieren163. Mao dagegen hatte sich zunehmend aus dem politischen Alltagsgeschäft zurückgezogen und sich polit- philosophischen Studien zugewandt164. Durchaus mag das einer der Gründe gewesen sein, daß er mit seiner Rede vom 9. August aufs stärkste Chens Bericht attackiert und auch alle darauf folgenden Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit des Klassenkampfes und zeigte sich sehr besorgt über die politische Entwicklung des Landes165. Dort sprach er das erste Mal davon, daß sozialistische Erziehung notwendig sei, um die steckengebliebene Revolution wieder in Gang zu bringen und um einen Rückfall in kapitalistische Strukturen abzuwenden166. Angesichts der Wortgewalt des Großen Vorsitzenden fühlten sich dann auch so manche Teile der Liu Fraktion und auch Liu selbst dazu genötigt Selbstkritik zu üben und bekannten, dass sie wohl vom rechten Weg abgekommen seien167.
IV.2. Exkurs: Der Revisionismus nach Mao und die Bildung der maoistischen Fraktion
IV.2.a Der Revisionismus nach Mao
Hier soll nun einmal kurz innegehalten werden, um die Frage zu klären wie es geschehen konnte, daß Mao sich über die Jahre 1960 bis 1962 so ruhig verhielt und in aller Seelenruhe alle politischen Umwandlungen verfolgte, um sich dann im August 1962 so wortgewaltig zurückzumelden. Die Gründe hierfür sind vielfach. Wie bereits erwähnt hatte Mao sich polit- philosophischen Studien zugewandt. Zusammen mit dem Politexperten Kang Sheng hatte er eine kritische Betrachtung der sozialistischen Revolution in der UdSSR vorgenommen168. So entwickelte er seine Theorie des Revisionismus, die die Grundlage für die Anschuldigungen gegen die sowjetische Führung und die Entstehung der Kulturrevolution werden169. Er hatte ein Stufenmodel entwickelt, das die kommunistische Revolution zu durchlaufen hätte170. Er formulierte dabei fünf Stufen: Als erste Stufe sah er die bourgeois- demokratische Revolution, die in China 1949 stattgefunden habe171. Darauf folgte die Umwandlung im sozialistischen Sinne, wobei er es aber vermied von real- existierendem Sozialismus zu sprechen, diese habe in China Mitte der 1950er Jahre stattgefunden172. Als dritte Stufe folgte dann die Ko- Existenz von kooperativem Eigentum und Eigentum des ganzen Volkes173. In dieser befinde sich China zurzeit174. Jetzt sei es an der Zeit die vierte Stufe zu etablieren, die nach Mao die totale Eigentümerschaft des Volkes darstelle175. Darauf folge dann nur noch die fünfte Stufe, der real existierende Kommunismus176. Er warf der sowjetischen Parteiführung vor politische Maßnahmen anzuwenden, die zu schon vergangenen Stufen gehörten177. Revisionismus bezeichnete also für Mao das zurück schreiten der sozialistischen Revolutionsstufen. Durch die Betrachtung der Mißstände in der UdSSR, wurde Mao dann auch in zunehmendem Maße auf die Mißstände im eigenen Land aufmerksam178. Das Revolutionäre Bewußtsein in der Bevölkerung und selbst innerhalb der Partei hatte nach dem Desaster des Großen Sprunges gelitten179. Revisionistische Kräfte innerhalb der Partei drohten sein Lebenswerk - die sozialistische Revolution- zu zerstören180. Da auch er in die Jahre geriet wollte er jetzt noch einmal die Revolution in Gang bringen, so daß er in die Unsterblichkeit einginge181. Um die Revolution wieder ins Laufen zu bringen, wollte er eine groß angelegte Erziehungskampagne starten, die das revolutionäre Bewußtsein in der Bevölkerung zurückbringen würde und die Massen in Bewegung versetzen würde182. Zwar hatte er aus den Fehlern des Großen Sprungs gelernt, daß Massenkampagnen keinen Weg darstellten um die Wirtschaftsentwicklung zu beschleunigen, doch glaubte er nach wie vor, daß sich Massenkampagnen gut für ideologische Erneuerung und sozialistische Umwälzungen eignen würden183. Diesmal wollte er nicht wie beim Großen Sprung geschehen an der Basis, den Produktionsfaktoren ansetzen, sondern am kulturellen Überbau der Gesellschaft, damit dieser eine Neuausrichtung der Partei von außerhalb bewirke und die wirtschaftliche Basis mit sich zöge184.
