Eine Ära des Chaos und der blutigen Schlachten, in der rivalisierende Daimyô um die Vorherrschaft kämpften – so präsentierte sich Japan in der Sengoku Jidai. Doch aus diesem Strudel der Gewalt sollten drei außergewöhnliche Figuren emporsteigen, die das Schicksal des Landes für immer verändern würden: Oda Nobunaga, Toyotomi Hideyoshi und Tokugawa Ieyasu. Tauchen Sie ein in eine fesselnde Epoche japanischer Geschichte, in der politische Intrigen, militärische Genialität und unerbittlicher Ehrgeiz die Geschicke lenkten. Verfolgen Sie den Aufstieg dieser drei charismatischen Feldherren, die mit strategischem Geschick und brutaler Entschlossenheit die zerstrittenen Provinzen unterwarfen und den Grundstein für ein geeintes Japan legten. Erleben Sie die dramatischen Wendungen, die von Verrat, blutigen Schlachten und dem unaufhaltsamen Streben nach Macht geprägt waren. Von Nobunagas revolutionären Militärtaktiken und seinem kometenhaften Aufstieg bis zu Hideyoshis genialer Diplomatie und seinem Traum von einem geeinten Reich und schließlich zu Ieyasus politischer Weitsicht und seinem unerschütterlichen Willen, eine dauerhafte Dynastie zu etablieren – dieses Buch enthüllt die komplexen Persönlichkeiten und die strategischen Meisterleistungen dieser drei Schlüsselfiguren. Entdecken Sie die tiefgreifenden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen, die die Reichseinigung mit sich brachte, von der Einführung eines starren Ständesystems bis zur Blütezeit des Städtebaus. Erfahren Sie, wie die Samurai-Klasse einen Wandel durchlief, sich vom Krieger zum Staatsbeamten entwickelte und wie die Politik der Landabschließung Japans einzigartige kulturelle Identität prägte. Eine packende Erzählung über Macht, Verrat und die Geburt einer Nation, die Ihnen die faszinierende Welt des feudalen Japans und die bleibenden Auswirkungen der Reichseinigung aufzeigt. Ein Muss für jeden Geschichtsinteressierten und Japanliebhaber, der die Wurzeln des modernen Japans verstehen möchte. Begleiten Sie uns auf dieser aufregenden Reise durch eine Zeit des Umbruchs und der Transformation, in der das Schicksal Japans neu geschrieben wurde.
Gliederung
1. Die Zeit der kriegführenden Länder
2. Der Weg zur Reichseinigung
2.1.Das Ende der Sengoku Jidai
2.2.Der erste Einiger: Oda Nobunaga
2.3.Der zweite Einiger: Toyotomi Hideyoshi
2.4.Der dritte Einiger: Tokugawa Ieyasu
3. Ergebnisse der Reichseinigung
1. Die Zeit der kriegführenden Länder
Nach dem Ende des Ônin -Krieges (1467-1477), in dessen Verlauf die alte Reichsordnung des Ashikaga-Shôgunats unter Shôgun Yoshimasa zusammenbrach, begann in Japan ein fortgesetzter Wettkampf unter den rapide wachsenden Daimyô um Land und Leute. Das Land zerfiel in autonome Territorien, die von den Daimyô beherrscht wurden und in deren Machtbereich die Shoen, als letztes Zeichen der alten Ordnung völlig verschwanden. In der sogenannten Sengoku Jidai, der „Zeit der kämpfenden Länder“, bemühten sich die bis zu 200 Daimyô darum, ihren politischen Einfluß zu stärken und die von ihnen beherrschten Gebiete zu vergrößern. Die Daimyô - Domänen waren feudal organisiert. Der Daimyô beanspruchte das volle Besitzrecht über sein Territorium, während seine zahlreichen Gefolgsleute für ihren Kriegsdienst mit Domänenanteilen belehnt wurden. Die Landbevölkerung schloß sich zunehmend in sich geschlossenen und sich selbst verwaltenden Dorfgemeinschaften (Mura) zusammen, die für die Zahlung der Abgaben an den Daimyô oder einen seiner Gefolgsleute verantwortlich waren. Die Daimyô bauten an den strategischen Zentren ihrer Domänen Schutzburgen, die von den Wohnvierteln ihrer Bushi -Gefolgsleute und ihrer Mannen umgeben waren. Zu diesen Burghauptquartieren zogen Kaufleute und Handwerker sowie die lokalen Haupttempel der religiösen Sekten. Die Daimyô -Domäne wurde so der hervorstechende Organismus lokaler Verwaltung für die folgenden drei Jahrhunderte. „Im Jahre 