Am Anfang dieser Arbeit stand und steht die Frage: Ist die digitale Bohème eine Bohème? Das setzt unvermeidlich folgende Frage vor-aus: Was ist eine Bohème?
Helmut Kreuzer beantwortet diese Fragestellungen wie folgt: „Boheme ist keine ästhetisch-kritische, sondern eine sozialgeschichtliche Kategorie.“ (Kreuzer, Boheme: V). So werde ich mich – nach der Definition ‚der’ Bohème und einer kurzen Beschreibung der digitalen Bohème – einigen sozialgeschichtlichen Konstanten der Bohème-Tradition zuwenden und untersuchen, ob und wie diese von der digitalen Bohème fortgeschrieben werden. Hierbei werde ich u.a. von Pierre Bourdieus Feldtheorie sowie seiner Theorie der Kapitalsorten Gebrauch machen. Anschließend möchte ich näher auf die Selbstbezeichnung der Berliner Autorengruppe als ‚digitale Bohème’ eingehen, um dann die gewonnenen Erkenntnisse in der Beantwortung der Eingangsfrage zusammenzuführen.
Gliederung:
Die digitale Bohème – Eine Interpretation
1. Vorstellung der Themenstellung: Ist die digitale Bohème eine Bohème? Was ist eine Bohème?
2. Die digitale Bohème – Eine Interpretation
2.1 Forschungsstand
2.2 Der Bohèmebegriff
2.2.1 Bohème
2.2.2 Digitale Bohème
2.3 Situation, Verhaltensweisen und Einstellungen der digitalen
Bohème im Vergleich zur frühen Bohème
2.3.1 Allgemeine Voraussetzungen
2.3.1.1 Neue Medienordnungen
2.3.1.2 Neue Wirtschaftsordnungen
2.3.2 Umfeld
2.3.2.1 Großstadt
2.3.2.2 Café
2.3.2.3 Netzwerk
2.3.3 Opposition
2.3.3.1 Feinbilder
2.3.3.2 Revolution
2.3.4 Arbeitshaltung
2.3.4.1 Disziplinierung
2.3.4.2 Entgrenzung von Arbeit, Kunst und Leben
2.3.4.3 Projekte
2.3.4.4 Kunst
2.3.4.5 Literaturproduktion: Verknüpfung von Kunst und Wirtschaft
2.3.5 Leben
2.3.5.1 Autonomie
2.3.5.2 Armut
2.4 Symbolisches Kapital
2.4.1 Kulturelles Kapital
2.4.1.1 Mitglieder
2.4.1.2 Stil
2.4.2 Soziales Kapital
2.4.3 Etablierung durch Kapitaleinsatz
2.5 Autodefinition
2.5.1 Selbstreferentialität
2.5.2 Identitätskonstruktion
2.5.3 Fiktionalisierung
2.5.4 Marke
3. Literaturverzeichnis
1. Vorstellung der Themenstellung
Am Anfang dieser Arbeit stand und steht die Frage: Ist die digitale Bohème[1] eine Bohème? Das setzt unvermeidlich folgende Frage voraus: Was ist eine Bohème?
Helmut Kreuzer beantwortet diese Fragestellungen wie folgt: „Boheme ist keine ästhetisch-kritische, sondern eine sozialgeschichtliche Kategorie.“ (Kreuzer, Boheme: V). So werde ich mich – nach der Definition ‚der’ Bohème[2] und einer kurzen Beschreibung der digitalen Bohème – einigen sozialgeschichtlichen Konstanten der Bohème-Tradition[3] zuwenden und untersuchen, ob und wie diese von der digitalen Bohème fortgeschrieben werden. Hierbei werde ich u.a. von Pierre Bourdieus Feldtheorie sowie seiner Theorie der Kapitalsorten Gebrauch machen. Anschließend möchte ich näher auf die Selbstbezeichnung der Berliner Autorengruppe als ‚digitale Bohème’ eingehen, um dann die gewonnenen Erkenntnisse[4] in der Beantwortung der Eingangsfrage zusammenzuführen.
2. Die digitale Bohème – Eine Interpretation
2.1 Forschungsstand
Das umfassendste Werk zur Bohème hat Helmut Kreuzer 1968 vorgelegt. Doch auch wenn Schwendter (Subkultur: 128) Kreuzer eine
übermäßige Sympathie (und damit mangelnde wissenschaftliche „Objektivität“[5] ) für die Bohemiens vorwirft, handelt es sich dabei um ein bedeutendes Werk, beispielhaft in der Breite des behandelten Materials und seiner Detailgenauigkeit.
Schon Kreuzer bedauert den Mangel an Literatur zum Thema Bohème, die die Bezeichnung ‚wissenschaftlich’ verdient.
Zwar gibt es eine nahezu unüberschaubare Anzahl an Veröffentlichungen, die den Stempel ‚Bohème’ tragen, doch „setzt [sie] sich, außer aus fiktionalen Werken, hauptsächlich aus biographisch-autobiographischer Literatur, Essays, Anekdoten, Feuilletons u.ä. zusammen“ (Kreuzer: Boheme: 24), die „weniger auf Vermittlung kontrollierbarer geschichtlich-soziologischer Erkenntnisse bedacht [ist] als auf literarische Wirkung“ (Kreuzer: Boheme: 24). Als Beispiel und Vorreiter für die zahlreichen Mischformen zwischen Wissenschaft und Essayistik, Erkenntnisinteresse und Unterhaltungsabsicht darf Julius Babs Studie der Berliner Bohème (Bab: Berliner Bohème) gelten, eine Mischung aus historiographischer Typologie und feuilletonistischem Zeitzeugendokument.
In der oben genannten Kritik Kreuzers zeigt sich auch sein eigenes Anliegen. Er entwickelte in den 1960er Jahren eine Typologie, die noch heute als das Standardwerk der Bohème-Forschung Maßstäbe setzt.
An dem Sachverhalt, dass die Anzahl der anekdotischen die der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Bohème weit übertrifft, hat sich seitdem nichts geändert.
Dennoch sind einige Ausnahmen zu nennen: Beispielsweise Robert Michels (Zur Soziologie der Bohème), der als einer der Ersten die wirtschaftlich-gesellschaftliche Dimension der Bohème um psychologische Faktoren, wie das Streben nach Freiheit und Gleichgültigkeit gegenüber materiellen Werten, erweitert hat. Caesar Graña wird später in Bohemian vs. Bourgeois die äußeren Kriterien mit den psychologischen verbinden und dafür den Terminus ‚Entfremdung’ einführen. Fritz Martini, zu dessen Schülern auch Helmut Kreuzer gehörte, verfasste 1958 den ersten germanistischen Handbuchartikel zu dem Thema (vgl. Martini: Bohème. In: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte). Für ihn ist die Dialektik von Bürgertum und Bohème, ihre gegenseitige Bedingtheit und Kompensationsfunktion zentral. Den Begriff der ‚symbolischen Aggression’, den u.a. auch Kreuzer in seiner Definition verwenden wird, führt Dieter Weidenfeld (Der Schauspieler in der Gesellschaft) ein. Er versteht diese Aggression als einen Abbaumechanismus der Frustration der von der Gesellschaft ausgeschlossenen Künstler. Sie wird allgemein toleriert, da sie sich auf die nichtkörperliche Ebene beschränkt. Schließlich ist Elisabeth Kleemann zu nennen, die Kreuzers Typologie stark rezipiert hat und mit der Beschreibung partikulärer Spielarten der Bohème daran anschließt.
