Die immer enger werdende Verzahnung und Wechselwirkung zwischen Sport, Medien und Wirtschaft scheint nicht nur ein unaufhaltsamer Prozess, sondern ist auch ein bereits vielbeschriebenes Phänomen.
Zum Sport gehört - neben zahlreichen anderen begleitenden Erlösmodellen wie Merchandising, Sponsoring usw. - vor allem die mediale Verwertung und Vermarktung auf allen verfügbaren Kanälen. Insbesondere Fußball zählt dabei nicht nur als quotenrelevantes Programmangebot zu den beliebtesten TV-Sportarten weltweit, sondern wird auch in verschiedenen interaktiven Formen über die sog. “neuen Medien” erfolgreich vermarktet.
Einen wesentliche Teil zu dieser Entwicklung trägt auch die Lizenzierung und Adaptation einzelner Sportarten als Videospiel bei, welche inzwischen in der Mediennutzung großer Teile der Gesellschaft nicht mehr wegzudenken sind. Insbesondere Fußball-Simulationen (Spielserie FIFA von EA Sports) zählen auch hier zu den meistabverkauftesten und weltweit beliebtesten Genres.
Durch die detailgetreue Darstellung, die Gestaltung nach Elementen der TV- Übertragung und die Implementierung realistischer Daten und Faktoren scheinen die Grenzen zwischen der Inszenierung von realem und virtuellem Sport immer mehr zu verfließen.
Über dieses Phänomen und seine möglichen Auswirkungen wird auch zunehmend diskutiert, wobei die populärwissenschaftliche und journalistische Aufbereitung bisher oftmals eher polarisierend zwischen den Extremen einer technischen und/oder ökonomischen Euphorie oder diffuser, kulturpessimistischer Angst angesiedelt zu sein scheint.
Die akademische Forschung hingegen erschließt sich diesen Bereich nur zögerlich: Zwar gibt es zahlreiche medienpädagogische Analysen zu Videospielen aus Perspektive der Wirkungsforschung, jedoch bestehen bisher – trotz der erheblichen wirtschaftlichen Relevanz! – vor allem im deutschsprachigen Raum kaum Untersuchungen zur spezifischen Wechselwirkung zwischen der Sport-, Videoindustrie und dem Konsumenten.
Dies verblüfft umso mehr, als dass es hier um eine Milliardenindustrie geht und das Videospiel mit Millionen Nutzern längst zu einem festen Bestandteil der Freizeitgestaltung und Kulturgut geworden ist. Videospiele beeinflussen das Konsum- verhalten einer ganzen Generation, für die es wiederum alltäglich zu sein scheint, sich zwischen den realen, medialen und virtuellen Räume zu bewegen.
INHALTSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
VORWORT
1 EINLEITUNG
2 EINORDNUNG UND AUSGANGSSITUATION
2.1 SPORT UND MEDIEN: DER MEDIENSPORT ALS SYSTEM
2.2 SPORT UND VIDEOSPIEL: DIE GAMINGINDUSTRIE
2.2.1 DIE SPIELEINDUSTRIE: MARKTTEILNEHMER & WERTSCHÖPFUNGKETTE
2.2.2 SPORTTHEMATISCHE VIDEOSPIELE
2.2.3 GESCHÄFTSMODELL IM SPORTSGAMING
3. DAS PRODUKT: FALLBEISPIEL FIFA VON EA SPORTS
3.1 KURZE GESCHICHTE DES FUßBALL-VIDEOSPIELS
3.1.1 ERSTE SCHRITTE: VON PONG SOCCER BIS ZUR KICK-OFF SERIE
3.1.2 DER WETTLAUF FIFA VERSUS PRO EVOLUTION SOCCER
3.1.3 STATUS QUO
3.2 WESENTLICHE EIGENSCHAFTEN DES PRODUKTS
3.2.1 WERKZEUGE DER REALITÄTSABBILDUNG
3.2.2 ÄSTHETISCHE ELEMENTE:TELEVISUALISM
3.2.3 SPIELERISCHE HERAUSFORDERUNGEN
4. DER KONSUMENT: NUTZUNGSMOTIVE
4.1 ZUGANG: EIN INTEGRIERTER UNTERSUCHUNGSANSATZ
4.2 SPEZIFISCHE MOTIVE DER SPORTMEDIENREZEPTION
4.2.1 FORSCHUNGSSTAND
4.2.2 ZWISCHENFAZIT
4.3 SPEZIFISCHE NUTZUNGSMOTIVE BEIM SPORTVIDEOSPIEL
5. FAZIT UND DISKUSSION
5.1. IMPLIKATIONEN
