Zwei interessante Teilaspekte des Amerikanischen Bürgerkriegs von 1861 bis 1865 stellen die Kriegsführung und ihre Inszenierung in zeitgenössischen Liedern dar. In dieser Quelleninterpretation wird die Inszenierung im Marschlied "Marching Through Georgia" untersucht. Das Lied wurde von einem Bürger der Unionsstaaten und dem bereits etablierten Liedermacher, Henry Clay Work, 1865, also im letzten Kriegsjahr, geschrieben und komponiert. Bis zum Ende des Krieges wurde es von Truppen der Union als Marschlied übernommen und auch in der nachfolgenden Zeit wurde es noch im militärischen Rahmen der US-Armee verwendet.
Im Liedtext referenziert werden eindeutig Ereignisse aus Shermans Feldzug, der sogenannte Marsch zum Meer, in der zweiten Hälfte des Jahres 1864. Die Kriegsführung während dieser Kampagne gilt in der Forschung als frühes Beispiel oder Vorstufe eines "Totalen Kriegs": Kriegshandlungen, die auch auf Schäden an Zivilbevölkerung oder Infrastruktur abzielen oder solche Kollateralschäden zumindest billigend in Kauf nehmen. Im Rahmen der Arbeit wird die Leitfrage beantwortet, wie die Kriegshandlungen im Lied inszeniert und inwieweit möglicherweise Kriegsverbrechen verherrlicht werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Fragestellung
2. Liedurheber
3. Politische, militärische und personale Ausgangslage
3.1 Werdegang Shermans
3.2 Shermans Atlanta Feldzug
4. Liedinhalt
5. Sherman als gefeierter Kriegsverbrecher?
5.1 Historische Realitäten und ihre Darstellung
5.2 Kriegsverbrechen
6. Fazit
Quellen und Literatur
Quellen
Literatur
1. Fragestellung
Zwei interessante Teilaspekte des Amerikanischen Bürgerkriegs von 1861 bis 1865 stellen die Kriegsführung und ihre Inszenierung in zeitgenössischen Liedern dar. In dieser Quelleninterpretation wird die Inszenierung im Marschlied „Marching Through Georgia“ untersucht. Das Lied wurde von einem Bürger der Unionsstaaten und dem bereits etablierten Liedermacher, Henry Clay Work, 1865, also im letzten Kriegsjahr, geschrieben und komponiert. Bis zum Ende des Krieges wurde es von Truppen der Union als Marschlied übernommen und auch in der nachfolgenden Zeit wurde es noch im militärischen Rahmen der US-Armee verwendet. Im Liedtext referenziert werden eindeutig Ereignisse aus Shermans Feldzug, der sogenannte Marsch zum Meer, in der zweiten Hälfte des Jahres 1864. Die Kriegsführung während dieser Kampagne gilt in der Forschung als frühes Beispiel oder Vorstufe eines „Totalen Kriegs“: Kriegshandlungen, die auch auf Schäden an Zivilbevölkerung oder Infrastruktur abzielen oder solche Kollateralschäden zumindest billigend in Kauf nehmen.1 Somit grenzt sich Shermans Strategie von dem in den vorherigen Kriegsjahren meist üblichen Usus ab. Zwar hat es auch schon frühere Beispiele für ein ähnliches Vorgehen, etwa die auch von Sherman durchgeführte Meridian Kampagne, jedoch nur in kleinerem Ausmaß2 Wirkliches Alleinstellungsmerkmal von Shermans Marsch zum Meer ist allerdings die hauptsächliche Intention der Zerstörung und die Härte des Kriegs auch direkt auch der Zivilbevölkerung aufzuzwingen.3 Shermans Armee kämpfte nicht an einer klar abgegrenzten Front gegen eine feindliche Armee, sondern drang tief ins gegnerische Herzland ein, zerstörte Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur sowie (land-)wirtschaftliche Betriebe, beschlagnahmte Versorgungsgüter und stieß, wenn überhaupt, hauptsächlich auf Gegenwehr von Milizen; eine Strategie der verbrannten Erde. Der Wille der Südstaaten-Gesellschaft zur Kriegsteilnahme wurde gebrochen. Handlungen, die einen direkten Personenschaden an Zivilisten nach sich ziehen wie Vergewaltigungen wurden jedoch weitestgehend unterlassen, auch wenn es sicherlich Soldaten gab, die diesen Befehl ignorierten.4
Im Rahmen der Arbeit soll die Leitfrage beantwortet werden, wie die Kriegshandlungen im Lied inszeniert werden und inwieweit möglicherweise Kriegsverbrechen verherrlicht werden. Die Inszenierung soll durch einen Vergleich der historischen Realität mit der Darstellung der Ereignisse im Lied stattfinden. Die Ereignisse, die aus gesicherten Quellen abgeleitet und in Fachpublikationen genannt sind, stellen die historische Realität dar. Wie Goffman in seiner Studie „Wir alle spielen Theater“ erläutert lassen sich Theater-Begriffe wie die Inszenierung auch auf jede alltägliche Situation übertragen.5 Der Einzelne, hier der Performer des Lieds, stellt sich selbst und andere mit seinen Tätigkeiten und Äußerungen anderen dar, er wird zum Schauspieler auf einer stetig existierenden Bühne, der sozialen Welt.6
Im Vorfeld der Beantwortung ist zu klären, ob überhaupt Kriegsverbrechen begangen wurden.
Schwerpunkt dieser Arbeit ist vor allem die Analyse des Liedtexts. Betrachtet wird dieser anhand einer Fassung aus einer Bürgerkriegsliedsammlung, in der die originalen Notenblätter nachgedruckt sein sollen. Zur Referenz ist der Volltext dieser ausgewählten Fassung mit Versangaben versehen und ohne - ursprünglich enthaltene - Noten angehängt. Auch in zahlreichen anderen Publikationen und im Internet lässt sich der gleiche Text vorfinden, sodass die Fassung als authentisch zu beurteilen ist. Als bereits vom Urheber intentional veröffentlichtes Werk handelt es sich um eine schriftliche Traditions-Quelle. Alle im weiteren Verlauf der Arbeit vorkommenden Versangaben beziehen sich auf den angehängten Liedtext.