IV.2.b Die maoistische Fraktion
Unterstützung erhielt Mao zu dieser Zeit hauptsächlich von zwei Seiten. Zum einen war dies Verteidigungsminister Lin Biao185. Dieser hatte im September 1959 dieses Amt übernommen und verfolgte von Beginn an hauptsächlich zwei Ziele186. Erstens, seine Position in der Volksbefreiungsarmee zu stärken und zweitens, seine Beziehung zu Mao zu festigen und ihn zu unterstützen wieder an die politische Macht zu kommen187. Lin führte einige Veränderungen im Verteidigungswesen durch, die letztendlich dazu führten, daß die gesamte Entscheidungsgewalt schließlich bei ihm und Mao lagen188. Damit einhergehend war das verstärkte Eindringen der Militärs in politische Bereiche, so daß das Militär immer stärker werdenden politischen Einfluß gewann189. Auch gelang es ihm, unter anderem durch die Veröffentlichung des kleinen roten Buches mit den Worten des Vorsitzenden, maoistisches Gedankengut in der Armee zu verbreiten, was dazu führte, daß das Militär in immer stärker werdendem Maße ein streng maoistisch geprägter Machtfaktor wurde, dessen Befehlsgewalt auf lediglich zwei Personen hinauslief, nämlich Mao Zedong und Lin Biao190.
Den anderen wichtigen Einflußfaktor stellt Maos dritte Ehefrau Chiang Ching dar. Diese hatte sich schon in Yananer Tagen als Expertin für die Verbreitung kommunistischen Kulturgutes gezeigt. Nachdem sie 1959 von schwerer Krankheit genesen war, wandte sie sich mehr und mehr gegen die fortschreitende Rückbesinnung auf traditionelle chinesische Künste191. Sie zusammen Kang Sheng lenkte Maos Aufmerksamkeit zunehmend auf einige zu dieser Zeit erschienene Artikel und Erzählungen, die ihrer Meinung nach konterrevolutionäre Inhalte besäßen192.
Der Zusammenschluß dieser beiden Parteien im Febr. 1966, als Lin Chiang zur Kulturbeauftragten für das Militär machte, stellte dies die Grundvoraussetzung für die Durchführung der Kulturrevolution dar193.