5.1.1 AUSWIRKUNGEN FÜR DEN MEDIENSPORT
5.1.2 VOM SPIELER ZUM PROFI - EXKURS GT ACADEMY
5.2 AUSBLICK: DIE ZUKUNFT DES VIDEOSPIELS
5.3 FAZIT
LITERATURVERZEICHNIS
VIDEOVERZEICHNIS UND ANHANG
Bibliografische Angaben
Nachname, Vorname: Hahne, Julius
Thema der Bachelorarbeit: “Einfluss und Wechselwirkungen von Videospielen im medialen Sportkonsum”
Topic of thesis: “Videogaming as a shift in the consumption of sports media”
54 Seiten, Hochschule Mittweida, University of Applied Sciences, Fakultät Medien, Bachelorarbeit, 2014
Abstract
VIDEOGAMING AS A SHIFT IN THE CONSUMPTION OF SPORTS
The paper aims to explore aspects of the complex relationship between videogaming and the consumption of sports from a consumer perspective. By an analysis of the high-profile product "FIFA" it examines the position and interaction of videogaming within the industr, the use of other sports media and the affects onto the users comprehension and culture of the sport.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Der Mediensportkomplex
Abbildung 2: Entwicklung der Preise für TV-Übertragung der Bundesliga
Abbildung 3: Die Wertschöpfungskette der Videospielindustrie
Abbildung 4: Umsatzanteile in der deutschen Gamesbranche 2013
Abbildung 5: Sportthematische Spiele in verschiedenen Genres
Abbildung 6: Abverkäufe von Sportspielen nach regionalen Märkten
Abbildung 7: Verkaufszahlen der Spielserie FIFA weltweit
Abbildung 8: Cover Pelé Soccer
Abbildung 9: Entwicklung des Fußballvideospiels seit Soccer Pong
Abbildung 10: Nintendo World Cup (1990) bis ISS (1994)
Abbildung 11: FIFA vs. Pro Evolution Soccer
Abbildung 12: Grafische Entwicklung der Spielserie FIFA
Abbildung 13: Beispiel genreübergreifende Kampagne EA Sports
Abbildung 14: Die Technik des Motion-Capturing
Abbildung 15: Die Technik des Head-Scanning
Abbildung 16: Erstellung von Gesichts-Texturen (Beispiel Gareth Bale)
Abbildung 17: Der Spieler und sein Avatar (Beispiel Lionel Messi)
Abbildung 18: Elemente der TV-Inszenierung: Stadionansicht
Abbildung 19: Spielansicht und Perspektive "FIFA14"
Abbildung 20: Eingabemöglichkeiten und Kombinationen FIFA PS4
Abbildung 21: Sportmedienspezifische Nutzungs-Motive im Vergleich
Abbildung 22: GT Academy
Abbildung 23: VR-Brille Occulus Rift
Vorwort
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der audiovisuellen Thematik der Videospiele, daher wurde auch eine DVD mit Videobeispielen beigelegt.
Die Zusammenstellung besteht dabei sowohl aus Ausschnitten verschiedener Sport- Videospiele, sowie Werbe- und Kampagnen-Videos der Videospielbranche. Ein ausführliches Verzeichnis der Videodateien findet sich im Anhang (bitte siehe dort).
Die ausgewählten und erstellten Clips sollen begleitend durch das Thema führen und auch einem „ Videospiel-Unerfahrenen Leser “ erm ö glichen, ein umfassenderes Ver- ständnis zur aktuellen Entwicklung der technischen Innovation in diesem Bereich zu gewinnen.
Für einen ersten Eindruck, welchen fotorealistischen Grad das Sport-Videospiel bereits erreicht hat, kann an dieser Stelle auch schon das Einführungsvideo (Anlage 1 „ Einführungsvideo) genutzt werden, um auf die folgende Arbeit einzustimmen.
1 Einleitung
Die immer enger werdende Verzahnung und Wechselwirkung zwischen Sport, Medien und Wirtschaft scheint nicht nur ein unaufhaltsamer Prozess, sondern ist auch ein bereits vielbeschriebenes Phänomen.