2. Liedurheber
Henry Clay Work wurde am 1. Oktober 1832 in Middletown im nord-östlichen US-Küstenstaat Connecticut, geboren. Sein Vater, Alanson Work, war ein Abolitionist. Das Familienheim wurde im Rahmen der sogenannten Underground Railroad zum Zwischenstopp für flüchtende Sklaven.7 Die Underground Railroad war ein seit 1780 bestehendes Netzwerk von Abolitionisten, das Sklaven, insbesondere aus den südlicheren Staaten der USA, zur Flucht aus der Sklaverei nach Norden, vor allem nach Kanada, verhalf. Wegen seines Engagements als Fluchthelfer wurde Alanson Work später in Haft genommen.8
Henry Clay Work war beruflich Drucker, der sich seine musikalischen Fähigkeiten autodidaktisch anlernte.9 Zwar komponierte er bereits vor 1861 Lieder, der Durchbruch gelang ihm allerdings erst in der Zeit des Bürgerkriegs. Charakteristisch für seine Texte aus dieser Zeit ist die Verwendung von Sprache aus dem Jargon der Sklavenmilieus. „Marching Through Georgia“ aus dem Jahr 1865 war seine insgesamt erfolgreichste Veröffentlichung.10 Auch nach dem Krieg führte er das Komponieren und Lieddichten weiter fort, verlagerte jedoch seinen Fokus auf sentimentale, melancholischere Lieder.11 Trotzdem war er weiterhin erfolgreich, auch wenn er nie gänzlich an seinen größten Erfolg anknüpfen konnte. Er starb am 8. Juni 1882 im Alter von 51 Jahren.
3. Politische, militärische und personale Ausgangslage
Nach drei Jahren Krieg war immer noch keine zeitnahe Entscheidung im bewaffneten Konflikt zwischen den USA und den CSA abzusehen. Im November stand in den USA die Präsidentschaftswahl an. Der bisherige Amtsinhaber Lincoln musste also eine gute Position im Krieg vorweisen, um wiedergewählt zu werden: Er musste zeigen, dass die Armeen der Union den Krieg gewinnen können. Seine Gegner, z.B. sein Gegenkandidat um die Präsidentschaft, der Demokrat McClellan, strebten Verhandlungen um einen Frieden mit der CSA an. Dies hätte wohl zu einer Anerkennung der CSA-Unabhängigkeit und der endgültigen Spaltung der Union geführt.12 Die gesellschaftliche Unterstützung im Norden für den Krieg schwand aufgrund des bisher unabsehbaren Kriegsendes.13 Entsprechend war eine Wiederwahl Lincolns, der die Fortführung des Kriegs bis zur Niederschlagung der Konföderation anstrebte, ohne einen entscheidenden Sieg gefährdet. Diesen entscheidenden Sieg sollte ihn jedoch Sherman mit der Eroberung Atlantas bescheren.14
3.1 Werdegang Shermans
William Tecumseh Sherman entstammt aus einer prominenten Politikerfamilie: Er wurde am 8. Februar 1820 in Lancaster, Ohio, im mittleren Westen der USA geboren. Sein Vater verstarb früh, als Sherman 9 Jahre alt war.15 Infolgedessen kümmerte sich neben seiner verwitweten Mutter auch zu großen Teilen die Nachbarsfamilie Ewing um seine Erziehung:16 Thomas Ewing saß für die Whig-Partei im Senat und sicherte seinem Ziehsohn einen Platz in der Militärakademie West Point. Sherman besuchte diese ab seinem 16. Lebensjahr.17 Dank seiner guten schulischen Leistungen konnte er diese als sechstbester seines Jahrgangs nach vier Jahren abschließen. Der militärischen Disziplin ordnete sich Sherman jedoch nur missmutig unter; ein Grund für viele Verwarnungen und die Runterstufung seiner Abschlussnote.18 Im Gegensatz zu vielen seiner Kameraden, die einen militärischen Einsatz im Krieg gegen Mexico miterlebten, war Sherman hingegen nur in einem Guerilla-Krieg gegen einen indigenen Stamm beteiligt gewesen. Nach der Eroberung Kaliforniens durch die USA, wurden dort lediglich administrative Aufgaben an ihn delegiert.19 Sherman heiratete die Tochter der Ewing Familie Eleanor Boyle Ewing. Ab 1853 pausierte er seine militärische Karriere und wurde in Kalifornien Geschäftsführer der Bank Lucas, Turner und Co und führte diese erfolgreich durch eine lokale Bankenkrise.20 Zwischenzeitlich diente er kurzfristig bei der Miliz San Franciscos als General. Als Bankier wurde er wieder an die Ostküste versetzt; das Unternehmen ging aber kurze Zeit später in der Weltwirtschaftskrise 1857 Pleite. Sherman suchte daraufhin erfolglos in Kansas sein Glück.21
Er wurde dann 1859 zum Direktor einer Militärakademie in Louisiana. Während dieser Zeit zeichneten sich auch Shermans Positionen im Konflikt zwischen den Nord- und Südstaaten und über die Sklaverei ab. Im Gegensatz zu seinem Bruder, dem Kongressabgeordneten John Sherman, war William Sherman kein ausgesprochener Sklavereigegner; er zeigte sogar Sympathien für die Sklavenhalter.22 Allerdings äußerte er seine entschiedene Ablehnung gegenüber einer Spaltung der Union, der späteren Sezession der Südstaaten.23 Im Januar 1861, als immer mehr Staaten des Südens sich von der Union abspalteten und Sherman Verantwortung über Waffenlieferungen für die Miliz Louisianas übertragen werden sollte, trat er von seiner Direktorenstelle zurück.24 Unverzüglich reiste er auf Einladung seines Bruders John in die Hauptstadt der Union, Washington D.C., um dort Lincoln zu treffen. Enttäuscht von seiner – wie Sherman meinte - unaufgeregten Reaktion auf die sich abspaltenden Südstaaten, entschied er sich jedoch erstmal ein Stellenangebot als Geschäftsführer eines in St. Louis ansässigen Straßenbahnbahnunternehmens anzunehmen.25
