Autor: Paul Sebastian Hesse
Sex Differences in Self- Disclosure : A Meta- Analysis
Diese Meta- Analyse beschäftigt sich mit folgender Frage: Bestehen Unterschiede bei den Geschlechtern hinsichtlich der Selbstoffenbarung und wenn ja, worin bestehen diese ?
1. Inhaltliche Zusammenfassung
1.1 Zusammenfassung der Meta- Analyse
Quellenangabe : Dindia, Kathryn & Allen, Mike (1992). Sex Differences in Self-Disclosure: A Meta- Analysis. Psychological Bulletin, 112, 1, 106 - 124.
Diese Meta- Analyse von 205 Studien, unter Einbezug von 23.702 Versuchspersonen, wurde durchgeführt, um zu ermitteln, ob es Unterschiede bei den Geschlechtern in der Selbstoffenbarung (im Nachfolgenden SO abgekürzt) gibt. Durch diese Studien enthüllen Frauen nur geringfügig mehr als Männer (0,18%). Diese Effektgröße ist bei der Betrachtung der Studien nicht gleich. Man fand verschiedene Moderator Variables heraus. Das Geschlecht der Zielperson, der Interaktionsseffekt der Beziehung zur Zielperson und die Messungen der SO schwächen die Wirkung der Geschlechter, bezogen auf die SO, ab. Die Geschlechterunterschiede (im Nachfolgenden GU abgekürzt) in der SO werden signifikant größer, betrachtet man Frauen und homosexuelle Beziehungen. Im Gegensatz dazu stehen Männer und heterosexuelle Beziehungen. Besteht eine Beziehung zwischen Zielperson und dem sich Offenbarenden (Freund, Elternteil, Ehegatte), so offenbaren Frauen mehr als Männer, ungeachtet dessen, ob die SO durch Selbstbericht oder Beobachtung gemessen wird. Ist die Zielperson ein Fremder, so berichten Männer, dass sie sich ähnlich offenbaren wie gegenüber Frauen. Studien, welche lediglich Beobachtungsmessungen nutzten, fanden heraus, dass sich Frauen mehr öffnen als Männer.
1.2 Allgemeines
Theorie und Forschung der SO haben Bedeutung auf 3 Gebieten:
a) Persönlichkeit
b) persönliche Beziehungen
c) Beratung und Psychotherapie (Berg & Derlega 1987).
Die SO wird als Persönlichkeitseigenschaft angesehen. Die Rolle individueller Unterschiede der SO wird in der Persönlichkeitsforschung und die der SO in Entwicklung, Aufrechterhaltung und Auflösung von Beziehungen in der Literatur der Persönlichkeitsbeziehungen untersucht. Die Rolle der SO in der Ethik, und die Behandlung psychischer Verzweiflung, wird durch Beratung und Psychotherapie untersucht (Berg & Derlega 1987). Eine der Hauptfragen in der SO-Theorie und Forschung beschäftigt sich mit dem Geschlechterunterschied in der SO, welcher in der Persönlichkeitsforschung untersucht wird. SO, bezogen auf ein Geschlecht, wird als eine relativ stabile
Persönlichkeitscharakteristik angesehen. Der GU ist somit bedeutend für Theorie und Forschung mentaler (geistiger) Gesundheit. Die GUe in der SO haben hypothetisch gesehen eine Auswirkung auf die Entwicklung und Behandlung psychischer Instabilität. Wenn Männer sich weniger öffnen als Frauen und Offenbarung ein Faktor geistiger Gesundheit ist, neigen Männer eher zur psychischen Instabilität (Jourard 1971). Praktisch alle Formen der Beratung und Psychotherapie betonen nachdrücklich die Bedeutung der Patienten-Selbst-Offenbarung für die Behandlung psychischer Instabilität (Chaiken & Derlega 1974). Folglich ist die Beratung bzw. Behandlung bei Männern weniger effektiv als bei Frauen. Diese Meta-Analyse testet, ob es geschlechtsspezifische Unterschiede in der SO gibt, wie groß diese Differenzen sind und identifiziert Variablen, die die Wirkung der Geschlechter auf die SO beeinflussen.
2. Geschlechterunterschiede in der Selbstoffenbarung
Durch den Jourard-Selbstoffenbarungs-Fragebogen (JSDQ), fand Jourard heraus, dass Frauen mehr offenbaren als Männer (Quellenangabe). Er schreibt diese Unterschiede den Geschlechterrollen zu, insbesondere der Männerrolle. Diese erfordert es, dass Männer hart erscheinen, objektiv, strebsam, schaffend, unsentimental und nicht emotional sind. Man untersuchte, ob Frauen offener sind als Männer. Kritiker (z.B. Cline, Cozby, Rosenfeld) schlussfolgern, dass die Ergebnisse der Studien nicht schlüssig sind. So berichtet Rosenfeld folgendes: Jüngste Geschlechter- und Selbstoffenbarungsstudien sind unklar, da manche herausfanden, dass Frauen selbstoffenbarender sind als Männer... andere hingegen haben gezeigt, dass Frauen und Männer das gleiche Maß an SO besitzen... und eine Studie fand sogar heraus, dass Männer mehr offenbarten und intimer fragten. Cozby (1973) zufolge, sollten sich Wissenschaftler auf die Punkte konzentrieren, die zuverlässig Mann und Frau, sowie die Situation, in der sie sich offenbaren, unterscheiden. Rosenfeld et al. 1979 überlegte, ob Personen und Zielcharakteristiken (Attraktivität, Geschlecht, Alter), sowie die Rahmenbedingungen (Intimität, Organisationsstruktur) mögliche beeinflussende Variablen sind. Hill und Stull diskutieren 5 verschiedene beeinflussende Faktoren: a) situationsbedingte Faktoren, einschließlich der Art der Offenbarung, Geschlecht der Zielperson und Beziehung zu dieser, b) die Einstellung der Geschlechterrolle (Mann oder Frau), c) die Geschlechterrollenidentität, d) die Normen der Geschlechterrollen und e) die Messung der Offenbarung.
3. Schilderung der Überprüfung
Die Widersprüche in den Studienergebnissen können ein Ergebnis der kritischen Betrachtung sein, da diese subjektive Verfahren zur Überprüfung der Studien nutzt und aufgrund von Unsystematik und Subjektivität kritisiert wird. Sie bedient sich der Zählung wichtiger Testergebnisse. Daher wurden diese Studien in 3 Arten gruppiert:
a) solche, in denen Frauen signifikant mehr offenbaren als Männer
b) solche, in denen Männer signifikant mehr offenbaren als Frauen und
c) solche, mit unwesentlichen Unterschieden.