Wenn Helmut Kreuzer die geringe ‚wissenschaftliche’ Auseinandersetzung mit der Bohème bemängelt, so ist dabei zu bedenken, dass das Phänomen Bohème keiner wissenschaftlichen Disziplin eindeutig zuzuordnen ist. Helmut Kreuzer wendet daher eine interdisziplinäre
Analyse an – eine zum Zeitpunkt des Erscheinens keinesfalls gängige Herangehensweise.
[Kreuzers] Die Boheme war etwas gänzlich Neues in ihrer Verbindung aus Begriffsgeschichte, Literatursoziologie und Sozialgeschichte, sie hat zu der Öffnung der Literaturwissenschaft über ihre textimmanenten und hermeneutischen Begrenzungen hinaus entschieden beigetragen. (Fischer: Helmut Kreuzer: 23)
Jens Malte Fischer beschreibt seine eigene Leseerfahrung folgendermaßen:
Vor den Augen des studentischen Lesers ordneten sich die wunderbarsten, faszinierendsten, skurrilsten und farbigsten Phänomene wie in einem Kaleidoskop zu den aufregendsten Kombinationen. Nicht nur für mich stand nach dieser Lektüre fest: wenn die Neuere Deutsche Literaturwissenschaft noch zu retten ist, dann nur von solchen Professoren, die es auch vermochten, Seminare zu gestalten, die die Versprechungen dieser Publikation einlösten. (Fischer: Helmut Kreuzer: 22)
Wieder steht die Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an einer Wegscheide; nicht nur ist die Hermeneutik endgültig verabschiedet, auch muss sie sich die Frage stellen, ob sie sich auch alternativen Formen der Narration, wie etwa digitalen oder visuellen Texten[6], aber auch vernachlässigten Gattungen wie Trivialliteratur – mit der sich auch Kreuzer befasste – und nicht-fiktionalen[7] Texten widmen will.
Diese Fragestellung wird der Verlauf des Forschungsdiskurses beantworten, für die vorliegende Arbeit ist die Antwort im Titel doppelt bejaht: mit „digital“ und dem sachgemäß interdisziplinären Forschungsfeld der Bohème.
In der Neueren Deutschen Literaturwissenschaft wurde zur digitalen Bohème bislang nicht gearbeitet. Wie schon die frühe Bohème wird auch die digitale Bohème vorwiegend anekdotisch, in Feuilletons und Zeitschriften und zusätzlich nun auch in Blogs, behandelt, wenngleich sie auch soziologische und ethnologische Reaktionen hervorgerufen hat. Hier wäre vor allem Alexandra Manske von der TU Berlin mit ihren Forschungen zur Prekarisierung im Allgemeinen und der digitalen Bohème im Besonderen zu nennen sowie Sarah Kröger und Christophe Magand (beide HU Berlin), die sich auf Feldforschung im Terrain der heutigen Bohemiens begeben (vgl. Kröger: Ist das noch Bohème.; Magand: Das Leben der Boheme).
Selbstverständlich bin ich mir der Tatsache bewusst, dass eine literaturwissenschaftliche Arbeit, die sich mit der unmittelbaren Gegenwart (Teile der Primär- und Sekundärliteratur erschienen erst im Laufe ihrer Entstehung) befasst, zwangsläufig der – äußerst hilfreichen – historischen Distanz entbehrt. Dennoch glaube ich, im Bewusstsein der gegebenen Limitierungen, mit meiner Arbeit einen Beitrag zum Forschungsdiskurs leisten und – insbesondere durch den Vergleich mit dem historischen Vorbild – einen neuen Blickwinkel beisteuern zu können.
2.2 Der Bohème-Begriff
2.2.1 Bohème
Der Begriff ‚Bohème’ stammt von der französischen Bezeichnung ‚bohémien’ (ab dem 15. Jahrhundert) für die aus Böhmen kommenden Zigeuner ab (vgl. Kreuzer: Bohème. In: Fricke (Hrsg.): Reallexikon). Der Charakter der Herkunftsbezeichnung verlor sich im Französischen wie im Deutschen, sodass ‚bohémiens’ wie auch ‚Zigeuner’ Ausdruck unordentlicher, liederlicher Sitten und nicht mehr ethnischer Zugehörigkeit wurde. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfuhr der Begriff unter Einfluss des Rousseauismus und der Entbürgerlichung der Künstler eine Aufwertung[8]. Laut Kreuzer (Reallexikon: 242) ist die figurative Verwendung von ‚le bohémien’ als Selbstbezeichnung von Künstlern (nicht zuletzt Schriftstellern) mit unbürgerlichem Selbstverständnis seit der Romantik belegt. Das Deutsche kennt seit den 1830ern analoge Bildungen wie ‚Dichtervagabund’, ‚Literatur-’‚ und ‚Kunstzigeunertum’. In England wird ‚bohemians’ erstmals 1848 bei Thackeray verwendet (vgl. Kreuzer: Reallexikon: S. 241f.).
Als Bezeichnung für unbürgerliche Künstler- und Autorengruppen ist das Lehnwort ‚Bohème’ (auch ‚Boheme’ oder ‚Bohême’) im Deutschen seit den 1860ern belegt und setzt sich in den folgenden Jahrzehnten mehr und mehr durch und wird schließlich auch rückwirkend auf Autoren vor dieser Zeit angewandt (Heine, Hoffmann, Stirner, Grabbe), wenngleich sich diese retrospektive Fremdbezeichnung nicht durchsetzte. Ein Beleg für die allmähliche Etablierung des Bohème-Begriffs ist die deutsche Übersetzung von Henri Murgers Scènes de la Vie de Bohème, das in der ersten Auflage 1851 unter dem Titel Pariser Zigeunerleben erschien. 1864/65 wurde die erste Übersetzung verlegt, die ‚Bohème’ im Titel trug. Auch wenn einzelne Editionen noch bis ins 20. Jahrhundert den Titel der ersten deutschen Auflage verwendeten, spricht die Tatsache, dass diese seit längerem nur noch antiquarisch erhältlich sind, für den Erfolg der Verwendung des Fremdworts. Murgers Roman trug entscheidend zur Verbreitung des Wortes ‚Bohème’ bei, ebenso wie die Adaptationen der Scènes durch Pucchini (Oper von 1896) und Leoncavallo (Oper von 1897). In welch großem Ausmaß Murgers Roman, dessen Neuübersetzung 1882 erschien, für deutsche Literaten stil- und begriffsbildend wirkte, kann u.a. an den literarischen Nachahmungsversuchen wie Hans R. Fischers Berliner Zigeunerleben (1890) und Otto Julius Bierbaums Stilpe (1897) nachvollzogen werden. 1884 wurde der Begriff ‚Boheme’ in Daniel Sanders Verdeutschungswörterbuch aufgenommen, wo auch erstmals auf einen Bezug auf Paris verzichtet wurde.
