In den vergangenen Jahren determinierten hohe Wachstumsraten die erfolgsverwöhnte PR-Agenturenbranche. Überdurchschnittliche Umsatzsteigerungen und Rekordbilanzen vieler PR-Firmen demonstrierten die ökonomische Relevanz dieses Wirtschaftszweiges. Denn die externe PR-Beratung ist ein Markt mit einem bedeutenden Umsatzvolumen.
Einer Analyse seiner Eigenschaften wird in der Fachliteratur jedoch wenig Beachtung geschenkt. Grund genung für einen Versuch, die Merkmale der PR-Agenturlandschaft in Deutschland im Überblick darzustellen. Dazu werden zunächst die Kommunikationsdisziplin „Public Relations“ und der Dienstleister „PR-Agentur“ definiert. Nach einem Abriss der geschichtlichen Branchenentwicklung wird weiterhin die Struktur des PR-Agenturmarktes an Hand von ausgewählten Merkmalen skizziert. Im Mittelpunkt des Interesses liegen hierbei die PR-Agenturarten, die regionale Verteilung der Agenturstandorte, die Bedeutung von brachentypischen Unternehmensverbindungen sowie die Umsatzentwicklung der letzten Jahre.
Abschließend werden internationale Agenturen-Netzwerke als ein konstitutives Merkmal des PR-Agenturensektors thematisiert. Als Praxisbeispiel wird das globale Network vorgestellt, dem die deutsche PR-Agentur ECC Kohtes Klewes angehört. Dabei wird der Fokus auf die unternehmerische Verflechtung, die Dienstleistungsprofile sowie die Umsatzstärke der einzelnen Netzwerkunternehmen gelegt.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Definition des Untersuchungsgegenstands
2.1 Public Relations
2.2 PR-Agenturen
3. Geschichtliche Entwicklung des PR-Agenturenmarktes
3.1 Die frühen Tage der PR-Agenturen in Deutschland
3.2 Wachstum der PR-Branche
3.3 Etablierung und Expansion
4. Strukturen des PR-Agenturenmarktes
4.1 Regionale Verteilung
4.2 PR-Agenturtypen
4.3 Unternehmensverbindungen
4.4 Aktuelle Marktlage
5. Internationale Agenturennetzwerke: Fallbeispiel ECC Kohtes Klewes
5.1 Omnicom
5.2 BBDO
5.3 ECC Group und ECC Kohtes Klewes
6. Schlussbetrachtung und Ausblick
Verzeichnis der Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
In den vergangenen Jahren determinierten hohen Wachstumsraten die erfolgsverwöhnte PR-Agenturenbranche. Überdurchschnittliche Umsatzsteigerungen und Rekordbilanzen vieler PR-Firmen demonstrierten die ökonomische Relevanz dieses Wirtschaftszweiges. Allein im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschafteten die 100 umsatzstärksten PR-Agenturen insgesamt einen Honorarumsatz in Höhe von 233 Mio. Euro (vgl. Förster 2004, 16). Die externe PR-Beratung ist ein Markt mit einem bedeutenden Umsatzvolumen. Einer Analyse seiner Eigenschaften wird in der Fachliteratur jedoch wenig Beachtung geschenkt. Vor diesem Hintergrund soll es deshalb Ziel der vorliegenden Arbeit sein, die Merkmale der PR-Agenturlandschaft in Deutschland darzustellen. Da die Untersuchung eines Gegenstands seine Abgrenzung erfordert, werden zunächst die Kommunikationsdisziplin „Public Relations“ und der Dienstleister „PR-Agentur“ definiert. Nach einem Abriss der geschichtlichen Branchenentwicklung wird die Struktur des PR-Agenturmarktes an Hand von ausgewählten Merkmalen skizziert. Im Mittelpunkt des Interesses liegen hierbei die regionale Verteilung der Agenturstandorte, die PR-Agenturarten sowie die Bedeutung von brachentypischen Unternehmensverbindungen. Die Darstellungen stützen sich in starkem Maße auf die Studie von Bettina Nöthe (Nöthe 1994), die bis heute einzige und umfangreichste Marktanalyse der PR-Beratungsbranche. Anschließend wird im Hinblick auf die aktuelle Marktsituation die Umsatzentwicklung der vergangenen Geschäftsjahre betrachtet. Das letzte Kapitel thematisiert internationale Agenturen-Netzwerke, die ein konstitutives Merkmal des PR-Agenturensektors bilden. Als Praxisbeispiel wird das globale Network vorgestellt, dem die deutsche PR-Agentur ECC Kohtes Klewes angehört. Dabei wird der Fokus auf die unternehmerische Verflechtung, die Dienstleistungsprofile sowie die Umsatzstärke der einzelnen Netzwerkunternehmen gelegt. An dieser Stelle ist die Anmerkung notwendig, dass bei den folgenden Darstellungen des PR-Agenturenmarktes und des Netzwerk-Fallbeispiels kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden kann, da eine detaillierte Marktanalyse über den Umfang der Arbeit hinausgehen würde. Ziel der Ausführungen ist es, einen allgemeinen Überblick über die Eigenschaften der Branche zu verschaffen.
