Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Herleitung der Fragestellung
1.2. Einordnung ins gewählte Forschungsprogramm
1.3. Relevanz der Fragestellung
2. Theoretischer Rahmen und Hypothesen
2.1. Sozialisationstheorie
2.2. Rational Choice
2.3. Begründung der Theoriewahl
2.4. Anwendung der Theorien
2.5. Hypothesen
3. Empirisches Vorgehen und Methoden
4. Schlussbetrachtung
5. Literaturliste
1. Einleitung
Hiermit reiche ich einen Projektantrag für das Forschungsprogramm 2000/I ein, welcher die Situation von Politikerinnen in der Schweiz unter dem Aspekt, dass die Macht männlich sei, empirisch analysiert und kritisch beleuchtet.
1.1. Herleitung der Fragestellung
Seit fast 3 Jahrzehnten können Frauen in der Schweiz politische Rechte ausüben, trotzdem sind Frauen in kantonalen, kommunalen und nationalen Exekutivämtern sowie im schweize- rischen Parlament untervertreten. So sitzen beispielsweise auf den gesamthaft 164 kantonalen Regierungssesseln lediglich 32 Frauen, in 29 Jahren seit Einführung des Stimmrechts wurde gerade drei Mal eine Frau in den Bundesrat gewählt. (Frauen in der Exekutive Stand: 1.Mai 2000). Nach den eidgenössischen Wahlen vom 24. Oktober 1999 sind gerade 23% resp.
19.5% der Ratsmitglieder Frauen. (Frauen im Parlament (2000):www.parlament.ch). Bei der Mehrheit der Frauen ist noch heute eine spürbare Zurückhaltung im Engagement um ein poli- tisches Amt vorhanden, andererseits wird allenfalls vorhandenes durch Nicht- bzw. Abwahl gebremst, wie das Beispiel der abgewählten Regierungsrätin Veronika Schaller zeigt. Diesem Aspekt können vielerlei Ursachen zu Grunde liegen. Einer davon liegt sicher in der Tradition, dass politische Macht schon seit Aristoteles mit Männern in Verbindung gebracht wird. Diese Tatsache impliziert per se, dass die Vertreter der politischen Macht auch in der Schweiz mehrheitlich Männer sind. „Der Begriff des Staatsbürgers und des Politikers wurden (...) durch männliche Handlungsorientierungen und historisch bedingte Geschlechtscharaktere beschrieben. (Politisches Handeln ein Beruf?. Zeitschrift für Frauenforschung und Geschlech- terstudien. Heft 1 + 2/2000).
Dies sind Überlegungen, die ich mir bei der Herleitung einer geeigneten Fragestellung ge- macht habe. Zusätzliche Gedanken bezüglich der zu verwendenden Theorie waren ebenfalls bereits zu diesem Zeitpunkt relevant. Mich interessieren bei diesem Forschungsprogramm die verschiedenen Erwartungen die an Kandidierende, und somit an Frauen, die in die Politik ein- steigen möchten, gestellt werden. Dabei soll die Frage, ob die Erwartungen an Frauen sich von denjenigen an die Männer grundlegend unterscheiden, fokussiert werden. Diese Betrach- tung impliziert eine Verwendung der Sozialisationstheorie. Weiter will ich mich auf das Ver- halten der WählerInnen unter dem Gesichtspunkt der Geschlechterproblematik betrachten. Daher werde ich, auf die im Anschluss folgende Fragestellung auch noch dem Rational Choi- ce Ansatz anwenden.
Diese meine faktischen und theoretischen Überlegungen lassen mich folgende Fragestellung formulieren:
Weshalb sind die Frauen auf allen Ebenen der Politik in der Schweiz deutlich untervertreten?
1.2. Einordnung ins gewählte Forschungsprogramm
Diese Fragestellung möchte ich unter dem Aspekt, dass Macht männlich sei betrachten, um so ein klares, eigenes Bild zur Situation von weiblichen Politikerinnen in der Schweiz zu erhal- ten, was Aufgabe des gewählten Forschungsprogramms 2000/I ist. Ziel ist es auch, gezielte Massnahmen entwickeln zu können, die die Rekrutierung von weiblichem Personal in Exeku- tivämter und ins Parlament fördern, um so die These, dass Macht männlich sei in baldiger Zukunft umstossen zu können.