1560 stand Japan an der Schwelle zu einer großen Ära seiner Geschichte, in der die Kriege der Sengoku -Zeit mit einer Reihe von für die Festigung des Staates entscheidenden Schlachten zu Ende gehen sollten. Während der nächsten vierzig Jahre gelang es einer schlagkräftigen Streitmacht, die unter der Führung dreier aufeinanderfolgender militärischer Genies aus dem östlichen Zentraljapan vorrückte, die Daimyô zur Unterwerfung zu zwingen und das Land im Großen und Ganzen zu einen. Die >drei Einiger<, die diese Leistung vollbrachten - Oda Nobunaga (1534-1582), Toyotomi Hideyoshi (1536-1598) und Tokugawa Ieyasu (1542-1616)
- waren Daimyô, und die Einheit, die sie erreichten, nahm die Form einer militärischen Oberherrschaft über die restlichen Daimyô an. Zur Zeit Ieyasus wurde die Hegemonie fest verankert und mit einer neuen Shôgunatsregierung, die den Frieden für über zweihundertfünfzig Jahre bewahren konnte, legitimiert.“ (Hall 1968: 143)
2. Der Weg zur Reichseinigung
2.1. Das Ende der Sengoku Jidai
Um die Sengoku Jidai zu beschreiben und sich die zum Teil vollkommen chaotischen Verhältnisse zu vergegenwärtigen, ist eine Beschreibung der Ränke um das alte Ashikaga-Shôgunat, die sich um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, also inmitten der Sengoku-Zeit, ereignete, gut geeignet. Die Daimyô, die sich um die Macht in der kaiserlichen Hauptstadt stritten und für sich beanspruchten, Shôgune einzusetzen und abzusetzen, waren selbst der Gnade ihrer verräterischen Generäle, untreuen Freunde und unloyalen Verwandten ausgeliefert. So erging es z.B. Hosokawa Masamoto, der den Shôgun Ashikaga Yoshitaka einsetzte und manipulierte, und dann von Zweien seiner Gefolgsleute und einem adoptierten Sohn ermordet wurde. Sein anderer adoptierter Sohn, Hosokawa Takakuni, war der „Beschützer“ des Shôguns Ashikaga Yoshitada. Dieser konnte sich aber aus dem Griff seines „Beschützers“ befreien, nur um sich wieder auf der Flucht zu befinden. Takakuni suchte sich selbst einen neuen Protegé, wurde letztendlich aber selbst von einem anderen zerstört, der sich besser im Einsetzen von Shôgunatsanwärtern verstand. Dies war nämlich sein Neffe, Hosokawa Harumoto, mit seinem Gefolgsmann Miyoshi Motonaga. Doch diese beiden zerstritten sich bereits nach weniger als einem Jahr, nachdem sie ihren gemeinsamen Widersacher aus dem Weg geräumt hatten. Harumoto alliierte sich mit der Sekte des Reinen, Wahren Landes, die Motonaga töteten. Motonagas Sohn, Miyoshi Nagayoshi, verjagte in den fünfziger Jahren des sechzehnten Jahrhunderts Harumoto aus Kyôto und wurde zum dominanten Einfluß auf das, was vom Ashikaga- Shôgunat übriggeblieben war. Doch es war sein Schicksal seinerseits von seinem Gefolgsmann Matsunaga Hisahide dominiert zu werden, welcher ein perfektes Beispiel für die vielen Virtuosen des Gekokujô (= die Unterwerfung von Oberen durch Untergeordnete) des sechzehnten Jahrhunderts ist (vgl. Elison & Smith 1981: 1-2). Um 1560 gab es ca. 200-250 erwähnenswerte Daimyô in Japan deren Territorien ca. 2/3 des Landes ausmachten. Zu dieser Zeit setzte der Trend zum Zusammenschluß der Daimyô ein, da man erkannt hatte, daß es gerade in Gebieten mit mehreren einflußreicheren Daimyô, in dem Bestreben sich immer mehr Land untertan zu machen, nicht mehr recht voran ging. Diese bedeutenden Daimyô, die sich große Teile der alten Shugo -Gebiete hatten aneignen können, waren etwa dreißig an der Zahl. Im äußersten Norden hatte sich die Sippe der Date, deren Sitz in der Nähe des heutigen Yonezawa lag, etabliert. In der Kantô -Gegend waren die Hôjô, mit Sitz in Odawara und die Satomi führend. Im Nordosten hatten sich die Uesugi, Takeda, Suwa, Jimbô und Asakura festgesetzt und ausgebreitet. An der Ostküste befanden sich die Imagawa und die Oda, in den Stammprovinzen die Asai, Hosokawa, Tsutsui und Hatakeyama. In den Westprovinzen residierten einige der mächtigsten Daimyô: Am