Nach der Blütezeit der Bohème in den letzten zwei Jahrzehnten des 19. und dem ersten des 20. Jahrhunderts, von der eine Vielzahl von Publikationen zeugen, wurde der Begriff im Laufe des 20. Jahrhunderts auf einige gesellschaftliche Randgruppen angewandt, allen voran die amerikanische Beat-Bewegung (vgl. Butler: Beat Nature), sowie auf die Hippie- und Provo-Bewegung, konnte sich jedoch nicht als Bezeichnung etablieren (vgl. Schwendter: Subkultur).
Die Wortbedeutung von Bohème variiert. In der Einleitung zu Die Boheme notiert Murger: „Die Boheme ist die Probezeit des Künstlerdaseins; sie ist die Vorrede zur Akademie, zum Hospital oder zum Leichenschauhaus.“ (Murger: Boheme: 8). Kreuzer unterscheidet die Bohème als Übergangsphase (transitorisch) und die durative Bohème und Bohèmedarstellung (vgl. Kreuzer: Boheme: 82f.). Auch Balzac betont den Übergangscharakter[9] der Bohème, nicht im romantischen Sinne von Freiheit, Unabhängigkeit und künstlerischem Savoir-Vivre, sondern für ihn gehören zur Bohème junge, noch unbekannte Männer zwischen 20 und 30, die ehrgeizig und noch mittellos sind, aber keineswegs frei von Ambitionen (vgl. Kreuzer: Boheme: 4). Champfleury unterscheidet exzentrische Randgruppen des Proletariats, meist ohne künstlerisches Interesse und exzentrische Randgruppen des Bürgertums, deren künstlerische Tätigkeit die Randgruppenexistenz begründet, wohingegen Marx alle Formen der Bohème zusammenfasst und diese als ‚Lumpenproletariat’ bezeichnet, das nach seinen Vorstellungen die Basis der kommunistischen Revolution bilden sollte (vgl. Kreuzer: Boheme: 4f.). Im Anschluss an die Verbreitung von Murgers Roman hat sich mehr und mehr eine Beschränkung des Begriffs auf unbürgerliche Künstler- und Autorengruppierungen und insbesondere deren Lebensgestaltung durchgesetzt (vgl. Kreuzer: Boheme: 6)
Die am weitesten verbreitete und alle wichtigen Aspekte[10] umfassende Definition von Bohème stammt ebenfalls von Helmut Kreuzer:
Der Begriff Boheme bezeichnet in unserem Zusammenhang eine Subkultur von Intellektuellen – in denjenigen industrieller oder sich industrialisierenden Gesellschaften des 19. und 20. Jahrhunderts, die ausreichend individualistischen Spielraum gewähren und symbolische Aggressionen zulassen, – Randgruppen mit vorwiegend schriftstellerischer, bildkünstlerischer und musikalischer Aktivität oder Ambition und mit betont un- oder gegenbürgerlichen Einstellungen und Verhaltensweisen. Bedeutende und unbedeutende, berühmte, berüchtigte und unberühmte Autoren und Künstler zählen dazu: die Boheme ist keine ästhetisch-kritische, sondern eine sozialgeschichtliche Kategorie. (Kreuzer: Boheme: V)
Inwiefern diese Kriterien auch auf die digitale Bohème des 21. Jahrhunderts zutreffen, werde ich in Kapitel 2.3 („Situation, Verhaltensweisen und Einstellungen der digitalen Bohème im Vergleich zur frühen Bohème“) zeigen.
In der Beschreibung „berühmte, berüchtigte und unberühmte Autoren und Künstler“ (Kreuzer: Boheme: V) klingt schon die Doppelwertigkeit des Begriffes an. Entweder vereinen sich beide Seiten in einer ambivalenten Meinung oder das Wort wird einseitig wertend und polarisierend verwendet.
Der internationale Wortgebrauch von Boheme ist meist entweder apologetisch (Boheme = wahres Künstler- bzw. Rebellentum) oder kritisch (Boheme = Pseudokünstler- bzw. Pseudorebellentum) oder allenfalls ambivalent (z.B. bei Thomas Mann[11] ). (Kreuzer: Reallexikon: 242f.)
Ähnlich werden auch deren Attribute Glanz, Armut und Widerstand gegen Konventionen entweder als positiv/heroisch oder als negativ/dekadent/liederlich bewertet (vgl. Kreuzer: Boheme: 7). All das zeugt von einem affektbesetzten Wortgebrauch, der sich auch in der digitalen Bohème fortsetzen wird.
Die Unterscheidung einer ‚wahren’ oder ‚echten’ Bohème von einer ‚falschen’, ‚Möchtegern-’ oder ‚Pseudo-Bohème’ findet sich häufig, so auch bei Bruce A. Watson, Malcolm Easton und Kingsley Widmer.[12]
Da die Begriffe ‚Bohème’ und ‚Avantgarde’ häufig synonym verwendet werden, auch wenn ihr Bedeutungskern stark differiert, soll hier kurz auf den Unterschied eingegangen werden: Die Bohème provoziert durch Normverstöße in ihrer Lebensführung, eine Avantgarde dagegen provoziert durch Normverstöße in ihrer Kunst. Das heißt, die oben genannten symbolischen Aggressionen haben ihre Ziele in unterschiedlichen Feldern (vgl. Joachimides: Boheme: 728). Sollte ein Künstler sowohl durch seine Lebensführung als auch in seiner Kunst gegen die etablierten Normen verstoßen, können sich die Begriffe überlagern. Doch dies ist nicht zwangsläufig der Fall.
Die Idealisierung der Bohème (im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde Gesellschaft immer permissiver (vgl. Habe: Erfahrungen: 111ff.), womit die Anzahl der Kritiker schwand) erfolgt heute ebenso wie damals. Beispiel dafür ist die o.g. nicht abreißende Faszination des Stoffes in Film, Oper und Literatur, aber auch Lokale und Produkte werden mit dem Label ‚Bohème’, bzw. dessen Kurzform ‚Boho’ beworben. Das reicht vom ‚Boho-Chic’, über Restaurants, Bars und Clubs[13] bis hin zu Notizbüchern und einem eigenen Boho-Magazine[14], das das Autonomie-/Individualismusstreben der Bohème mit Boho-Chic kombiniert, und dieser Mischung einen ökologisch-nachhaltigen[15] Anstrich verpasst.