1.3. Relevanz der Fragestellung
Meine Fragestellung ist einerseits relevant, da es sich hier um ein empirisches Forschungspro- jekt handelt, was bedeutet, dass ich einen bestehenden Tatbestand, in diesem Fall eine deutli- che Untervertretung der Frau in den politischen Ämtern, anhand von Fakten kritisch beleuch- ten kann. Ist es doch gerade diese objektiv sichtbare Untervertretung von Frauen in politi- schen Exekutiv- und anderen Ämtern, die den Schluss zulässt, dass politische Macht vor al- lem eine von Männern dominierte Sphäre sei. Diese Offensichtlichkeit lässt darauf schliessen, dass genügend auf Erfahrung gestützte oder durch Beobachtung gewonnene Daten ermittelt werden können, um so dem Anspruch der Empirie gerecht zu werden. Ein weiterer Punkt für die Relevanz dieser Fragestellung ist, dass gesellschaftliche Anpassungen auch nach einer Änderung im politischen System verlangen. So sollte es ein Anliegen der Politik sein, betref- fend Gleichstellung von Mann und Frau eine Vorreiterrolle gegenüber der Wirtschaft zu übernehmen.
Ich richte meinen Blick bewusst auf sämtliche Exekutivämter sowie das Parlament, um alle politischen Ebenen zu tangieren, denn nur so kann garantiert werden, dass die Behauptung, politische Macht sei männlich als allgemein valide und reliabel erklärt werden kann.
In dieser Forschungsarbeit sollen Gründe für diese Untervertretung von Frauen gesucht wer- den, um daraus dann allenfalls gezielte Massnahmen zu entwickeln, um den Frauen zukünftig den Weg in die Politik nicht mehr aufgrund des Geschlechts unnötig erschweren zu müssen.
2. Theoretischer Rahmen und Hypothesen
Wie schon bei meinen Überlegungen zur Fragestellung kurz angetönt, konzentriere ich mich im Rahmen dieses Forschungsprogramms einerseits auf die Sozialisationstheorie von Talcott Parsons, andererseits soll Rational Choice von Anthony Downs und seiner 1968 erschienenen “Ökonomische Theorie der Demokratie“ zur Anwendung kommen. Ich habe mich für einen individualistischen Ansatz entschieden, da ich der Meinung bin, dass unter dem Aspekt, dass Macht männlich sei, das Hauptinteresse bei den Einstellungen der einzelnen Individuen liegt. Man kann meiner Meinung nach die Geschlechter nicht einfach in zwei Gruppen aufteilen, wobei man die Männer als Elite betrachten könnte. Dieses emotionsgeladene Thema verlangt eine präzise, subjektive Analyse der Wahrnehmung der einzelnen Beteiligten, deshalb möchte ich meine Fragestellung mit Hilfe der Sozialisations- und der ökonomischen Theorie beant- worten.
Ich werde zuerst die beiden gewählten Theorien beschreiben, so dass daraus klar werden soll- te, mit welchen Aussagen und Konzepten aus welchen Theorien ich arbeiten werde, an- schliessend folgt eine Begründung für die Theoriewahl, dann werde ich die Theorien auf mei- ne Fragestellung anwenden. Zum Schluss werde ich aufgrund meiner Fragestellung drei Hypothesen formulieren.
2.1. Sozialisationstheorie
Die Sozialisationstheorie kennt unterschiedliche individualistische Ansätze. Ich beschäftige mich mit einem soziologisch orientierten, da es bei diesem Projekt um die Bedeutung unseres Gesellschaftssystem geht und nicht um die Bedeutung der Persönlichkeitsentwicklung. Ich werde mich innerhalb dieses Projekts auf Talcott Parsons “Handeln in gesellschaftlichen Systemen“ konzentrieren, um diese Theorie auf meine Fragestellung anzuwenden. Parsons gilt als ein Vertreter der Rollen- und Interaktionstheorie.
