Dieser Essay behandelt die Mythen und Täterstrategien sexualisierte Gewalt. Frauen, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden und sexuelle Gewalt erfahren haben, leiden fast immer unter Schamgefühlen und fühlen sich schuldig. Schuld daran, ist der Umgang und das Handeln oder auch das nicht – Handeln der Gesellschaft. Es ist längst überfällig, den Opfern gerecht zu werden, indem die Verantwortung für die Taten eindeutig den Tätern zuzuweisen und dementsprechend mit ihnen zu verfahren. Damit angemessen präventiv gehandelt werden kann, müssen zunächst die Ursachen für den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen beantwortet werden.
Wichtig ist es dabei, auf die in der Gesellschaft geltenden Mythen von sexuellem Missbrauch aufmerksam zu machen und diese aufzuklären. Zusätzlich muss über die Täterstrategien aufmerksam gemacht, und der Gesellschaft deutlich verdeutlicht werden, wie gravierend die Probleme von sexuellem Kindesmissbrauch sind. Es muss ein Bewusstsein für das komplexe Bedingungsgefüge, welches die sexuelle Gewalt an Jungen und Mädchen verursacht und ermöglicht geschaffen werden. Denn es kommen viele verschiedene Faktoren zusammen, die es ermöglichen, dass jemand Übergriffe verübt, Kinder nicht wissen, wie sie sich wehren und aus der Situation entziehen können, dass auch nach dem Bekanntwerden der Tat den Opfern meist nicht geglaubt wird und die Täter(innen) nicht angemessen verurteilt und sanktioniert werden. Diese Faktoren lassen einen Kreislauf entstehen, der nicht länger geduldet werden darf.
Sexualisierte Gewalt – Mythen und Täterstrategien
Frauen, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden und sexuelle Gewalt erfahren haben, leiden fast immer unter Schamgefühlen und fühlen sich schuldig. Schuld daran, ist der Umgang und das Handeln oder auch das nicht – Handeln der Gesellschaft. Es ist längst überfällig, den Opfern gerecht zu werden, indem die Verantwortung für die Taten eindeutig den Tätern zuzuweisen und dementsprechend mit ihnen zu verfahren. Damit angemessen präventiv gehandelt werden kann, müssen zunächst die Ursachen für den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen beantwortet werden. Wichtig ist es dabei, auf die in der Gesellschaft geltenden Mythen von sexuellem Missbrauch aufmerksam zu machen und diese aufzuklären. Zusätzlich muss über die Täterstrategien aufmerksam gemacht, und der Gesellschaft deutlich verdeutlicht werden, wie gravierend die Probleme von sexuellem Kindesmissbrauch sind. Es muss ein Bewusstsein für das komplexe Bedingungsgefüge, welches die sexuelle Gewalt an Jungen und Mädchen verursacht und ermöglicht geschaffen werden. Denn es kommen viele verschiedene Faktoren zusammen, die es ermöglichen, dass jemand Übergriffe verübt, Kinder nicht wissen, wie sie sich wehren und aus der Situation entziehen können, dass auch nach dem Bekanntwerden der Tat den Opfern meist nicht geglaubt wird und die Täter(innen) nicht angemessen verurteilt und sanktioniert werden. Diese Faktoren lassen einen Kreislauf entstehen, der nicht länger geduldet werden darf.
Damit dieser Kreislauf unterbunden werden kann, ist es wichtig allgemein geltende Mythen aufzuklären. In der Gesellschaft sind traditionelle Ursachenvorstellungen und Überzeugungen im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch weit verbreitet. Es ist wichtig, sich von traditionellen Vorstellungen zu lösen, damit das Problem bekämpft werden kann.
Zum Beispiel die Vorstellung, dass der Täter immer eine fremde Person ist. Diese Theorie trifft nur in den seltensten Fällen zu, denn die meisten Täter kommen aus dem direkten Umfeld des Opfers. Auch wird das wahre Ausmaß der Anzahl von sexuellen Missbrauchsfällen oft von der Gesellschaft nicht zur Kenntnis genommen, obwohl es längst bekannt ist. Viele sind noch der Überzeugung, dass sexueller Missbrauch nur in seltenen Fällen stattfindet. Ein weiterer Mythos ist, dass der Täter durch einen starken sexuellen Trieb Kinder sexuell misshandelt. Möglicherweise kommt noch sexuelle Frustration hinzu und die nicht vorhandene Möglichkeit für einvernehmlichen Geschlechtsverkehr. Jedoch wird diese Theorie nie hinterfragt, wieso einem sexuell bedürftigen Mann ein unreifes Kind zur Befriedigung der Bedürfnisse als passend erscheint. Dazu kommt die gegen Überlegung, warum denn Frauen so viel seltener zu Täterinnen werden, obwohl sicher auch viele Frauen sexuell bedürftig sind. Wenn wir von Tätern hören, die Kinder sexuell misshandelt haben, fällt oft die Aussage: „Der ist doch psychisch krank!“. Diese Aussage ist zwar naheliegend, aber dennoch falsch (vgl. Kolshorn, 2018, S. 140.).