Japanischen Meer die Yamana und die Amago; an der Inlandsee etablierten sich die Ukita, Kobayakawa, Ôuchi und Môri. In Shikoku waren die Miyoshi und Chôsokabe zu starkem Einfluß gelangt, in Kyûshû lagen die Domänen der Ôtomo, Shimazu, Kikuchi und Ryûzôji. Die Namen zeigen, daß eine Reihe dieser Sippen bereits unter den Ashikaga-Shôgunen von Bedeutung waren, sie waren Gefolgsleute oder Verwandte der Shugo des fünfzehnten Jahrhunderts. Doch nur wenige von ihnen hatten ihre Stellung beibehalten können und auch die letzten hiervon sollten in den Kämpfen nach 1568 fast völlig vernichtet werden. Dennoch wurden nicht alle Provinzen von Daimyô verwaltet, z.B. gab es in der Provinz Kaga seit 1488 eine Regierung aus Priestern der Ikkô -Sekte des Klosters Honganji in Verbindung mit den niederen Samurai und den Dorfältesten der Provinz, die seinerzeit den Shugo von Kaga zwangen, die Provinz zu verlassen. Diese Regierung in Kaga hielt sich beinahe ein Jahrhundert lang und weist hier schon darauf hin, daß die späteren Reichseiniger nicht nur gegen ihresgleichen anzutreten hatten, sondern sich auch mit sich verbissenen wehrenden religiösen Sekten, die über wohlorganisierte, gutausgerüstete und hochmotivierte Truppen verfügten, auseinanderzusetzen hatten. Darüber hinaus hatten sie sich oft an schwer einnehmbaren, strategischen Orten festgesetzt (vgl. Hall 1968: 134-136). Diese o.g. Geschlechter hatten die Daimyô mehrerer Provinzen unter ihre Herrschaft gebracht und waren damit für die Eroberung des ganzen Landes gerüstet. Unter diesen regionalen Daimyô -Verbänden wurde schließlich der entscheidenden Kampf um die Macht in Japan ausgetragen.(vgl. Hall 1968: 143-144)
2.2. Der erste Einiger: Oda Nobunaga
1551 folgte er mit 19 Jahren seinem Vater im Amt und erweiterte rasch seine Macht, da er es verstand die Schicht der Kokujin seiner Provinz für sich zu gewinnen.(vgl. Inoue, K. 1993: 183)
Nachdem Uesugi Kenshin (1530-1578) im Jahre 1558 nach Kyôto gereist war und mit dem lange Zeit bedeutungslosen Titel des KantôKanrei (= Generalgouverneur des Kantô -Gebiets) in seine Provinz Echigo zurückkehrte, erhob er sofort Anspruch auf die Kantô -Provinzen und griff die Territorien der Hôjô und Takeda an. Der Kampf fuhr sich fest und es blieb den Daimyô mit den näher an Kyôto gelegenen Herrschaftsgebieten überlassen, die Stadt selbst einzunehmen. Im Jahre 1560 versuchte Imagawa Yoshimoto (1519-1560) mit einem beeindruckenden Heer von 25000 Mann durch das Gebiet Oda Nobunagas nach Kyôto vorzurücken. Hieran kann man erkennen, daß die Daimyô nun, nachdem sie ihre Provinzialherrschaft gefestigt hatten, versuchten, auch durch die alten Symbole der Regierung, ihre Macht zu legitimieren. In einem Überraschungsangriff stürmte Oda Nobunaga mit 2000 Mann das Lager Yoshimotos, tötete diesen und schlug somit in der Schlacht von Okehazama die ihm zahlenmäßig vielfach überlegene Streitmacht der Imagawa, die nun führerlos war, in die Flucht. Durch diese militärische Glanzleistung rückte Oda Nobunaga in die Reihe der Daimyô auf, die um die absolute Macht in Japan stritten. Zudem lag seine Heimatprovinz Owari strategisch günstig. Sie lag nah genug an Kyôto, um dies schnell erreichen zu können, und doch entfernt genug, um nicht beständig in den Kampf um die Zentralprovinzen verwickelt zu werden (vgl. Hall 1968: 144). Nach diesem Sieg hatte Oda Nobunaga das Vertrauen in seine eigen Fähigkeit, das Land beherrschen zu können. Seit dieser Zeit benutzte er ein Siegel mit der Inschrift tenka fubu (= „Das Reich mit Waffen erobern“) (vgl. Inoue 1993: 184). Im Jahre 1562, als Nobunaga gerade dabei war die Daimyô der benachbarten Gebiete zu unterwerfen, schloß er mit Tokugawa Ieyasu eine Allianz, die für beide von großem Nutzen war (Elison & Smith 1981: Chronology: XI). Ieyasu hielt Nobunaga den Druck der östlichen Daimyô vom Hals und Nobunaga mischte sich nicht in die Gebietsvergrößerungen Ieyasus