Probleme bereiten dabei vote- counting reviews (ausgezählten Überprüfungen). Auszählungen werden die Größe der geschlechtlichen Unterschiede nur dann zuverlässig repräsentieren, wenn die Studien die gleichen Beispielgrößen und eine unimodale Verteilung haben, die die Bevölkerung widerspiegelt (Bangert & Downs, 1986). Wenn sich die Beispielgrößen der Studien unterscheiden, sind die Ergebnisse von Studien mit umfassenderen Stichproben wahrscheinlich wichtiger. Reflektiert die Menge der Studien mehr als eine Bevölkerung, so verursacht dies die Veränderbarkeit in der Effektgröße.
4. Meta- Analyse
Die Meta- Analyse ist ein systematisches, objektives und qualitatives Verfahren zur Beurteilung der eigenen SO und zur Identifizierung und Beurteilung von Variablen, die den Effekt beeinflussen. Sie verwendet Statistiken und überprüft Faktoren, die die SO beeinflussen (Bangert- Downs, 1986). Eine "moderator variable" ist ein Variable, die die Effektgröße einer unabhängigen auf eine abhängige Variable beeinflusst. Dies ist so bei Studien, in denen SO durch Selbstbericht, respektive Beobachtung ermittelt wird. Hosman (1986) führte eine Meta- Analyse von Studien durch, die den Unterschied der Geschlechter in bezug auf ihre SO betrachtete. Er fand heraus, dass Frauen sich nur geringfügig mehr als Männer öffnen (R=0.07) und sich dies im Laufe der Zeit kaum geändert hat. Glass, McGaw und Smith (1981) behaupten, dass für die Meta- Analyse die richtige Auswahl der Studien notwendig ist. Hosman analysierte 73 Studien. Unveröffentlichte Studien fanden bei ihm keine Beachtung. Seine Meta-Analyse überschätzt den Geschlechterunterschied bezüglich der SO.
5. ´moderator variables´
Hill und Stull (1987) betrachteten die unterschiedlichen Untersuchungsergebnisse zum GU in der SO und kamen zu dem Ergebnis, dass verschiedene situationsbedingte Faktoren, sowie geschlechtsspezifische Unterschiede die SO beeinflussen und dies die Ursache für unterschiedliche Ergebnisse sei. Folglich beeinflusst das Zusammenspiel dieser Faktoren die SO. Hill und Stull führten folgende mögliche, sich auswirkende Variablen in ihrer Untersuchung ein:
1. Zielgeschlecht (m/w)
2. Beziehung zur Zielperson
3. Messung der Offenbarung
5.1 Geschlecht der Ziel(Bezugs)person
GUe zeigen sich, wenn die Zielperson entweder männlich oder weiblich ist. Studien haben gezeigt, dass es Unterschiede in der SO bei homosexuellen und heterosexuellen Interaktionen gibt. Die SO unter Frauen ist am höchsten, die zwischen Männern am niedrigsten und bei einer Frau-Mann Beziehung ist die SO eher ausgeglichen. Derlega, Winstead sowie Wong & Hunter (1985) fanden heraus, dass Männer sich Frauen gegenüber ähnlich offenbaren, wie in gleichgeschlechtlichen Interaktionen. Reis, Solomon und Senchak (1985) fanden heraus, dass Frauen in gleichgeschlechtlichen Interaktionen mehr als Männer offenbaren und in getrenntgeschlechtlichen Interaktionen eher weniger Unterschiede bestehen. Rubin, Hill, Peplau und Dunkel- Schetter (1980) deuten an, dass die größere Offenbarung der Frauen, ihre männlichen Partner motiviert, mehr preiszugeben, wohingegen die geringere Offenbarung der Männer ihre weiblichen Partner auch zu einer geringeren Offenbarung anleitet.
5.2 Beziehung zur Zielperson
Die Beziehung zwischen dem Offenbarenden und der Zielperson kann die SO beeinflussen, betrachtet man das Geschlecht dieser Zielperson. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Frauen mehr gegenüber besten Freunden offenbaren, als Männer. Während Männer gegenüber Fremden mehr offenbaren als Frauen. Auch diese Ergebnisse sind bezüglich aller Untersuchungen sehr differenziert zu betrachten.
5.3 Messung der Selbstoffenbarung
Hill und Stull, ebenso wie andere (Cline,1982; Hosman, 1986), erörtern, dass die Methode des Messens der SO ein Einflussfaktor auf die Ergebnisse zur SO ist. Chelune (1979) teilt die SOMessungen in 3 Gruppen ein, bei der jede eine andere Perspektive reflektiert :
a) Selbstbericht Erfindungen und Selbsteinschätzung (beurteilen die SO aus der Perspektive des Offenbarers)
b) Beobachter und Empfängereinschätzung (beurteilen die SO aus der Perspektive der Zielperson)
c) objektive Metrik (reflektiert die Forscheransicht und dessen Definition von Offenbarung)
Cline (1982) führt eine Zählung von SO- und GU- Studien durch. Er vergleicht die Ergebnisse von 28 Eigenberichten und 19 Verhaltensstudien und schlussfolgert, dass die Ergebnisse ungefähr identisch sind. Zu dieser Erkenntnis kommt auch Hosman (1986).
5.4 Interaktionseffekte
Der Grundtenor, dass die traditionelle Rolle des Mannes die SO beeinträchtige, ist zu simpel, da sie nicht die vielen situationsbedingten Faktoren einbezieht. Man weiß zwar, wie viel Faktoren dies sind, kann aber nicht spezifizieren, wie diese Faktoren einander beeinflussen. Daher sollten zukünftige Studien diese Überlegungen und Faktoren einbeziehen und testen. Dies veranlasst dazu, das Geschlecht der Zielperson, die Beziehung zur Zielperson und Messungen der SO, als potentielle beeinflussende Faktoren bezüglich der SO zu testen.
6. Publikationsdatum und Art der Publikation
Hat der Publikationszeitpunkt und die Art der Publikation einen Einfluss auf die GUe in der SO ?
6.1 Publikationsdatum
Die Einstellungen, die Identität und die Normen unter der Bevölkerung haben sich in den letzten 30 Jahren so verändert, dass sich Frauen und Männer ähnlich offenbaren können. Die Ergebnisse von Hosman´s Meta-Anlayse (1986) zeigen, dass es einen Einfluss des Publikationsdatums gibt. Hosman fand heraus, dass die Unterschiede bei den Geschlechtern in Publikationen zw. 1960 und 1969 größer waren, als in Studien von 1970-1986.
6.2 Art der Publikation
Es ist entschieden schwieriger, nichtsignifikante Studien zu veröffentlichen, als signifikante Studien. Glass et al. (1981) warnt davor, unveröffentlichten Studien in einer Meta- Analyse zu ignorieren. Diese Studien können gleiche Qualität besitzen, sind aber nicht veröffentlicht worden, da sie nichts Neues herausgefunden haben. Es ist eine Voreingenommenheit nur signifikante Resultate zu veröffentlichen, da dies zu einer Überschätzung der publizierten Resultate führt. Hosman´s Meta- Analyse schließt nur publizierte Ergebnisse ein.