Man darf die Taten und den Täter nicht relativieren und die Begründung für die Tat auf eine Krankheit schieben. Nur die wenigsten der Täter sind tatsächlich psychisch krank. Bei dem Ausmaß an Fällen von sexuellem Missbrauch stellt sich doch die Frage, ob so unglaublich viele Menschen psychisch krank sein können (vgl. ebd., S,141).
Die Mythen über sexuelle Misshandlung die hier aufgezeigt wurden, aber noch viele weitere, sind gleichermaßen unhinterfragt und wissenschaftlich nicht haltbar. Die Realität wird verleugnet. Menschen sind der Annahme die Täter seien psychisch krank und wenn dann ein Fall von Missbrauch in dem näheren Umfeld aufgedeckt und der Täter bekannt wird, heißt es oft „von dem hätte ich das nie erwartet“ oder „der hat ein so hohes soziales Ansehen, damit habe ich nicht gerechnet“. Diese Aussagen bestätigen nur, wie verschlossen die Gesellschaft vor den realen Tatsachen des sexuellen Missbrauchs sind. Wenn die Mehrheit davon ausgeht, dass der Täter fremd ist oder psychisch krank, können Kinder nicht effektiv vor sexuellen Übergriffen geschützt werden.
Hinzu kommt, dass viele Mythen sich auf die Opfer beziehen. Das lässt den Täter in den Hintergrund treten und definiert die sexuelle Misshandlung als ein Problem des Opfers. Es ist notwendig sich von den alten Vorstellungen zu lösen und dem Täter keine Möglichkeit zu geben, sich einer Verurteilung zu entziehen.
Damit zukünftig Kinder vor sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt geschützt werden können, ist es notwendig die Täterstrategien zu verdeutlichen und ein Bewusstsein zu schaffen. Die Strategien die die Täter anwenden sind so vielseitig wie die Anzahl der Täter selbst. In verschiedenen Studien wurden Täterstrategien zusammengetragen und veröffentlicht.
Die Strategien, mit denen sich Täter Zugang zu ihren Opfern - auch innerhalb der Familie - schaffen richten sich nach drei Ebenen (vgl. Heiliger, 2001, S. 73). Nach außen, um ein Eingreifen von außenstehenden Personen zu verhindern. Gegenüber dem Opfer, um es zu manipulieren und somit gefügig und wehrlos zu machen. Gegenüber der Mutter, oder einer anderen weiblichen Bezugsperson des Opfers, um ihre Wahrnehmung zu stören und sie gleichzeitig von dem Kind abzukapseln. Dadurch entsteht ein so schlechtes Verhältnis zwischen Mutter und Kind, dass die Mutter weder ihrer eigenen Wahrnehmung traut, noch den Hinweisen des Kindes Glauben schenkt. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass sie über den Missbrauch Bescheid weiß, aber von dem Täter dazu gebracht wird, den Missbrauch zu dulden oder sogar zu fördern. In einigen Fällen gibt sogar die Mutter dem Kind die Schuld an dessen Missbrauch (vgl. Heiliger, 2001, S. 77).
Im weiteren Verlauf werden sechs Schritte der Täterstrategien erläutert.
Der erste Schritt beschreibt die langfristige Planung des Missbrauchs. Die Rational-Choice-Theorie nach Cornish und Clarke besagt, dass der Täter sich im Allgemeinen für die Straftat entscheidet, um mit dieser Handlung einen Gewinn oder Vorteil zu erreichen (Vgl. Kuhle, 2014, et. al., S.118). Der Täter plant die Handlungen systematisch lange im Voraus. Denn nicht das Kind weckt erst das Interesse des Täters, sondern der Täter hat dieses Interesse bereits entwickelt. In seinen Vorstellungen hat er die Tat bereits vorweggenommen, dazu gehört auch die Nutzung von Missbrauchsabbildungen von Kindern als Opfer, die eine weitere Form der sexuellen Ausbeutung von Kindern darstellt. Denn die Nutzung von Missbrauchsabbildungen ist kein Opferloses Verbrechen, die Produktion dieser Abbildungen geht mit einem tatsächlichen sexuellen Missbrauch einher. Die Nutzung solcher Missbrauchsabbildungen steigert auch die Nachfrage (vgl. Kuhle, 2014, et. al. S. 116.)
Der Täter ist bereit sich ein reales Opfer zu suchen, um seine Phantasien in der Realität umzusetzen. Dazu sucht er sich als Partnerin eine Frau mit einem Kind, oder heiratet eine Frau, um mit ihr ein Kind zu bekommen, welches er sexuell misshandeln kann.
