Stellen Sie sich vor, Sie reisen zurück ins turbulente 16. Jahrhundert, eine Zeit des religiösen Umbruchs, in der drei Glaubensrichtungen um die Vorherrschaft kämpften. Dieses Buch enthüllt die komplexen und oft überraschenden Unterschiede zwischen Calvinismus, Luthertum und Katholizismus und bietet einen faszinierenden Einblick in die theologischen, politischen und sozialen Kräfte, die Europa prägten. Entdecken Sie, wie jede Konfession die Hierarchie innerhalb der Kirche definierte, von der unangefochtenen Autorität des Papstes bis zu den basisdemokratischen Idealen der frühen lutherischen Gemeinden. Erforschen Sie die unterschiedlichen Auffassungen über kirchliche Machtmittel, von Bannandrohungen bis zu weltlichen Strafen, und wie diese das Leben der Gläubigen beeinflussten. Tauchen Sie tief in das Verständnis und die Durchführung des Abendmahls ein, einem zentralen Ritual, das in jeder Tradition unterschiedlich interpretiert wurde – von der leiblichen Gegenwart Christi bei Luther bis zur symbolischen Bedeutung bei Calvin. Aber es geht nicht nur um Rituale und Dogmen. Das Buch beleuchtet auch die tiefgreifenden Auswirkungen der Prädestinationslehre Calvins und wie sie das Weltbild seiner Anhänger formte. Untersuchen Sie, wie Luthertum und Katholizismus unterschiedliche Wege zum Paradies aufzeigten, von frommen Werken bis zu Ablasszahlungen. Dieses Werk verzichtet bewusst auf Wertungen und lädt stattdessen zu einer unvoreingenommenen Auseinandersetzung mit den historischen Entwicklungen und theologischen Nuancen ein. Es ist eine unverzichtbare Lektüre für alle, die ein tieferes Verständnis der Reformation, der christlichen Theologie und der Wurzeln unserer modernen Welt suchen. Erhellen Sie die Glaubenskonflikte, die Europa erschütterten, und gewinnen Sie neue Perspektiven auf die bleibenden Auswirkungen dieser religiösen Revolution. Begeben Sie sich auf eine Entdeckungsreise durch Glauben, Macht und die Suche nach spiritueller Wahrheit im Herzen Europas.
Unterschiede zwischen Calvinismus, Luthertum und Katholizismus
Im folgenden soll auf die Unterschiede zwischen Calvinismus, Luthertum und Katholizismus eingegangen werden. Die historische Entwicklung soll in die Überlegung mit einbezogen werden. Des weiteren soll keine Wertung in irgendeine Richtung vollzogen werden.
Bevor die Unterschieden aufgezeigt werden, sollen zunächst auch die Gemeinsamkeiten erfassen. Wir haben es hier auf der einen Seite mit der alterhergebrachten und traditionellen Form der katholischen Kirche zu tun. Dem gegenüber stehen zwei Reformationsmodelle, die zur selben Zeit Anfang des 16. Jahrhunderts entstanden sind: Der Calvinismus und das Luthertum. Beiden Bewegungen ist gemeinsam, dass sie die allzu weltlichen und obrigkeitsabhängigen katholischen Kirche reformieren wollten. Hauptanstoßpunkte sind das Versagen bei der Seelsorge, die Beschäftigung mit Politik und Besitz, der Verkauf der Sakramente und der Missbrauch der Ablässe.
In groben Zügen gibt es drei große Unterschiede, an denen sich die Modelle unterscheiden:
1. Die Hierarchie - das Verhältnis zur Obrigkeit
In der katholischen Kirche war das Obrigkeitsprinzip seit jeher stark ausgebildet. Der Papst stand schon immer als oberster Herrscher an der Spitze des Kirchenstaates. Nach ihm folgte ein monarchisch aufgebautes Treppensystem: Papst - Kardinäle - Bischöfe - Priester - usw.