IV.3 Der Konflikt spitzt sich zu: Die Sozialistische Erziehungsbewegung
Nun aber zurück zum Jahr 1962. Bei der Beidaihe Konferenz hatte Mao auf den zunehmenden Verfall der sozialistischen Gesinnung besonders bei den Kadern auf dem Land aufmerksam gemacht194. So wurde dieses auch zum Hauptthema der 10. Plenums des Zentralrates im September des gleichen Jahres195. Das hierbei Handlungsbedarf bestand wurde auch von der Liu Fraktion nicht in Frage gestellt196. Strittig blieb nur der Punkt welche Maßnahmen zu ergreifen wären197. Es wurde zunächst die Durchführung einer Sozialistischen Erziehungs- Bewegung beschlossen198. Da man sich über das genaue Vorgehen nicht einigen konnte, kam man darüber überein, zunächst einmal verschiedene Maßnahmen in ausgewählten Provinzen zu testen und später einen Beschluß zu fassen199. So kam es, daß im Mai 1963 die sogenannten ersten 10 Punkte erlassen wurden200. Das diese überwiegend unter der Federführung Maos entstanden waren, zeigt sich schon darin das sie sich wieder einmal an die Massen wandte201. Die Bauernverbände wurden dazu aufgerufen, die Funktionäre auf dem Land auf Korruption und Parteitreue zu testen202. Liu und seinen Gefolgsleuten war diese Art von Vorgehen zu ungenau203. Weder wurde genau definiert, welche Verfehlungen zu bestrafen waren, noch wollten sie das gemeine Volk mit diesen Aufgaben betrauen204. Daher wurden im September des Jahres die sogenannten späteren 10 Punkte, ausgearbeitet205 Aus ihnen ging hervor, daß die Untersuchungen ausschließlich von neu gegründeten Überwachungsorganen durchzuführen seien206. Diese sollten sodann die Lage auf dem Land untersuchen und ,wenn nötig, vorher festgelegt Strafen verhängen. Gleichzeitig sollte mit diesen Maßnahmen eine neue Landaufteilung erfolgen207. Die ganze Kampagne würde ungefähr 5- 6 Jahre in Anspruch nehmen208. Da mit diesem Beschluß der von Mao befürworteten Massenkampagne aller Wind aus den Segeln genommen wurde, geriet der Vorsitzende immer mehr in Aufregung, zudem vertrat er die Ansicht, daß dadurch, daß diese Maßnahmen jetzt nur noch Partei- gesteuert ablaufen sollten, diese selbst nicht in den Erziehungsprozeß eingeschlossen sei209. Aber gerade dort waren seiner Ansicht nach doch auch revisionistische Kräfte am Werk. Zudem wurde die Rechnung ohne Klassenkampf- Aspekte gemacht210. So konnte die Revolution gewiß nicht wieder in Gang gebracht werden! Als Reaktion darauf, proklamierte er im Januar 1965 23 Punkte, womit eine groß angelegte Erziehungskampagne gestartet wurde, die auch innerhalb der Partei ansetzte, die auf der Vorbildfunktion des Militärs basierte und die es zum Ziel hatte die revisionistischen Kräfte in allen Bereichen auszulöschen211. Zweifellos warf damit bereits die Kulturrevolution ihre Schatten voraus!
V. Die Wende in den außenpolitischen Beziehungen: Abkehr von der UdSSR
Ein weiteres zentrales Ereignis der Epoche stellt die Abkehr der VRC von ihrem großen Bruder der UdSSR dar. Diese dürfte hauptsächlich in den grundsätzlich gegensätzlich Ansichten über den Weitergang der sozialistischen Revolution begründet sein212. Nach dem Tode Stalins 1953 hatte 1954 Nikita Khrushchev die Staatsführung in Moskau übernommen213. Hatten Stalin und Mao beide noch eine aggressive Politik gegenüber dem kapitalistischen Westen vertreten, entfernte sich Krushchev öffentlich von Stalins Ansichten und entwickelte sein Konzept der friedlichen Koexistenz beider konkurrierender Systeme214. Krushchevs abwertende Äußerungen über den indo- chinesischen Grenzkonflikt und den Aufbau der Volkskommunen in China führte zu zahlreichen öffentlichen Auseinandersetzungen im Verlauf des Jahres 1960215. Bei einem Parteitag der rumänischen Kommunisten attackierte Chruschtschow die Chinesen zum ersten mal öffentlich, diese zeigten sich darüber empört, was dann den Rückzug der sowjetischen Experten im September 1960 zur Folge hatte216. Weiter gingen die Beschuldigungen auf den Parteitagen im Oktober 1960 und Oktober 1961, den Zhou Enlai gemeinsam mit dem albanischen Abgeordneten vorzeitig verließ217. Ihren Höhepunkt erreichte die Entwicklung mit der "Polemik über die Generallinie der Internationalen Kommunistischen Bewegung218 ", wobei die Revisionismus- Anschuldigungen Maos in den Jahren 1963 bis 1964 auf offener Bühne ausdiskutiert wurden219.