Unter Sozialisation versteht man gemäss Bertelsmann “die Einordnung des Einzelnen in die Gesellschaft.“ Auch spricht man vom Weg zum sozialen Selbst.
Sozialisation nach Parsons vermittelt den Heranwachsenden einer Gesellschaft die Fähigkeit und Bereitschaft zum Handeln in Rollen. (Baumgart 1997: 83). Der Prozess der Sozialisation setzt unmittelbar nach der Geburt ein und ist als nie abgeschlossen zu verstehen, man wird zeitlebens immer wieder neu sozialisiert, diesem Lern- und Eingliederungsprozess begegnet man solange man lebt. Das Individuum übernimmt unterschiedliche Rollen innerhalb eines Sozialisationsprozesses, „(...)Sozialisation als Rollenlernen (...)“ (Baumgart 1997: 86), um den immer wieder auftretenden Rollenerwartungen oder „Spielregeln“, die die jeweils domi- nierenden kulturellen Wertorientierungen einer Gesellschaft steuern, gerecht zu werden. „Es sind solche unterschiedlichen Grundmuster (pattern variables) des Rollenhandelns, die durch die Sozialisation verinnerlicht und zur Richtschnur situationsadäquaten Handelns werden müssen“ (Baumgart 1997: 84). Hier wird der Kultur eine zentrale Bedeutung zugemessen, denn die für eine Gesellschaft relevanten Werte spiegeln sich in diesen Orientierungsmuster wieder. So birgt jede Kultur andere Richtlinien für gleiches Verhalten. Politische Lernprozes- se vollziehen sich durch Interaktion von generalisierten Rollenträgern und Sozialisationsagen- ten, welche ihre Rollenerwartungen artikulieren.
2.2. Rational Choice
Weiter verwende ich zur Beantwortung meiner Fragestellung die Theorie der ökonomischen Politik, genannt Rational Choice und beziehe mich auf deren bekanntesten Vertreter, Anthony Downs.
Diese Theorie ist ebenfalls den individualistischen Ansätzen zuzuordnen, was bedeutet, dass das Individuum im Zentrum steht. Alle Strukturen und Prozesse in einem System sind vom Handeln der Individuen geprägt. Ein Individuum ist, wenn es vor einer Reihe von Alternati- ven steht im Stande, eine Entscheidung zu treffen, zudem wird es vor gleicher Auswahl im- mer die gleiche Entscheidung treffen. Für die Wahl einer Alternative wird eine Präferenzord- nung erstellt, es handelt sich dabei vorwiegend um Nutzenpräferenzen. Gewählt wird die oberste Präferenz. Hier steckt auch schon latent eine Kernaussage Downs, nämlich „dass je- des Individuum zwar rational aber auch egoistisch ist.“ (Downs 1968: 26). Man spricht in diesem Zusammenhang vom homo oeconimicus.
Downs hat sich rein deskriptiv mit den Eigenschaften, die ein politisches System als Demo- kratie ausweisen beschäftigt, seine Theorie hat keinen normativen Charakter. „Jede Regierung ist die letzte und höchste Machtinstanz in ihrer Gesellschaft;“ (Downs 1968: 22). Bei Wahlen geht es um Machtgewinn, „jede Wahl ist ein Urteilsspruch über die Leistung der regierenden Partei.“ (Downs 1968: 40), um das Ziel, die Regierung zu übernehmen und „jede Wahl ist auch eine Signalvorrichtung“ (Downs 1968: 40), Signal dafür, ob nach der Wahl Kontinuität oder Wandel in der Politik angesagt ist. Bei den Kandidierenden sei das „Hauptziel, gewählt zu werden,“ (Downs 1968: 30) Bei den Wählern gilt das „Eigennutzaxiom als zentrales Wahlkriterium.“ (Downs 1968: 35).
Downs Theorie hat einen Gültigkeitsbereich für eine Modellwelt, was die Anwendung auf die reale Welt erschwert oder zumindest bedeutend tangiert.