Der Aufruf Lincolns nach 75000 Freiwilligen zur Niederschlagung der Rebellen im April 1861 nach dem CSA-Angriff auf Fort Sumter stieß bei Sherman noch auf Ablehnung. Er äußerte die Kritik, dass Freiwillige nur Zivilisten und keine ausreichend kompetenten Soldaten seien.26 Sherman selbst zog es nur in Betracht im Umfeld der regulären Truppen wieder der Unions-Armee beizutreten.27 Einen Monat später, nachdem auf William Shermans Wunsch hin sein in Washington einflussreicher Bruder John erfolgreich versuchte ihm eine Position in der regulären Armee zu verschaffen, meldete er sich allerdings freiwillig in Washington zum Dienstantritt.28 Sherman konnte sich bereits in der Schlacht am Bull Run als Oberst und Kommandant einer Brigade aus hauptsächlich unerfahrenen Freiwilligen, die er trotz seiner Vorurteile übernommen hatte, beweisen.29 Obgleich der insgesamt verheerenden Unions-Niederlage in dieser Schlacht – Sherman selbst erlitt während der Schlacht zwei Schussverletzungen- , war Präsident Lincoln bei einem Besuch beeindruckt von Shermans Einsatz.30 Er beförderte ihn im August zum Brigadegeneral der Freiwilligen und versetze ihn nach Kentucky.31 Zuerst diente Sherman hier unter Anderson, übernahm aber kurze Zeit später im Herbst selbst den Oberbefehl über die Armee Cumberlands im – offiziell neutralen und deshalb zwischen USA und CSA umkämpften – Grenzstaat Kentucky. Unzufrieden und überfordert mit seiner bedeutenden Position erlitt er einen Nervenzusammenbruch.32 Er sendete mehrere Beschwerden an Washington, denen nach einigen Wochen auch nachgegeben wurde. Als Ergebnis wurde Sherman an den westlichen Kriegsschauplatz versetzt, wo er ab März 1862 – wie von ihm gewünscht – als Kommandant unter Grant tätig war, zu dem er auch eine enge Bindung entwickelte.33 Trotz seines ambivalenten militärischen Erfolgs, Sherman wirkte maßgeblich am Fiasko Shiloh – aber auch an der erfolgreichen Vicksburg und Chattanooga Kampagnen mit, wurde er von Grant zu seinem Nachfolger bestimmt, nachdem dieser im Frühling 1864 den Oberbefehl über die gesamte Armee erhalten hatte.34
Zum in dieser Arbeit untersuchten Lied entwickelte Sherman auch eine persönliche Verbindung. So wurde zu seinem Missfallen das Lied fast bei jedem seiner öffentlichen Auftritte gespielt – schließlich auch nach seinem Tod am 14. Februar 1891 in New York auf seiner Beerdigung.35
3.2 Shermans Atlanta Feldzug
Im April 1864 bereitete Sherman schließlich die Invasion Georgias vor. Eine wichtige strategische Region der Konföderation. Das Schienennetz, war eine für die Logistik des gesamten Südens wichtige Infrastruktur, im Krieg insbesondere für den Nachschub und die Versorgung der Truppen.36 Atlanta eine Stadt, die vor dem Krieg fast 10000 Einwohner besaß, war der zentrale Dreh- und Angelpunkt der Eisenbahn und aufgrund seiner grenznahen Lage sozusagen das Tor zu Georgia. Trotz Shermans eindeutiger numerischer Überlegenheit, er hatte den Befehl über 110000 Soldaten, musste er sich also gegen Johnston, den befehlshabenden General der Konföderation, der über 70000 Soldaten verfügte, auf einen harten Kampf vorbereiten.37
Auch wenn teils unter schweren Verlusten konnte Sherman durch wiederholtes Flankieren von Johnstons Armee ihn zum Rückzug zwingen. Er trieb Johnstons Konföderiertenarmee schließlich zum Rückzug bis kurz vor Atlanta. Jefferson Davis, der für das weite Vordringen Shermans Johnston und seiner defensiven Strategie die Schuld gab und eine kampflose Aufgabe Atlantas, das im Krieg inzwischen auf ca. 3000 Einwohner geschrumpft ist, fürchtete, ersetzte ihn im Juli schließlich durch Hood.38 Es kam schließlich zur Belagerung Atlantas in der sich die Konföderiertenarmee verschanzte. Sherman versuchte Atlanta durch die Zerstörung mehrerer Eisenbahnlinien von der Versorgung abzuschneiden und so Hood zur Kapitulation zu zwingen. Durch das offensivere, aber verlustreiche Vorgehen Hoods, der bei Zerstörungsversuchen mit Ausfällen antwortete, konnte die Eroberung Atlantas noch bis September hinausgezögert werden. Sherman veranlasste ein heftiges, wochenlanges Bombardement Atlantas, unter dem auch die Zivilisten litten. Da dieses Vorgehen allerdings kaum Auswirkungen auf die Verteidigungsfähigkeit der Konföderiertenarmee hatte, holte Sherman Ende August zur Zerstörung der letzten Versorgungslinien Atlantas aus und war dabei auch erfolgreich.39