VI. Abschließende Betrachtung
Viele wichtige Ereignisse der Jahre 1956-65 mußten unbetrachtet bleiben220, jedoch denke ich, daß das Ziel dieser Hausarbeit - aufzuzeigen, wie die VRC in den Jahren 1956-65 von einer Katastrophe in die nächste rutschte - erfüllt sein dürfte. Begann die Epoche mit einer starken geeinigten KPC so taten sich im Verlauf der Jahre immer größer werdende Risse in der Führung des Landes auf. Diese Spannungen sollten sich schließlich in den katastrophalen Jahren 1966-76 entladen. Erst mit dem Tode Maos im Jahre 1976 konnten die gemäßigten Kräfte sich wieder durchsetzen und durch eine Politik der Entspannung der Volksrepublik ihre heutige Gestalt verleihen. Es dürfte deutlich geworden sein, welchen unvergleichbaren Einfluß Mao auf die Entwicklungen dieser Jahre hatte. Er war es, der durch ideologisch bedingte Fehleinschätzungen, das Land in eine Wirtschaftskrise führte, die in der größten Hungersnot des 20. Jahrhundert endete. Er war es, der durch seine Revisionismus- Anschuldigungen die chinesische Führung von der Sowjetunion unabhängig werden ließ und so dafür sorgt, daß diese den Niedergang der sozialistischen Staaten am Ende des 20. Jahrhunderts nahezu schadlos überstand. In dieser Hinsicht scheint er sein Ziel - unsterblich zu werden - erreicht zu haben.
VII. Literaturverzeichnis
-Brugger, Bill: China: Liberation and Transformation 1942-1962. Totowa (N.J.) 1981; S.230- 258.
-Goldman, Merle: "The Party and the intellectuals", in: MacFarquhar, Roderick; Fairbank, John K. (Hrsg.): The Cambridge History of China, Vol. 14: The People's Republic, Part 1: The Emergence of Revolutionary China 1949-65. Cambridge u. a. 1987; S.218-258
-Lardy, Nicholas R.:"The Chinese economy under stress"; in: MacFarquhar, Roderick; Fairbank, John K. (Hrsg.): The Cambridge History of China, Vol. 14: The People's Republic, Part 1: The Emergence of Revolutionary China 1949-65. Cambridg u. a. 1987; S. 360-397.
-Lieberthal, Kenneth: "The Great Leap Forward and the split of the Yenan leadership"; in: MacFarquhar, Roderick; Fairbank, John K. (Hrsg.): The Cambridge History of China, Vol. 14: The People's Republic, Part 1: The Emergence of Revolutionary China 1949-65. Cambridg u. a. 1987; S.293-359
-Spence, Jonathan D.: The Search for Modern China. London 1990; S.563-596
-Weggel, Oskar: Geschichte Chinas im 20. Jahrhundert. Stuttgart u. a.: Alfred Kröner Verlag 1989
[...]
1 Goldman S.218
2 Goldman S.218 f
3 Goldman S.218
4 Goldman S.220
5 Goldman S.219
6 "Zhou Enlai sprach 1956 beispielsweise von 3,84 Millionen, Mao 1957 von 5 Millionen Intellektuellen. Legte man das Kriterium Hochschulbildung zugrunde, so waren es nur 6 Millionen; stellte man dagegen auf all diejenigen Personen ab, die vorwiegend Kopfarbeit verrichten, so kam man auf 25 Millionen" Weggel S.190
7 Goldman S.222 f
8 Goldman S.223
9 Goldman S.223
10 Goldman S.223
11 Goldman S.223
12 Goldman S.223
13 Goldman S.223
14 Goldman S.223 f.
15 Goldman S.223
16 Beispiele hierfür finden sich en masse: Wang Shiwei (siehe Goldman S.226-230), Xiao Chün (siehe Goldman S.231-234) sind nur einige.