2.3. Begründung der Theoriewahl
Ich habe mich, wie schon in den theoretischen Überlegungen der Einleitung erwähnt, aus folgenden Gründen für die oben beschriebenen Theorien entschieden:
Die Verwendung der Sozialisationstheorie ist deshalb naheliegend, da ich versuchen will he- rauszufinden, ob diese deutliche Untervertretung an Frauen im Parlament darauf zurückzufüh- ren ist, dass unterschiedliche Erwartungen an die Frauen wie an die Männer betreffend An- forderungen zur Ausübung eines politischen Amtes vorhanden sind. Falls dies zutreffen wür- de, könnte man vielleicht anhand der Sozialisationstheorie erkennen, dass diese unterschiedli- che Rollenerwartungen an Frauen und Männer die von den unterschiedlichen Sozialisations- agenten artikuliert werden, nicht deckungsgleich sind mit den Rollen, die die Individuen tat- sächlich ausüben.
Die Begründung dafür, weshalb ich die Rational Choice Theorie auf meine Fragestellung an- wenden möchte ist, dass eine Untervertretung an Frauen in politischen Ämtern nicht zuletzt auch auf das Verhalten der WählerInnen zurückzuführen ist. Ich möchte unter Verwendung dieser Theorie herausfinden, ob es WählerInnen gibt, die aufgrund rationeller Überlegungen keine Frauen wählen.
2.4. Anwendung der Theorien
Dadurch dass die Frauen am politischen geschehen aktiv teilnehmen können, werden alte, festgefahrene Strukturen des politischen Systems durchbrochen. Es wird verlangt, dass die in diesem System handelnden Individuen sich den geänderten Erwartungen der anderen Subsys- teme, der Gesellschaft anpassen. Umdenken ist angesagt, die Frauen stehen schon lange nicht mehr nur am Herd! Mit dem Auftauchen der Frauen auf dem politischen Parkett, entstanden neue Interaktionspartner, die einerseits Erwartungen an bestehende Sozialisationsagenten he- ranführen, andererseits werden an die weiblichen „Rollenspieler“ Erwartungen gestellt, die möglicherweise nicht gerechtfertigt sind. „Je mehr es um Macht, Einfluss und Prestige geht, (...) desto kleiner sind die Chancen einer Frau.“ (Eine Frau? Weltwoche Nr. 7/99 18.2.1999). Frau Simoneschi begründet dies damit, dass die Identität der Männer immer noch stark auf diese Werte fixiert ist. In Anlehnung an die Sozialisationstheorie bedeutet dies, dass dieses festgefahrenen Rollenbild noch nicht durchbrochen werden konnte. Aufgrund der Tatsache, dass die Frauen eigentliche „Neulinge“ in der Politik sind, definieren die Wähler und Parla- mentarier wichtige exekutiv Posten automatisch als männlich. Weibliche Politiker werden an einem männlichen Modell gemessen. Rollenerwartungen werden an die Frau gestellt, denen die Männer aufgrund ihrer Erfahrungen in der Privatwirtschaft gerecht werden können. So erstaunt es bei der Analyse von Auswahlkriterien für Vakanzen wenig, dass diese einer klassi- schen Männerbiographie entspringen, so reduziert sich Führungserfahrung beispielsweise auf Tätigkeiten im Militär, einer Exekutive oder Firma, das „Führen“ eines Haushalts zählt nicht, ebenso wenig die Beachtung für einen geschafften Wiedereinstieg. Die Mitglieder der Gesell- schaft, des Parlaments müssen erst noch dahin gehend sozialisiert werden, dass die Erwartun- gen an eine politische Persönlichkeit weitgehend geschlechtsneutral werden. Ich bin sicher, dass eine Rollendissonanz dazu führt, dass Frauen entweder auf einen Einstieg verzichten, und sei dies ganz einfach, weil sich die Präsenzzeit im Amt, nicht mit der Präsenzzeit zuhau- se, bei den Kindern vereinbaren lässt, oder sie werden wegen Familie mit Kindern gar nicht erst gewählt: „Frauen mit Kleinkindern haben klar weniger Wahlchancen.“ (Neue Luzerner Zeitung: 19.2.99). Es gibt auch die andere Seite, nämlich dass Frauen in Rollen gepresst wer- den, die sie gar nicht innehaben. So gibt es sicher Frauen, die es nicht gerne sehen, wenn sie aufgrund ihrer Weiblichkeit und einfach fürs Frausein einen „Frauenbonus“ bekommen, den sie gar nicht wollen. „Junge Politikerinnen (...) wollen keine frauenspezifische Förderung mehr. Sie wollen Politik machen.“ (Der Landbote Nr. 126: 5.6.99). Die erwähnten Umstände führen dazu, dass meine erste Hypothese nach Auswertung empirischer Daten falsifiziert werden kann, und so einerseits meine Fragestellung teilweise beantwortet und die These, dass Macht männlich sei stützt.