2. Definition des Untersuchungsgegenstands
2.1 Public Relations
Öffentlichkeitsarbeit ist eine Form der öffentlichen Kommunikation, die aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken ist. In Zeiten von Interessenpluralismus und zunehmender Umweltkomplexität besteht für Organisationen aus allen Gesellschaftsbereichen die Notwendigkeit, gezielte Kommunikationstechniken einzusetzen, um zwischen gesellschaftlichem Umfeld und internen Interessen zu vermitteln. Als Bezeichnung für diese Kommunikationsdisziplin hat sich der Anglizismus „Public Relations“, kurz PR, etabliert. Seine Bedeutung wird von der Deutschen Public Relations Gesellschaft wie folgt definiert: „Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations vermittelt Standpunkte und ermöglicht Orientierung, um den politischen, den wirtschaftlichen und den sozialen Handlungsraum von Personen oder Organisationen im Prozess öffentlicher Meinungsbildung zu schaffen und zu sichern. Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations plant und steuert dazu Kommunikationsprozesse für Personen und Organisationen mit deren Bezugsgruppen in der Öffentlichkeit.“ (DPRG Homepage). Die Aufgabe der Public Relations besteht darin, das Selbstbild und die Tätigkeiten der gesellschaftlichen Akteure nach innen und außen zu vermitteln sowie einen Dialog mit ihren Teilöffentlichkeiten zu leiten. Hierbei handelt es sich um Kommunikationsprozesse, deren Zweck mit den Worten „Information, Kommunikation, Persuasion, Imagegestaltung, kontinuierlicher Vertrauenserwerb, Konfliktmanagement und das Herstellen von gesellschaftlichem Konsens“ (Bentele 1997, 23) umschrieben werden kann.
2.2 PR-Agenturen
Mit steigender Relevanz der Public Relations ist das Management von Kommunikationsprozessen zu einer Spezialistenaufgabe avanciert. Neben organisationsinternen Abteilungen wird PR von zahlreichen externen Dienstleistern ausgeübt. Die PR-Agenturen bilden eine Gruppe von Unternehmen, die sich auf professionelle Öffentlichkeitsarbeit spezialisiert haben. Sie bieten PR-Beratung als Dienstleistung an, die auf dem dargelegten Grundverständnis von PR basiert. Da Öffentlichkeitsarbeit teilweise auch zum Repertoire von Werbeagenturen und einigen Unternehmensberatungen zählt, bedarf der Unternehmenstypus PR-Agentur der Präzision, um ihn von anderen Anbietergruppen abzugrenzen. Eine einheitliche Definition ist allerdings problematisch, da weder die Berufsbezeichnung „PR-Berater“ noch der Begriff „PR-Agentur“ konkret ausgelegt sind. Aus diesem Grund muss sich die Begriffsklärung nach charakteristischen Merkmalen der Agenturtätigkeit richten. Nach Nöthe versteht man demzufolge unter PR-Agenturen „erwerbswirtschaftlich orientierte Dienstleistungsunternehmen, die im Auftrag anderer Unternehmen, Institutionen, gesellschaftlicher Gruppen oder Einzelpersonen Funktionen im Bereich Public Relations übernehmen. Mit einer Mindestbelegschaft von fünf festangestellten Mitarbeitern (sowie eventuell projektbezogen tätigen freien Mitarbeitern) verwalten PR-Agenturen treuhänderisch Etats zur Lösung kommunikativer Aufgaben und erzielen durch diese Tätigkeit vollständig oder hauptsächlich ihre Erlöse.