17 So zum Beispiel in der 1942 Kampagne gegen die Zawen- Schreiber, der ein Aufruf Maos zur Parteikritik bevor ging. Mao hatte damals gehofft durch konstruktive Kritik die Partei neu ausrichten zu können. Goldman S.224
18 Goldman S.230
19 Goldman S.230
20 Goldman S.230
21 Goldman S.230
22 Goldman S.218
23 Goldman S.218
24 Yu Pinpo hatte eine wichtige Interpretation zu der Novelle "Der Traum Der Roten Kammer" geschrieben. Zweifelsohne diente die Kampagne gegen ihn auch der Mobilisierung von Intellektuellen außerhalb der Partei, um die geplanten revolutionären ökonomischen Umwälzungen vorzubereiten und um westliche Lehrmeinungen auszurotten. Er hatte sich der Anordnung widersetzt Klassiker durch Marxistisch- Leninistische Literaturbetrachtung zu analysieren und wurde daher zum Mittelpunkt einer noch relativ gemäßigten Kampagne. Goldman S.237 f.
25 Feng Xuefeng handelte sich den Vorwurf ein "unabhängige Königreiche" innerhalb der literarischen Szene aufzubauen, da er seinen Einfluß als Redakteur bei der "Wen Yi Bao" dazu benutzte, die Veröffentlichung zweier kritischer Artikel gegen Yu Pinpo zu verhindern. Er wurde gedrängt eine öffentliche Selbstkritik zu verfassen und verlor schließlich seine Position an einen Gefolgsmann Chous. Goldman S. 238 f.
26 Auch Hu Feng, dürften hauptsächlich persönliche Schwierigkeiten mit dem Partei Kultur Beauftragen Chou Yang und seiner Gruppe zum Verhängnis geworden sein dürften. Hus Konflikt mit den Partei Oberen entstand schon Anfang der 30iger Jahre und erreichte 1943 einen vorzeitigen Höhepunkt als seine kritische Zeitschrift Xiwang verboten wurde. In der relativ entspannten Atmosphäre der Jahre 1953-54 wurde er dann wiederum Autor für das parteizugehörige Magazin "Peoples Literature" und wurde auch Mitglied der "Chinese Writers Union". Als er diesen Einfluß dazu nutzte, Kritik an den Kulturoffiziellen und deren Politik der Überwachung und an der marxistisch- leninistischen Erziehung zu üben, wurde er zum Spielball der Parteioberen, denen sich schließlich auch Mao anschloß und die ohnehin bemüht waren, die friedlich Atmosphäre dieser Jahre zu stören, um durch ein wenig Klassenkampf die geplante Kollektivierung der Landwirtschaft und die Nationalisierung der Industrie zu fördern. Nichtsdestotrotz wurden seine Schriften konfisziert, er wurde in einer landesweiten Kampagne als Konterrevolutionär gebrandmarkt, aus allen Institutionen verwiesen und schlußendlich eingesperrt (1955). (Goldman S. 239-242)
27 Goldman S. 242
28 Spence S. 568
29 Spence S. 567
30 Spence S.567
31 Spence S.567
32 Goldman S.242
33 Goldman S.242
34 Goldman S.242
35 Spence S.568
36 Goldman S.243
37 Goldman S.243
38 Goldman S.243
39 Spence S. 568
40 Spence S. 568
41 Spence S. 568
42 Goldman S. 243
43 Goldman S.243
44 Goldman S. 244
45 Goldman S. 244
46 Goldman S. 246 f
47 Goldman S. 246 f
48 Goldman S. 248
49 Goldman S.248 ff
50 Goldman S.250
51 Goldman S.250
52 Goldman S.250
53 Goldman S.250
54 Goldman S.251
55 Goldman S.251 f
56 Goldman S.252
57 So wurde Maos Politik als nicht mehr zeitgemäß betrachtet und die Relevanz der Mao Zedong Gedanken in akademischen Dingen in Frage gestellt. Goldman S.252
58 Goldman S.252
59 Dies zeigte sich in den zahlreichen Wandzeitungen, die zu dieser Zeit an der sogenannten Mauer der Demokratie entstanden. Auch wurde unter der Studentenschaft die Forderung nach einer Wiederaufnahme des Falls Hu Feng laut. Goldman S.253 f