7. Methode
7.1 Literatursuche
Die Auswahl der Studien erfolgte computergestützt auf der Grundlage ausgewählter Literatur wie: Psychological Abstracts (1967-Dez. 1989); Social Science Index (Feb. 1983 - Jan 1990); Dissertation Abstracts (Juli 1980- Juni 1989); Comprehensive Dissertation Index (1861- Juni 1980. Alle Ausgaben des " Journal of Social and Personal Relationships " wurden nach Studien durchsucht, da diese Zeitschrift nur wesentliche psychologische Abstrakte enthielt. Auch Studien ab 1973 bis 1986 wurden einbezogen. Man fand schließlich über 250 Artikel. Ungefähr 25 Dissertationen konnten nicht genutzt werden, da sie nicht zur Verfügung standen. 51 Dissertationen wurden einbezogen. Diese Meta- Analyse ist nur auf nordamerikanische ´Weiße´ bezogen und aus dem Zeitraum von 1958-1989.
7.2 Verschlüsselte Studien
Folgende Variablen wurden für die Studien verschlüsselt:
a) Geschlecht der Bezugsperson
b) Beziehung zur Bezugsperson
c) Maß/ Art der Offenbarung
d) Veröffentlichungsdatum
e) Art der Veröffentlichung
7.3 Statistische Analysen
Die errechnete Effektgröße (im folgenden als EG abgekürzt) für jede Studie ist ´d´. Die meisten der Studien berichten von t- und F- Statistiken, die mittels der Formeln von Glass et al. (1981) sowie anderen umgewandelt in d umgewandelt wurden. Ein positives d bedeutet, dass Frauen mehr offenbaren und ein negatives d, dass Männer mehr offenbaren. Manche Studien nutzen vielfach Subgruppen, Abhängigkeitsmaße, Bezugspunkte, Selbstberichte und Beobachtungen, um die Offenbarung zu messen. Man bildete 4 Subgruppen: Mann -> Mann; Mann -> Frau; Frau -> Mann; Frau -> Frau.
Tests dazu beinhalten das Veröffentlichungsdatum und die Art der Veröffentlichung. Die Verwendung vielfacher EGn der selben Studie verstößt jedoch gegen die Unabhängigkeit, weil Ergebnisse innerhalb einer Studie nicht unabhängig sind (Monte-Carlo-Simulation; Tracz, 1985). Hedges (1986) meint, dass multiple EGn statistische Genauigkeiten nicht in dramatischer Weise beeinflussen. Preiss & Allen (1990) betonen, dass jegliche Verwendung von nicht unabhängigen Daten wahrgenommen, aber nicht zwangsläufig vermieden werden sollte. Autoren lassen Teststatistiken einfach weg, wenn die Ergebnisse der Studie nicht von statistischer Bedeutung waren. Sie kodieren die EGn mit Null. Alle Analysen, ein- und ausschließlich der EG mit Null, werden kodiert. Einige Studien finden keine bedeutenden Unterschiede zwischen der SO bei Männern und Frauen und zeigen daher keine Teststatistik auf, liefern aber trotzdem brauchbare Informationen. In solchen Fällen wird die EG als eine halbe EG bestimmt.
Hedges & Olkin´s (1985) Formeln werden zum Bestimmen der Homogenität der EG und zum Testen von Vermittlervariablen genutzt. Man nimmt an, dass die durchschnittliche EG eine einzelne, normale Verteilung der Resultate repräsentiert. Die Gleichförmigkeit der EGn zeigt an, dass die durchschnittliche EG aus mehreren Studien ermittelt wurde, in denen die beobachtete Variabilität zwischen EGn auf die zufälligen Stichprobenfehler zurückzuführen ist. Ungleichförmigkeit von EGn zeigt an, dass sich die durchschnittliche EG aus mehreren Verteilungen zusammensetzt, in welchen die beobachtete Variabilität auf Stichprobenfehler zurückzuführen ist.
Ein Outlier ist eine EG, welche größer oder kleiner als die meisten anderen EGn ist. Outlier sind auf einen von mehreren Gründen zurückzuführen.
1. Zufällige Outlier sind in einer Vielzahl von Studien zu erwarten, da sie ein zufälliger statistischer Artefakt sind. Wenn _ =.05 ist, so sind 5 % der Studien Outlier.
2. Ein Outlier könnte hervorgerufen werden durch einen errechneten- oder Dateneingabefehler, der durch den Untersucher verursacht wurde.
3. Ein Outlier kann auch ein systematischer Effekt sein. Existiert eine große Anzahl von Studien und nur eine oder zwei Studien haben eine wichtige Charakteristik, so resultiert dies in einem Outlier.
Diese Studien können Effektgrößen verändern, was sich signifikant auf andere Studien auswirken kann. Ein Outlier kann die Ursache dafür sein, dass eine Subgruppe heterogen erscheint, obwohl sie homogen ist. Es wurden alle folgenden Analysen mit und ohne Outlier einbezogen. Die Zuverlässigkeit der abhängigen Messungen ist einheitlich hoch. Korrekturen würden die Größe von ´d´ ansteigen lassen. Im Vergleich zu den wirklichen Effektgrößen, sind die Effektgrößen dieser Meta- Analyse leicht unterschätzt worden.
8. Ergebnisse
8.1 Geschlecht der Person
Der Durchschnitt der gewichtenden EG war d =.184. Die positive EG zeigt, dass Frauen sich mehr als Männer offenbaren. Das 95%- ige Vertrauensintervall für ´d´ ist .158 zu .210. Der Wert für den Gleichförmigkeitstest wird verglichen mit der _² Verteilung mit k-1 Freiheits- graden. Die Resultate der Homogenitätstests sind signifikant. Die Variation der Einflussgrößen über die Studien wird nicht nur durch den Beispielfehler _²(204, N=205)= 541.20, p<=.05 hervorgerufen. Deshalb werden die Tests für die Vermittlervariablen durchgeführt.
8.2 Vermittlervariablen
Der Einfluss des Geschlechts auf die Zielperson, die Beziehung zur Zielperson, das Maß der SO, das Veröffentlichungsjahr und die Art der Publikation werden getestet. Die Beispielgröße, (Anzahl von Studien und Ergebnissen) abhängig von der spezifischen Vermittlervariable, wird getestet. Kleinere Beispielgrößen verringern die Aussagefähigkeit der Analyse.
8.2.1 Geschlecht der Bezugsperson
Auswertungen zeigen die Resultate der Studien, eingeteilt nach dem Geschlecht der Bezugsperson, ob nun männlich oder weiblich. Drei der vier EGn sind positiv und heterogen (weibliche Bezugspersonen d= .35, gleichgeschlechtliche Bezugspersonen d=.37, entgegengesetzt geschlechtliche Bezugspersonen d=. 13). Die EG für männliche Bezugspersonen ist Null und heterogen. Die Unterschiede der 4 Untergruppen werden hinsichtlich statistischer Bedeutsamkeit getestet. Die EGn für weibliche und gleichgeschlechtliche Bezugspersonen unterscheiden sich nur wenig, sind aber bedeutend größer, als die EG gegengeschlechlicher Bezugspersonen. Die EG für gegengeschlechtliche Probanden ist bedeutend größer, als die EG für männliche Probanden. Geschlechterunterschiede in der SO sind offensichtlich am größten bei weiblichen und gleichgeschlechtlichen Probanden, am geringsten bei Männern und dazwischen bei gegengeschlechtlichen Probanden.