Zum Sport gehört - neben zahlreichen anderen begleitenden Erlösmodellen wie Merchandising, Sponsoring usw. - vor allem die mediale Verwertung und Vermarktung auf allen verfügbaren Kanälen. Insbesondere Fußball zählt dabei nicht nur als quotenrelevantes Programmangebot zu den beliebtesten TV-Sportarten weltweit, sondern wird auch in verschiedenen interaktiven Formen über die sog. “neuen Medien” erfolgreich vermarktet.
Einen wesentliche Teil zu dieser Entwicklung trägt auch die Lizenzierung und Adaptation einzelner Sportarten als Videospiel bei, welche inzwischen in der Mediennutzung großer Teile der Gesellschaft nicht mehr wegzudenken sind. Insbesondere Fußball-Simulationen zählen auch hier zu den meistabverkauftesten und weltweit beliebtesten Genres.
Durch die detailgetreue Darstellung, die Gestaltung nach Elementen der TV- Übertragung und die Implementierung realistischer Daten und Faktoren scheinen die Grenzen zwischen der Inszenierung von realem und virtuellem Sport immer mehr zu verfließen.
Über dieses Phänomen und seine möglichen Auswirkungen wird auch zunehmend diskutiert, wobei die populärwissenschaftliche und journalistische Aufbereitung bisher oftmals eher polarisierend zwischen den Extremen einer technischen und/oder ökonomischen Euphorie oder diffuser, kulturpessimistischer Angst angesiedelt zu sein scheint.
Die akademische Forschung hingegen erschließt sich diesen Bereich nur zögerlich:
Zwar gibt es zahlreiche medienpädagogische Analysen zu Videospielen aus Perspektive der Wirkungsforschung, jedoch bestehen bisher - trotz der erheblichen wirtschaftlichen Relevanz! - vor allem im deutschsprachigen Raum kaum Untersuchungen zur spezifischen Wechselwirkung zwischen der Sport-, Videoindustrie und dem Konsumenten1
Dies verblüfft umso mehr, als dass es hier um eine Milliardenindustrie geht und das Videospiel mit Millionen Nutzern längst zu einem festen Bestandteil der Freizeitgestaltung und Kulturgut2 geworden ist. Videospiele beeinflussen das Konsumverhalten einer ganzen Generation, für die es wiederum alltäglich zu sein scheint, sich zwischen den realen, medialen und virtuellen Räume zu bewegen.
Sportthematische Spiele gehören dabei zu den Bestsellern der Branche und nahezu jede medienökonomisch relevante Sportart ist auch mit entsprechendem Spiel(e)Angebot abgedeckt.
Somit stellt die Spieleindustrie auch einen lukrativen Partner der Sportindustrie dar: Als zahlende Lizenznehmer, Werbekunden und Sponsoren ermöglichen die Spielehersteller der Sportwirtschaft jedoch nicht nur nennenswerte Mehreinnahmen - sondern offerieren mit den durchdesignten und logogepflasterten Spielen auch eine hohe Kundenbindung und verlängerte Präsentation des Sports und seinen Akteuren auf neuen, hocheffizienten Werbeflächen und Kanälen.
» Natürlich stellt die Simulation eine weitere Inszenierungsebene des Fu ß balls dar. Das ist aber nicht neu. Schon die TV-übertragung ist eine Inszenierung. Mit dem Effekt, dass ein Spiel im Stadion wesentlich zäher sein kann als in den Medien, weil es dort eben rasanter montiert wurde.« Christoph Hamm, Programmleiter des ZDF , WM 20103
JEIN, möchte man entgegnen, denn natürlich kann das digitale Videospiel als eine weitere mediale Präsentationsfläche des Sports bezeichnen werden. Zugleich ist es jedoch keine Abbildung eines realen Geschehens, sondern virtuell, im engsten Sinne sogar Fiktion. Das Spiel selbst versucht sich dabei jedoch um jeden Preis als so realitätsnah wie möglich zu verkaufen und greift dabei widerum erheblich auf die tradierten Elemente der Inszenierung im Mediensport zurück. Dies führt zu einem immerwährenden Kreislauf wechselseitiger Verweise.
