Diese Mitschriften des Seminares "Mediensemiotik" an der Universität Passau fassen die Grundlagen und wichtigsten Defintionen der Mediensemiotik zusammen. Sie befassen sich mit den semiotischen Grundlagen, den sekundär semantischen Verfahren, dem Erzählen und der Narration, Text-Bild-Beziehungen, dem kulturellen Wissen und der Medienwirklichkeit. Überwiegend stichpunktartig geschrieben, sollen diese Mitschriften einen Überblick über den Bereich der Mediensemiotik geben.
Inhaltsverzeichnis
Medien, Semiotik und Kommunikation
Semiotische Grundlagen
Semiotische Grundlagen II/Semantik
Sekundär semantische Verfahren I
Sekundär semantische Verfahren II
Tropen
Erzählen
Medialität/Text-Bild-Beziehungen
Kulturelles Wissen – Diskurs – Denksystem
Medienwirklichkeiten
Medien, Semiotik und Kommunikation
1. Medium
- Technische Dimension: Welche technischen Voraussetzungen hat man, um ein Medium umzusetzen? (z.B. Bild, Ton)
- Institutionell-soziale Dimension
- Semiotisch-textuelle Dimension: Bedeutung, die durch ein Medium transportiert wird (Inhalt)
- Ästhetik
- Theorie
- Geschichte
Medium - ist ein technisches System der Zeichenübertragung und Infoweitergabe, das der Speicherung und Reproduktion kommunikativer Akte dient.
Medialität = Jedes Medium hat seine eigene Möglichkeit zur Darstellung z.B. Film durch Bilder
Medialität + Textualität = Modell
- = interessiert sich für die Textualität, die Medialität und der Kulturalität von Produkten
2. Semiotik (Lehre der Zeichen)
Zeichen werden zur Kommunikation benötigt.
Referent
Signifikant Signifikat
Vertreter:
- Ferdinand de Saussure (1857-1913)
- Charles Sanders Perice (18-1914)
- Charles Morris (1901-1979)
- Foundation of the theory of signs
- Signs, language and behaviour
- Umberto Eco (1932)
Semiotisierung = Ein Zeichen wird eingeführt
Semantisierung = Ein Zeichen gibt einem Objekt Bedeutung
Semiotische Strategien, um (Erotik-)Szenen, die man zu einer bestimmten Zeit noch nicht zeigen durfte, darzustellen, z.B. durch Musik.
Semiotische Grundlagen
Semiotik = Inter- und transdisziplinäres Fach, das sich mit Zeichen und zeichenhaften Äußerungen befasst.
Der Begriff für ein bestimmtes Zeichen (z.B. Tisch) ist wichtig, es kann zu Kommunikationsstörungen kommen, wenn sich diese Zeichen ändern (z.B. wenn man den Tisch plötzlich Stuhl nennt).
Zeichen = Materielle, sinnlich wahrnehmbare Dinge, die nicht für sich selbst stehen, sondern auf andere Dinge verweisen.
6 Klassen von Zeichen:
- Akustische Zeichen
- Graphische Zeichen, z.B: Zeichensysteme, Buchstaben
- Einfache ikonische Kodierungen, z.B. Verkehrsschilder, Fahrbahnmarkierungen
- Komplexe ikonische Kodierungen, z.B. Malerei, Comic, Film, Fernsehen
- Gestisch-mimische Zeichen, z.B. Gebärdensprache, Körperhaltung, Gesichtsausdrücke etc. =Kinesik (Gestik, Mimik, Proxemik=Raumverhalten von Personen)
- Komplexe kinetische/proxemische Zeichen, z.B. Rituale, Gottesdient, Tischsitten
Wichtige Begriffe:
- Signifikant – Signifikat
- Mehrere Signifikanten können annähernd ein ähnliches Signifikat haben.
- Ein Objekt kann nur dann ein Signifikant werden, wenn ihm tatsächlich Bedeutung zugewiesen wurde.