60 Goldman S.253
61 Spence S.571
62 Goldman S.254
63 Goldman S.254
64 Spence S.572
65 Spence S.572
66 Goldman S.254
67 Goldman S.255
68 Goldman S.255 f.
69 Goldman S.255 f.
70 Goldman S.256
71 Goldman S.257
72 Goldman S.257
73 Spence S.572
74 Goldman S.257
75 Goldman S.257
76 Goldman S.257
77 Goldman S.304
78 Spence S.574 f
79 Lardy S.360
80 Lieberthal S.293
81 Lieberthal S.299
82 Lieberthal S.299
83 Lieberthal S.299
84 Lieberthal S.299
85 Lieberthal S.299
86 Lieberthal S.299 f
87 Lieberthal S.300
88 Lieberthal S.300
89 Lieberthal S.300
90 Lardy S. 361
91 Lieberthal S.300
92 Lardy S. 362
93 Lieberthal S.301 f
94 Lardy S.364
95 Lardy S.364
96 Lieberthal S.302
97 Spence S.578
98 Spence S.579
99 Lardy S.365
100 Lardy S.365
101 Lardy S.365
102 So wurden die Zielsetzungen für die Stahlindustrie im Verlauf des Jahres von 6,2 Mio. Tonnen (Februar '58) auf 12 Mio. Tonnen (Ende '58) systematisch erhöht. Lardy S. 367
103 Lardy S.368 f
104 Lieberthal S.305
105 Lieberthal S.305
106 Spence S.580
107 Lieberthal sieht die guten wirtschaftlichen Ergebnisse des Jahres 1958 darin begründet, daß a) hervorragende klimatische Bedingungen gegeben waren und b) die im 1. Fünf- JahresPlan gestarteten Projekte erste Gewinne abwarfen. Lieberthal S.306
108 Lardy S.366
109 Lieberthal S.309
110 Lieberthal S.309
111 Lieberthal S.306 f
112 Lardy S.369
113 Lieberthal S.310
114 Lieberthal S.310
115 Spence S.581
116 Lieberthal S.316 f
117 Spence S. 581 f
118 Lieberthal S.312
119 Lieberthal S.313
120 Lieberthal S.317
121 Lieberthal S.317 f
122 Lieberthal S.318
123 Lieberthal S.318
124 Spence S.580
125 Spence S.580
126 Lardy S.379
127 So stiegen die Exportzahlen für landwirtschaftliche Güter 1959 auf einen Höchststand. Lardy S.380
128 Lardy S.370
129 Lardy S.370 f
130 Tote pro 1000 Einwohner
131 Lardy S.370 f
132 offizielle Angabe
133 westliche Schätzungen
134 Lardy S.370 f
135 Lieberthal S.322
136 Lieberthal S.322
137 Lieberthal S.322 f
138 Lieberthal S.322
139 So wurden die Versorgungsquoten und Exporte landwirtschaftlicher Güter heruntergefahren. Lardy S. 382
140 Ebenfalls wurden die interregionalen Korntransporte wiederbelebt und die staatlichen Abnahmepreise für Korn erhöht. Lardy S.385
141 Brugger S.231
142 Brugger S.231
143 Brugger S.231
144 Brugger S.231
145 Brugger S.232 f
146 Brugger S.236 f
147 Brugger S.234 f
148 Brugger S.232 f
149 Lardy S.387
150 Lieberthal S. 324 f
151 Lieberthal S.296
152 Lieberthal S.325
153 Lieberthal S.325 f
154 Lieberthal S.325 ff
155 Lieberthal S.325 ff
156 Lieberthal S.327
157 Lieberthal S.327 f
158 Lieberthal S.328 f
159 Lieberthal S.329
160 Lieberthal S.329
161 Lieberthal S.329 f
162 Lieberthal S.331 f
163 Lieberthal S.331 f