Auch die (vermeintlichen) Accessoires der Bohème erleben eine Renaissance:
Das Moleskine-Notizbuch ist der Bohème-Gegenstand schlechthin. An seiner Verbreitung lässt sich ablesen, wie weit ein Idealbild der Bohème – unterwegs und dabei schöpferisch kreativ sein – in die Gesellschaft eingesickert ist. Es ist ein unverkennbares Symptom für ein geheimes Sehnsuchtsfeld namens Bohème, das sich bis weit hinein ins bürgerliche Lager erstreckt. (Lobo/Friebe: Arbeit: 23)
2.2.2 Digitale Bohème
Der Begriff ‚Digital Bohemian’ ist erstmals 1995 belegt und wurde geprägt von Elisa Rose und Gary Danner, die als das Künstlerduo ‚Station Rose’ ein öffentliches Multimedialabor gegründet haben und sich – institutionell abgesegnet durch Professuren und Preise – als Vorreiter der ‚Netzkunst’ bzw. ‚digitalen Kunst’ einen Namen gemacht haben.[16]
Der Begriff wurde von Sascha Lobo und Holm Friebe in Titel und Inhalt ihres 2006 erschienenen Wir nennen es Arbeit. Die digitale Bohème oder Intelligentes Leben jenseits der Festanstellung aufgegriffen.
Friebe, Diplom-Volkswirt, Werbetexter und Webdesigner ist Mitbegründer und Geschäftsführer der Zentralen Intelligenz Agentur (ZIA), die der digitalen Bohème als Plattform und Aushängeschild dient, einer „Kombination aus völligem Quatschprojekt und seriöser Firmenfassade“[17]. Außerdem ist er Autor und Initiator des ZIA-Weblogprojekts Riesenmaschine. Lobo ist verantwortlicher Redakteur der Riesenmaschine, freier Werbetexter und Student an der Berliner UDK. (vgl. Manske: Die Großstadt, Krekeler: Passig, et al.)
Die bekannteste digitale Bohemienne ist Kathrin Passig, die mit ihrem Text Sie befinden sich hier 2006 den Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt gewann und 2002 mit Friebe und weiteren Personen aus dem Umfeld des Fanzines Luke & Trooke[18] (das inzwischen eingestellt wurde) und des Internetforums Höfliche Paparazzi[19] die ZIA gründete. Ein erster Hinweis auf die narrative Selbstverarbeitung ist der große Umfang, den die Selbstthematisierung auf der Webseite einnimmt.[20]
Die digitale Bohème besteht aus
Etwa zwei Dutzend mittlerweile erfolgreiche[n] Akteure[n] aus der Berliner Kulturszene plus deren soziale[n] Netzwerke[n], alle um 1970 geboren, alle gut bis sehr gut gebildet – und einige von ihnen sind inzwischen auch finanziell gut im Sattel. (Manske: Großstadt: 3)
Weitere ‚Agenten’[21] der ZIA, eines „kapitalistisch-sozialistischen Joint-Venture“[22] sind: Phillipp Albers, Martin Baaske, Moritz Metz, Jörn Morisse, Cornelius Reiber, Sebastian Sooth, Thomas Weyres, Natalie Balkow und Christian Y. Schmidt. Lose assoziiert sind die ‚Inoffiziellen Mitarbeiter’ Bettina Andrae, Jan Bölsche, Michael Brake, Jenna L. Brinning, Daniel Erk, Anja Handke, Stefan Heidenreich, Christian Heller, Wolfgang Herrndorf, Lars Hubrich, Marius Meller, Natascha Podgornik, Elisabeth Rank, Jochen Reinecke, Sylvie Reinhard und Stese Wagner.[23]
Das Manifest Wir nennen es Arbeit richtet sich vor allem gegen die Praxis der Festanstellung an sich, mit der Begründung, dass sie die persönliche Freiheit beschneide. Es enthält keinerlei poetologisches Konzept. Ziel sei lediglich „der Weg der größten Freude. Besonders bei der Arbeit“ (Friebe/Lobo: Arbeit: 14).
Wir nennen es Arbeit gliedert sich grob in zwei Teile: Der erste Teil befasst sich mit den Ausführungen zur Arbeitswelt, und warum die Festanstellung die Wurzel allen Übels darstellt – diese sind für meine Arbeit von größerem Interesse. Teil zwei bietet eine Beschreibung von Internetphänomenen – allesamt Erfolgsgeschichten – die sich unter dem Begriff ‚Web 2.0’ zusammenfassen lassen.
Die Riesenmaschine[24] ist ein Blog der ZIA und kommentiert in ironischem Ton „das brandneue Universum“, d.h. Neuheiten der Waren- und Konsumwelt.
Weitere Veröffentlichungen der digitalen Bohème seit ihrer literarischen Grundsteinlegung durch Wir nennen es Arbeit umfassen Kathrin Passigs und Aleks Scholz’ Anekdotensammlung Lexikon des Unwissens, die Buchausgabe ausgewählter Blogeinträge der Riesenmaschine: Holm Friebe, Sascha Lobo, Kathrin Passig, Aleks Scholz: Riesenmaschine: Das Beste aus dem brandneuen Universum, die Essaysammlung Ulrike Sterblichs und Stese Wagners (alias Supatopcheckerbunny und Hilfscheckerbunny) Was wir uns überlegt haben zu verschiedenen Themen!, Holm Friebes und Thomas Ramges Marke Eigenbau. Der Aufstand der Massen gegen die Massenproduktion, einer weiteren Erfolgsgeschichtensammlung individueller Nischenprodukte von Kleinfirmen, die von Friebe und Ramges als Indikatoren eines globalen Trends bewertet werden sowie Kathrin Passigs und Sascha Lobos Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin, eine Lobeshymne auf Prokrastination als Coping-Strategie für die überhandnehmenden Anforderungen der modernen Welt an das Individuum.
Als weit mehr als eine Coping-Strategie, vielmehr als lang ersehnter „Ausgang aus der Technologie-Unmündigkeit“ (Friebe/Lobo: Arbeit: 58) wird der vermehrte Einsatz moderner Kommunikationselektronik empfunden. Sie erlaubt endlich eine Freiheit, zu deren Beschreibung selbst ein Rückgriff auf die Kantsche Aufklärungsrhetorik nicht zu viel Pathos enthält, die suggeriert, dass diese Unmündigkeit selbstverschuldet ist.
Es soll im Folgenden eine Definition des Projekts ‚digitale Bohème’ gefunden werden. Die dem Manifest entnommene Auto-Definition lautet:
Die digitale Bohème, das sind Menschen, die sich dazu entschlossen haben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, dabei die Segnungen der Technologie herzlich umarmen und die neusten Kommunikationstechnologien dazu nutzen, ihre Handlungsspielräume zu erweitern. (Friebe/Lobo: Arbeit: 15f)
Was in dieser Definition im Vergleich mit der Definition der frühen Bohème fehlt, ist der Bezug auf eine kreative Aktivität bzw. Ambition.[25] Die jetzige breite Definition würde einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung einschließen. Es ist keine Rede mehr von Subkultur. Dies spiegelt die Tatsache, dass in der Tat einige Elemente der Bohèmekultur inzwischen Teil der Massenkultur geworden sind[26] wider. Die digitale Bohème sieht sich eher als Vorreiter von Trends, insbesondere den der freiberuflichen Tätigkeit, die einen erheblichen Teil der Bevölkerung betreffen werden.