Weitere Beispiele bei denen Männer die Macht an sich reissen und die Mehrheit der zu beset- zenden Exekutivämtern einnehmen können, findet man bei den Wahlen. Hierzu soll das indi- viduelle Parlamentarier- bzw. Wählerverhalten beleuchtet werden. Der Ruf nach mehr Frauen bedeutet für die Männer auch Platz zu machen, Macht zu teilen und abzugeben. In Anlehnung an die Ökonomische Theorie der Politik ist das Hauptziel eines Mitglieds des grossen Rates die Wiederwahl, deshalb richtet er sein Handeln auf eigennützige Stimmenmaximierung aus. Nur eine Wiederwahl bestätigt seine Macht, die er dann nicht abzugeben gewillt ist. Gleich- zeitig hat er ja für seine Wiederwahl Stimmen gesammelt, die nun einer Frau fehlen. Man- gelnde Frauensolidarität, geschlechtspezifisches Konkurrenzdenken mögen Gründe sein, dass Frauen keine Frauen wählen, ein taktischer Schachzug gemäss Eigennutzaxiom. Denn wenn die Kosten, mittel- oder langfristig, den zu erwartenden Nutzen aus der Wahl einer Frau über- steigen, dann wählt man lieber einen Mann. So zeigt Senti (1999), dass die Relevanz des Geschlechts bei Abstimmungen über Frauenfragen steigt. Und oftmals sind solche Abstimmun- gen über Frauenthemen mit anfallenden Kosten verbunden, die man mit der Wahl eines Mannes zu vermeiden hofft. „(...) dass sich weibliche Abgeordnete eher für Frauenthemen, einsetzen als ihre männlichen Kollegen. (...) trifft nur für die bürgerlichen Frauen zu.“ (Senti 1999: 57). Weiter gibt es vor allem noch traditionelle, ältere Frauen, die sich wenig mit Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen identifizieren können und deshalb diese Frauen auch nicht wählen. Diese Tatsache spiegelt sich vor allem darin, dass im Verhältnis weniger Exekutivämter mit bürgerlichen Frauen besetzt sind. Diese Argumentation stützt meine Hypothese, dass verhältnismässig mehr kandidierende Männer als Frauen gewählt werden.
Gründe für eine Untervertretung der Frauen findet man aber schon vor der eigentlichen Wahl, während dem Wahlkampf. Frauen verfügen oftmals über weniger finanzielle Mittel und hilfreiche Beziehungen als gestandene Männer aus der Wirtschaft, die in Verwaltungsräten sitzen und sonstigen Verbänden angehören. „Das Beziehungsnetz unter Frauen ist wesentlich weitmaschiger geknüpft als jenes in der Männerwelt“. (Neue Luzerner Zeitung: 19.2.99) Gerade solch fehlende Voraussetzungen mögen Grund dafür sein, dass nach wie vor mehr Männer wie Frauen für eine Wahl kandidieren, was den Männern die Macht zuspielt.
Wenn die genannten Umstände und Erwartungen dazu beitragen, dass ein Wahlkandidat beim Wähler die oberste Präferenz zugeschrieben bekommt, dann wird gemäss Rational Choice immer die gleiche Entscheidung getroffen. Dies bedeutet, dass immer diese Präferenz gewählt wird, und dies ist dann ein Mann, auch wenn an zweiter Stelle eine Frau steht. Dies erklärt die Tatsache, weshalb verhältnismässig immer noch mehr Männer als Frauen gewählt werden und die Frauen dadurch zahlenmässig auf allen Ebenen der Politik untervertreten sind.