164 Lieberthal S.332
165 Lieberthal S.333
166 Lieberthal S.333
167 Lieberthal S.333 f
168 Lieberthal S.344
169 Brugger S.252
170 Brugger S.248 f
171 Brugger S.249
172 Brugger S.249
173 Brugger S.249
174 Brugger S.249
175 Brugger S.249
176 Brugger S.249
177 Brugger S.249
178 Lieberthal S.351
179 Lieberthal S.348
180 Lieberthal S.348
181 Lieberthal S.356
182 Lieberthal S.348
183 Lieberthal S.320
184 Brugger S.241
185 Lieberthal S.335 f
186 Lieberthal S.335 f
187 Lieberthal S.335 f
188 Lieberthal S.336 ff
189 Lieberthal S.337 f
190 Lieberthal S.297, auch Lieberthal S.337
191 Lieberthal S.343 ff
192 Lieberthal S.343 ff
193 Lieberthal S.348
194 Lieberthal S.348
195 Lieberthal S.348 f
196 Lieberthal S.348 f
197 Lieberthal S.348 f
198 Lieberthal S.348 f
199 Lieberthal S.348 f
200 Lieberthal S.348 f
201 Lieberthal S.348 f
202 Lieberthal S.348 f
203 Lieberthal S.349 f
204 Lieberthal S.349 f
205 Lieberthal S.349 f
206 Lieberthal S.349 f
207 Lieberthal S.349 f
208 Lieberthal S.349 f
209 Lieberthal S.349 f
210 Lieberthal S.349 f
211 Lieberthal S.349 f, auch Lieberthal S.338
212 Spence S. 583 f
213 Spene S. 584
214 Spence S.586 ff
215 Spence S.588
216 Spence S.588 f
217 Spence S.588 f
218 Weggel S.241
219 Lieberthal S.352 f
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Thema dieser Hausarbeit?
Das Thema dieser Hausarbeit ist die Entwicklung der Volksrepublik China (VRC) in den Jahren 1956-65. Der Fokus liegt auf wichtigen innen- und außenpolitischen Ereignissen dieser Zeit.
Welche Phänomene werden in der Hausarbeit besonders betrachtet?
Die Arbeit konzentriert sich auf vier elementare Phänomene: die Hundert Blumen Bewegung (1956-57), den Großen Sprung nach vorne (1958-60) und seine Folgen (1960-62), die Spaltung in der Parteiführung (1962-65) sowie die Wende in den außenpolitischen Beziehungen zwischen der UdSSR und der VRC.
Was war die Hundert Blumen Bewegung?
Die Hundert Blumen Bewegung (1956-57) war eine von Mao Zedong initiierte Kampagne, die Intellektuelle und Bürger dazu aufforderte, offen Kritik an der Regierung und der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) zu äußern. Das Motto war "Lasst hundert Blumen blühen! Lasst hundert Schulen wetteifern!".
Was waren die Gedanken Reform Kampagnen?
Gedanken Reform Kampagnen waren ein System politischer Konditionierung, das von der KPC genutzt wurde, um kritisch denkende Intellektuelle zu kontrollieren und aufkommende Konflikte zu unterbinden. Sie bestanden aus drei Phasen: dem Lesen und Diskutieren politischer Schriften, der Befragung und Kritik der Einzelnen in der Gruppe und der Verfassung einer Selbstkritik.
Was waren die wichtigsten Merkmale der Hundert Blumen Bewegung?
