Thesenpapier
(1) Die Bedeutung der Zweckzuweisungen für die kommunalen Einnahmen zeigt sich insbesondere darin, dass auf sie mehr als die Hälfte aller Finanzzuweisungen im Bundesdurchschnitt entfällt.
(2) Die Finanzautonomie als Kernstück des den Kommunen in Art. 28, Abs. 2 GG eingeräumten Selbstverwaltungsrechts ist umso mehr gefährdet,
(a) je höher der Anteil der Finanzzuweisungen an den Gemeindeeinnahmen ist;
(b) je höher der Anteil der speziellen Finanzzuweisungen an den gesamten Finanzzuweisungen ist;
(c) je höher der Anteil der aufgrund unveröffentlichter Richtlinien oder auf der Grundlage des Haushaltsplans vergebenen Zweckzuweisungen an den speziellen Finanzzuweisungen ist;
(d) je stärker die Gewährung von Finanzzuweisungen mit bestimmten Auflagen für die kommunale Ausgabengebarung verbunden ist.
(3) Bei der Vergabe der Zweckzuweisungen wird vor allem die Intransparenz des Verteilungsmechanismus und die fehlende Überschaubarkeit und Kontrollierbarkeit der Verteilungseffekte bemängelt.
(4) Da die Gewährung der Zweckzuweisungen häufig allein aufgrund von (teilweise unveröffentlichten) Zuschussrichtlinien erfolgt, haben die empfangsberechtigten Kommunen ein Informationsdefizit.
(a) Der informierte, mit den richtigen Beziehungen ausgestattete Kommunalbeamte oder -politiker wird prämiert (HANSMEYER: "Windhundverfahren").
(b) Da die Zuweisungshöhe oft ohne objektive Bemessungskriterien festgesetzt, quasi ausgehandelt wird, sieht ZEITEL hierin die Gefahr von "Gefälligkeitsaktivität und Willkür".
(5) Die Förderungspraxis weist strukturkonservierende Züge auf, da die Zuweisungsempfänger über ausreichende eigene finanzielle Eigenmittel verfügen müssen, um in den Genuss der Zweckzuweisungen zu kommen. Auf diese Art und Weise werden finanzschwache Gemeinden benachteiligt.
(6) Die Kommunen müssen sich fast ausschließlich an den Präferenzen der Zuweisungsgegner orientieren, um Fördermittel zu erhalten, wobei die Dringlichkeit eines Projektes meistens in den Hintergrund tritt.
(7) Die Folgelasten kommunaler Investitionen werden entweder überhaupt nicht oder unzureichend in das Kalkül der Gemeinden einbezogen.
(8) Die gesamte Finanzplanung der Kommunen wird durch einen hohen Anteil einmaliger Zuschüsse an den Gesamteinnahmen beeinträchtigt, da mit der Gewährung derartiger Zuweisungen, die häufig nur schwebend wirksam erklärt und nicht selten nachträglich geändert oder zumindest verzögert gewährt werden, hohe Einnahmeunsicherheiten verbunden sind.
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- Diplom-Volkswirt Detlev Straube (Author), 1980, Zweckzuweisungen. Darstellung und kritische Würdigung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1009912
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