Der zweite Schritt der Täterstrategien definiert das Schaffen von Voraussetzungen für den Missbrauch. Kinder die nur wenig Zuneigung erhalten, sich nicht geliebt oder geschätzt fühlen und ein besonders hohes Bedürfnis nach Anerkennung haben, sind besonders gefährdet. Oft hat die Mutter schon ein negatives Verhältnis zu ihrem Kind oder sie kann ihr Kind nicht schützen, weil sie selbst Probleme mit dem Partner hat. Teilweise kommt es vor, dass sich die Mutter nicht von dem Täter trennen möchte, da sie davon überzeugt ist, dass eine Trennung die Familie zerstören würde (vgl. Heiliger, 2001, S. 76). Ein allgemeines Gewaltklima innerhalb der Familie oder autoritäres Verhalten des Täters, verschlechtern zunehmend die Lage des Opfers. In vielen Fällen ist es auch so, dass Kindern die Sexualaufklärung fehlt. So können sie die Situation noch weniger einschätzen und beurteilen.
Hat der Täter sich einen Zugang zum Opfer geschaffen, beginnt er damit eine ‚Normalität‘ von sexuellen Übergriffen systematisch herzustellen. Dabei beginnt er mit ganz beiläufigen Berührungen und steigert dann seine Handlungen. Er gewöhnt das Opfer an seine Übergriffigkeit, sodass sich das Kind nicht mehr befreien kann, wenn es deutlich spürt, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Das fatale daran ist, dass die Kinder die Zuwendung am Anfang tolerieren, da sie die Zuneigung und Aufmerksamkeit so dringend brauchen. Opfer haben oft Angst sich zu wehren, da sie den Verlust der benötigten Zuwendung fürchten und fühlen sich aus diesem Grund Schuldig, die Übergriffe geduldet zu haben. Wenn das Opfer an diesem Punkt angelangt ist, steigert der Täter seine Handlungen.
Im nächsten Schritt sorgt der Täter dafür, dass eine langfristige Aufrechterhaltung des Zugriffs auf das Kind möglich ist. Dazu erhalten die Kinder Geschenke oder Geld um die Kooperation zu erhöhen, oder sie erhalten Drohungen, erfahren Zwang und Gewalt, um sie zur Kooperation zu zwingen. Der Täter erlegt dem Opfer ein Schweigegebot auf, welches auch nach der Veröffentlichung und Unterbindung der Tat fest verankert ist. Die Opfer werden so Manipuliert, dass sie glauben eine hohe Verantwortung für das familienwohl und insbesondere für das Wohl des Täters zu haben. Der Täter versichert dem Kind, dass sich alles verschlimmern wird, wenn es nicht kooperiert oder den Täter verrät, sonst würde zum Beispiel die Mutter krank werden oder die Geschwister in ein Kinderheim kommen.
Durch den kognitiven Entwicklungsstand der Kinder, haben diese oft Schwierigkeiten die Manipulation zu erkennen und sind deshalb der Annahme, dass sie sich als bereitwillig und aktiv der Beziehung hingegeben haben und schämen sich für ihre Gefühle (vgl. Kuhle, 2014, et. al., S. 120.). Diese Methoden der Manipulation sind so schwerwiegend, dass auch nach dem sexuellen Missbrauch Opfer über das Erlebte schweigen und den Täter so schützen.
Die tiefe Spaltung der Beziehung von Mutter und Kind ist der fünfte Schritt der Täterstrategien. Der Täter manipuliert die Mutter, um das Vertrauen zum Kind zu zerstören. Erst wenn die Mutter bereit ist, sich von dem Täter zu trennen, kann sie die Manipulationen erkennen und ihrem Kind Glauben schenken und es schützen.
Die letzte Strategie des Täters, ist die Nutzung der ‚Täterlobby‘ (vgl. Heiliger, 2001, zitiert nach: Russel; Finkelhor, S.77). Dazu zählen alle Personen und Institutionen, die sexuellen Missbrauch oder sexuelle Gewalt leugnen, nicht als Straftat ansehen, verharmlosen oder rechtfertigen. Die Täter stützen sich auf diese Grundlage und glauben daran, dass die Opfer nicht ernst genommen werden. Das Umfeld glaubt dem Kind weniger, als den Rechtfertigungen des Täters.
Falls es dazu kommen sollte, dass der Missbrauch aufgedeckt wird und das Kind aus der Familie genommen wird, beendet der Täter nicht seine Handlungen, sondern sucht sich ein neues reales Opfer und der Kreislauf beginnt von vorne.
Um diesen Kreislauf zu unterbrechen und dem sexuellen Missbrauch entgegenzutreten, sind einige Maßnahmen zur Prävention erforderlich. Dazu gehört, dass sexueller Missbrauch als Gewalt benannt wird. Missbrauch darf nicht relativiert oder verharmlost werden! Kinder müssen in ihrer Widerstandskraft gestärkt und über das Sexualverhalten aufgeklärt werden. Dazu benötigt es geschulte Fachkräfte in Institutionen für Prävention und opferorientierte Intervention (vgl. ebd. S. 78). Die Gesellschaft muss umfassend für dieses Thema sensibilisiert und aufgeklärt werden.
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- Anonymous,, 2021, Sexueller Missbrauch. Mythen und Täterstrategien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1006836