8.2.2 Beziehung zur Bezugsperson
Weitere Resultate der Studien zeigen auf, dass die Beziehung zu den Zielpersonen kategorisiert wird. Die EGn sind alle positiv und für Ehegatten und Eltern homogen.
Homogene EGn für Eltern sind ein statistischer Artefakt. Nahezu jede Studie, welche die SO zur Mutter misst, misst auch die zum Vater. Die Unterschiede der EGn für Freunde, Ehegatten, Eltern und Fremde werden auf statische Bedeutsamkeit hin getestet. Es gibt signifikante Unterschiede zwischen Fremden und Freunden sowie zwischen Fremden und Eltern. Ganz im Gegensatz zu Fremden und Ehegatten. Auch zwischen Freunden, Ehegatten und Eltern gibt es keine bedeutenden Unterschiede.
8.2.3 Maße der Selbstoffenbarung
Ergebnisse der Studien, die das Maß der Selbstoffenbarung kategorisieren, werden aufgezeigt. Die durchschnittlichen EGn des Selbstberichtes und der Beobachtungsstudien sind alle klein, positiv, heterogen und nicht bedeutend unterschiedlich. Die Unterschiede zwischen den EGn des Selbstberichtes, des Fremdberichtes und der Beobachtungsstudien, werden auf statistische Bedeutung hin getestet. Die EGn für Fremdberichtstudien sind positiv, heterogen und bedeutend größer, als die für Selbstberichtstudien und geringfügig größer, als die EG für Beobachtungsstudien. Ob die SO durch Selbstbericht oder Beobachtung gemessen wird, beeinflusst nicht die Ergebnisse bezüglich der Selbstoffenbarung bei den Geschlechtern.
8.2.4 Veröffentlichungsjahr
Ein weiterer Gliederungspunkt ist das Veröffentlichungsjahr. Die EGn für Studien, welche zwischen den Jahren 1960-69, 1970-79 und 1980-89 veröffentlicht wurden, sind klein, positiv, heterogen und unterschieden sich kaum voneinander. Auch hier testet man wieder die statistische Bedeutsamkeit. Deshalb beeinflusst das Publikationsjahr nicht die Ergebnisse bezüglich der Selbstoffenbarung bei den Geschlechtern.
8.2.5 Art der Veröffentlichung
Auch Resultate von Studien, die sich mit Dissertationen und Zeitschriften beschäftigen, finden ihre Einteilung. Die EGn für Dissertationen und Zeitschriftenartikel sind klein, positiv, heterogen und unbedeutend unterschiedlich voneinander. Deshalb beeinflusst die Art der Publikation nicht die Wirkung der Geschlechter auf die SO.
8.3 Tests von Interaktionen beeinflussenden Variablen
Keine der "moderator variables" beeinflusst unabhängig die Wirkung des Geschlechts auf die SO. Hätten die Moderatoren die Möglichkeit besessen, die Varianz aufzuklären, wären die Untergruppen homogen gewesen. Da sie aber immer noch heterogen sind, zeigt dies, dass die Variables keine beeinflussenden Variables sind. Daher testet man, ob die Wechselwirkung zwischen dem Geschlecht der Zielperson, die Beziehung zu dieser und das Maß der SO eine beeinflussende Wirkung auf die SO haben. Man erstellt sowohl für die Gruppe innerhalb, als auch der Gruppen untereinander, Gleichförmigkeitstest (Hedges; Becker,1986) für a) männliche Freunde und Väter, b) Freundinnen und Mütter und c) entgegengesetztgeschlechtliche Freunde und Ehegatten. Dieses Verfahren testet, ob die EGn innerhalb der Untergruppen ähnlich sind, und ob die Untergruppen untereinander differieren. Es zeigt sich, dass männliche Freunde und Väter, Freundinnen und Mütter und entgegengesetzt geschlechtliche Freunde und Ehepartner gleichwertige Bezugspersonen sind. Die Analyse der Interaktionseffekte beinhaltet 16 Subgruppen: vier Ebenen des Geschlechts der Zielperson (Mann, Frau., gleichgeschlechtlich, entgegengesetztgeschlechtlich), zwei Beziehungsebenen (Fremde und Beziehung), zwei Ebenen des Maßes der SO (Eigenbericht, Beobachtung). Homogenitätsstatistiken, angewandt auf die 16 Untergruppen, werden genutzt, um Outlier zu lokalisieren. Vier Outlier werden identifiziert, weniger, als erwartet. Die überwältigende Mehrheit an Beobachtungsstudien schließt Fremde ein, welche sich höchstwahrscheinlich einander wiedersehen werden. Die Möglichkeit des Ausblicks auf zukünftige Interaktionen ist eine potentiell gemäßigte Variable. Für die Homogenität jeder der 16 Untergruppen werden die EGn errechnet und getestet. In einer zweiten Übersicht sind die Ergebnisse dieser Analyse aufgezeigt, aus welcher hervorgeht, dass fünfzehn der sechzehn Untergruppen homogen werden, wenn die als ´Null- codierten´ EGn in die Analyse einbezogen werden. Werden alle 16 Untergruppen, deren EG als Null- codiert ist homogen, so werden diese aus der Analyse ausgeschlossen. Man führt 2 multiple Regressionsanalysen durch. Eine mit und eine ohne Outlier. Sie enthalten das Geschlecht der Zielperson, die Beziehung zu dieser, die Messung der Selbstoffenbarung, die 2- und 3- wegigen Interaktion (unabhängige Variablen) und die gewichtete EG (abhängige Variable). Man nutzt das SPSS-X Regressionsverfahren und führt die Analyse für d durch. Die folgenden Wirkungen sind von Bedeutung:
- die Wirkung des Geschlechts der Bezugsperson (_ = .30, t(211) = 3.72, p _ .05,
- die Wirkung der Beziehung auf den Ehepartner (_ = .32, t(211) = 3.90, p _ .05,
- die Wirkung des Maßes der Selbstoffenbarung (_ = .21, t(211) = 2.57, p _ .05,
- der Wechselwirkungseffekt der Beziehung auf den (_ =-.15, t(211) = -2.43, p _ .05, Ehepartner & das Maß der Selbstoffenbarung.