- bis zu den einfachen Gläubigen der Gemeinde. Die jeweils höhere Stufe setzte die untere Stufe ein und kontrollierte sie. Damit war natürlich keine unabhängige Befindlichkeit über die Fähigkeit und Amtstreue der Untergebenen gewährleistet. Als einziger Autorität galt der Papst und seine Bibelauslegung. Diese war für alle Katholiken verbindlich und unantastbar. Diese Verbindlichkeit des Papstes ließ sich direkt von Gott ableiten. Hinzu kam die Praxis, dass viele hohe Geistliche ihre Ämter nur der Form halber inne hatten. Sie waren nur an der politischen Macht interessiert, die ein solcher Posten mit sich brachte. Deshalb waren sie selten gewillt, Messen o.ä. persönlich abzuhalten. Dazu entsandten sie Stellvertreter, die meist schlecht oder zumindest unzureichend ausgebildet waren. Ihr Lebenswandel entsprach auch nicht immer den kirchlich geforderten Normen.
Die beiden Reformationsbewegungen standen natürlich, dem Zeitgeist entsprechend, dem hierarchischen System mit Skepsis gegenüber.
Der Calvinismus vertrat das Prinzip, dass ein Kollegium den Pfarrer der Gemeinde aus mehreren Bewerbern auswählte. Zu diesem Zwecke mussten die Bewerber eine Reihe von Prüfungen über sich ergehen lassen, die z.B. ihre Prediger-Fähigkeiten auf die Probe stellten. Nur wer alle diese Prüfungen bestanden hatte, konnte das Priesteramt ausfüllen. So wurde gewährleistet, dass die Priester fähig und tüchtig waren. Allerdings war das Amt des Priesters eben nur einer Reihe von gut ausgebildeten Personen zugänglich. Es bestand nicht die Möglichkeit für ein einfaches Gemeindemitglied, die Messe abzuhalten. Die oberste Autorität stellte die Bibel da. Deshalb wurden auch Musik und Kunst aus den Kirche verbannt. Einzig und allein die strenge Bibel war die Richtlinie, nach der die Calvinisten leben sollten. Nach Martin Luthers Lehre gestaltet sich das Prinzip der Ordnung recht unterschiedlich. Es sind im folgenden zwei Linien zu unterscheiden:
Bis zum Jahre 1524 trat Luther für das Prinzip der sog. Gemeinde-Kirche ein. Nach diesem Prinzip wird kein Unterschied zwischen Pfarrer und Laienchrist gemacht. Jeder konnte predigen, die Sakramente spenden und die Bibel auslegen. Die Gemeinde wählte den Pfarrer und verwaltete selbständig alle Finanzen und das Kirchenvermögen. Diese Gemeindeprinzip wies starke demokratische Züge auf: Die komplette Selbstverwaltung der Kirche wurde angestrebt. Ein weiterer Kernpunkt war das Schriftprinzip: Jeder konnte mit Hilfe der Bibel unmittelbar Zugang zu Gott finden und selber predigen. Ein allgemeines Priestertum sollte geschaffen werden.
Dieses Prinzip verwarf Luther 1524 jedoch. An seine Stelle trat das System der Landes- herrlichen Kirche. Grundlegend änderte sich hierbei, dass sämtliche Verwaltungsaufgaben auf den Staat und somit auf den „Notbischof“ Kurfürst übergegangen waren. Der Fürst besetzte ein Konsistorium, welches die Ausbildung und Kontrolle der Pfarrer und den Erlass der Kirchenordnung besorgte. Beibehalten wurde zumindest in groben Zügen das allgemeine Priestertum. Es konnte nur noch theoretisch jedes Gemeindemitglied predigen Seelsorge betreiben und die Sakramente spenden. Damit wurde der Einfluss des Fürsten auf die religiösen-kirchlichen Gebaren seiner Untertanen zum Teil wieder hergestellt. Für Luther galt aber, wie für Calvin auch, dass die Bibel die einzige Autorität sei. Die Bibelauslegung wurde auch durch niemanden vorgeschrieben.