Hood sorgte letztlich aufgrund der ausweglosen Lage für die Evakuierung Atlantas am 1. September: Vor dem Rückzug der konföderierten Tennessee Armee ordnete er jedoch an, militärisch relevante Güter und Gebäude zu verbrennen. Die Entzündung eines Nachschubzugs mit Munition sorgte für eine große Explosion. Das sich in Folge ausbreitende Feuer griff auch auf andere, zivile Gebäude über, sodass Shermans Truppen bei ihrem Einmarsch bereits eine teilweise – auch durch ihr Bombardement - zerstörte Stadt vorfanden. Sherman ließ Hoods Armee entkommen und verfehlte so das ursprüngliche Ziel des Atlanta Feldzugs – die Zerstörung der Tennessee Armee – erreichte jedoch mit der Eroberung Atlantas einen großen Moral-Schub für die Union und half Lincoln so im Wahlkampf.40
Eine Woche nach der Eroberung Atlantas wies Sherman fast alle weißen Zivilisten der Stadt aus. Die Sklaven durften jedoch in der Stadt verbleiben und feierten tagelang ihre Befreiung.41
Da nur eine verbleibende Eisenbahnlinie, die von Atlanta nach Norden führte, für die Versorgung Shermans bereitstand und Hood nach seinem Rückzug bereits versuchte diese Route abzuschneiden, erkannte Sherman, dass er nicht in der Stadt bleiben konnte.42 Nach der Wiederwahl Lincolns am 8. November bereitete er das Verlassen Atlantas vor: Mit ca. 60000 Mann, aufgeteilt in zwei Flügel, würde er den Marsch zum Meer bestreiten und eine Spur der Zerstörung hinterlassen. Das Ziel war die Hafenstadt Savannah, um sich dort – so zumindest noch der Plan – mit der Unionsflotte zu vereinigen.43
4. Liedinhalt
Das lyrische Ich spricht aus der Perspektive eines Unionssoldaten. Es ruft in der ersten Strophe seine Kameraden auf das Horn hervor zu holen und ein Lied anzustimmen, das sie bereits zu 50000 gesungen hätten, als sie durch auf dem Feldzug durch Georgia marschiert sind.44 Im Chorus rufen die Soldaten euphorisch aus, dass sie eine biblische Erlösung, „jubilee“, bringen würden.45 Die ansässigen Schwarzen, im Liedtext als „darkeys“ bezeichnet, hätten vor Freude gerufen als die Armee das Lied singend durch Georgia marschiert ist.46 Selbst Truthähne hätten schlucken müssen und Kartoffeln seien aus dem Boden gekommen als die Unionssoldaten vorbeigezogen sind. In der dritten Strophe wird behauptet, dass Unionsunterstützer in Georgia, „Union men“, vor Freude geweint hätten, als sie die Flagge und die Truppen der Union gesehen haben.47 Schließlich hätten auch sie vor Freude geschrien. In der vierten Strophe sagen die Konföderierten, „saucy rebels“, dass Shermans Soldaten, „yankeeboys“, nie die Küste, also Savannah, das Ziel des Feldzugs, erreichen würden.48 Das lyrische Ich stellt klar, dass dies nur Prahlerei war und sie nicht mit dem Gastgeber gerechnet hätten. Die letzte Strophe handelt davon, dass das lyrische Ich behauptet die Unionsarmee Shermans hätte nun erfolgreich eine 300 Meilen lange und 60 Meilen breite Schneise für die Freiheit geschaffen hätte: Die Verräter seien aufgrund des zwecklosen Widerstands geflohen.49
5. Sherman als gefeierter Kriegsverbrecher?
In diesem Abschnitt wird zuerst die Inszenierung der Kriegshandlungen im Lied untersucht. Hierzu findet ein Vergleich der Darstellung im Lied und der historischen Realität statt. Dann wird beurteilt, inwieweit es sich bei dem Vorgehen um Kriegsverbrechen handelt.
5.1 Historische Realitäten und ihre Darstellung
Das lyrische Ich setzt ganz klar den Fokus auf die Befreiung der Sklaven. Die Armee der Union würde eine biblische Erlösung den Sklaven bringen. Sie würde gar in Freudenschreie beim Empfang der Unionssoldaten ausbrechen. Tatsächlich war ein Effekt der Eroberung von Gebieten der Konföderation durch die Union die Befreiung von Sklaven. Die auf dem Marsch befreiten Sklaven hätten ihn jedoch geradezu als Jesus empfangen.50 In der Emanzipationsproklamation Lincolns von 1863 wurden die Sklaven, die in der CSA lebten für frei erklärt. Da die Bestimmungen der Emanzipationserklärung keine Wirkung auf die Sklaverei erlaubenden Staaten der Union hatten, lässt sie sich eher als Kampfmaßnahme im Krieg ansehen.51 Die bis dato geltende Regelung sah nur vor, Sklaven als Rebelleneigentum zu behandeln und entsprechend zu konfiszieren. Somit wurden auf Shermans Marsch durchaus Sklaven befreit, nämlich sobald die Unionsarmee ein Gebiet durchquerte. Viele Sklaven haben sich aber auch selbst befreit, indem sie die aufgebrachte Situation in Georgia nutzten und die Flucht ergriffen. Fraglich ist es, inwieweit dieses Motiv der Sklavenbefreiung wie im Lied dargestellt, auch eine primäre Intention für den Feldzug war oder nicht viel eher ein Nebeneffekt des Siegeszugs der Union. Wie in der Vorstellung Shermans erwähnt, war das Motiv des federführenden Unionsgeneral keineswegs die Sklaverei abzuschaffen, sondern insbesondere die Einheit der Vereinigten Staaten zu bewahren.