Die Bewegung hatte drei Phasen. Zuerst wurden die Intellektuellen ermutigt sich zur Mitarbeit im Fünfjahresplan zu äußern. Danach folgte eine zweite Phase von April 1957 bis Juni 1957 in der es mehr Kritik gab. Es endete in einer Anti-Rechtsabweichler Kampagne.
Was war der Große Sprung nach vorne?
Der Große Sprung nach vorne (1958-60) war eine von Mao Zedong initiierte Wirtschaftskampagne, die darauf abzielte, die chinesische Wirtschaft durch Massenmobilisierung und Dezentralisierung zu industrialisieren und die landwirtschaftliche Produktion zu steigern. Sie führte jedoch zu einer schweren Wirtschaftskrise und einer Hungersnot.
Was waren die Hauptelemente der Sprungpolitik?
Die Sprungpolitik bestand aus vier Elementen: dem Ausgleich fehlenden Kapitals durch Mobilisierung von Arbeitskräften, utopischen Zielsetzungen, der Verbindung von traditionellen und modernen Arbeitsmethoden und der Missachtung technischer Normen.
Welche Ursachen führten zum Fehlschlag des Großen Sprungs nach vorne?
Der Fehlschlag des Großen Sprungs wurde hauptsächlich durch gefälschte Statistiken lokaler Kader verursacht, die zu Fehlplanungen und einer erheblichen Unterversorgung der ländlichen Regionen führten. Zudem trugen klimatische Bedingungen und die forcierte Kollektivierung zur Hungersnot bei.
Welche Politik folgte dem Großen Sprung nach vorne?
Nach dem Scheitern des Großen Sprungs wurde eine Politik der "Regulierung, Konsolidierung, Ergänzung und Niveauhebung" eingeführt, die eine stärkere Dezentralisierung, die Wiederbelebung der ländlichen Märkte und die Förderung der Leichtindustrie vorsah.
Was war die Sozialistische Erziehungsbewegung?
Die Sozialistische Erziehungsbewegung war eine Kampagne, die 1963 gestartet wurde, um das revolutionäre Bewusstsein in der Bevölkerung zu stärken und den Kapitalismus entgegenzuwirken. Es entwickelte sich aus den unterschiedlichen Ansichten darüber, wie man sich um den Verfall der sozialistischen Gesinnung der Kadern auf dem Land kümmern sollte.
Wie kam es zur Spaltung in der KP-Führung?
Die Spaltung in der KP-Führung entstand aus unterschiedlichen Ansichten über die Bewertung der wirtschaftlichen Erholung nach dem Großen Sprung und die weitere politische Ausrichtung des Landes. Mao befürwortete den Klassenkampf und die sozialistische Erziehung, während Liu Shaoqi und andere die wirtschaftliche Konsolidierung priorisierten.
Was war Maos Theorie des Revisionismus?
Mao entwickelte eine Theorie des Revisionismus, die die Grundlage für seine Anschuldigungen gegen die sowjetische Führung und die Entstehung der Kulturrevolution wurde. Er sah Revisionismus als das Zurückschreiten der sozialistischen Revolutionsstufen und kritisierte die UdSSR für politische Maßnahmen, die seiner Meinung nach zu schon vergangenen Stufen gehörten.
Wie entwickelte sich die Wende in den außenpolitischen Beziehungen zur UdSSR?
Die Abkehr von der UdSSR war hauptsächlich in den gegensätzlichen Ansichten über den Weitergang der sozialistischen Revolution begründet. Chruschtschows Konzept der friedlichen Koexistenz und seine Kritik an chinesischen Politiken führten zu zahlreichen Auseinandersetzungen und schließlich zum Bruch zwischen den beiden Ländern.
- Quote paper
- Jens Kohlhaas (Author), 2001, 100 Blumen Bewegung - Der Große Sprung nach vorne und seine Folgen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101908