“ (Nöthe 1994, 66). In dieser Auslegung wird den Agenturen die Rolle eines Vermittlers zugewiesen, der auf Honorarbasis die Kommunikationsprozesse zwischen dem Auftraggeber und seinen Teilöffentlichkeiten gestaltet. Um diese Funktion auf einem gewissen quantitativen und qualitativen Niveau erfüllen zu können, wird ein Personalumfang von mindestens fünf Angestellten vorausgesetzt. Da diese Personalstärke die Beständigkeit der PR-Agentur als eine wirtschaftliche Organisationseinheit impliziert, wird dadurch eine Abgrenzung zu selbständigen Einzelberatern und Anbietern, die sich nicht dauerhaft am Markt halten können, vorgenommen. Ein spezifisches Know-how und ein umfassender Komplex von PR-Beratungsleistungen kennzeichnen die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der PR-Agenturen. Damit stellen sie ein eigenständiges Wirtschaftssegment dar, das im Folgenden untersucht werden soll.
3. Geschichtliche Entwicklung des PR-Agenturenmarktes
3.1 Die frühen Tage der PR-Agenturen in Deutschland
Die historische Entwicklung der PR-Agenturen zeigt das Bild einer relativ jungen Branche. Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts eröffneten amerikanische und britische Werbeagenturen Zweigstellen in Deutschland, zu deren werbespezifischem Agenturangebot auch einige PR-Leistungen gehörten. Zu dieser Zeit erschlossen amerikanische PR-Agenturen ebenfalls einen neuen Markt in Deutschland. So betreuten Ivy L. Lee von 1929 bis 1934 das Chemiekartell I.G. Farben und Carl Byoir von 1933 bis 1935 das Tourismusbüro der Deutschen Reichsbahn als PR-Berater (vgl. Bentele 1998, 247). Zwar wurde in Deutschland bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts in staatlichen und unternehmenseigenen Pressestellen Öffentlichkeitsarbeit betrieben, doch erst mit der Niederlassung ausländischer Werbeagenturen und der Tätigkeit amerikanischer PR-Berater hielt der Unternehmenstyp „PR-Agentur“ Einzug in den deutschen Dienstleistungsmarkt. Die Gründung deutscher privatwirtschaftlicher PR-Firmen begann nach dem zweiten Weltkrieg. Eine genaue Rekonstruktion der Branchenentwicklung ist auf Grund eines Mangels an verlässlichen Quellen kaum realisierbar. Hinzu kommt, dass viele erste Agenturen seit langer Zeit ihren Betrieb eingestellt haben oder mittlerweile in einem anderen Geschäftsfeld tätig sind. Daher stützt sich die geschichtliche Darstellung auf allgemeine Aussagen und Schätzungen. Es wird angenommen, dass die erste bundesdeutsche PR-Agentur die Frankfurter Contactdienst GmbH – Erste Gesellschaft zur Förderung der Beziehungen zur Öffentlichkeit war. Das PR-Beratungsunternehmen wurde am 21. Juli 1950 von der Cella Lackfabrik Dr. C. Schleussner GmbH gegründet und nach ausbleibendem Geschäftserfolg im Jahre 1964 aufgelöst (vgl. Nöthe 1994, 108). In den 50er Jahren demonstrierten weitere Einrichtungen von PR-Agenturen die allmähliche Entwicklung eines neuen Dienstleistungsmarktes. Außer neu gegründeten Agenturen erschienen auch Tochtergesellschaften von Werbeunternehmen und umfirmierte Journalistenbüros mit dem Geschäftsschwerpunkt Öffentlichkeitsarbeit auf dem deutschen Markt. Im Zuge des Wirtschaftswunders erhöhten die Ausbreitung der Massenmärkte und der zunehmende Wettbewerbsdruck die Nachfrage nach PR-Dienstleistungen, die sich in vermehrten Agenturgründungen der 60er Jahre widerspiegelte. Insgesamt betrachtet stellen die zwei Jahrzehnte die Entstehungsphase der neuen Kommunikationsbranche dar.