Die Ergebnisse sind ähnlich und zeigen, dass die Beziehung zum Ehepartner in Interaktion mit der Messung der Selbstoffenbarung steht. Anhand der Daten wird aufgezeigt, dass Unterschiede bei den Geschlechtern, bezüglich der Selbstberichte gegenüber Fremden (werden bedeutend weniger, d=-.02), bei Beobachtungen (d=.17) und Selbstberichtdaten (d=.21) vs. Beobachtungsdaten (d=.23) in Beziehungen bestehen. Es gibt eine bedeutende Wirkung des Geschlechts der Bezugsperson. Der Geschlechterunterschied ist nicht bedeutend anders für Frauen und gleichgeschlechtliche Zielpersonen, dafür aber bedeutend größer, als die Unterschiede bei entgegengesetzt geschlechtlichen und männlichen Zielpersonen. Deshalb offenbaren Frauen mehr, als Männer gegenüber Frauen, aber Frauen offenbaren sich nicht mehr, als ein Mann ggü. einem Mann. In gleichgeschlechtlichen Interaktionen offenbaren sich Frauen untereinander mehr, als Männer untereinander. Der Unterschied bei den Geschlechtern bezüglich der Selbstoffenbarung ist in Beziehungen größer, als unter Fremden
9. Diskussion
Jourard war der Erste, der diese Unterschiede bei den Geschlechtern in Hypothesen formulierte. Seine Untersuchungen mit dem JSDQ- Verfahren bekräftigen den Unterschied der Geschlechter bezüglich der SO. Kritiker dieser Untersuchungen schlussfolgern, dass die Ergebnisse dieser Studie nicht schlüssig seien und evtl. auf die beeinflussenden Variablen zurückzuführen sind. Die widersprüchlichen Resultate der Studie über den Unterschied der Geschlechter in der SO werden durch verschiedene beeinflussende Variablen erklärt. Die Orientierung und Wichtigkeit der Offenbarung variiert systematisch und hängt von diesen Variablen ab. Der Unterschied bei den Geschlechtern in der SO ist über die Studien hinweg nicht beständig. Es gibt zuverlässige mäßigende Variablen, die sich beständig auf die Größe des Unterschiedes bei den Geschlechtern in der Selbstoffenbarung auswirken und die den Mangel an beständigen Ergebnissen über die Studien hinweg erklären.
9.1 Zusammenfassung der Ergebnisse der Meta- Analyse
Es wurde eine, 205 Studien enthaltende, Meta- Analyse über den Unterschied in der SO bei den Geschlechtern, mit 23702 Probanden, über den Zeitraum von 1958 - 1989, durchgeführt. Die Resultate dieser Meta- Analyse ergeben eine hauptwichtende EG von d= .18. Die EGn waren über die Studien hinweg homogen. Die GUe in der SO werden von verschiedenen "moderator variables" beeinflusst.
9.1.1 Geschlecht der Zielperson
Das Geschlecht der Zielperson beeinflusst die SO. Die Ergebnisse dieser Meta- Analyse ergeben, dass sich Frauen, mehr als Männer, gegenüber Frauen und gleichgeschlechtlichen Partnern offenbaren (d= .24 /.31), geringfügig mehr als Männer gegenüber entgegengesetzt geschlechtlichen Partnern (d= .08), aber nicht mehr als Männer gegenüber männlichen Partnern (d= .03). Der GU in der SO ist signifikant größer bei Frauen und gleichgeschlechtlichen Bezugspersonen, als bei entgegengesetzt geschlechtlichen und männlichen Bezugspersonen. Nach Hill und Stull (1987) ist die Frau zu Frau Offenbarung die Höchste, die Mann zu Mann Offenbarung die Geringste und die Frau zu Mann Offenbarung befindet sich dazwischen. Sie bemerken, dass die Geschlechterunterschiede in entgegengesetzt geschlechtlichen Beziehungen kleiner sein können, als in gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Männer offenbaren weniger als Frauen und ihre geringere SO behindert somit auch die SO in der Partnerschaft. Frauen offenbaren am meisten in gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Die Ergebnisse dieser Meta- Analyse zeigen, dass die SO in gleichgeschlechtlichen Interaktionen größer ist, als in getrenntgeschlechtlichen Interaktionen und das sich Frauen, eher als Männer, gegenüber Frauen offenbaren, aber nicht mehr als Männer gegenüber Männern. Die Frau zu Mann SO ist nicht größer, als die von Mann zu Mann. Nach Rosenfeld (1979) vermeiden Frauen manchmal ihre SO, um persönlichen Schmerz und Partnerschaftsprobleme zu vermeiden.
9.1.2 Beziehung zur Bezugsperson
Beziehungen zur Zielperson beeinflussen nicht die SO. Der GU in der SO gegenüber Fremden ist nicht bedeutend anders, als der in Beziehungen (Offenbarung gegenüber Freund, Elternteil, Ehepartner).
9.1.3 Messung der SO
Wenn die Messung der SO durch einen Fremdbericht erfolgt, so ist d = .44 und das Vertrauensintervall schließt nicht Null ein. Probanden berichten, dass weibl. Partner mehr als männliche offenbaren. Diese EG ist homogen über 11 Studien hinweg (N=873) und bedeutend größer, als die EG für Selbstberichte und Beobachtungsstudien. Aufgrund der kleinen Stichprobengröße für Fremdberichtstudien kann man nicht testen, ob diese Wirkung anhalten kann. Würden Fremdberichtstudien primär Frauen und gleichgeschlechtliche Bezugspersonen einschließen, so könnte das Geschlecht der Bezugsperson eine Aussage über die Beziehung zwischen der SO und der EG liefern. Interessant ist natürlich auch die Frage: Warum resultieren Partnerwahrnehmungen der SO in größeren Unterschieden bei den Geschlechtern, als die Wahrnehmung der SO von geschulten Beobachtern und Offenbarern ? Eine mögliche Erklärung ist, dass Partnerwahrnehmungen der SO anfälliger für Effekte der Geschlechterrollenverteilung sind. Hill und Stull (1987) zeigen, dass sich die Geschlechterrollen auf unsere Erwartungen der SO für Männer und Frauen auswirken. Daher könne man erwarten, dass sich Frauen mehr als Männer öffnen, weil man glaubt, dass es für Frauen eher zutrifft sich zu offenbaren als für Männer. Dies ist der Grund, warum Menschen mehr SO von Frauen als von Männern wahrnehmen.
9.1.4 Veröffentlichungsjahr
Ob Studien zwischen 1960-69, 1970-79 oder 1980-89 veröffentlicht wurden, hat keinen Einfluss auf die SO von Mann und Frau. Die GUe in der SO für Studien von 1960-69 waren unbedeutend größer, als die der Studien von 1970-79, ebenso wie für Studien von 1970-79 und 1980-89. Im Endeffekt sind auch keine Unterschiede von 1960-69 und 1980-89 zu verzeichnen. Die Resultate dieser Meta- Analyse deuten darauf hin, dass sich die GU in der SO in den letzten 30 Jahren nicht verändert haben.