ein. So nach Westen hin abgesichert eroberte Ieyasu 1566 die gesamte Provinz Mikawa und verleibte sie seinem Herrschaftsgebiet ein. Im Jahre 1568 marschierte Oda Nobunaga mit seiner 30000 Mann starken Vier-Provinz-Streitmacht, die aus seinen Vasallen aus Owari, Mino und Ise sowie aus Tokugawa Ieyasus Mikawa Samurai bestand, nach Kyôto und vertrieb die Miyoshi Triumvirn, die den Shôgun Ashikaga Yoshihide eingesetzt hatten, der auf der Flucht vor Nobunaga zu Tode kam. Nobunaga setzte dessen Cousin Yoshiaki als Shôgun ein, um seine eigenen Ansprüche zu legitimieren (vgl. Hall 1981: 149-152). Er ließ den neueingesetzten Shôgun schwören, alle politischen Entscheidungen ihm zu überlassen und legte hiermit den Grundstein für die Eroberung Japans (vgl. Hall 1968: 144). Dennoch stellten sich Nobunaga auf diesem Wege noch einige Hindernisse in den Weg: In Kyôto widersetzten sich ihm die Mönche des Klosters Enryakuji auf dem Hieizan. Mit diesen verbündeten sich die DaimyôAsakura Yoshikage und Asai Nagamasa. Auch die Kaufleute von Sakai standen ihm feindselig gegenüber. Die von der Ikkô -Sekte gehaltene Festung Ishiyama hinderte ihn daran, zur Inlandsee vorzurücken. Auch die Priester von Negoro waren Nobunaga feindlich gesonnen. Hinter diesem Ring von unmittelbaren Feinden lauerten im Osten die Takeda, Uesugi und Hôjô sowie im Westen die Môri und Shimazu. Dank seines Bündnisses mit Tokugawa Ieyasu hielt dieser ihm in der Kantô -Ebene den Rücken frei (vgl. Hall 1968: 144-145). Um zunächst die Macht der Buddhisten zu brechen griff Nobunaga 1571 das Enryakuji -Kloster auf dem Hieizan an und tötete mehr als 3000 Mönche und zerstörte dieses seit der frühen Heian -Zeit bedeutende religiöse und politische Zentrum vollkommen (vgl. Collcut, Jansen & Kumakura 1988: 132). Die sich ihm bedrohlich nähernden DaimyôAsai und Asakura konnte er schließlich 1573 besiegen und gliederte deren Domänen den eigenen an und begann gleichzeitig mit der Belagerung der Festung Ishiyama, die sich allerdings aufgrund des starken und gut organisierten Widerstandes der Ikkôshu bis 1580 hinzog. Hiernach war aber ein für alle Mal die weltliche Macht der Ikkô -Sekte gebrochen. Ebenfalls im Jahre 1573 vertrieb Nobunaga den Shôgun aus Kyôto und wurde somit de facto Herrscher des Landes. Oda Nobunaga begann nun zur Festigung seiner Macht mit dem Bau der Azuchi -Burg (1576-1579) am Ufer des Biwa -Sees, die in sofern einen neuen Abschnitt in der Militärgeschichte Japans einläutete, als daß es die erste Burganlage Japans war, die den immer häufiger verwendeten, nach portugiesischen Vorbildern nachgebauten Feuerwaffen standhalten konnte. Es waren diese Waffen und sein strategisches Geschick, welche Nobunaga seine Überlegenheit über die anderen Daimyô sicherten. Mittlerweile hatte sich Toyotomi Hideyoshi vom einfachen Soldaten in Oda Nobunagas Heer zum General hervorgearbeitet und wurde von ihm von Kyôto aus gen Westen gesandt um die Môri, die über 12 Provinzen herrschten, auszuschalten. 1578 begann, nach einem glänzenden Sieg über die Ukita -Sippe in Bizen und Mimasaka, der bis 1582 andauernde Krieg mit den Môri (vgl. Hall 1968: 144-147). Zu dieser Zeit hatte Tokugawa Ieyasu die Provinzen Tôtômi und Suruga erobert und war im Begriff die Provinzen Kai und Shinano zu erobern (vgl. Sadler 1981: 70-77 u. 117-120). Aufgrund des ausgeglichenen Kräfteverhältnisses im Kampf mit den Môri forderte Hideyoshi 1582 Verstärkung aus Azuchi an. An dieser Stelle kam es nun wieder einmal zu einem guten Beispiel für das aus der Sengoku -Zeit nur allzu bekannte Gekokujô. Nobunagas General Akechi Mitsuhide neidete Nobunaga seine Triumphe und Machtfülle und brachte ihn auf dem Weg zu Hideyoshi um und tötete auch Nobunagas Sohn. So endete der brillante Aufstieg Oda Nobunagas bevor er seine Träume von einem vereinten Japan unter der Vorherrschaft der Oda -Sippe verwirklichen konnte (vgl. Hall 1968: 145-147).