2.5. Hypothesen
Ich formuliere drei Hypothesen aufgrund meiner Fragestellung, weshalb die Frauen auf allen Ebenen der Politik in der Schweiz deutlich untervertreten sind , um diese empirisch überprüfbar zu machen. Meine Hypothesen sollen dazu dienen, insbesondere Grundlagenwissen über spezifische Themenbereiche auf dem Weg einer Frau in die institutionelle Politik zu erarbeiten, immer unter dem Aspekt betrachtet, dass Macht männlich sei. Jeder Hypothese folgt eine kurze und prägnante Begründung.
Hypothese 1
Es besteht kein Unterschied in den Erwartungen, die an eine Frau und denjenigen die an ei nen Mann für ein politisches Exekutivamt gestellt werden.
... weil die Anforderungen für die Ausübung eines politischen Amtes nicht ge-
schlechtsspezifischer Natur sein dürfen.
Hypothese 2
Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Geschlecht eines Wahlkandidaten und der “ Höhe “ der Hürden, die derselbe auf dem Weg ins Parlament zuüberwinden hat.
... weil die Frauen oftmals weniger populär sind und somit über weniger Ressourcen für einen aggressiven und effektiven Wahlkampf zur Verfügung haben.
Hypothese 3
Es besteht ein Zusammenhang darin, dass nach wie vor mehr Männer als Frauen für die Ratssitze kandidieren und diese dementsprechend auch vermehrt in den Rat gewählt werden.
... weil wenn verhältnismässig mehr Frauen als Männer gewählt würden, dies Frauen mehr Mut zur Wahl geben würde, worauf sich vermehrt Frauen aufstellen lassen würden.
3. Empirisches Vorgehen und Methoden
Hypothese 1
Die unabhängige Variable x ist das Geschlecht, die abhängige Variable y sind die Erwartungen an die Kandidaten für die Ausübung eines politischen Amtes. Es soll versucht werden, diese Erwartungen mittels Umfragen bei ParlamentarierInnen, bei Vertretern von Exekutivämtern und durch Befragung von Experten fassbar zu machen. Die Erhebung dieser Daten kann auch mittels Fragebogen erfolgen. Jede genannte Anforderung soll als eigener Indikator behandelt werden, so dass eine Rangliste mit den am häufigsten genannten erstellt werden kann, um dann zu messen, ob es tatsächlich keine geschlechtsspezifischen Anforderungen gibt, oder ob diese Hypothese sich allenfalls doch falsifizieren lässt. Zudem kann man Auswahlkriterien der verschiedenen vakanten Ämter analysieren.
Hypothese 2
Die unabhängige Variable x ist das Geschlecht, die abhängige Variable y ist die “Höhe“ der Hürden, welche noch genauer spezifiziert werden müssen. Hier soll mittels Umfragen bei den Mitgliedern der beiden Räte, dies kann wieder mittels eines Fragebogens geschehen, heraus- gefunden werden, welche Steine den einzelnen Personen vor, während und nach ihrer Wahl ins Parlament in den Weg gelegt worden sind. Weiter werden Personen gefragt, die beabsich tigen, sich für die kommenden Wahlen aufstellen zu lassen. Auch hier sollen die meistgenannten Hürden als Indikatoren in eine geschlechtsspezifische Rangordnung kommen, um dann diejenigen von Frauen und diejenigen von Männern genannten zu vergleichen.
Hypothese 3
Die unabhängige Variable x sind die Anzahl Kandidaturen pro Geschlecht, die abhängige Variable y ist das Verhältnis der tatsächlich Gewählten zum Ganzen, die erzielten Wahlerfolge pro Geschlecht. Als Indikatoren kommen in diesem Fall sicher statistische Auswertungen über die vergangenen vier Wahlen, betreffend wer hat kandidiert, wer wurde gewählt, in Frage. Es soll dann versucht werden, eine „Gesetzmässigkeit“ betreffend Verhältnis der Kandidaturen pro Geschlecht und der Anzahl Wahlerfolge zu finden. Weiter liefern Interviews mit abgewählten bzw. nicht gewählten Frauen empirische Daten.