Geradezu sinnbildlich für die zumindest vorhandene Ambivalenz der Unionstruppen gegenüber den Sklaven lässt sich die Tragödie am Ebenezer Creek sehen: Nach ihrer Befreiung wollten sich viele ehemalige Sklaven ihren noch gefeierten Befreiern der Union anschließen und folgten dem Armeetross.52 Als am 8. Dezember 14000 Unions-Truppen den Ebenezer Creek, einen Nebenfluss des Savannah Rivers, überqueren sollten, musste zuvor eine Schwimmbrücke über den Fluss errichtet werden. Der Kommandant des 16. Unions Korps, Davis, ließ den ehemaligen Sklaven erklären, dass sie nach den US-Truppen den Fluss überqueren könnten.53 Auf der anderen Seite wären nämlich noch kampfbereite Verbände der Konföderation. Diese Aussage Davis‘ war eine Lüge; stattdessen hatte die Armee selbst einen CSA-Kavallerieverband im Rücken, der bereits das Feuer eröffnete.54 Nachdem Davis‘ Truppen die Brücke vollständig überquert hatten, wurde den Brückeningenieuren allerdings angeordnet die Befestigungen der Brücke zu kappen – obwohl bereits die folgenden, ehemaligen Sklaven auf ihr standen und nun selbst passieren wollten. Der Befehl wurde ausgeführt, sodass Tausende ins Wasser fielen, erfroren, ertranken oder der anrückenden konföderierten Kavallerie in die Hände fielen und erneut versklavt wurden.55 Die Rechtfertigung Davis‘ war, dass es eine militärische Notwendigkeit war. Das so zurückgelassene Gefolge hätte die Marschgeschwindigkeit verlangsamt und schließlich auch Versorgungsgüter, die den regulären Verbänden fehlen würden, benötigt. Sherman verteidigte die Anweisungen Davis‘ und seine Rechtfertigung im Nachhinein völlig.56 Einige Soldaten hatten zwar moralische Zweifel, die sie äußerten oder versuchten den in den Fluss gefallenen Schwarzen zu helfen – bis sie abkommandiert wurden, zu nennenswerten Widersetzungen kam es aber nicht.57 Auch bleibt festzuhalten, dass es auch außerhalb dieser großen Tragödie zu ständigen kleineren Angriffen auf die schwarze Bevölkerung während des Feldzugs kam.58
Also auch auf der Ebene des einfachen Soldaten ist die Fokussierung auf die Befreiung zu hinterfragen. Im Liedtext wird jedoch mit der abwertenden Bezeichnung der Schwarzen als Darkeyes auch eine gewisse Ambivalenz des lyrischen Ichs und somit der Soldaten auch angedeutet.
Ein zweites Feld ist die Darstellung der Plünderungen und Zerstörungen, die im Feldzug durch die Unionsarmee angerichtet wurden. Im Liedtext finden diese nur wenig Erwähnung. Als Referenzen lassen sich hier jedoch die zweiten und dritten Verse der zweiten Strophe sehen: Die Puten hätten gewürgt als sie vom Armeekommissar gefunden wurden und die Kartoffeln seien aus dem Boden gekommen, als die Soldaten vorbeimarschiert sind. Die Schuld der Unionsarmee an den verheerenden Folgen wird durch diese Euphemismen heruntergespielt. Die lebhafte Melodie des Lieds trägt dazu bei. Auf die bei Aufbruch angerichteten Schäden in Atlanta wird har nicht eingegangen.
Denn bereits in Atlanta begann die Zerstörung durch die Unionsarmee – die nicht nur mit der wochenlangen Bombardierung beträchtlichen Schaden anrichtete. Vor dem Verlassen Atlantas wurden ca. 200 Hektar, mindestens 25 Prozent der Stadtfläche zerstört.59 60 Alles von potentiellem Wert für den Gegner sollte vernichtet werden, öffentliche Gebäude und – etwa durch das unkontrollierte Feuer, aber auch weil Soldaten Shermans Befehl missachteten - 4500 Wohnungen sind niedergebrannt gewesen.61 Da allerdings bereits unter Hoods Evakuierung signifikante und von der Art her ähnliche Schäden angerichtet worden sind, ist es schwierig zu bestimmen, wer genau für welchen Anteil verantwortlich war.62 Im Liedtext wird, behauptet, dass die „Union men“, also die Unterstützer der Union, die in der Konföderation wohnten, erfreut über den Einmarsch gewesen seien. Zumindest für Atlanta lässt sich dies praktisch ausschließen: Für Unionsunterstützer wurde keine Ausnahme bei der Verbannung gemacht und nach der umfassenden Bombardierung und der möglichen Vernichtung ihres Eigentums in der Stadt sollte sich die Freude in Grenzen gehalten haben. Dass sich die Soldaten bei ihren Plünderzügen und ihrem Vandalismus während des weiteren Verlaufs der Kampagne vorher über die Eigentümer informierten, erscheint unrealistisch. Einzig am Ende des Feldzugs während der friedlichen Übernahme und Besetzung Savannahs durch Shermans Truppen ist Freude der Unionsunterstützer denkbar.63
Da die Truppen auf ihrem Marsch von Atlanta nach Savannah nicht von extern versorgt werden konnten – auch die nach Norden führende Eisenbahnlinie wurde wie von Sherman befohlen zerstört, nachdem die befreiten Sklaven und verwundete Soldaten abgereist sind - gab Sherman die Doktrin „Forage liberally“ aus: Die Soldaten sollten sich also ihre Nahrung in den Gegenden, wo sie vorbeizogen, selbst besorgen.64 Die noch aus Atlanta mitgenommen Rationen reichten nicht aus.65 Hierfür wurde bei der ansässigen Bevölkerung geplündert. Allerdings beschränkte Sherman seine Soldaten nicht nur darauf sich zu versorgen: Auf dem Weg nach Savannah wurden auch 480 Kilometer Bahnschienen, zahlreiche Telegraphenleitungen, einige Brücken und viele Wirtschaftsbetriebe, Mühlen und Webmaschinen, zerstört; Ackerflächen wurden abgebrannt; sämtliche Nutztiere, 5000 Pferde, 4000 Esel und 13000 Kühe beschlagnahmt.66 Um die