Nach zwei Semestern Online-Lehre und mit der Aussicht auf mindestens ein weiteres Semester unter Pandemiebedingungen könnte man meinen, dass sich Studierende und Dozierende mittlerweile auf die neuen Bedingungen eingestellt haben. Tatsächlich gibt es aber teils gravierende Probleme, die nach wie vor vorherrschen und die digitale Lehre vor große Herausforderungen stellt. In dieser Arbeit werden die kommunikativen und vor allem rhetorischen Herausforderungen, die die neue Situation mit sich bringt, behandelt.
Dafür werden zunächst vom Verfasser dieser Ausarbeitung beobachtete Probleme und Herausforderungen aufgezeigt, um dann ein besonderes Augenmerk auf die Körpersprache zu legen. Grundlegende rhetorische Regeln werden in dieser Hausarbeit nicht wiederholt, stattdessen wird der Fokus auf die Herausforderungen und die Umsetzung in Online-Konferenzen gelegt. In den anschließenden Schlussbemerkungen soll zusammengefasst werden, wie man trotz der widrigen Bedingungen rhetorisch in der digitalen Lehre überzeugen kann.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Herausforderungen der digitalen Lehre
2.1 Das Versprechen digitaler Lehre
2.2 Beobachtete Probleme und Herausforderungen
3 Fokus Körpersprache und nonverbale Kommunikation
3.1 Die Mimik
3.2 Die Gestik und Körpersprache
4 Schlussbemerkungen – Wie gelingt erfolgreiche Rhetorik in der Online-Lehre?
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Kaum ein Lebensbereich bleibt von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie unbetroffen. Seit dem ersten Lockdown im März 2020 finden auch Forschung und Lehre fast ausschließlich digital statt. Online-Tools wie BigBlueButton, Moodle E-Learning, Zoom oder Cisco WebEx ermöglichen die digitale Lehre an Universitäten und sind vor allem für die Lehrveranstaltung nicht mehr wegzudenken, die von Dialog und Austausch leben.
Nach zwei Semestern Online-Lehre und mit der Aussicht auf mindestens ein weiteres Semester unter Pandemiebedingungen könnte man meinen, dass sich Studierende und Dozierende mittlerweile auf die neuen Bedingungen eingestellt haben. Tatsächlich gibt es aber teils gravierende Probleme, die nach wie vor vorherrschen und die digitale Lehre vor große Herausforderungen stellt. Um familiäre oder finanzielle Situationen soll es in dieser Hausarbeit nicht gehen, sondern um die kommunikativen und vor allem rhetorischen Herausforderungen, die die neue Situation mit sich bringt. Dafür werden zunächst vom Verfasser dieser Ausarbeitung beobachtete Probleme und Herausforderungen aufgezeigt, um dann ein besonderes Augenmerk auf die Körpersprache zu legen. Grundlegende rhetorische Regeln werden in dieser Hausarbeit nicht wiederholt, stattdessen wird der Fokus auf die Herausforderungen und die Umsetzung in Online-Konferenzen gelegt. In den anschließenden Schlussbemerkungen soll zusammengefasst werden, wie man trotz der widrigen Bedingungen rhetorisch in der digitalen Lehre überzeugen kann.
Ein besonderer Fokus soll hierbei auf Lehrveranstaltungen in Form von Seminaren, Übungen und Tutorien, also den Lehrveranstaltungen, in denen der Austausch zwischen Studierenden und Dozierenden sinnvoll, gewünscht oder gar gefordert ist, liegen, da Vorlesungen an der Universität Erfurt zumeist als voraufgenommene Videos hochgeladen werden und somit die Möglichkeit zum Gespräch oder Austausch fehlt. Bis auf einige vereinzelte Dozierende werden die Vorlesungen auch ohne Video, das die Dozierenden zeigt, veröffentlicht. Dementsprechend könnte über Mimik, Gestik oder Körpersprache nur gemutmaßt werden. Nichtsdestotrotz sind einige der im Folgenden erwähnten sprachlichen und technischen Herausforderungen oder Probleme auch bei Vorlesungen wiederzufinden.
Es sei vorab bemerkt, dass aufgrund der Aktualität des Themas die Literaturlage für einige Unterpunkte dieser Hausarbeit schwierig war.