4. Schlussbetrachtung
Meine Überlegungen zur Eingangs gestellten Fragestellung haben die These, dass Macht männlich sei kritisch beleuchtet und so gezeigt, dass sie durchaus als gültig erklärt werden kann, indem ich aufgezeigt habe, dass die Situation von weiblichen Politikerinnen in der Schweiz auch nach fast dreissigjähriger Beteiligung am politischen Geschehen auf allen Ebe- nen der Politik noch verbesserungswürdig ist. Die rechtlichen Grundlagen zur Gleichstellung von Mann und Frau sind weitgehend geschaffen. Als Massnahme sollten Auswahlkriterien für Exekutvämter sich zukünftig nicht so einseitig auf Männerbiographien beziehen, sondern „ge- schlechtsneutral“ geschaffen werden. Weiter fehlt es auch bei staatlichen Organisationen an genügend Möglichkeiten zur Kinderbetreuung, um den Einstieg in die Politik auch Eltern zu ermöglichen. Die weitaus wichtigste Erkenntnis die ich in Auseinandersetzung mit diesem Thema gewonnen habe ist sicher die, dass ein Umdenken in den Köpfen der Mitglieder unse- rer Gesellschaft stattfinden muss, traditionelle Rollenbilder für die Frau wie den Mann müs- sen durchbrochen werden, um so dem Anspruch einer „neuen Zeit“ gerecht zu werden. Die Absage an die Quoteninitiativen haben gezeigt, dass man nicht mit Gesetzen etwas durchstie- ren kann, dass wenig Sinn macht, sondern die Einsicht, dass politische Macht nicht nur Män- ner innehaben, muss jeder Einzelne für sich gewinnen können. Denn nur so erreichen wir ei- nes Tages das Ziel, dass das Geschlecht kein Thema mehr ist, und dass gleiche Wahlchancen von Frauen und Männer eine Selbstverständlichkeit sind. Bis dahin werden die Frauen in wichtigen politischen Exekutivämtern weiterhin eine Minderheit stellen und die Ausübung politischer Macht in erster Linie den Männern überlassen.
5. Literaturverzeichnis
- BAUMGART, Franzjörg et al. (1997). Talcott Parsons - Handeln in gesellschaftli- chen Systemen. In: Baumgart, Franzjörg (Hrsg.): Theorien der Sozialisation, Bad Heilbrunn/OBB.: Julius Klinkhardt, 81 - 116.
- DOWNS, Anthony(1968). „Ökonomische Theorie der Demokratie“. Rudolf WILDENMANN (Hrsg). Tübingen: Mohr, 21 - 49.
- „Eine Frau muss sich den Respekt hart erarbeiten, ein Mann hat ihn auf sicher”, Neue Luzerner Zeitung, Nr. 41, 19.2.1999.
- „Frauenförderung - nichts für junge Politikerinnen”, Der Landbote, Nr. 126, 5.6.1999.
- „Interview mit Chiara Simoneschi-Cortesi: eine Frau? Nicht mal das ist ganz sicher”, Weltwoche, Nr. 7, 18.2.1999: Online im Internet: http://www.weltwoche.ch [Stand 6.1.2001].
- SCHWEIZER PARLAMENT (2000). Frauen im Parlament. Online im Internet: http://www.parlament.ch [Stand 27.12.2000].
- SCHWINGER, Elke (2000). „Politische Handeln: ein Beruf?“, Zeitschrift für Frauen- forschung und Geschlechterstudien 18.Jahrgang Heft 1 + 2/2000: 81 -100.
- SENTI, Martin (1999). Parlamentarierinnen zwischen Fraktionsdisziplin und Frauen-
solidarität. Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft. Vol. 5. Issue 1 Spring 1999: 57-81.
- Quote paper
- Dayana Mordasini (Author), 2001, Überlegungen zur Untervertretung der Frau auf allen Ebenen der Politk, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100898
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