Schäden zu erhöhen und die Versorgung der Armee zu erleichtern, teilte Sherman seine tatsächlichen 60000 bis 65000 Soldaten - im Lied wird diese Mannstärke nur auf 50000 beziffert - in zwei Flügel, die jeweils ihre eigene Marschroute hatten, auf – in der Realität ist die Strecke Atlanta-Savannah auch 300 Meilen und nicht wie im Lied 225 Meilen lang. Zur optimalen Routenplanung, so behauptete zumindest Sherman selbst, besäße er eine Zensuskarte, die über die wirtschaftliche Lage der Regionen Aufschluss gab.67 Die Zivilbevölkerung sollte nicht direkt angegriffen werden, kein Vandalismus begangen werden, doch die Missachtung des Befehls in dieser Hinsicht wurde auch nicht konsequent bestraft.68 Im Rahmen des Feldzugs wurden nach Shermans eigenen Schätzungen Schäden in Höhe von 100 Millionen Dollar (entspricht bei Berücksichtigung der Inflation heute ca. 1,5 Milliarden Dollar) angerichtet. 9,5 Millionen Pfund Mais und 10,5 Millionen Pfund Tierfutter wurden konfisziert.69 Die Unionstruppen zerstörten neben den direkt angerichteten Schaden somit auch die Lebensgrundlage von Tausenden Menschen. Selbst 50 Jahre später und länger waren die Auswirkungen auf die Landwirtschaft, Preise, Investitionen, Aktivität feststellbar.70
5.2 Kriegsverbrechen
Um zu beurteilen, inwieweit die Kriegshandlungen auf dem Feldzug Shermans Kriegsverbrechen sind, ist das Kriegsvölkerrecht heranzuziehen. Die Union hat im Jahr 1863 schon selbst mit dem Lieber Code nationale Regeln für das militärische Verhalten im Krieg aufgestellt. Teil dieser Regelung war etwa die menschliche Behandlung der Konfliktgegner, feindlicher Soldaten, aber auch der Zivilisten in besetzten Gebieten. Zwar wird durch sein Vorgehen und Äußerungen deutlich, dass Sherman nicht den Grundgedanken des Lieber Codes einhält. Sherman äußerte etwa zur Verbannung der weißen Einwohner Atlantas, dass diese Maßnahme nicht dazu gedacht sei menschlich zu sein und Krieg nun mal grausam sei.71 Allerdings verstößt keine Kriegshandlung konkret gegen einen Artikel des Codes. Fraglich wäre zudem inwieweit nicht auch eine Einschränkung der Geltung von Regeln, die im Lieber Code selbst eingeräumt ist, im Falle des Feldzugs zutreffen würde. So heißt es in Artikel 5: „To save the country is paramount to all other considerations”.72 Sherman wollte mit dem grausamen Vorgehen letztlich größeres Leiden verhindern. Die Zivilbevölkerungen der Konföderation sollte das Fürchten gelehrt und so zur weiteren Kriegsteilnahme demotiviert werden.73 Die Plünderungen und Zerstörungen verhinderten eine Erholung der Konföderation und schnitt sie sozusagen infrastrukturell in zwei Hälften. Shermans Feldzug in Georgia und der darauffolgende durch South Carolina waren - so sind sich Historiker einig – für ein zeitnahes Kriegsende entscheidend. Blutvergießen in möglicherweise sonst noch bevorstehenden Kriegsjahren wurde also vermieden.
Als zeitlich am nächsten am Geschehen vorhandene internationale, völkerrechtlich bindende Regelung sind die Genfer Konvention von 1864 (die USA ratifizierte diese jedoch erst 1882) und die Haager Landkriegsordnung von 1907 zu sehen; diese wurde auch von den Vereinigten Staaten Amerikas unterzeichnet. Die Genfer Konvention regelt hauptsächlich die Behandlung von Kriegsgefangenen und die Rolle von Sanitätern und ist somit für diese Beurteilung irrelevant, da keine potentiellen Vergehen auf dem Feldzug begangen wurden.74 Nach der Haager Landkriegsordnung sind insbesondere die von Sherman befohlenen Plünderungen „Forage liberally“ und die Angriffe auf Städte, Dörfer und Gebäude als Kriegsverbrechen zu sehen.75 Die Bombardierung Atlantas wäre nach den hier kodifizierten Regeln des Kriegs allerdings im Rahmen des Legalen, da nur der Angriff (vom Heer) auf unverteidigtes gegen die Landkriegsordnung verstößt.76
Gegen die Beurteilung als Kriegsverbrechen könnten dann noch die rechtsstaatlichen Grundsätze des Rückwirkungsverbots und des Bestimmtheitsgebot sprechen, die sich aus dem Rechtsprinzip „Nullum crimen sine lege“ (kein Verbrechen ohne Gesetz) ergibt.77 Zum Zeitpunkt der Ereignisse gab es nämlich keine völkerrechtlichen Verträge, die die USA unterzeichnet hatten und unter der die Kriegshandlungen während des Savannah Feldzugs Kriegsverbrechen gewesen wären.
Die Rechtsprechung der USA, als anglisierter Staat, ist allerdings dem Rechtskreis des Common Law zuzuordnen. Ebenfalls ist das internationale Völkerrecht wesentlich durch ebendieses Common Law geprägt.78 Im Gegensatz zu dem in Kontinentaleuropa weit verbreiteten Civil Law, basiert das Common Law stärker auf der Analogie zu Präzedenzfällen und insbesondere auf die Rechtsauslegung des Richters.79 Das Civil Law folgt hingegen strenger dem kodifizierten Gesetz.80 Somit wird möglich, dass bei wenig strenger Auslegung des Bestimmtheitsgrundsatzes oder des Rückwirkungsverbots Kriegshandlungen, die kein zeitgenössisches, kodifiziertes Gesetz konkret verletzen, als Kriegsverbrechen beurteilt werden können.81 Solch eine rückwirkende Anwendung von erst später kodifizierten Recht wurde in den Nürnberger Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg bestätigt und diese tragen wie oben erwähnt als Präzedenzfall wesentlich zur Rechtsprechung bei.82 Zu einem gerichtlichen Verfahren gegen Sherman ist es allerdings nie gekommen.