Auch wenn die Digitalisierung in der Tat einer Vielzahl von Menschen die Möglichkeit zur Erweiterung ihrer Handlungsspielräume bietet, so ist die künstlerische Ambition dennoch ein zentraler Aspekt, den die digitale Bohème und die frühe Bohème teilen.
Die vorwiegenden künstlerisch-kreativen Aktivitäten der digitalen Bohème sind: das Verfassen von Texten, das Erstellen von Konzepten, die graphische Gestaltung/Design und Programmierung, deren semantisches Umfeld (Programmier sprachen, Computer linguistisk etc.) eine große Nähe bis Identität mit schriftstellerischer Tätigkeit suggeriert. Das klassische künstlerische Spektrum der Bohème wurde um die sekundären Kulturberufe erweitert (vgl. Kröger: Ist das noch Bohème: 35).
So unterscheidet auch Friebe die digitale Bohème (die Friebes Aussage nach im Gegensatz zu Ebay durchaus ein elitäres Konzept ist) von Menschen, die mit den gleichen (digitalen) Werkzeugen arbeiten:
Jemand, der seinen Nahbereich entrümpelt und das Zeug bei Ebay verkauft, der muss keinen graden Satz schreiben können – wie man oft an den Rechtschreibfehlern in diesen Angeboten sieht. Das ist also ein definitiv nicht elitäres Konzept, obwohl es mit vielen Methoden und Mitteln der digitalen Boheme arbeitet. [kursiv von Verfasser] (Welt.de: Digitale Boheme)
Hauptanliegen der digitalen Bohème ist die Darstellung des eigenen Arbeitsmodells und die damit verbundene Kritik an den Angestellten. Als angemessene Definition der digitalen Bohème erscheint somit Folgendes:
Der Begriff ‚digitale Bohème’ bezeichnet eine Gruppe von Intellektuellen mit künstlerisch-kreativen Ambitionen, die neue Kommunikationstechnologien nutzen, um ihre individuellen Handlungsspielräume zu erweitern.
2.3 Situation, Verhaltensweisen und Einstellungen der digitalen Bohème im Vergleich zur frühen Bohème
Im Folgenden möchte ich vor allem die literatur-soziologischen Besonderheiten der digitalen Bohème im Vergleich zur frühen Bohème untersuchen. Dabei werde ich auch auf Aussagen in den Werken eingehen, welche die Positionen der Autoren widerspiegeln, wobei nicht vergessen werden darf, dass gerade bei Spiegeln immer mit einem gewissen Grad der Verzerrung zu rechnen ist.
Meine Argumentation stützt sich vor allem auf Bourdieus Konzept des ‚Feldes’ und des ‚Kapitals’, die nun kurz – und damit zwangläufig nicht erschöpfend – erläutert werden sollen:
Ein Feld manifestiert sich als die vom Habitus generierte Praxis, die einen strukturierten Rahmen für das Handeln der sozialen Akteure bietet. (vgl. Schwingel: Bourdieu: 82) Die verschiedenen Felder definieren sich im Wesentlichen durch die unterschiedlichen Räume, Regeln und Kapitalformen, die sie dominieren. Bourdieus Felder sind z.T. vergleichbar mit Luhmanns ‚Subsystemen’ oder Goffmans ‚Rahmen’. Vor allem die Interaktion zwischen ökonomischem Feld und literarisch-künstlerischem Feld ist für diese Arbeit von Interesse.
In seiner Theorie der Kapitalarten unterscheidet Bourdieu v.a. ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital, wobei die beiden letzteren zusammen wiederum die Aquise von ‚symbolischem Kapital’ ermöglichen. Auf die verschiedenen Kapitalarten werde ich in Kapitel 2.3.1.2 näher eingehen. Die verschiedenen Arten von Kapital dienen als Einsatz und Machtmittel in den unterschiedlichen Feldern, in denen der Wert der unterschiedlichen Arten von Kapital differiert (vgl. Bourdieu: Sozialer Raum: 10). Synonym zu ‚Kapital’ verwendet Bourdieu ‚soziale Energie’, ‚Macht’ und ‚Spieleinsätze’.
Sicherlich hätten auch etliche weitere Theorien (allen voran die Kittlers) interessante Möglichkeiten eröffnet. Jedoch erscheint mir Bourdieus besonders geeignet, vor allem, da er die besonderen Bedingungen der Bohème thematisiert[27] und die Theorien eines Soziologen Werkzeuge zur Verfügung stellen (Konzepte, wie das der Kapitalsorten), die zur Analyse einer literatur- soziologischen Kategorie prädestiniert erscheinen.
In Kapitel 2.4.1 (Kulturelles Kapital) werde ich darüber hinaus auf den Stil, als Teil des Habitus[28] der digitalen Bohème, des Manifests der digitalen Bohème eingehen. Ein solches Vorgehen erscheint mir sinnvoll, da ich mit Bourdieu (vgl. Regeln der Kunst: 145) von einer Homologie zwischen der Position des Autors im literarischen Feld einerseits und formaler und inhaltlicher Positionen[29] andererseits ausgehe, eingeschlossen der Voraussetzung, dass es sich bei allen um Wahlentscheidungen handelt. Hierbei dient der Habitus als Vermittlungsinstanz zwischen Struktur und Praxis, ein Konzept, das Bourdieu erlaubt, den Dualismus zwischen Subjektivismus und Objektivismus zu überwinden und eine „Theorie der Praxis als Praxis“ (Bourdieu: Sozialer Sinn: 97) zu verfassen.
2.3.1 Allgemeine Voraussetzungen
Vorweg ist eine Grundbedingung zu nennen, die historisch in all den Zeiten, Ländern und Orten der Bohème erfüllt war:
Eine zumindest relative Bejahung oder praktische Duldung des Individualismus, des Liberalismus, einer Autonomie der Kulturbereiche durch die Gesellschaft gehört zu den Voraussetzungen eine Boheme. (Kreuzer: Boheme: 45)
Mit diesem Mangel an Autonomie[30] ließe sich auch begründen, warum sich die Bohème in Deutschland mit Beginn des Ersten Weltkrieges auflöste bzw. politisch radikalisierte, während sie sich in Greenwich Village erst zur vollen Blüte entwickelte.
2.3.1.1 Neue Medienordnungen
Ein Umstand, der die Entwicklung der frühen Bohème in Deutschland beförderte, war eine völlige Neuordnung der Medienwelt. Das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts brachte einen „radikale[n] Kommerzialisierungsschub“ des Buch- und Zeitschriftenwesens, der durch die Erfindung der Rotationspresse sowie die Verbreitung des Kolportageromans befeuert wurde (vgl. Sprengel: Geschichte: 153). Resultat war
ein expandierender Literaturmarkt, mithin eine höhere und sozial breiter gestreute Zahl von Lesern, die virtuell darauf eingestellt sind, neue Produkte aufzunehmen (Bourdieu: Regeln der Kunst: 208)
Dies war für die häufig avantgardistischen Kunstprodukte der Bohème von Vorteil. Auch bot dieser Markt gelegentliche Brotjobs für Künstler, die sich ansonsten nicht hätten über Wasser halten können.