2.3. Der zweite Einiger: Toyotomi Hideyoshi
Als Hideyoshi, während seiner Belagerung des Schlosses Takamatsu in Bitchû, von dem Tod Nobunagas erfuhr, schloß er mit dem Môri -Clan Frieden, eilte nach Kyôto und vernichtete in der Nähe von Yamazaki in Yamashiro die Truppen Akechi Mitsuhides, der selbst auf der Flucht zu Tode kam. Hideyoshi gelang es, im Rat, der über die Nachfolge von Oda Nobunaga beriet, den Enkel von Nobunaga durchzusetzen, der erst zwei Jahre alt war. 1583 entledigte sich Hideyoshi seiner Widersacher im Rat, bevor diese ihm zuvorkommen konnten und machte sich selbst zum Herrscher (vgl. Inoue 1993: 188-189). 1584 bekämpften sich Hideyoshi und Ieyasu bei Komaki in Owari, doch die Schlacht endete ergebnislos unentschieden. Daraufhin schlossen die beiden im Jahre 1585 ein Bündnis (vgl. Sadler 1981: 120-130). Nun stand der Machtausdehnung Toyotomi Hideyoshis nichts mehr im Wege. Aus seinen gesicherten Gebieten, ausgerüstet mit modernen Feuerwaffen, trat er mit seinen Verbündeten Uesugi, Tokugawa und Môri gegen die ihm feindlich gesonnenen Hôjô, Takeda, Chôsokabe, Ôtomo, Ryûzôji und Shimazu an. Zunächst gelang es ihm mit 200000 Mann im gleichen Jahr die Chôsokabe auf Shikoku auszurotten. Hiernach nahm er den Titel Kampaku (= kaiserlicher Regent) an . Zwei Jahre später vernichtete er mit 280000 Mann die Heere der Ôtomo und Ryûzôji auf Kyûshû, woraufhin sich die Shimazu, wohl um ihrer Vernichtung zu entgehen, Hideyoshi ergaben. 1590 belagerte er die Burg der Hôjô in Odawara, den stärksten verbliebenen Gegnern. Vorher hatte er mit 200000 Mann die Besitzungen der Hôjô verwüstet. Vier Monate später ergaben sich die Hôjô und schworen Hideyoshi die Treue. 1591 haben auch die letzten Daimyô Nordjapans Hideyoshi Loyalität geschworen. Im Jahre 1593 unterwarf sich auch der Matsumae -Clan in Hokkaidô. Matsumae Yoshihiro schwört Hideyoshi die Treue und wird als Feudalherr des Ezo -Gebietes anerkannt. Hideyoshi verteilte nun nach seinen glänzenden militärische Erfolgen die Provinzen neu, wobei er selbst sich seinen Großen Teil des Landes zubilligte und seine treuesten Weggefährten großzügig bedachte und in seiner Nähe ansiedelte. Weniger vertrauenswürdige Daimyô wurden in die entfernteren Provinzen „versetzt“. Auch derjenige vor dem sich Hideyoshi am meisten hüten mußte, nämlich Tokugawa Ieyasu, blieb davon nicht verschont. Er hatte sich über die letzten Jahre bereits Mikawa, Ômi, Suruga, Kai und Shinano erobert, und nun wurde er von Hideyoshi mit den ehemaligen Hôjô -Provinzen belohnt. Dies waren acht Provinzen im Kantô -Gebiet, wofür er aber seine anderen fünf Provinzen abgeben und nach Edo umziehen mußte. Damit verbannte Hideyoshi Ieyasu aus seinem unmittelbaren Herrschaftsbereich. Hideyoshi hatte durch seine eigenen Ländereien eine so große wirtschaftliche Macht, daß er sich ein eigenes Heer unterhalten konnte, welches groß genug war, jeden Daimyô zu besiegen. Somit war die Einigung Japans vollzogen. Nun wurde Hideyoshi politisch tätig indem er eine Landvermessung (kenchisei), ein allgemeines Waffenverbot für Nichtsamurai und ein starres Ständesystem einführte. Zwei von ihm in Gang gesetzte Invasionen Koreas scheiterten kläglich und Hideyoshi erkrankte 1598 schwer, weshalb er im gleichen Jahr starb. Sein Nachfolger sollte nach seinem Willen sein sechsjähriger Sohn Hideyori werden (vgl. Inoue 1993: 188-198, Hall 1968: 148-151 und Elison & Smith 1981: Chronology: XII-XV).
