Die grundlegende Fragestellung, die Hartmann von Aue in seinem späten Meisterwerk `Iwein` thematisiert ist die Frage nach dem idealen Rittertum. Es liegt der Beantwortung dieser Frage eine sehr interessante Konzeption zugrunde. Hartmann stellt seine Hauptfigur in das Spannungsfeld zweier konkurrierender Wertezentren.1In der Auseinandersetzung mit den grundlegenden Lebensanschauungen des auf `êre` bedachten Artushofes in Kontrastierung mit dem zentralen`minne`-Gedanken des Laudinehofes lässt Hartmann seinen Held einen Weg beschreiten, der ihn gemäss dem Konzept der Doppelwegstruktur2zu einem idealen Rittertum finden lässt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Kontrastfunktion der beiden Wertezentren
3. Der zweite Aventiurengang
3.1. Iweins Wiedereintritt in die menschliche Gesellschaft
3.2. Das Zu-Sich-Kommen Iweins
3.3. Der Kampf der Kämpfe
4. Iweins Bestimmung
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die grundlegende Fragestellung, die Hartmann von Aue in seinem späten Meisterwerk `Iwein` thematisiert ist die Frage nach dem idealen Rittertum. Es liegt der Beantwortung dieser Frage eine sehr interessante Konzeption zugrunde. Hartmann stellt seine Hauptfigur in das Spannungsfeld zweier konkurrierender Wertezentren.[1] In der Auseinandersetzung mit den grundlegenden Lebensanschauungen des auf ` êre` bedachten Artushofes in Kontrastierung mit dem zentralen `minne `- Gedanken des Laudinehofes lässt Hartmann seinen Held einen Weg beschreiten, der ihn gemäss dem Konzept der Doppelwegstruktur[2] zu einem idealen Rittertum finden lässt.
2. Die Kontrastfunktion der beiden Wertezentren
Entsprechend der Bedeutung des Artushofes als idealisierter Stätte der Ritterschaft, der auch Iwein angehört, nimmt die Erzählung von dort ihren Ausgang.
Welche Werte prägen diese Ritterschaft, deren herausragende Figur Artus ist, der aber selbst nicht als handelnder Ritter in Erscheinung tritt, sondern als Oberhaupt und Repräsentant dieser Wertegemeinschaft fungiert?[3]
Kalogrenants Erzählung macht deutlich, welchen Werten die Ritterschaft verpflichtet ist. Ihr Zentralbegriff ist der der `êre`, die erworben wird durch Aventiure-Abenteuer, in deren Verlauf der Ritter durch kriegerische Tüchtigkeit Siege zu erringen hat.4 Die Problematik dieser Ritterhaltung, ihren pubertären, unreifen Charakter, macht Hartmann deutlich, in dem er den Waldmenschen fragen lässt: „ichn gehorte bi mînen tagen,
selhes nie niht gesagen
waz aventiure waere.“5
Iwein selbst folgt in seinem Verhalten den Normen des Artushofes. Die erlittene Schmach Kalogrenants zu rächen macht er sich auf die Brunnenaventiure als sein Initialabenteuer zu bestehen. Der Zwang den Sieg im Zweikampf beweisen zu müssen, verleitet ihn dazu Askalon ` ane zuht` seiner Burg zuzutreiben. Dieses unmässige Verhalten resultiert zum einen aus seiner Jugend, zum anderen aus dem Wertekanon der Artusritterschaft6
In der Begegnung mit Laudine verfällt Iwein dem zentralen Gedanken des zweiten Wertezentrums des Epos: Laudines Schönheit weckt die Liebe in ihm und in der Anteilnahme an ihrem verzweifelten Schmerz beginnt der Held sein ritterliches Aventiure-Verhalten zu reflektieren: „sîn heil begunder gote clagen
daz ir ie dehein ungemach
von sînen schulden geschach.“7
Er erkennt sich als Verursacher ihrer Not. Minnigliche Anteilnahme löst Reflexion aus. Schon hier befindet sich Iwein auf dem Weg, den Wertekodex des Laudine-Hofes zu übernehmen.8
Das Interpretationsmodell der zwei Wertezentren erlaubt es auch, das Verhalten Gaweins näher zu erklären. Ausgerechnet er, der idealtypischste Vertreter der Artusritterschaft, wird zum entscheidenden Ratgeber, der Iwein zu Fall bringt.
[...]
[1] siehe zu dieser Konzeption: Hahn, Ingrid: guete und wizzen. Zur Problematik von Identität und Bewusstsein im `Iwein` Hartmanns von Aue. In: Beiträge zu deutschen Sprache und Literatur 1985
[2] diese Konzeption ist durch die Analysen von Kellermann, Bezzola und Kuhn heute Allgemeingut der Forschung. Siehe Haug, W.: Literaturtheorie im deutschen Mittelalter. S. 97
[3] selbst als seine Frau entführt wird, sind es seine Ritter, die die Verfolgung aufnehmen.
4 Hartmann von Aue, Iwein, Manesse Bibliothek Zürich 2004, Zeile 523 – 543 im Folgenden zitiert als Hartmann. Kalogrenant definiert sein Ansinnen gegenüber dem Waldmenschen in denkbar offener Weise und er bestimmt hier die Sinnlosigkeit der Unternehmungen eines Aventiure-Abenteurers.
5 ebenda Zeile 548 - 549
6 die Angst vor Kaies Spott verleitet ihn zu diesem unritterlichen Verhalten
7 Hartmann, Zeile 1348 - 1350
8 Es geht bei dem Vergleich beider Wertsysteme nicht um die Negierung bestimmter Haltungen. Auch der
Artushof kennt selbstverständlich die Minne als integralen Bestandteil des höfischen Lebens. Setzt man aber
die ` êre` bzw. die ` minne` ins jeweilige Zentrum, so ergeben sich Schwergewichtsverlagerungen in Denken und
Handeln der Protagonisten. So wird im Wertesystem des Laudinehofes ` êre` nicht als Zweck der eigenen
Existenz aufgefasst, sondern lediglich als Mittel.
- Arbeit zitieren
- Peter Tausch (Autor:in), 2005, Die Erzählstruktur des Iwein , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54196
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