- Polysemie/Homonymie
= Ein Signifikant kann mehrere Signifikate haben. z.B. aids:
- Immunschwächekrankheit
- Engl. Für „Hilfen“
- Denotation und Konnotation
Signifikat = Denotation und Konnotation
Denotation = meint die Kernbedeutung eines Begriffes. Sie ist kontextunabhängig. Die mit dem Zeichen gemeinte Sachbezeichnung, die direkte, unmittelbare Bedeutung eines Wortes, Satzes ode Textes.
Konnotation = eine zusätzliche, kontextabhängige Bedeutung
1. Komponenten eines Zeichensystems:
- Syntax (Relation von Zeichen zu einem anderen Zeichen)
- Semantik (Relation von Zeichen und seiner Bedeutung)
- Pragmatik (Relation von Zeichen und Zeichenbenutzern)
2. Zeichen und Text
- Jeder Text ist ein Artefakt, etwas Gemachtes (insofern ist jeder Text empirisch gegeben)
- Jeder Text ist ein in sich abgegrenztes Ganzes (Grundbestimmung: Gewebe)
- Jeder Text hat, aufgrund von Kohärenz, Bedeutung (Signifikanten-Funktion)
- Ein Text konstituiert sich aus Zeichen und ist als eine konkrete Manifestation eines Zeichensystems zu verstehen, als Auswahl und Kombination von Zeichen
3. Jacobson: Sprachfunktionen
- Emotive Sprachfunktion: Der Sender teilt mit, wie er zu seiner Aussage steht, z.B. „Ach“, „leider“, „armer Tor“ etc. (Faust)
- Konative Sprachfunktion: Ausrichtung auf den Empfänger, um etwas zu bewirken z.B. Werbung, die andere ansprechen soll
- Referenzielle Sprachfunktion: Beziehung auf den Redegegenstand, Liefern von Information, Daten, Fakten, z.B. Tagesschau
- Phatische Sprachfunktion: Beziehung auf den Kanal/Medium, Herstellung und Erhaltung von Kommunikation, geringer Informationswert, z.B. Smalltalk
- Metasprachliche Sprachfunktion: Verständigung über die Sprache, Kommunikation über Kommunikation, z.B. Talkshow: „Reden wir noch über das Selbe?“
- Poetische Sprachfunktion: Struktur der Äußerung, Abweichung vom normales Alltagssprachgebrauch, aus der Abweichung resultierende neue Sprachordnung z.B. Gedichte, Metrum
Semiotische Grundlagen II/Semantik
1. Die poetische Sprachfunktion (nach Jakobson)
Die poetische (ästhetische) Funktion ist die Ausrichtung der Kommunikation auf den Text um seiner selbst willen. In Äußerungen mit poetischer Funktion ist die Nachricht also „autoreflexiv“, selbstbezüglich: Die Struktur der Äußerung, die konkrete textuelle Verfasstheit wird informationshaltig, wird zum Signifikanten eines sekundären Signifikats.
Prinzip 1: Abweichung von einem vorgegebenen System
Prinzip 2: Systematisierung/Funktionalisierung dieser Abweichung
Die poetische Funktion projiziert das Prinzip der Äquivalenz von der Achse der Selektion auf die Achse der Kombination: „eine organisierte Gewalt, begangen an der einfachen Sprache“.
Bsp.: Richard Wagner, Siegfried:
Winterstürme wichen dem Wonnemond, im milden Lichte leuchtet der Lenz.
Bsp.: Bild Hitler aus Adidas, Apple und Automarke äquivalent = gleichwertige Merkmale werden als relevant, unterschiedliche als irrelevant angesehen
Kunst ist immer ein sekundäres System, das auch Zeichensystemen besteht und auch neue Zeichensysteme bildet.
Jeder Text hat einen Eigenwert und ästhetische Kommunikation heißt, dass die Struktur der Äußerung einen Eigenwert bekommt.