2.4. Der dritte Einiger:Tokugawa Ieyasu
Hideyoshi hatte sich zum Ende zu sehr mit unbesonnenen Eroberungskriegen beschäftigt und darüber seine Herrschaft gegenüber den Daimyô zu wenig gefestigt. Kurz vor seinem Tode hatte er die mächtigsten Daimyô des Landes, darunter Tokugawa Ieyasu, Maeda Toshiie, Uesugi Kagekatsu, Môri Terumoto und Ukita Hideie zu einem Gremium von fünf Regenten (Go tairô) ernannt. Aber ebensowenig wie sich Hideyoshi um die Sicherung der Herrschaft von Oda Nobunagas Nachfolger gekümmert hatte, kümmerte sich nun Ieyasu um die Sicherung der Herrschaft Hideyoris. Als dann im Jahre 1599 der mächtige Daimyô Maeda Toshiie starb und mit ihm ein wichtiger Mann für das Gleichgewicht in Japan verloren ging, war Tokugawa Ieyasu klar die Großmacht in Japan, denn die anderen Regenten konnten sich nicht auf eine gemeinsame Vorgehensweise gegen Ieyasu einigen, wie es z.B. Ishida Mitsunari, einer der Bugyo, gefordert und forciert hatte.. Einige Daimyô schworen Ieyasu die Treue und die Maeda -Sippe schickte sofort Geiseln und bot ihre Unterstützung an (vgl. Inoue 1993: 198, Hall 1968: 163-164).
Im Herbst 1599 zieht Tokugawa Ieyasu in das Schloß Ôsaka, wo vorher Maeda Toshiie mit Hideyoshis Sohn Hideyori gelebt hatte, was wiederum die Stimmung unter den Regenten verschlechterte, da sich Ieyasu nun schon mehrmals nicht an die Anweisungen Hideyoshis, die dieser den Regenten auferlegt hatte, gehalten hatte. Am Anfang des Jahres 1600 mußte Ieyasu mit seinen und seinen verbündeten Truppen in die Kantô -Ebene ziehen, da es Ishida Mitsunari endlich geschafft hatte eine westliche Allianz zu formieren. Diese bestand aus den Truppen von Ishida, Gamo, Môri, Kobayakawa, Ukita, Shimazu, Nabeshima, Chôsokabe, Ikoma, Konishi, Kinoshita, Otami und anderen westlichen Daimyôs. Diese formierten sich in der Ebene von Sekigahara. Ihnen gegenüber standen die Truppen Ieyasus, Kurodas, Hosokawas, Fukushimas, Yamanouchis, Asanos, Katos, Tanakas, Iis, Hondas, Kyôgokus, Tôdôs und Ikedas. Die Schlacht begann um acht Uhr morgens und schwang einige Zeit hin und her, ohne daß eine Seite einen Vorteil erringen konnte. Die Armee des Westens verhielt sich ähnlich uneins wie die vorherigen Verhandlungen Ishidas mit den westlichen Daimyôs schon erahnen ließen. So bewegte sich das Kontingent der großartigen Kämpfer von Shimazu keinen Meter um den in Schwierigkeiten geratenen Truppen von Ukita zur Hilfe zu eilen, sondern stellte sich auf den Standpunkt, daß jeder seine eigene Schlacht zu kämpfen hätte und man nicht auch noch auf die anderen achten könne. Im Laufe der Schlacht sollte das Kontingent Kobayakawas auf Zeichen Ishidas in die Schlacht eingreifen, aber Kobayakawa war in Wahrheit mit Môri auf der Seite Ieyasus und griff nun auf östlicher Seite in die Schlacht ein. So scheiterte die Westarmee letztlich daran, daß sie keinen „echten“ Feldherrn hatte, wie es Ieyasu für die Ostarmee war. Es gab keinen rechten Zusammenhalt und Kampfgeist, und wo es ihn gab, wie bei den Shimazu, wurde er durch mangelnden Kooperationswillen zunichte gemacht. So ging die Schlacht nach vier Stunden für den Westen verloren und Tokugawa Ieyasu war unumstrittener Herrscher des Landes (vgl. Sadler 1981: 203-211). Im Ergebnis waren 87 Daimyô -Geschlechter vernichtet worden und vier Geschlechter waren in Ihren Ländereien