Auch das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ist von Umwälzungen in der Medienwelt, v.a. deren Digitalisierung, geprägt. Selbst wenn sich E-Books[31], Handyromane und Blogs noch nicht weitläufig durchgesetzt haben, hinterlässt die Digitalisierung des Alltagslebens ihren Stempel auf dem Medienmarkt. Zeitungsverkäufe gehen dramatisch zurück, mit Audioformaten lässt sich auf dem Buchmarkt noch, im Musikgeschäft schon lange nicht mehr Geld verdienen. Blogs, Podcasts und Websites haben sich als Kritikinstanzen neben dem traditionellen Journalismus etabliert und ‚Google Books’ versetzt Urheberrechtler in Angst und Schrecken.[32] Mit diesen Neuerungen im Literaturmarkt ist auch mit einer Veränderung des Produktionsumfeldes zu rechnen.
‚Digital’ ist auch das definierende Element der digitalen Bohème. In welchem Ausmaß, lässt sich an der folgenden Definition von Eberhard Rathgeb erkennen: digitale Bohème, das sind „Leute in Cafés ohne Festanstellung, aber mit Internetzugang“, wohingegen die analoge Bohème „Leute in Cafés ohne Festanstellung und Internetzugang“ (Rathgeb: Sie nennen es Arbeit: 1) umfasst. Der drahtlose Internetzugang bedeutet für die digitalen Bohemiens vor allem eines: Freiheit, mehr individuelle Selbstbestimmung bei gleichzeitiger
(relativer) materieller Sicherheit. Man ist nicht länger an einen Schreibtisch in einer Firma, feste Arbeitszeiten, kurz: eine Festanstellung gebunden. Dies lehnte auch die frühe Bohème ab, zu dem Preis einer großen materiellen Unsicherheit, die in den meisten Fällen zu einem Leben in Armut verdammt.
Dennoch wird auch die Ambivalenz der neuen Medien anerkannt: „Leider vereinfacht die an sich zu preisende Technologie viel zu oft einen Lebensbereich um den Preis der Komplexität in einem anderen“ (Passig/Lobo: Dinge: 33). Zur Bewältigung jener Komplexität haben Kathrin Passig und Sascha Lobo ein Buch Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin zur Abhilfe geschrieben.
2.3.1.2 Neue Wirtschaftsordnungen
Die neue wie die alte Bohèmebewegung gründet sich auch auf Erfahrungen der veränderten Wirtschaftsordnungen ihrer Zeit. So ist die digitale Bohème geprägt von den Erfahrungen der New Economy und dem Ende derselben in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts. In ihren Boomzeiten bot sie den Angehörigen der digitalen Bohème Arbeitsplätze, die oftmals zu einem weiten Teil den Autonomievorstellungen der Bohemiens entsprachen, bzw. mithalfen, diese erst zu bilden: „Es war die Vorstellung vom Paradies: mit wenig Arbeit am Bildschirm ganz viel Geld verdienen.“ (Meschnig/Stuhr: www.revolution.de: 29). Handelte es sich bei der Internetbranche doch
um einen jener unsicheren Orte im sozialen Raum [...], die unscharf umrissene, eher auszubildende als bereits ausgebildete, gleichzeitig äußerst dehnbare und wenig anspruchsvolle, auch […] mit sehr unsicherer und außerordentlich gestreuter Zukunft ausgestattete Posten bietet. (Bourdieu: Das literarische Feld: 62)
Auch zahlreiche Geisteswissenschaftler fanden, dank der offenen Feldstruktur, Eingang und Auskommen in diesem offenen Feld[33], so auch die digitalen Bohemiens Sascha Lobo, Kathrin Passig und Holm Friebe, die im Fokus dieser Arbeit stehen, da sie entscheidend zur Prägung des Begriffes beigetragen haben.
Die offene Feldstruktur – die bis dato wenig spezialisierten Tätigkeitsprofile, die nicht-kodifizierten Zugangswege sowie die Tatsache, dass ausgefeilte Technikkenntnisse nicht notwendig waren – begünstigte, dass sowohl Kunstinteressierte mit einem Interesse an der Verschaltung alter und neuer Medien sowie z.B. Informatiker in das Feld einmündeten. (Manske: Prekarisierung: 94)
Es folgte der Zusammenbruch der New Economy ab 2001, und der Wettbewerb verschärfte, die Feldstruktur verengte sich.
Während nämlich in der Expansionsphase, überspitzt gesagt, problemlos zwei Logiken nebeneinander existieren konnten, einerseits die Logik von künstle-rischen Ideen und andererseits die Logik des Profitstrebens, lässt sich anhand der Kämpfe um die Deutungshoheit im Feld zeigen, wie sich dieses Verhältnis zugunsten letzterer verändert und seine Wettbewerbslogik zunehmend deutlich hervor tritt. (Manske: Prekarisierung: 94)
Um ein dauerhaftes Überleben zu sichern, mussten die Felder der Wirtschaft und das der Kunst, bzw. der wirtschaftliche Habitus und der künstlerische Habitus, noch stärker kombiniert werden als bisher.[34]
Zwar handelte es sich nur um ein kleines Zeitfenster, in dem die Feldstruktur der Internetbranche offen war, doch brachte diese Öffnung einen „Kollateralen Nutzen“. So „kam eine ganze Generation von Feingeistern in Kontakt mit modernster Informationstechnologie“ (Friebe/Lobo: Arbeit: 40).
Als Teil der Verengung der Feldstruktur im Zuge der internetbranchenbezogenen Restrukturierungsprozesse konstatiert Manske einen Wandel vom Anbieter- zum Käufermarkt (vgl. Manske: Prekarisierung: 110). Dies trifft sicherlich zu, wenngleich die digitale Bohème auf Grund erfolgreicher Etablierung im Feld nur bedingt davon betroffen war. Für zahlreiche kreativ Tätige bedeutete dies, sich entweder den Wünschen des Marktes anzupassen, oder den eigenen Lebensunterhalt zu riskieren.
Allein in der deutschen Hauptstadt leben etwa 5000 professionelle Künstler [Stand: 2007], die Dunkelziffer ist natürlich weit höher. In jüngsten Umfragen des Berliner Berufverbandes Bildender Künstler gaben nur 15 Prozent an, vom eigenen Einkommen leben zu können. Alle anderen sind auf zusätzliche Quellen angewiesen und versuchen, in möglichst kunstnahen Bereichen unterzukommen: als Dozent, Kellner oder Webdesigner. In den Werbeagenturen und in der Dotcom-Branche sammelte sich dieses neue Bildschirmproletariat aus scheinselbstständigen ‚festen freien’ Mitarbeitern und ganz freien Springern, die nur projektweise beschäftigt werden – viele mit künstlerischem Ausbildungshintergrund. (Saehrendt: Ende der Bohème)
Auch die Zeit der frühen Bohème ist von einem wirtschaftlichen Umbruch gekennzeichnet und, damit verbunden, von dem Aufstieg einer Klasse: der Industriellen.