9.1.5 Publikationsart
Ob eine Studie veröffentlicht wird, beeinflusst nicht die Wirkung der SO auf Mann und Frau. Offensichtlich scheint es keinen BIAS für veröffentlichte Studien zu geben, der Geschlechterunterschiede aufzeigen kann, oder diese widerlegt.
9.1.6 Interaktionseffekte
Hill und Stull (1987) weisen darauf hin, dass Interaktionen zwischen situationsbedingten Faktoren die GUe in der SO beeinflussen können. Man untersuchte, ob Interaktionseffekte zwischen dem Geschlecht der Zielperson, der Beziehung zu dieser und das Maß der SO eine Wirkung auf die SO haben. Die Resultate zeigen, dass der Interaktionseffekt der Beziehung zur Zielperson und das Maß der SO eine beeinflussende Wirkung auf die SO haben. Die Messung der SO (Selbstbericht vs. Beobachtung) wirkt sich nicht auf den GU in der SO bezüglich der Zielperson aus, welche eine Beziehung mit dem Offenbarenden hat ( Freund Ehepartner, Elternteil). In diesen Beziehungen zeigen sowohl die Daten des Selbstberichts, als auch der Beobachtungen, dass Frauen mehr offenbaren als Männer (d= .21 und .23). Männer berichten, dass sie sich, ähnlich wie Frauen, selbst offenbaren. Beobachtungsstudien der SO finden heraus, dass Frauen Fremden gegenüber mehr offenbaren, als Männer. Wenn die Zielperson eine Beziehung mit dem Offenbarer hat, so ist dies auf eine bestimmte Person in dem SO- Fragebogen bezogen. Die Zielpersonen, aufgelistet im Fragebogen, sind: Mutter, Vater, Ehegatte, bester Freund /Freundin. Der Bezugsrahmen zur Beantwortung der Fragen ist deren SO in der Vergangenheit bezüglich einer bestimmten Person. Die Versuchsperson wird gefragt, wie sehr sie sich gegenüber einem Fremden öffnet oder öffnen würde.
SO- Fragebögen können aussagekräftiger sein, wenn die Zielperson jemand ist, mit der der Beantwortende eine Beziehung hat.
9.1.7 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Ergebnisse der Meta- Analyse zeigen, dass die Unterschiede in der SO von Mann und Frau durch das Geschlecht der Bezugsperson, den Interaktionseffekt (Fremder gegenüber Beziehung) und die Messungen der SO (Eigenreport vs. Beobachtung) bestimmt werden. Frauen öffnen sich mehr gegenüber Männern als Männer gegenüber Frauen. Der Unterschied der SO bei entgegengesetzt geschlechtlichen Partnern ist nicht so groß, wie der bei Frauen und gleichgeschlechtlichen Partnern. Zusammenfassend: Frauen offenbaren mehr als Männer, gegenüber Partnern, mit denen sie eine Beziehung haben (Freunde Eltern, Ehegatten), ungeachtet dessen, ob die SO durch Selbstberichtdaten oder Beobachtungsdaten gemessen wird. Frauen offenbaren auch mehr als Männer gegenüber Fremden, wenn die SO durch Beobachtungsdaten ermittelt wurde.
9.2. Vergleich mit den Resultaten der Meta-Analyse von Hosman
Die Resultate dieser Meta- Analyse können mit den Ergebnissen der von Hosman verglichen werden. Hosman fasst 73 Studien von Geschlechterunterschieden in der SO zusammen und berichtet eine Durchschnittseffektgröße von r =.07 (welche die Gleiche ist wie d=.14). Diese EG ist heterogen, die für Eigenreportstudien r = .08 (d =.16; 36 Studien, N= 6,241) und die EG für Beobachtungsstudien ist r = .06 (d= .12; 36 Studien; N= 3,161). Hosman folgert daher, dass die abhängige Messung keinen Einfluss auf den Geschlechterunterschied bezüglich der SO hat und das sich in den späteren Studien die SO bei Männern und Frauen weniger unterscheidet. Die Resultate in dieser Meta- Analyse zeigen jedoch keine signifikanten Unterschiede in der SO bei Mann und Frau für Studien zwischen 1960-69, 1970-79, 1980-89. Der Durchschnittswert der EG verringert sich, betrachtet man die Studien aus den 60iger und den 70iger Jahren (d= .23 und .21) im Vergleich zu den veröffentlichten Studien der 80iger (d= .16). Hosman analysiert nicht das Geschlecht der Bezugsperson und die Beziehung zu dieser als potentiell beeinflussenden Faktor auf die SO. Zu einem großen Teil sind die Resultate von Hosman´s Meta- Analyse ähnlich den Resultaten dieser Meta- Analyse. Die Differenzen sind höchstwahrscheinlich auf die Auswahl der analysierten Studien zurückzuführen. Hosman´s Auswahl der Studien erfolgt unsystematisch und begrenzt sich lediglich auf publizierte Artikel. Ganz im Gegensatz zu dieser Meta- Analyse, welche sich der computergestützten Suche bedient und auch unveröffentlichte Dissertationen in die Meta- Analyse einschließt.