beschnitten worden, darunter auch der Toyotomi -Clan. Ieyasu konfiszierte 7572000 koku Land und verteilte diese, nachdem er seine eigenen Gebiete vergrößert hatte, großzügig an seine Vasallen. So erhielt z.B. Hideyoshis Nachfolger Hideyori 650000 koku Land, vergleichbar wenig, verglichen mit den 3000000 koku Land, die Hideyoshi in 1596 besaß (vgl. Hall 1968: 164, Kuniyoshi 1975: 3). Tokugawa Ieyasu nahm 1603 den Titel des Shôgun an, welcher in den kommenden 265 Jahren nur an Mitglieder des Tokugawa -Clans vergeben werden sollte. Damit war der Grundstein für eine Dynastie gelegt, die es so in Japan niemals wieder geben sollte, die Einigung Japans war schließlich vollzogen.
3. Ergebnisse der Reichseinigung
Nach der Machtübernahme durch die Annahme des Shôgunats und die Gründung des Bakufu in Edo durch Tokugawa Ieyasu, beginnt für Japan eine komplett neue Epoche: Es bricht eine neue Friedenszeit an, mit Ausnahme des Krieges Ieyasus gegen den Toyotomi -Clan 1614-1615, in dem er sich bemühte das Andenken an Toyotomi Hideyoshi auszulöschen und was ihm unter großen Opfern auch gelang. Tokugawa Ieyasu und seine Nachfolger entwickeln aus Hideyoshis „Drei Klauseln“ das Shi-Nô-Kô-Shô -System, das ein noch starreres Ständesystem war, als es die Klauseln Hideyoshis waren. Durch das System der alternierenden Aufwartung (sankin kôtai) hielt die Tokugawa -Familie die Daimyô des Landes im Zaum und verhinderte ihr militärisches und wirtschaftliches Wiedererstarken. Durch die Politik der Landabschließung (sakoku) wurde es möglich dieses raffinierte Herrschaftssystem ohne ausländische Einflüsse umzusetzen, bewirkte aber auch, daß man Mitte des neunzehnten Jahrhunderts schlecht auf die Erfordernisse einer immer globaleren Weltpolitik und Weltwirtschaft vorbereitet war. Durch die Zwangsregistrierung der Bevölkerung in buddhistischen Tempeln erhielt man einen detaillierten Überblick über dieselbe. Der Wandel der Samurai -Klasse vom Krieger zum Staatsbeamten wurde durch die Friedenszeit erst ermöglicht. Mit dem Aufkommen mächtiger Daimyô, besonders nach 1580 begann in Japan eine Blütezeit des Städtebaus, die in der Weltgeschichte nicht seinesgleichen haben dürfte. Städte wie Edo, das 1800 zur Millionenstadt wurde, Ôsaka, Nagoya und Nagasaki sind alle Produkte dieser Zeit. So kann man wohl abschließend sagen, daß die Reichseinigung, als Werk dreier großartiger Persönlichkeiten, Japan endlich eine Zeit der inneren Ruhe und des Friedens bescherte, nachdem Krieg das herausragende Merkmal der vorigen Jahrhunderte gewesen war.
Literaturverzeichnis
Collcut, Martin; Jansen, Marius & Kumakura, Isao (1988): Bildatlas der Weltkulturen: Japan, Oxford
Elison, George & Smith, Bardwell L. (1981): Warlords, Artists & Commoners: Japan in the 16th Century, Honolulu
Hall, John W. (1968): Das Japanische Kaiserreich, Frankfurt am Main
Hall, John W., Nagahara Keiji & Kozo Yamamura Hrsg. (1981): Japan before Tokugawa -Political Consolidation and Economic Growth 1500 to 1650 -, Princeton
Inoue, Kiyoshi (1993): Geschichte Japans, Frankfurt am Main
Kuniyoshi, Ichiyusai (1975): Ehon Toyotomi Kunkoki,
Pictorial Biography of Toyotomi Hideyoshi, The unifier of Japan, Hollywood (from the Woodblock Edition of 1855- 1884)
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Text über die Reichseinigung Japans?