Die Erfahrung, die die Schriftsteller und Künstler von den neuen Herrschaftsformen gewinnen konnten, denen sie sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unterworfen sahen, und das Grauen, das ihnen zuweilen die Gestalt des ‚Bürgers’, ‚Bourgois’ [sic], einflößen mochte, wird nur verständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, was das durch die industrielle Expansion des Zweiten Kaiserreichs geförderte Auftauchen von Industriellen und Kaufleuten mit riesigen Vermögen […] bedeutete, jene bildungs- und kulturlosen Aufsteiger, die bereit waren, in der gesamten Gesellschaft den Mächten des Geldes und ihre allen geistigen Dingen zutiefst feindlich eingestellte Weltsicht zum Sieg zu verhelfen. (Bourdieu: Regeln der Kunst: 84)
Parallel dazu hatte sich seit der Erfindung des Buchdrucks peu à peu ein Markt für literarische Produktionen entwickelt, der zu einer starken Konzentration des intellektuellen Lebens in Großstädten führte. Nahezu ausschließlich dort bestanden reelle Chancen auf Gelegenheitsarbeiten im intellektuellen Milieu[35]. Damit verband sich aber auch ein wachsendes Angebot an Kräften und Produkten, das bald die Nachfrage überstieg, weswegen viele in ständiger Sorge und am Existenzminimum lebten (vgl. Kreuzer: Boheme: 44).
Diese frühen ‚Freelancer’[36] gehörten zumeist dem Bildungsbürgertum an, nur in seltenen Fällen erhielten Angehörige der darunter liegenden Schichten eine Chance bzw. Ausbildung, die zu intellektueller Arbeit befähigte. Neben jenen Bildungsbürgern etablierte sich mit dem Wandel vom Agrar- zum Industriestaat ein machtvolles Besitzbürgertum, das als Antitypus ‚Philister’ und ‚Bourgeoisie’ in die Geschichten der Bohème eingehen sollte. (vgl. Schulze: Deutsche Geschichte: 109) Gegen diesen Utilitarismus und Rationalismus grenzte man sich u.a. durch Individualitätsstreben und l’art pour l’art ab.[37]
Es geht also schon in der frühen Bohème um mehr als das bloße ökonomische Auskommen, es geht um kulturelles Gewicht und Deutungshoheit.
Wir halten fest: Beide Bohèmes begannen zu wirtschaftlichen Umbruchszeiten. Bei der frühen stand die Bohème auf der wirtschaftlichen Verliererseite, da das Mäzenatenwesen[38] sich überlebt hatte und sich deshalb die wirtschaftliche Situation verschlechterte. Auch ein Teil des kulturellen Einflusses, den man z.B. unter einem Mäzen noch hatte, ging verloren.
Die Künstler waren nun zu einer strukturellen Unterordnung gezwungen, die je nach Position im Feld unterschiedlich ausfallen konnte. Zwei zentrale Vermittlungsinstanzen dominierten das Feld: zum einen der Markt, der seinen Einfluss gegenüber den Literaturunternehmen direkt über Verkaufszahlen etc. oder indirekt über Herausgeberschaften und sonstige Posten ausübte. Die andere große Vermittlungsinstanz waren dauerhafte Beziehungen (auf Lebensstilaffinitäten und gleichartigen Wertesystemen beruhend, d.h. einem ähnlichen Habitus), die durch die Institution des Salons Schriftstellern zu den richtigen Kontakten verhalfen (vgl. Bourdieu: Regeln der Kunst: 86).[39]
[...]
[1] Ich habe mich für die Schreibweise ‚Bohème’ (mit ‚accent grave’) und ‚Bohemiens’ (ohne Akzent) entschieden, da dies die Schreibweise ist, die auch die digitalen Bohemiens verwenden. In Zitaten übernehme ich die Akzentuierung der Autoren.
[2] Um die erste Generation der deutschen Bohemiens von der digitalen Bohème abzugrenzen, werde ich die Bohème des 19. und frühen 20. Jahrhunderts im Folgenden als ‚frühe Bohème’ bezeichnen. (Diese existierte ca. bis 1917, dem Jahr des amerikanischen Kriegseintritts: Mit Fortschreiten des Krieges und Verschärfung der sozialen Verhältnisse verschwand auch die Basis für den Antagonismus Bourgeoisie – Bohème.) Diese Generalisierung vorzunehmen und dabei die Beispiele nicht nur auf Deutschland zu beschränken, erscheint legitim, da „die Boheme innerhalb des eingangs angegebenen historisch-sozialen Rahmens [Ende 19. und Anfang 20. Jahrhundert; Deutschland, USA, Frankreich, Großbritannien] ungeachtet aller Variabilität bisher ein identisches ‚Wesen’ bewahrt hat, eine Konstanz von Attitüden und Affinitäten, die sich typisierend beschreiben lässt.“ (Kreuzer, Boheme: VII).
[3] Die einzelnen Faktoren unter Kategorien zu subsumieren ist sehr schwer, da sich manche Aspekte gegenseitig bedingen und beeinflussen. Dadurch wird es zwangsläufig zu Wiederholungen kommen. Es ist generell zu berücksichtigen, dass jene Kategorien und Begriffe nur Hilfskonstruktionen zur Komplexitätsreduktion darstellen.
[4] Mit den gewonnenen Kenntnissen werde ich des Weiteren den Wikipedia-Artikel zu ‚Bohème’ im Bewusstsein des begrenzten wissenschaftlichen aber hohen populärwissenschaftlichen Nutzens der Online-Enzyklopädie überarbeiten. Siehe Anhang und http://de.wikipedia.org/wiki/Bohème (Stand: 26.3.2009)
[5] Der radikale Konstruktivismus (v. Glaserfeld, Watzlawick et al.) hatte seine Blüte bei Erscheinen des Buches noch vor sich.
[6] Ich verstehe hierbei ‚Text’ allgemein als „abgegrenzt schriftliche oder potentiell zu verschriftlichende Äußerung“ (vgl. Susanne Horstmann: Text. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft Bd. 3. Berlin: de Gruyter 2003. S. 594-597).
[7] Amazon, ein zentrales Instrument der gegenwärtigen Wissensorganisation und -verbreitung, ordnet das Manifest der digitalen Bohème, Wir nennen es Arbeit, wie folgt zu: Bücher > Business & Karriere > E-Business. Dies ist eine Sachbuchkategorie, die zumeist nicht-fiktional ist. Im Englischen fällt die Unterscheidung noch klarer aus. Hier trennt man ‚fiction’ und ‚non-fiction’. Arbeit würde klar in letztere Kategorie fallen.
[8] Goethe, J.W. v.: „die Idee von wackern Vagabunden, edlen Räubern, großmüthigen Zigeunern und sonst allerlei idealisiertem Gesindel“. In: Goethe: Wilhelm Meisters theatralische Sendung: 189.