9.3. Die Grenzen dieser Meta- Analyse
Es gibt einige Einschränkungen in dieser Meta- Analyse bezüglich des Testens einiger potentiell beeinflussenden Variablen von denen man annimmt, dass sie die Wirkung des Geschlechts auf die SO beeinflussen. Vor allem die Situationsvariablen, die in dieser Meta- Analyse untersucht werden, stellen eine veraltete Sicht der SO dar. Neuere Arbeiten zur SO stellen fest, dass auch andere Situationsvariablen, neben dem Geschlecht der Bezugsperson und der Beziehung zu dieser, einen bedeutende Wirkung auf die SO haben. In den letzten Jahren haben viele Psychologen eine "Interaktionist"- Perspektive übernommen, glaubend, dass viele soziale Verhaltensweisen durch situationsbedingte und dispositive Faktoren beeinflusst werden. Laut Shaffer et al. (1982) ist die entscheidende Frage für den SO- Wissenschaftler nicht: ´Wer offenbart ?´, sondern vielmehr ´Wer wird höchstwahrscheinlich in einer bestimmten Situation bzw. unter bestimmten Umständen etwas offenbaren ?´. Situationsbedingte Faktoren neben dem Geschlecht der Bezugsperson und der Beziehung zu dieser, sind in der SO-Forschung nur wenig untersucht. Zukünftige Untersuchungen bedürfen daher der Überprüfung dieser Variablen als potentielle Einflussfaktoren auf die SO bei Mann und Frau. Hill und Stull (1987) folgern, dass dieses Thema eine wichtige Situationsvariable ist, di die Wirkung des Geschlechts auf die SO beeinflussen kann. Sie begründen dies damit, dass sich Männer und Frauen zu den Themen, zu denen sie sich offenbaren, unterscheiden. Die Themen bei denen GUe festgestellt werden, tendierten dahin, die Vorstellung zu unterstützen, die die traditionelle Geschlechterrolle erwarten lässt, nämlich das Frauen in sozial- emotionalen Bereichen mehr offenbaren. Hill und Stull erkennen, dass es hier Ungereimtheiten mit dieser Schlussfolgerung gibt. Man war nicht in der Lage zu testen, ob die Themen eine beeinflussende Wirkung auf die SO bei Beobachtungsstudien haben. So stellen Hill und Stull fest, dass in Beobachtungsstudien diese Themen von Studie zu Studie variieren. Man ist nicht in der Lage, die Wirkung von Themen in Selbstreportstudien zu analysieren. Der JSDQ misst selbstberichtende SO zu vier Zielpersonen in 7 Themen: Körper, Persönlichkeit, Geld, Arbeit, Vorlieben und Interessen, Einstellung und Meinungen. Unglücklicherweise berichten die Studien, die den JSDQ nutzen, keine separaten SO- Ergebnisse zu jedem Thema. Daher sollten zukünftige Selbstreportstudien zur SO einen Fragebogen entwickeln und nutzen, welcher die Themen in Beziehung setzt und für jedes eigene SO- Ergebnisse ermittelt. Chelune entwickelte (1976) die Self-Disclosure Situational Survey, welche physische Umstände in die Selbstreportmessung der SO einbringt. SDSS besteht aus zwanzig verschiedenen sozialen Situation, die verschiedene soziale Wechselwirkungen verdeutlichen. Diese zwanzig Situationen sind unterteilt in vier Gruppen mit jeweils fünf Items, entsprechend einer von vier Zielpersonen: Freund, Gruppe von Freunden, Fremde, Gruppe von Fremden. Diese fünf Items repräsentieren fünf verschiedene Levels der physischen Haltung, eingeteilt nach dem Grad der Intimität. So repräsentiert SDSS eine 4x5 Matrix der Themen. Obwohl SDSS genutzt wurde, um die GU in der SO zu jeder der vier Bezugspersonen zu erforschen (Chelune 76), so nutzte man diese aber nicht, um die GU in der SO für jede der fünf gegebenen physischen Beschaffenheiten zu erforschen. Zukünftige Untersuchungen, die SDSS nutzen, sollten über den Unterschied bei den Geschlechtern bezüglich der fünf Bereiche der physischen Beschaffenheit berichten. Ein anderer Aspekt in dem Zusammenhang, der die Wirkung der GUe in der SO beeinflusst, ist die Aussicht auf zukünftige Interaktionen. Nahezu alle Beobachtungsstudien zur SO zwischen Fremden bedienen sich Personen, welche keine Aussicht auf zukünftige Interaktionen haben. Shaffer et al. (1982) untersucht die SO zwischen Fremden mit Aussicht auf zukünftige Interaktionen. Die Ergebnisse sind, dass Männer mehr Intimes offenbaren, als Frauen gegenüber ihresgleichen. Shaffer und Ogden (1986) beeinflussen die Aussicht auf zukünftige Interaktionen und untersuchen diese Auswirkungen auf den GU in der SO. Speziell weibliche Personen offenbaren mehr Intimes als Männliche, wenn keine Aussicht auf zukünftige Interaktionen besteht. Kein bedeutender Unterschied in der Offenbarung der Intimität bei Mann und Frau ist zu verzeichnen, wenn sie ahnen, dass es zu zukünftigen Begegnungen kommen könnte. Zukünftige Untersuchungen der SO sollten sich Fremder bedienen, bei welchen die Aussicht auf eine zukünftige Begegnung besteht, oder systematisch die Auswirkungen der Aussicht auf zukünftige Begegnungen auf die Offenbarung bei Frauen und Männern untersuchen. Dessen nehmen sich auch Miller und Read (1987) an. Sie meinen, dass anstatt zu Fragen: "Welche Individuen offenbaren sich wahrscheinlich mehr ?", sollte man eher fragen:
1."Was sind die verschiedenen Beweggründe, die dazu führen, warum sich jemand offenbart ?"
2."Gibt es Unterschiede in den Mustern der Offenbarung für die verschiedenen Beweggründe ?"
3."Wie unterscheiden sich die Individuen in ihrem Glauben, ihren Mitteln und Ihren Strategien hinsichtlich bestimmter, auf sich selbst bezogener Informationen ?".
Hill und Stull (1987) zeigen, dass die Identität der Geschlechterrolle die Wirkung der GUe in der SO beeinflussen kann. Abgesehen vom biologischen Geschlecht einer Person ist ein extrem bedeutender Prädiktor zwischenmenschlichen Verhaltens (interpersonell), die Identität der Geschlechterrolle, oder die geschlechtsspezifische Charakteristik, die eine Person ihm
oder ihr zuschreibt. Weite Übereinstimmung besteht darin, was maskuline und feminine Charakterzüge ausmacht. Maskuline Züge sind definiert durch Attribute wie: Kompetenz, Rationalität und Behauptung. Feminine Züge sind ausdrucksvoller Natur, definiert durch Attribute wie: Wärme, Ausdruckskraft und Natürlichkeit (Bem 1974). Selbstoffenbarung verbindet man positiverweise mit Femininität. Sie kann aber auch positiv mit Maskulinität in Verbindung gebracht werden, da sie auch maskuline Züge widerspiegelt (Hill & Stull 1987).
Untersuchungen finden widersprüchliche Ergebnisse bezüglich der Identität der Geschlechterrolle in der SO heraus (Hill und Stull 1987). Dies trifft auf die Messungen bezüglich der Identität der Geschlechterrolle zu und darauf, ob Femininität- Maskulinität als eindimensional angesehenen wird, oder eher als zwei unterschiedliche Dinge. Man konnte nicht testen, ob die Geschlechterrollenidentität eine beeinflussende Wirkung auf das Geschlecht in der SO hat. Es gibt keine genügende Anzahl von Studien, die eigene Daten zu GUen in der SO für androgyne, männliche, feminine und indifferente Subjekte haben, um die Geschlechterrollenidentität in die Meta- Analyse einzuschließen. Daher kann sie auch nicht benutzt werden, um die Geschlechterrollenidentität zu untersuchen, bis nicht mehrere Studien gleichzeitig die Wirkung des Geschlechts und die Geschlechterrollenidentität untersucht haben. Zukünftige Studien sollten die Geschlechterrollenidentität als eine unabhängige Variable aufnehmen und separate Ergebnisse für androgyne- männliche- weibliche und indifferente Subjekte veröffentlichen. Die 2. Limitation dieser Meta- Analyse ist die, dass die Verallgemeinerungen der Ergebnisse, aufgrund der künstlichen Natur der Untersuchung, fragwürdig sind. So nutzen viele Selbstberichtstudien Laborbedingungen mit entsprechenden experimentellen Manipulationen, welche nicht typischerweise zu denen außerhalb des Laboratoriums zählen. Wenn diese Ergebnisse über die Laborbedingungen hinaus generalisiert werden, muss die Manipulation der SO repräsentativ sein für die typischen, außerhalb gefundenen, Bedingungen. Zukünftige Forschungen der SO sollten versuchen, die SO in ihrem natürlichen Auftreten in gewachsenen und entwickelten Beziehungen zu studieren. So ist auf gleiche Weise die Aussagefähigkeit der Selbstreportstudien der SO fragwürdig. In Fragebögen- Untersuchungen ist das aktuelle Verhalten des Subjekts nicht unbekannt. Die zurückliegende, momentane und zukünftige Aussagefähigkeit ist durch diese Forschung nicht demonstriert. Generalisierungen der Selbstberichtmessungen der SO zu aktuellem Verhalten können nicht garantiert werden.