2 Herausforderungen der digitalen Lehre
2.1 Das Versprechen digitaler Lehre
Sichere Zusammenarbeit, egal wo und mit wem „als wären Sie vor Ort“, verspricht die Website vom Online-Konferenzsoftware-Anbieter Cisco WebEx. (Cisco Webex 2021) Die Benutzung von Online-Tools ist nicht nur ein nötiges Mittel, um Seminare und Veranstaltungen trotz bestehender Kontaktbeschränkung durchführen zu können. Tatsächlich bescheinigen verschiedene Studien Vorteile der digitalen Lehre gegenüber der herkömmlichen Präsenzlehre. So findet eine aktuelle in Bangladesch durchgeführte Studie signifikante Effekte auf die Pünktlichkeit der Studierenden und ihrer Beteiligung sowie der Teilnahme an der Lehre, sowie auf die Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden. Außerdem hilft es den Lehrkräften die Lernenden zu überwachen und zu beaufsichtigen. (Hasan und Anwarul Islam 2020, S. 119–120) Außerdem sei nach den ersten Monaten der Corona-Pandemie die technische Ausstattung wesentlich verbessert worden. Dabei ist das Konzept der digitalen Lehre längst kein neues. Schon 2005 zeigte eine Studie, dass die Studierenden in einem komplett interaktiven, Multimedia-basierten E-Learning-Umfeld bessere Leistungen und Ergebnisse erzielten als die Kontrollgruppen in einem traditionellen Klassenzimmer. (Zhang 2005)
Allerdings war letztere Studie unter anderen Rahmenbedingungen durchgeführt worden, als sie die digitale Lehre jetzt vorfindet. Durch die unerwarteten pandemiebedingten Entwicklungen gab es so gut wie keine Vorbereitungszeit. Die Lösungen mussten zudem nicht nur für eine gut ausgestattete Gruppe in einem Experimenten gefunden werden, sondern für knapp drei Millionen Studierende – allein in Deutschland. (Statistisches Bundesamt - Destatis 2020, S. 8)
Wie zuverlässig sind also die Versprechen der digitalen Lehre? Welche Probleme treten bei der Online-Lehre auf? Welche Rückschlüsse ergeben sich daraus für die Rhetorik in der Online-Lehre?
2.2 Beobachtete Probleme und Herausforderungen
Im Folgenden werden Probleme geschildert, die der Verfasser der Hausarbeit selbst erlebt oder beobachtet hat, ergänzt und untermauert durch erste wissenschaftliche Studien und Arbeiten, die sich den Auswirkungen der Pandemie gewidmet haben.
Ein inhaltlich und rhetorisch guter Redebeitrag in einem Seminar wird dadurch ausgezeichnet, dass die Bemerkung eng am Thema bleibt, vermieden wurde ähnliche Fragen oder Bemerkungen zu wiederholen, die Information an den aktuellen Stand anknüpft und ihn erweitert und er eine präzise Ausdrucksweise und notwendige Fachausdrücke beinhaltet. (Beck 2006, S. 13) Außerdem sollte er gut vorbereitet sein und klar und stringent vorgetragen werden, „Sprechdenken“ sollte also vermieden werden. (Beck 2006, S. 34) Was in einem Seminar schon gut möglich ist, wird durch die digitale Lehre insofern vereinfacht, als dass man neben dem PC, Laptop oder mobilen Endgerät, mit dem man am Seminar teilnimmt, Stift und Papier bereitlegen kann und sich optimal vorbereiten kann. Zudem kann man sich auch einen Redetext vorschreiben und wie bei einer Art „Teleprompter“ das Fenster des Schreibprogramms direkt unter der Kamera fixieren kann. Somit sieht es auch so aus, als würde man direkt das Publikum ansprechen. Auch durch eine gewisse Häufigkeit von Redebeiträgen kann man punkten. (ebd., S. 13) Dies ist in Übungen und Tutorien einfach, in größer angelegten Seminaren mit vielen Teilnehmenden kann die Häufigkeit aber dadurch eingeschränkt werden, dass zumeist eine strenge Redeliste geführt wird, bei der von einigen Dozierenden auch darauf geachtet wird, dass man nicht mehrmals drankommt. Auch fällt dadurch die Möglichkeit des direkten Zwischenrufs weg, sei es zur Ergänzung oder auch für Verständnisfragen. Auf der anderen Seite ordnet eine gut geführte Rednerliste eine in einem Seminar möglicherweise aufkommende Debatte und macht sie somit transparenter und möglicherweise sogar fairer. Man kann festhalten, dass dies aber erschwert, in einen Dialog zu treten oder direkt zu antworten. Nun kann man aber darüber streiten, ob das gut oder schlecht ist, ob dadurch der Debatte etwas verloren geht, dies ist sicherlich situationsabhängig.