2. Textkonstituierung: Syntagma und Paradigma
Als Paradigma bezeichnet man eine Klasse von Begriffen, die unter einem bestimmten Merkmal, das dominant gesetzt ist, zusammengefasst werden. Über die Gemeinsamkeit des dominanten Merkmals hinaus divergieren die einzelnen Begriffe. Das Paradigma ist eine abstrakte Klassenbildung, die sich durch ihre wesentliche Merkmale definieren lässt (aber auch durch die Aufzählung der Begriffe, die unter ein Paradigma fallen).
Als Syntagma bezeichnet man eine lineare Verknüpfung bzw. allgemeiner eine Anordnung, bei der aus Paradigmen jeweils eine Alternative gewählt wird. Ein Syntagma ist also immer eine konkrete Realisation aus verschiedenen Paradigmen.
Bsp.: Abbildung vom Tod, der die Menschen holt Syntagma = Rangordnung z.B. Adel zu Unterschicht (nach Klassen geordnet) Äquivalenz = Alle Menschen sind sterblich
3. Ästhetische Kommunikation
Jurij M. Lotman. Die Struktur literarischer Texte. München 1972.
„Mediale Produkte sind sekundäre, modellbildende, semiotische Systeme.“
- Textualität
- Medialität
- Kulturalität
Sekundär semantische Verfahren I
Kommunikation beruht häufig auf Umstrukturierungen, durch die sich in den Texten eine eigene (Welt-)Ordnung artikuliert.
Texte können sprachlich vorgegebene semantische Merkmale durch Veränderung des sprachlich vorgegebenen Beziehungsgefüges und dadurch durch die Installierung veränderter Grenzziehungen (ver-)ändern und modifizieren.
Semantische Relationen
Bedeutung konstituiert sich auch der Differenz von Signifikaten. Zeichen bzw. Signifikate können in verschiedenen semantischen Relationen zueinander stehen.
- Synonymie
Zwei oder mehr Signifikanten haben annähernd dasselbe Signifikat.
Bsp.: Christian Werni>
- Opposition Zwei Signifikate stehen in Opposition, wenn sie einander aufgrund ihrer Merkmale logisch ausschließen (wenn sie also nicht zum selben Zeitpunkt über ein und dieselbe Größe ausgesagt werden können).
Bsp.: Werbespot Mini-Driver und Nicht-Mini-Driver
- Asymmetrische Opposition Zwei (oder mehr) Signifikate stehen in asymmetrischer Opposition, wenn sie zwar logisch-semantisch qua System miteinander kompatibel und also auch mit einander kombinierbar wären, wenn sie aber in der konkreten Äußerung als einander ausschließend behandelt werden. Im Text wird ein Unterschied aufgebaut und zentral inszeniert, auch wenn es ihn kulturell so gar nicht gibt oder er kulturell gar nicht so groß, so relevant ist.
Bsp.: Slogan „Böse – und deshalb richtig gut“
- Aufhebung der kulturellen Opposition
Bsp.: Slogan „Reisen statt Fliegen“ der DB Nightlife
- Hier wird eine Opposition zwischen Reisen und Fliegen aufgebaut
- Äquivalenz Zwei (oder mehr) Signifikate sind äquivalent, wenn die Äußerung/der Text ihre gemeinsamen Merkmale als relevant und ihre divergenten Merkmale als irrelevant setzt; gemeinsame Merkmale werden in der Äußerung also funktionalisiert und different Aspekte neutralisiert.
Bsp.: Heinrich von Ofterdingen: Wenn ich soll wählen auf der Erde, wähl ich mir den Kaiser oder Dichter – beiden gehorcht die Welt. Denn was der Kaiser schafft, das kann der Dichter zaubern!“
- Homologie Als Homologie wird eine Äquivalenzrelation bezeichnet, die nicht aufgrund von Merkmalen besteht, sondern aufgrund von Beziehungen.
Eine Textgröße „a“ verhält sich zu einer Größe „b“, wie sich eine Größe „c“ zu einer Größe „d“ verhält.
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- Arbeit zitieren
- Anna Maucher (Autor:in), 2015, Grundlagen der Mediensemiotik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323416
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