Eine 3. Limitation dieser Meta- Analyse ist die computergestützte Suche, um Studien zu GUen in der SO zu finden, die nicht unfehlbar sind. Artikel sind versehentlich ausgelassen worden. Alle Studien, die durch die Schlüsselwörter : "GU" und "SO" nicht in den Datensätzen markiert waren, wurden nicht gefunden. Studien, die in ihrer Zusammenfassung bzw. ihrem Titel nicht erkennen ließen, dass sie den GU in der SO zum Inhalt haben, wurden wahrscheinlich für diese Meta- Analyse ausgelassen. Man versuchte diese Lücke auszufüllen, in dem man andere Rezensionen über GUe in der SO- Literatur heranzog, um zusätzliche Studien, Dissertationen und Artikel in die Meta- Analyse einzuschließen, die sonst verloren- gegangen wären. Es war nicht möglich, 33 % (25) der Dissertationen über GUe in der SO auszuleihen.
Eine 4. Limitation der Meta- Analyse ist, dass man nicht genug Studien über den GU in der SO hatte, um den Interaktionseffekt zwischen dem Geschlecht der Zielperson, der Beziehung zu dieser und die Messungen der SO in einer Analyseeinheit zu untersuchen. So basieren bestimmte EG auf voneinander abhängigen Beobachtungen. Einige Forscher streiten sich, ob dies etwas ausmacht, da das Schätzen der Haupteffektgröße und der Varianz der EG sich nicht mit der Unabhängigkeit ändert. Kenny (1990) zeigt, dass das Nutzen verschiedener Ergebnisse einer gleichen Studie keine Auswirkung auf die Haupteffektgröße hat, dafür aber auf die Varianz der EG.
Eine 5. Limitation der Meta- Analyse ist die, dass man nicht genug veröffentlichte Studien über den Fremdreport in der SO hatte, um zu testen, ob die Resultate für diese Untergruppen hilfreich zur Überprüfung anderer Variablen sind. Die Ergebnisse der Meta- Analyse zeigen, dass Menschen größere GUe in der SO in der Partner-SO wahrnehmen, als in ihrer eigenen. Eine 6. Limitation ist die, dass einige der Untergruppen, die die 2-und 3 dimensionalen Interaktionen vom Geschlecht der Bezugsperson, der Beziehung zu dieser und das Maß der SO testeten, auf kleinen Beispielgrößen basierten. Dies trifft vor allem für Beobachtungsstudien der SO zwischen Partnern zu, die untereinander in Beziehung standen. Dies ist eine Problematik, weil es die Wahrscheinlichkeit, Unterschiede in den Subgruppen zu erkennen, senkt. Zukünftige Beobachtungsstudien von GUen in der SO benötigen Partner, die untereinander in Beziehung stehen ( Freunde, Ehepartner, Elternkind).
9.4. Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse dieser Meta- Analyse zeigen, dass es Unterschiede bei der SO gibt und das diese Unterschiede beeinflusst werden vom Geschlecht der Zielperson, dem Interaktionseffekt der Beziehung zu dieser und der Messung der SO. Es wird aber auch gezeigt, dass GUe in der SO klein sind. Die Durchschnittseffektgröße für GUe in der SO ist durchweg für alle Studien in dieser Meta-Analyse d= .18. Die größte Effektgröße, die in dieser Meta- Analyse enthalten ist, ist d= .44 für Fremdreportmessungen der SO. Und diese Effektgröße könnte ein Resultat der Darstellung von sexuellen Stereotypen sein. Cohen (1977) erwägt ein d von .20 als kleine EG, ein d von .50 als mittlere EG und ein d von .80 als große EG. Rosenthal und Rubin (1982) führen die binominale EGn-Anzeige, als eine Art Bestimmungswerkzeug für die praktische Bedeutung einer EG ein. Eine EG von r = .10 (welche die Gleiche ist wie d= .20) erzeugt eine 10% Vergrößerung für Frauen in der SO im Vergleich zu Männern. Nutzt man diesen Durchschnittseffekt, der in dieser Meta- Analyse gefunden wurde, folgt: wenn ungefähr 45% der Männer einen wichtigen Fakt offenbaren würden, so würden ungefähr 55% der Frauen die gleiche Information offenbaren. Jourard (1971) erörtert, dass Männer größere mentale und physische Gesundheitsprobleme haben, weil die männliche Rolle die männliche SO unterbindet. Wenn SO ein empirischer Index für die Offenheit, und diese Offenheit ein Faktor für Gesundheit und das Wohlbefinden ist, dann scheinen die Untersuchungen der SO auf einen tödlichen Aspekt, bezüglich der männlichen Rolle zu deuten. Männer behalten ihr Eigenes für sich selbst und erlegen sich somit eine zusätzliche Belastung - über die tagtäglichen Einflüsse hinaus- auf. Im Ergebnis dieser metaanalytischen Frage, ob die Größe der Unterschiede in der SO von Mann und Frau eine brauchbare Kausalität ist, ist zu sagen, dass die Hauptgesundheitsprobleme der Männer den GUen in der SO zuzuschreiben sind. Ähnlich fragt sich, ob die Größe der GUe in der SO groß genug ist, um sich signifikant auf die therapeutischen Verfahren und Ergebnisse auszuwirken, so, dass Männer wahrscheinlich weniger von der Psychotherapie und Beratung profitieren. Schließlich fragen die Resultate, ob die Wichtigkeit der Unterschiede in der SO groß genug ist, um der Entwicklung und Aufrechterhaltung der Mann-Frau Beziehung zu schaden. Ob diese Unterschiede in der SO theoretisch bedeutsam und praktisch wichtig sind, ist diskutierbar. Wie auch immer, die Resultate dieser Meta-Analyse zeigen auf, dass die Unterschiede in der SO nicht so groß sind, wie die SO-Theoretiker und Forscher andeuteten. Es ist an der Zeit, den andauernden Mythos zu stoppen, dass es große GUe in der SO von Männern und Frauen gibt.
- Quote paper
- Paul Sebastian Hesse (Author), 1999, Sex Differences in Self-Disclosure : A Meta- Analysis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100540
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