Bevor es allerdings zu einem Redebeitrag kommt, muss man sich erst einmal melden, oder auf die Redeliste setzen lassen. Dies führt zu einem Phänomen, welches durch die Online-Lehre besonders hervorkommt. Viele Studierende mögen es nicht oder fürchten sich sogar davor, im Mittelpunkt zu stehen. Diese „studentische Redeangst“ (Beck 2006, S. 143; Vogt 2005, S. 199–203) wird durch die Gegebenheiten der digitalen Lehre oftmals verstärkt. Viele SeminarleiterInnen möchten, dass die Kameras derer, die gerade nicht sprechen, ausgeschaltet sind. Wem es schwer fällt vor anderen zu sprechen, dem fällt es bestimmt nicht leichter vor einer Wand von grauen Kästchen zu sprechen, zumal man die Reaktionen seiner KommilitonInnen nicht ausmachen kann oder kein aufmunterndes Lächeln oder anerkennendes Nicken aus den Reihen der Studierenden ausmachen kann. Schliesslich ist die einzige eingeschaltete Kamera häufig die des Dozierenden, der vielleicht aufmerksam bis kritisch zuhört.
Besonders beim Halten eines Vortrages, also einer Situation, in der sich auch die Dozierenden wiederfinden, die sich darüber im Übrigen genauso beklagen wie die Studierenden, kann man kaum ausmachen, wie die erwähnten Inhalte, Anekdoten und auch rhetorischen Stilmittel aufgenommen werden. Der Blickkontakt, oder das Signalisieren von Aufmerksamkeit durch Mitschreiben oder Kopfnicken fallen weg, es gibt kein klassisches Rückmeldeverhalten, wie man es in einer normalen Sitzung feststellen kann. (Beck 2006, S. 91)
Auf solche die Mimik, Gestik und Körpersprache betreffende Kommunikation wird unter III. näher eingegangen.
Einem gut funktionierenden Unterrichtsgespräch und Austausch stehen zudem häufig auch technische Probleme im Weg. Der Grund dafür, wie oben genannt die Kameras auszuschalten, wenn man nicht spricht liegt darin, dass Bandbreite gespart werden soll. Trotz solcher Bemühungen kommt es sehr regelmäßig zu Verbindungsproblemen.
Dazu kommt, dass die technische Ausstattung von Seminarteilnehmern und die Systemeinstellungen verschiedener Geräte dazu führen kann, dass einige Teilnehmer sehr laut zu hören sind, während man andere kaum versteht. Auch wenn man das als unangenehm oder anstrengend abtun kann, kommt hier noch ein Störfaktor erschwerend hinzu. Während Gemurmel oder Zwischenbemerkungen in einem Klassenzimmer je nach Gruppengröße fast schon unvermeidbar und allerhöchstens unpassend sind, ist es bei Videokonferenzen überaus störend, wenn Teilnehmer unbeabsichtigt in fremde Redebeiträge hineinsprechen oder vergessen, sich stummzuschalten, oder wenn es zu Rückkopplungen oder Störgeräuschen kommt.
Selbstverständlich besteht bei den gängigen Anbietern die Möglichkeit, über ein zusätzliches Chatfenster zu kommunizieren. Allerdings hat auch dieses seine Tücken. Fast jeder hat mittlerweile bestimmt schon das Faux-Pas miterlebt, dass eine für eine private Konversation bestimmte Nachricht in den öffentlichen Chat gelangt ist, mit teilweise unschönen Folgen. Dies allerdings zunächst nur als Randbemerkung.