3.2 Wachstum der PR-Branche
Die gesellschaftskritischen Bewegungen der 70er Jahre führten zu einer öffentlichen Auseinandersetzung mit den Tätigkeiten der Wirtschaftsunternehmen. Die Kritik am Massenkonsum der Überflussgesellschaft sowie die Forderung nach sozialer Verantwortung und Machtbegrenzung der Konzerne waren in den Medien zunehmend zu vernehmen. Aus Sorge um ihr Image investierten Unternehmen daher verstärkt in externe PR-Dienstleistungen, um den negativen Konfrontationen in der Öffentlichkeit entgegenzuwirken. Vor diesem Hintergrund setzte ein enormes Wachstum des PR-Beratungsmarktes ein, das in einer kontinuierlich steigenden Anzahl der Markteintritte zum Ausdruck kam. Schließlich führten die Entwicklungen der deutschen Gesellschaft in den 80er Jahren zu einem großen Boom auf dem PR-Agenturensektor. Wachsendes Umweltbewusstsein, steigende Arbeitslosigkeit und eine Mobilisierung von industriekritischen Teilöffentlichkeiten in Bürgerinitiativen waren die zentralen Faktoren eines veränderten gesellschaftlichen Umfeldes, das die Unternehmen dazu herausforderte, sich mit ihren Bezugsgruppen auseinanderzusetzen und ihren Standpunkt in der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Auf Grund dieser Anforderungen stieg die Nachfrage nach professioneller Beratungskompetenz im Bereich Public Relations immens, wovon die PR-Anbieter in starkem Maße profitierten. In dieser Zeitspanne kam es zu vielen Agenturgründungen und die PR-Dienstleistung erlebte ein überdurchschnittliches Marktwachstum. Diese Branchenentwicklung lässt erkennen, dass die Disziplin der externen PR-Beratung sich in den 80er Jahren in den bundesdeutschen Dienstleistungsmarkt eingegliedert hat.
3.3 Etablierung und Expansion
In einer 1991 durchgeführten Studie von Bettina Nöthe wurde das Gründungsjahr von 105 PR-Agenturen erfasst. In den Daten zeichnet sich eine ungefähre Entwicklungslinie des PR-Agenturenmarktes ab (vgl. Anhang I). Daraus geht hervor, dass 3,81% der Agenturen in den 50er Jahren und 11,43% in den 60ern gegründet wurden, während 20,95% in den 70ern, 58,10% in den 80ern und 5,71% Anfang der 90er Jahre ihre Agenturtätigkeit aufgenommen haben (vgl. Nöthe 1994, 99). Die Untersuchung liefert einen empirischen Beleg für das Aufkommen der Agenturszene in den 60ern und das starke Marktwachstum in den 80er Jahren. Die externen PR-Dienstleister bilden demzufolge einen relativ jungen Wirtschaftszweig, der sich im Laufe der letzten zwanzig Jahre in Deutschland fest etabliert hat. Trotz einer niedrigeren Markteintrittsquote Anfang der 90er Jahre, die auf eine höhere PR-Kompetenz innerhalb der Organisationen zurückgeführt werden könnte, kann man heute auf eine Expansion der PR-Agenturbranche zurückblicken. Nach den Berechnungen von Bentele wurden im Zeitraum von 1990 bis ´97 jährlich zwischen 30 und 40 PR-Agenturen und Einzelberatungen gegründet (vgl. Bentele 1998, 248). Der Grund für das Branchenwachstum war zum einen die Einführung neuer Kommunikationstechnologien, die beispielsweise das Erscheinen von Online- und IT-Spezialisten auf dem PR-Beratungsmarkt förderte. Zum anderen wurden im Rahmen der Outsourcing-Strategie aus Kostengründen einige Aufgabenbereiche von Unternehmen an externe Dienstleister delegiert, wodurch die Nachfrage nach PR-Beratern gestiegen ist. Des Weiteren entstand mit zunehmender internationaler Ausrichtung von Unternehmen und der Umstrukturierung des europäischen Binnenmarktes ebenfalls die Notwendigkeit, professionelle PR-Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Ferner bewirkten Entwicklungen, wie zum Beispiel