2. Kirchliche Machtmittel
Die katholische Kirche hatte einen ganzen Katalog von Strafen entwickelt. Die beliebteste und schwerste Strafe war der Kirchenbann. Diesem Ausschluss aus der Kirche folgte meist umgehend auch die Reichsacht, die den Täter somit zum Vogelfreien machte (vgl. Martin Luther).
Außerdem waren viele kirchliche Würdenträger, wie etwa die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, zugleich in hohen weltlichen Positionen. Deshalb war ihnen einerseits das Gerichtswesen untertan, andererseits waren sie direkt an der Wahl des deutschen Königs beteiligt. Dies machte den König dann mehr oder weniger von ihrer Gunst abhängig. In der Lehre Calvins wurden alle Sittenfragen von einem Rat aus den zwölf Ältesten beraten. Dieser Rat kann recht unterschiedliche Strafen verurteilen: Bei geringen Vergehen werden die Täter mit „freundlichen Worten zurechtgewiesen und entlassen“1 Die Strafen staffelten sich aber immer höher bis zum Kirchenbann. Sobald allerdings die Sünde bereut wurde, wurden alle Strafen aufgehoben. Dies ist etwa mit dem Vorgehen der katholischen Kirche vergleichbar (vgl.Gang nach Canossa).
Im Luthertum treten die Machtmittel der Kirche erst mit dem Prinzip der landesherrlichen Kirche in den Vordergrund: Der Fürst hatte als weltlicher Herrscher zahlreiche Mittel, um Strafen durchzuführen.
3. Das Abendmahl
In allen drei religiösen Richtungen spielt das Abendmahl eine wichtige Rolle. Allerdings ist die Durchführung sehr unterschiedlich:
In der katholischen Messe empfangen alle, die dem Abendmahl beiwohnen, die Hostie und somit den Leib Christi. Der Wein, dass Blut Christi, ist jedoch dem Pfarrer vorbehalten. An der Gegenwart Jesu Christi beim Abendmahl wurde nicht gezweifelt. Allerdings soll er nur in geistiger Form anwesend sein.
Zum calvinistischen Abendmahl waren nur die zugelassen, welche ihren Glauben bekannt hatten; andere waren davon ausgeschlossen. Auch wer mit einem Bann belegt war, durfte nicht am Abendmahl teilnehmen. Wie schon in der katholischen Prozedur, so soll auch bei den Calvinisten Jesu geistig beim Abendmahl anwesend sein.
Bei den Lutheranern gestaltet sich das Abendmahl anders. Zunächst durften alle Gläubigen das Abendmahl halten. Doch mit der Wende zur landesherrlichen Kirche (1524) änderte sich dies und nur noch der erwählte Pfarrer durfte das Abendmahl abhalten. Bei diesem Abendmahl soll Christus direkt leiblich anwesend sein. Deshalb ist auch allen Gläubigen sowohl der Leib (Hostie) als auch das Blut (Wein) Christi zugänglich.
Dies waren nun die praktischen Unterschiede. Es gibt aber noch einen weiteren theoretischen Aspekt, der den Calvinismus von den anderen beiden Konfessionen unterscheidet. Die Calvinisten glauben an die Prädestination. Das heißt, dass bereits vor der Geburt vorher bestimmt ist, wer später in den Himmel kommt. Durch frommes Leben lässt sich an der Prädestination nichts ändern. Diese Vorherbestimmung ist allerdings den Gläubigen nicht bekannt und so konzentrieren sich alle mehr auf das weltliche Leben und den normalen Lebenswandel.