Neben den technischen Schwierigkeiten gibt es auch das Problem der mangelnden Konzentration. Viele Studierende beklagen, dass sie zwischen zahlreichen Ablenkungsmöglichkeiten, dem Fehlen eines geregelten Tagesablaufs und einem Mangel an Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden Schwierigkeiten haben sich zu konzentrieren und zu motivieren. Auch diese Gründe tragen dazu bei, dass eine Mehrheit von Studierenden Online-Lehre als negativ, zumindest verglichen mit Präsenzlehre, empfinden. (Burchard 2020)
Glücklicherweise ist festzustellen, dass durch regelmäßige Updates die Software besser wird. Mit neuen Funktionen, wie Breakout-Sessions oder verbesserten Kommunikations- und Abstimmungsmechanismen wird die Kommunikation zwischen Seminarleitenden und -teilnehmenden zunehmend verbessert.
Wenn man sich ansieht, wie sich die Kommunikation und die Handlungen verändern und sein Augenmerk auf die direkte Kommunikation zwischen Teilnehmenden und Lehrenden in Lehrveranstaltungen legt, merkt man, dass es teils große Unterschiede gibt. In einigen Seminaren ist eine Beteiligung zu beobachten, die weit unter dem liegt, was man aus normalen Seminaren oder Vorlesungen kennt, andere Dozierende bieten regelmäßige Gruppensprechstunden mit reger Beteiligung an. Das direkte Gespräch mag für den einen oder anderen Studierenden durchaus angenehmer sein, wenn man sich gegenseitig nur auf dem Bildschirm sieht und so ein Teil der Autorität oder Einschüchterung durch die Dozierenden abgeschwächt wird. Andere wiederum bevorzugen es sich gegenseitig in die Augen zu sehen.
Wie in der normalen Präsenzlehre ist auch hier festzustellen, dass die Kommunikation und ihre Gestaltung immer von den Sprechenden abhängt und durch sie geschaffen wird. Wer ohnehin schon souverän und selbstsicher auftritt, dem wird das auch online leichter fallen.
3 Fokus Körpersprache und nonverbale Kommunikation
Neben dem Gesagten spielen Körpersprache, Mimik und Gestik für die Rhetorik eine entscheidende Rolle. „Nonverbale Signale sind körperliche Bewegungen, die als rein physische Vorgänge analysiert werden können. Jedoch werden sie erst dadurch wichtig, daß sie für Sender und Empfänger eine Bedeutung haben“. (Argyle 2005, S. 62) Wie nonverbale Signale in Online-Meetings umzusetzen sind und welche Schwierigkeiten sich ergeben wird im Folgenden dargelegt.
3.1 Die Mimik
Durch die ausgesprochen hohe Ausdruckskraft macht die Mimik den wichtigsten Teil der nonverbalen Kommunikation aus. (Argyle 2005, S. 201) Der Blick, sprich die Kommunikation mit den Augen, zusammen mit den 25 Muskelsträngen, über die das Gesicht verfügt, erleichtern, einen Einblick in die Emotionen des Gegenübers. Man kann aus der Mimik gewissermaßen lesen, was der Gegenüber denkt oder fühlt. Neben den Emotionen spielen auch die Interaktionssignale des Gesichts eine entscheidende Rolle. (Argyle 2005, S. 202–203) Die Mimik unterstützt zum einen die redende Person beim Unterstreichen bestimmter Punkte in der Argumentation oder hilft dabei sie zu ergänzen. Zum anderen ist sie ein wichtiges Kommunikationswerkzeug, wenn es um Reaktionen geht. Mal beabsichtigt, mal unabsichtlich, zeigen zum Beispiel die Augenbrauen Ausdrücke von Verwunderung oder Erstaunen bis hin zu Wut oder Abscheu. (Argyle 2005, S. 204) Dies hilft, eigene Standpunkte zu verdeutlichen, aber auch diejenigen von anderen zu verstehen. Um die Mimik richtig einzusetzen, ist es hilfreich zu wissen, an wen sich die Kommunikation richtet. (ebd., S. 202)
[...]
- Arbeit zitieren
- Gian D. Gantenbein (Autor:in), 2021, Herausforderungen in der Online-Lehre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1014802
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.