Es lässt sich festhalten, dass die Ereignisse während Shermans Feldzug zweifellos als moralische Kriegsverbrechen bewertet können. Die juristische Einordnung als Kriegsverbrechen wäre jedoch diskutabel. Je nach Auslegung eines Richters, wurden auf dem Feldzug auch Kriegsverbrechen begangen: Das Vorgehen widerspricht eindeutig den Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung – die allerdings erst wesentlich später beschlossen und von den USA unterzeichnet wurde. Die begangenen Kriegshandlungen widersprechen dem Geist des zum Zeitpunkt des Feldzugs bereits gültigen Lieber Code, dessen Regelungen allerdings nicht bestimmt genug sind, um ein eindeutiges Urteil zu fällen. Da es nie zu einem Verfahren gekommen ist und die Ereignisse mehr als 150 Jahre zurückliegen, wird es nicht mehr zu einem gerichtlichen Verfahren und damit auch nicht zu einer eindeutigen juristischen Entscheidung kommen.
6. Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Ambiguität von Sherman und seinem Feldzug im Lied kaum wiedererkennen lässt. Stattdessen wird der Terror des Kriegs, den Sherman als Hauptziel der Kampagne vorgab, vollkommen ausgeblendet und durch die Euphemismen geradezu lächerlich gemacht. In Folge der angerichteten Zerstörung und Plünderungen wurde die Lebensgrundlage vieler Haushalte vernichtet. Die Opfer des Marschs und seiner Auswirkungen werden also geradezu verhöhnt. Stattdessen wird die Befreiung der Sklaven, der Sherman keine Priorität gab, als maßgeblich dargestellt.83 Sherman erfüllte hierbei allerdings nur seine Aufgabe als Soldat. Die Rolle der Soldaten wird hochgespielt. Sie werden als die Retter und Befreier der Sklaven, letztendlich auch als die Diener Gottes, die die biblische Erlösung bringen, inszeniert. Doch selbst dieses Bild lässt sich nicht bestätigen. Sicherlich wurden auch Sklaven in den von der Unionsarmee durchquerten Gebieten befreit. Viele Sklaven nutzten aber auch selbst die günstige Gelegenheit und flohen.84 Ohne Zweifel mussten einige auch unter den Verwüstungen und Plünderern leiden und verhungerten. Andere wollten der Unionsarmee folgen und für sie kämpfen, wurden aber etwa am Ebenezer Creek von ihren einst gefeierten Befreiern, die ihr Vertrauen skrupellos ausnutzten, hintergangen. Die Perspektive des Liedurhebers Work, ein weißer Abolitionist, lässt sich im Lied durch die Fokussierung auf die Befreiung durch die Unionsarmee deutlich wiedererkennen. Überraschend wirkt allerdings die Verwendung der abwertenden Bezeichnung für die Schwarzen, die sich aber wohl als einen Funken Kritik deuten lässt. Im Gegensatz zu anderen zeitgenössischen Medienmacher schlachtet er zumindest nicht Stereotype über Schwarze aus. Unklar ist, inwieweit Work von den Leiden der Schwarzen auf dem Marsch wusste und inwieweit er Shermans Motiv kannte. Da im Lied nicht einmal die numerischen Fakten wie Mannstärke und Strecke akkurat wiedergegeben sind, ist nicht davon auszugehen, dass Work sich umfassend über den Feldzug informierte.
Das Lied trägt wegen seines Erfolgs deutlich zur öffentlichen Meinung über Shermans Marsch zum Meer deutlich bei:85 Im Norden zur ungerechtfertigten Glorifizierung der Union, ihrer Soldaten, ihrer Motive, ihrer Kriegsverbrechen. Eine Inszenierung, die vorgibt für die richtigen Werte zu streiten wird von der USA spätestens seit dem 2. Weltkrieg benutzt, um die Philosophie des Totalen Kriegs zu rechtfertigen – bei Work war es die Sklavenemanzipation, heute ist es die Demokratie.86
Im Süden bieten die im „hate song“ verherrlichten Kriegsverbrechen durch mögliche Relativierung eine Ablenkung für die Schuld der sklavenhaltenden Vorfahren und der auch von der CSA begangenen Verbrechen.87
Quellen und Literatur
Quellen
Haager Friedenskonferenz: Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs, in: Kompetenzzentrum Amtliche Veröffentlichungen (Hg.), Der Bundesrat. Das Portal der Schweizer Regierung. Bundesrecht, URL: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19070034/index.html (entnommen am 16.04.2020).
Lieber, Francis; Lincoln, Abraham: General Orders No. 100: The Lieber Code. Instructions for the goverment of armies of the United States in the field, in: Yale Law School – Lillian Goldman Law Library (Hg.), The Avalon Project. Documents in Law, History and Diplomacy, URL: https://avalon.law.yale.edu/19th_century/lieber.asp (entnommen am 16.04.2020).
Work, Henry Clay: Marching Through Georgia, in: Crawford, Richard (Hg.): The Civil War songbook. Complete original sheet music for 37 songs, New York 1995, S. 34-37.
Literatur
Black, Jeremy: The age of total war, 1860 - 1945, Westport (Connecticut) 2006.
Churchill, Edward M.: Betrayal at Ebenezer Creek, in: HistoryNet (Hg.), Civil War Times October 1998, https://web.archive.org/web/20110612123232/http://www.historynet.com/betrayal-at-ebenezer-creek.htm (entnommen am 16.04.2020).
Darge, Tobias: Kriegsverbrechen im nationalen und internationalen Recht. Unter besonderer Berücksichtigung des Bestimmtheitsgrundsatzes, Berlin 2010.