die Bildung der neuen Bundesländer und die steigende Arbeitslosigkeit eine Ausweitung der Interessen und Konfliktpotentiale. Mit der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung und medientechnischem Fortschritt wurden die Bedingungen für die Kommunikation zwischen verschiedenen Gesellschaftsgruppen, Organisationen und deren Teilöffentlichkeiten zunehmend komplexer, sodass immer mehr auf das Fachwissen von PR-Anbietern zurückgegriffen wurde. Hinsichtlich des Entwicklungsverlaufs bleibt festzuhalten, dass die wachsende Umweltkomplexität den Antrieb für die Dynamik des PR-Marktes darstellt. Sozio-ökonomische Veränderungen und gesellschaftliche Konflikte erhöhten den Bedarf an öffentlichem Interessenaustausch, der von PR-Spezialisten organisiert und durchgeführt wird. Daraus resultierten eine wachsende Nachfrage und zunehmende fachspezifische Anforderungen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, die der Grund für die Entstehung und das große Wachstumspotential eines Marktes für PR-Agenturen waren.
4. Strukturen des PR-Agenturenmarktes
Der PR-Agenturenmarkt bietet ein diffuses Bild. In erster Linie gestaltet sich die Abgrenzung der PR-Agenturen von anderen Wettbewerbern der PR-Beratungsbranche als schwierig. Wie bereits erwähnt zählen dazu Werbeagenturen und Unternehmensberatungen (vgl. 2.2). Allerdings gehören PR-Dienstleistungen nicht in den Bereich des Kerngeschäfts dieser Anbietergruppen. Zu dem gibt es auf PR spezialisierte Einzelberater, die aber aus steuerrechtlichen Gründen eine andere Berufsbezeichnung wie beispielsweise „freier Journalist“ führen. Die Wettbewerbsstrukturen des PR-Dienstleistungsmarktes sind demzufolge stark heterogen. Das hängt im Wesentlichen mit dem nicht eindeutig abgrenzbaren Tätigkeitsfeld und dem ungeregelten Berufszugang zusammen. Da außerdem der Begriff „PR-Agentur“ nicht rechtlich geschützt ist, bleibt der Marktzugang prinzipiell offen und nicht überschaubar. „Diese Rahmenbedingungen haben eine Intransparenz des Marktes der PR-Beratung zur Folge.“ (Stapf 1991, 40). Schließt man nicht spezialisierte Anbietergruppen aus, bleibt immer noch ein breites Spektrum an Marktteilnehmern. Dieses reicht von als Agentur firmierenden Einzelberatern über inhabergeführte mittelständische Agenturen bis zu multinationalen Unternehmen weltweiter Agenturen-Netzwerke. Zur Abgrenzung der PR-Agenturszene sollen nur diejenigen Agenturen betrachtet werden, die die Kriterien der Definition von Nöthe (vgl. 2.2) erfüllen. Dennoch bleibt eine systematische quantitative Erfassung der Wettbewerber problematisch. Der PR-Agenturen und -Berater Index des Branchenverbands DPRG zählte Anfang 1998 515 PR-Anbieter, von denen allerdings nur 183 als PR-Agentur entsprechend der Definition eingestuft werden können. (vgl. Bentele 1998, 255). Da das Register nur DPRG- Mitglieder auflistet, bietet es zwar einen gewissen Überblick über die Branche, erfasst aber nicht alle Marktteilnehmer. Eine weitere Quelle ist das Compendium - ein Verzeichnis der deutschen PR-Dienstleister, das jährlich vom Branchenmagazin PR Report herausgegeben wird. Die Ausgabe für das Jahr 2004 enthält Adressen von rund 900 PR-Agenturen (vgl. PR Report Compendium 2003, 4). Darunter befinden sich allerdings auch Einzelberatungen und Agenturen mit weniger als drei Mitarbeitern. Aus diesem Grund stellt auch das Compendium einen schwachen Indikator für die Anzahl der PR-Agenturen dar. Eine genaue zahlenmäßige Bestandsaufnahme ist also auf Grund der heterogenen Marktstruktur und fluktuierenden Markteintritten bzw. -Austritten nicht möglich.