Der Text behandelt die Zeit der kriegführenden Länder (Sengoku Jidai) in Japan und den Weg zur Reichseinigung unter den drei Einigern: Oda Nobunaga, Toyotomi Hideyoshi und Tokugawa Ieyasu. Er beschreibt die politischen und militärischen Ereignisse, die zur Konsolidierung des Landes führten, sowie die Ergebnisse dieser Einigung.
Was war die Sengoku Jidai?
Die Sengoku Jidai, auch bekannt als die "Zeit der kämpfenden Länder", war eine Periode in der japanischen Geschichte, in der das Land in autonome Territorien zerfiel, die von rivalisierenden Daimyô beherrscht wurden. Diese Daimyô kämpften um Land und Einfluss, was zu ständigen Kriegen und politischer Instabilität führte.
Wer waren die "drei Einiger" Japans?
Die "drei Einiger" Japans waren Oda Nobunaga, Toyotomi Hideyoshi und Tokugawa Ieyasu. Sie waren Daimyô, die im 16. Jahrhundert eine bedeutende Rolle bei der Vereinigung des Landes spielten, indem sie die anderen Daimyô unterwarfen und eine militärische Oberherrschaft etablierten.
Was waren die wichtigsten Ereignisse unter Oda Nobunaga?
Oda Nobunaga erlangte nach der Schlacht von Okehazama im Jahr 1560 Bekanntheit. Er marschierte 1568 nach Kyôto, setzte Ashikaga Yoshiaki als Shôgun ein und begann mit dem Bau der Azuchi-Burg. Er brach die Macht der buddhistischen Mönche und besiegte die Daimyô Asai und Asakura.
Wie gelang es Toyotomi Hideyoshi, Japan zu einigen?
Nach dem Tod von Oda Nobunaga übernahm Toyotomi Hideyoshi die Führung und besiegte Akechi Mitsuhide. Er verbündete sich mit Uesugi, Tokugawa und Môri und besiegte die Hôjô, Chôsokabe, Ôtomo, Ryûzôji und Shimazu. Er führte eine Landvermessung, ein Waffenverbot und ein starres Ständesystem ein.
Welche Rolle spielte Tokugawa Ieyasu bei der Reichseinigung?
Tokugawa Ieyasu war zunächst ein Verbündeter von Oda Nobunaga und Toyotomi Hideyoshi. Nach dem Tod von Hideyoshi übernahm er die Macht und besiegte die westliche Allianz in der Schlacht von Sekigahara im Jahr 1600. Er nahm 1603 den Titel des Shôgun an und gründete das Tokugawa-Shôgunat.
Was waren die Ergebnisse der Reichseinigung?
Die Reichseinigung führte zu einer neuen Friedenszeit unter dem Tokugawa-Shôgunat. Das Shi-Nô-Kô-Shô-System wurde etabliert, die alternierende Aufwartung (sankin kôtai) wurde eingeführt, und die Politik der Landabschließung (sakoku) wurde umgesetzt. Es kam zu einem Wandel der Samurai-Klasse und einer Blütezeit des Städtebaus.
Welche Bedeutung hat das Shi-Nô-Kô-Shô-System?
Das Shi-Nô-Kô-Shô-System war ein starres Ständesystem, das von den Tokugawa etabliert wurde und die Gesellschaft in Samurai, Bauern, Handwerker und Kaufleute einteilte. Es diente zur Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung und zur Kontrolle der Bevölkerung.
Was bedeutet Sankin Kôtai (alternierende Aufwartung)?
Sankin Kôtai war ein System, bei dem die Daimyô verpflichtet waren, abwechselnd in Edo zu residieren. Dies diente dazu, ihre Macht zu kontrollieren und ihre militärische und wirtschaftliche Stärke zu schwächen.
Was war Sakoku (Landabschließung)?
Sakoku war eine Politik der Landabschließung, die von den Tokugawa umgesetzt wurde, um ausländische Einflüsse zu minimieren und das interne Herrschaftssystem aufrechtzuerhalten. Sie schränkte den Handel und die Beziehungen zu ausländischen Mächten stark ein.
- Quote paper
- Arne Baganz (Author), 2000, Wie kam es zur Reichseinigung Japans im Jahre 1603, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100199