Donnell, James; Noon, Steve: Atlanta 1864. Sherman marches south, Oxford (UK); New York 2016 [Campaign, Bd. 290].
Eicher, David J., The Longest Night. A military history of the Civil War, New York et al 2001.
Feigenbaum, James J; Lee, James; Mezzanotti, Filippo: Capital Destruction and Economic Growth. The Effects of Sherman's March, 1850-1920, in: National Bureau of Economic Research (Hg.), NBER Working Papers, URL: http://www.nber.org/papers/w25392 (entnommen am 16.04.2020).
Foote, Shelby, The Civil War. A narrative. Red River to Appomattox, New York 1974 [The Civil War: A narrative, Bd. 3].
Garrison, Webb: Atlanta and the war, Nashville 1995.
Goffman, Erving: Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag, München 1976.
Grimsley, Mark: The Hard Hand of War. Union Military Policy toward Southern Civilians, 1861–1865, Cambridge (UK) 1997.
Groce, W. Todd: Rethinking Sherman’s March, in: New York Times (Hg.), Opinionator, URL: https://opinionator.blogs.nytimes.com/2014/11/17/rethinking-shermans-march/ (entnommen am 17.04.2020).
Juhnke, Eric: Using music to enliven the American history classroom. looking at the post-civil war years through the life and music of Henry Clay Work, in: Teaching History: A Journal of Methods, H.35 (2010), S. 28–35.
Kennett, Lee B.: Marching through Georgia. The story of soldiers and civilians during Sherman’s campaign, New York 1995.
Marszalek, John F.: Sherman. A soldier’s passion for order, Carbondale (Illinois) 2007.
Masur, Louis P.: The Civil War. A concise history, Oxford; New York 2011.
McDonough, James L.; Jones, James Pickett: War so terrible. Sherman and Atlanta, New York; London 1987.
Trudeau, Noah A.: Southern Storm. Sherman’s march to the sea, New York 2008.
Whelchel, L. H.: Sherman’s March and the Emergence of the Independent Black Church Movement, New York 2014 [Black Religion / Womanist Thought / Social Justice, ohne Bandangabe].
Woodworth, Steven E.: Sherman, New York 2009 [The Great Generals, ohne Bandangabe].
[...]
1 Black, S. 37.
2 Trudeau, S. 50.
3 Masur, 73f.
4 Ebd., S. 73.
5 Goffman, S. 15–18.
6 Ebnd.
7 Da Sexus (Geschlecht des Gemeinten) und Genus (grammatikalisches Geschlecht der Bezeichnung) im Deutschen voneinander grundsätzlich unabhängig sind, werden bei nicht näher spezifiziertem Sexus je nach Deklination des Worts die Formen des generischen Maskulinums, des generischen Femininums oder des generischen Neutrums verwendet. Spezifischer Sexus wird bei Bedarf, sprich sobald er für die Aussage erforderlich ist und er nicht eindeutig durch den Kontext bestimmt ist, durch Gebrauch von Adjektiven (z.B. „männlich“ oder „weiblich“) verdeutlicht.
8 Juhnke, 29f.
9 Ebd., S. 30.
10 Ebd., 30f.
11 Ebd., 31f.
12 Eicher, S. 730.
13 Ebd.
14 Ebd., S. 731.
15 Woodworth, S. 5.
16 Ebd., S. 5–8.
17 Ebd., S. 8.
18 Ebd., S. 8–10.
19 Ebd., S. 16–18.
20 Ebd., S. 23–25.
21 Ebd., 25f.
22 Ebd., S. 26.
23 Ebd., S. 27.
24 Woodworth, S. 28.
25 Ebd., 29f.
26 Marszalek, S. 144.
27 Ebd.
28 Ebd., S. 146.
29 Ebd., S. 148–151.
30 Woodworth, 39.
31 Marszalek, S. 154.
32 Trudeau, S. 25.
33 Ebd., S. 40.
34 Ebd., S. 25.
35 Eicher, S. 763.
36 Trudeau, S. 14.
37 Donnell/Noon, S. 19–21.
38 Eicher, 706f.
39 Ebd., S. 712–714.
40 McDonough/Jones, S. 318–320.
41 Eicher, S. 736.
42 Trudeau, S. 36.
43 Ebd.
44 V. 1-4
45 V. 5f.
46 V. 9
47 V. 13-16
48 V. 17f.
49 V. 23f.
50 Whelchel, S. 28.
51 Eicher, 365f.
52 Trudeau, 381f.
53 Churchill.
54 Ebd.
55 Foote, 649f.
56 Marszalek, S. 313.
57 Trudeau, S. 382f.
58 Marszalek, S. 312.
59 Ebd., S. 299.
60 Garrison, S. 242.
61 Ebd.
62 Marszalek, S. 299.
63 Trudeau, S. 496f.
64 Trudeau, S. 52.
65 Marszalek, 299f.
66 Kennett, S. 309.
67 Trudeau, S. 52.
68 Marszalek, S. 302.
69 Grimsley, S. 200.
70 Feigenbaum/ Lee/Mezzanotti, S. 36f.
71 Trudeau, S. 35.
72 Lieber/Lincoln.
73 McDonough/Jones, S. 321.
74 Darge, S. 306.
75 Haager Friedenskonferenz.
76 Ebd.
77 Darge, S. 306.
78 Ebd., S. 160-163.
79 Ebd., S. 166–169.
80 Ebd.
81 Ebd.
82 Ebd., S. 81-94.
83 Trudeau, S. 533–535.
84 Ebd., 304f.
85 Trudeau, S. 536-538
86 Groce.
87 Trudeau, S. 536-538
- Quote paper
- Tarek Saleh (Author), 2020, "Marching Through Georgia" While Committing War Crimes? Die Darstellung der Kriegshandlungen während Shermans Savannah Feldzug im zeitgenössischen Marschlied, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1002365
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.