[9] Die Definition von Bohème als Durchgangsstadium zu Erfolg oder Niederlage greift auch Robert Michels in seinem Aufsatz Zur Soziologie der Bohème und ihrer Zusammenhänge mit dem geistigen Proletariat wieder auf.
[10] Abgesehen von dem Aspekt der Selbstbezeichnung als ‚Bohème’, auf den ich in Kapitel 2.5 näher eingehen werde.
[11] Thomas Mann macht keinen Hehl aus seiner Zerrissenheit. Trotz grundbürgerlichem Lebenswandel ist er von der Bohème und ihren Protagonisten fasziniert. Das manifestiert sich auch in seinem Werk: z.B. in Tonio Krögers Diskussionen mit der Künstlerin Lisaweta, die die Auseinandersetzungen eines Bürgers mit der Bohème sind. (Vgl. Kurzke: Thomas Mann: 48) In der Erzählung „Der Bajazzo“ äußert sich der Lebemann Bajazzo wie folgt: „Mir fehlte jede Verbindung mit der guten Gesellschaft und den ersten und zweiten Kreisen der Stadt; um mich bei der goldenen Jugend als fetard einzuführen, gebrach es mir bei Gott an Mitteln, – und andererseits, die Bohème? Aber ich bin ein Mensch von Erziehung, ich trage saubere Wäsche und einen heilen Anzug, und ich finde schlechterdings keine Lust darin, mit ungepflegten jungen Leuten an absinthklebrigen Tischen anarchistische Gespräche zu führen.“ (Mann: Erzählungen: 119).
[12] Vgl. Watson: Kunst, Künstler und soziale Kontrolle; Easton: Artists and Writers in Paris; Widmer: The Literary Rebel.
[13] The Boho Bar, Parkside, Australien; Boho Nightclub, Glasgow, UK; Boho Restaurant, Toronto, Canada.
[14] www.bohomag.com; v.a.: www.bohomag.com/are-you-a-boho.html (Stand: 15.2.2009).
[15] Das macht den völlig willkürlichen Charakter des Labels bewusst. In keinem der mir bekannten Romane, Tagebuchaufzeichnungen oder sonstigen Dokumenten der frühen Bohème spielt die Natur eine exponierte Rolle.
[16] Vgl. www.stationrose.com/DigitalBohemia.html (Stand: 15.2.2009).
[17] Kathrin Passig, zitiert nach Krekeler: Passig: 49.
[18] Friebe (Hrsg.): Haarige Eisen. Die wunderbare Welt von Luke & Trooke.
[19] www.hoeflichepaparazzi.de (Stand: 10.2.2009).
[20] Z.B.: www.zentrale-intelligenz-agentur.de/wahrheit_itsazia.html (Stand: 21.2.2009).
[21] Friebe zur Terminologie der ZIA: „[...] das ergibt sich natürlich alles aus der Marke. Wenn man einmal damit angefangen hat, sich dieses Vokabulars zu bedienen, muss man das auch konsequent durchhalten.“ (Holm Friebe im Video-Interview mit Prof. Dr. Günter Faltin: 8min:20sekff.).
[22] Vgl. Krekeler: Passig: 49; Der Begriff sei allerdings von American Apparell übernommen, wie Friebe im Interview mit Günter Faltin zugibt.
[23] Vgl.: www.zentrale-intelligenz-agentur.de/mitarbeiter.html (Stand: 21.2.2009).
[24] www.riesenmaschine.de (Stand: 25.1.2009).
[25] Darin ist diese Definition kein Einzelfall. Auch in einigen Werken, die sich mit der frühen Bohème befassen, wird die Verbindung von Bohème und Künstlertum nicht als notwendig, sondern als akzidentell bewertet, so z.B. bei Theodor Geiger (Aufgaben der Intelligenz).
[26] Auf diese Tatsache werde ich im Laufe dieser Arbeit noch eingehen.
[27] In: Bourdieu: Regeln der Kunst.
[28] Unter dem Begriff ‚Habitus’ versteht Bourdieu eine „allgemeine Grundhaltung zur Welt, die zu systematischen Stellungnahmen“ (Bourdieu: Das literarische Feld: 31). Der Habitus manifestiert sich als Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschema (vgl. Bourdieu: Sozialer Sinn: 101).
[29] Hierfür spricht im Falle der digitalen Bohème u.a. die technizistische Lexis, auf die im Laufe der Arbeit eingegangen werden soll.
[30] „Totalitäre Systeme gewähren keinen Freiraum – ohne den aber kann eine Boheme im Spannungsfeld zwischen Freiheit und gesellschaftlicher Ordnung nicht leben.“ (Kleemann: Symbolische Rebellion: 244).
[31] Vgl. u.a.: www.boersenblatt.net/template/b4_tpl_tags/?tag=E-Books (Stand: 25.3.2009)
[32] Vgl. u.a.: www.textkritik.de/urheberrecht/ (Stand: 25.3.2009)
[33] „Die Internetbranche ist (noch) ein nicht institutionalisiertes Erwerbsfeld, daher gelten die Bedingungen des offenen Marktes. Informelle, soziale Netzwerke übernehmen die steuerungstheoretische Kompensationsfunktion“ (vgl. Manske: Prekarisierung: 96).
[34] Es wird von einer wechselseitigen Abhängigkeit von Habitus-, Feld- und Kapitaltheorie ausgegangen.
[35] „Zahlreich sind die Literaturbohemiens, deren Erwerbsarbeit sich in okkasionellen Auftragsarbeiten (wie Übersetzungen, Rezensionen, usw.) für Buch-Verlage, Zeitungen und Zeitschriften erschöpft oder die – für länger oder kürzer – als Redakteure oder Lektoren arbeiteten.“ (Kreuzer: Boheme: 247).
[36] Dt.: Freiberufler, freie Mitarbeiter.
[37] „Kaum ein literatursoziologischer Zusammenhang ist so gründlich belegt wie der zwischen dem ökonomischen und gesellschaftlichen Aufstieg des Bürgertums und der künstlerischen Entfaltung von Individualismus und Subjektivität.“ (Schwenger: Literaturproduktion: 33).
[38] „Das Verhältnis zwischen Kulturproduzenten und Herrschenden hat nichts mehr von dem, wodurch es in den frühen Jahrhunderten gekennzeichnet war, sei es die unmittelbare Abhängigkeit vom Auftraggeber (häufiger bei Malern, aber auch bei Schriftstellern belegt), sei es auch die Ergebenheit gegenüber einem Mäzen oder einem offiziellen Beschützer der Künste.“ (Bourdieu: Regeln der Kunst: 86).
[39] Die Bedeutung der Industrialisierung und der Veränderung der damit einhergehenden gesellschaftlichen Verhältnisse für die Entwicklung der frühen Bohème ist in dem wissenschaftlichen Bohème-Diskurs eine weitestgehend unterstützte These. Vor allem Paul Honigheim, Albert Salomon, Malcolm Cowley, Fritz Martini sowie George S. Snyderman und William Josephs behandeln sie in ihren Abhandlungen ausführlich.
- Arbeit zitieren
- Eva Bacon (Autor:in), 2009, Die digitale Bohème, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140207
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