4.1 Regionale Verteilung
Die geographische Verteilung der Agenturstandorte ist ein wesentliches Merkmal des PR-Agenturenmarktes. Bei der Wahl des Firmensitzes spielen bestimmte Faktoren eine entscheidende Rolle. Da die Wirtschaft im Föderalstaat Deutschland dezentral strukturiert ist, erfordert eine optimale Kundenbetreuung die Nähe und Flexibilität des Dienstleisters. Allerdings hat das Entscheidungskriterium „Kundennähe“ mit dem Einzug neuer Kommunikationstechnologien an Bedeutung eingebüßt. Nicht weniger wichtig sind heutzutage eine gute Infrastruktur und personelle Ressourcen. Außerdem sind solche Städte für eine Niederlassung attraktiv, die eine hohe Dichte an Medienbetrieben aufweisen, da diese eine wichtige Lieferantengruppe für die PR-Agenturen darstellen. Außer den genannten geschäftsrelevanten Faktoren wird die Standortentscheidung zusätzlich von finanziellen Gründen, wie zum Beispiel einer niedrigen Gemeindesteuer, und persönlichen Gründen, wie dem Wohnort der Agenturinhaber, bestimmt (vgl. Nöthe 1994, 121 ff.). Die Studie von Bettina Nöthe zeigt, dass zu Beginn der 90er Jahre das Bundesland Nordrhein-Westfalen die höchste Agenturenkonzentration aufwies1. Die Städte Düsseldorf, Köln und Bonn waren bis 1980 bevorzugte Agenturstandorte, was mit dem Regierungssitz und einer Vielzahl an Institutionen in dieser Region verbunden war. In den 80er Jahren entwickelten sich zunehmend die Städte München, Frankfurt und Hamburg zu Agenturhochburgen. Von den 106 befragten Agenturen verteilten sich 19,81 % auf Hamburg, 23,58% auf Frankfurt und 26, 46% auf München (vgl. Nöthe 1994, 122 f.). Ein Blick auf die Standorte der einhundert umsatzstärksten Agenturen2 des Jahres 2003 bestätigt die Verschiebung der Standortpräferenzen. Jeweils 18 Agenturen haben ihren Sitz in München und Hamburg sowie zehn in Frankfurt. Demgegenüber stehen acht Niederlassungen in Köln und fünf in Düsseldorf (vgl. Anhang II). Mit dem Umzug der Regierung nach Berlin hat sich auch die Hauptstadt zu einem wichtigen Agenturzentrum entwickelt. Waren dort bis 1991 noch neun Agenturen angesiedelt (vgl. Nöthe 1994, 124), sind heute in der Stadt um die 20 Agenturen mit einer Dependance vertreten (vgl. DPRG-Index 2003). Seit der Wiedervereinigung sind auch in den neuen Bundesländern zahlreiche Agenturen entstanden. Bis Mitte 1991 eröffneten 14 westdeutsche PR-Firmen Zweigniederlassungen in Berlin, wobei acht davon Ostberlin wählten. Weiterhin wurden zu diesem Zeitpunkt in Leipzig sieben und in Dresden drei Agenturen gegründet (vgl. Nöthe 1994, 276 f.). Heute sind neben einigen Zweigstellen westdeutscher Agenturen vier PR-Firmen in Leipzig, drei in Dresden und zwei in Halle präsent (PR Report Compendium 2004). Die Standorte der Agenturlandschaft lassen auf eine dezentrale Branchenstruktur schließen. Trotz des geographischen Schwerpunkts in den genannten Städten ist der Zentralisierungsgrad im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie zum Beispiel England oder Frankreich, wo der Agenturensektor hauptsächlich in der Hauptstadt geballt ist, relativ gering.
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- Citation du texte
- Marina Deck (Auteur), 2004, Struktur der PR-Agenturlandschaft in Deutschland , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71408
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