Sowohl im Luthertum als auch im Katholizismus ist der Zugang zum Paradies nicht von vorneherein gewährleistet. Zunächst muss ein frommes und sündenloses Leben gelebt werden. Dies ist bei Luther nur durch Gebete und keinerlei Verschuldungen möglich. In der katholischen Kirche ist es trotz zum Teil erheblicher Verstoße möglich, dass man in den Himmel kommt. Um zu büßen ist eine besondere Tat notwendig. Dies konnte sowohl ein Ablass als auch eine fromme Tat wie eine Pilgerreise oder die teilnahem am Kreuzzug sein.
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Häufig gestellte Fragen
Was sind die Hauptunterschiede zwischen Calvinismus, Luthertum und Katholizismus?
Die Hauptunterschiede liegen in der Hierarchie, den kirchlichen Machtmitteln und der Auffassung des Abendmahls. Während die katholische Kirche eine starke Hierarchie mit dem Papst an der Spitze hat, streben Calvinismus und Luthertum eine weniger hierarchische oder sogar selbstverwaltete Kirchenstruktur an. Bezüglich der Machtmittel setzt die katholische Kirche auf Kirchenbann und weltliche Macht, während der Calvinismus Sittenräte und Luthertum, besonders nach der Einführung der landesherrlichen Kirche, auf staatliche Strafen setzen. Beim Abendmahl unterscheiden sich die drei Konfessionen in Bezug auf die Gegenwart Christi (leiblich oder geistig) und wer daran teilnehmen darf.
Wie unterscheidet sich die Hierarchie im Calvinismus, Luthertum und Katholizismus?
Im Katholizismus gibt es eine strenge Hierarchie mit dem Papst an der Spitze. Im Calvinismus wählt ein Kollegium den Pfarrer, und die Bibel ist die höchste Autorität. Im Luthertum gab es zunächst das Prinzip der Gemeinde-Kirche mit Selbstverwaltung, später dann die landesherrliche Kirche, in der der Fürst die Aufsicht hatte. Für Luther und Calvin war jedoch die Bibel die einzige Autorität.
Welche kirchlichen Machtmittel wurden in den drei Religionen eingesetzt?
Die katholische Kirche nutzte den Kirchenbann und weltliche Macht durch hohe Geistliche. Der Calvinismus setzte auf Sittenräte, die Strafen bis zum Kirchenbann aussprechen konnten. Im Luthertum, insbesondere nach Einführung der landesherrlichen Kirche, nutzte der Fürst als weltlicher Herrscher staatliche Strafmittel.
Wie wird das Abendmahl im Katholizismus, Calvinismus und Luthertum gefeiert?
In der katholischen Kirche empfangen alle die Hostie (Leib Christi), der Wein ist dem Pfarrer vorbehalten. Die Gegenwart Christi ist geistig. Im Calvinismus dürfen nur Glaubensbekenner teilnehmen, und die Gegenwart Christi ist ebenfalls geistig. Im Luthertum dürfen alle Gläubigen teilnehmen, und Christus ist leiblich präsent, wobei sowohl Hostie als auch Wein gereicht werden.
Was ist die Prädestination im Calvinismus?
Die Prädestination besagt, dass bereits vor der Geburt bestimmt ist, wer in den Himmel kommt. Frommes Leben ändert daran nichts. Diese Vorherbestimmung ist den Gläubigen nicht bekannt.
Wie unterscheidet sich der Zugang zum Paradies im Katholizismus, Luthertum und Calvinismus?
Im Calvinismus ist der Zugang durch die Prädestination vorherbestimmt. Sowohl im Luthertum als auch im Katholizismus muss ein frommes Leben geführt werden. Im Katholizismus können Sünden durch Ablässe oder fromme Taten gebüßt werden.
Welche Kritikpunkte hatten die Reformationsbewegungen am Katholizismus?
Die Kritikpunkte waren vor allem das Versagen bei der Seelsorge, die Beschäftigung mit Politik und Besitz, der Verkauf der Sakramente und der Missbrauch der Ablässe.
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- David Seiffge (Author), 2001, Unterschiede zwischen Luthertum, Katholizismus und Calvinismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100673