Wenn auch Arsène Wengers viel zitierte Äußerung “Messi is like Playstation”4 eigentlich als Kompliment für das fußballerische Können des Spielers Lionel Messi gemeint war, wirft dies doch die Frage auf, seit wann eigentlich das Original an der Simulation gemessen wird...
Eine Untersuchung dieser Entwicklung scheint daher tatsächlich nur vor dem Hintergrund des Wirtschaftskomplexes der verschiedenen medialen Inszenierungen von Sport und den damit verbundenen Rezeptionsformen möglich.
Das Produkt FIFA und vergleichbar “durchkommerzialisierte” Sportsimulationsspiele können darin als ein weiteres Konsumangebot in Ergänzung zu - aber auch über die bisherigen, konventionellen Kanäle hinaus betrachtet werden:
Standen bisher zwei grundsätzliche Möglichkeiten der Sportrezeption zur Verfügung: Das Live-Erlebnis im Stadion, sowie die medial vermittelte Rezeption (vorwiegend durch Rundfunk- und TV-Übertragung und aber auch Begleiterscheinungen in Form von Apps, Liveticke o.ä.) bietet das Videospiel nun eine weitere Variante mit einer erheblichen, eigenen Wirtschaftsdimension.
Erkenntnisinteresse(n) und Gang der Untersuchung
Die zentrale Frage lautet also: Kann das Sportvideospiel als eine neue Ebene der medialen Verwertung und Rezeption von Sport eingeordnet werden, und falls ja, welche (medien-) ökonomischen, individuellen und damit ggf. auch gesellschaftlichen Einflüsse bringt das mit sich? Wo lassen sich die Faktoren dieser Entwicklung verorten und wie am besten beschreiben?
In der vorliegenden Arbeit soll daher durch einen multiperspektivischen Untersuchungsansatz die Einordnung des Sportspiel-Konsums in seinem sozioökonomischen Kontext erfolgen. Sie ist hierfür grob in drei Kapitel gegliedert:
Im ersten Kapitel wird der Versuch unternommen, die rahmengebenden Markt-bedingungen aus einer medienwirtschaftlichen Perspektive etwas greifbarer zu machen, indem die vielfältigen Schnittstellen und Wertschöpfungmodelle zwischen Sport- und Gamingindustrie auf der Produktionsseite aufgezeigt werden. Hierfür erfolgt zunächst eine Darstellung der sozio-ökonomischen Verbindungsgeflechte von Sport und Medien (Abschnitt 2.1), gefolgt von einer Beschreibung der Gaming-Industrie und Einordnung des Videospiels in diesen Komplex (Abschnitt 2.2).
Im darauffolgende Teil wird das konkrete Angebot und Produkt beschrieben: Hier erfolgt eine kurze Entwicklungsgeschichte des digitalen Fußballspiels (Abschnitt 3.1), sowie eine Detailanalyse und Darstellung der multiplen Verwertungsmodelle am Beispiel des marktführenden Produkts FIFA (Abschnitt 3.2).
Zuletzt folgt eine Betrachtung der Konsumentenperspektive (Kapitel 4) und es wird die Frage aufgeworfen, wie sich digitale Sportspiele in die allgemeine Sportmedienrezeption einordnen. Hierfür werden zunächst verschiedene Ansätze des aktuellen Forschungsstands vorgestellt (Abschnitt 4.1), gefolgt von einer Einschätzung und Vergleichsanalyse, welche Nutzungsmotive und Bedürfnisse beim Konsum von Sport, sowohl in den traditionellen als auch in den neuen, interaktiven Medien im Vordergrund stehen (Abschnitt 4.2 und 4.3).
Wissenschaftliche Relevanz im Bereich der Medienwirtschaft Die Arbeit versteht sich - angesichts der rasanten Entwicklung in diesem Bereich - als eine Momentaufnahme, aber auch als Grundlagenarbeit, den aktuellen “Stand der Dinge” überblicksartig zusammenzufassen und zu sortieren.
Betrachtet man den medialen Sportkonsum als eine tradierte kulturelle Praxis, und das digitale Sportspiel darin als vergleichsweise neues und wachsendes Element, welches immer mehr Marktmacht auf sich konzentriert, eröffnet sich die Frage, ob die etablierten medienwirtschaftlichen Hierarchien in dieser Entwicklung Bestand haben können und inwieweit die etablierten Akteure der Medienwirtschaft darauf reagieren.
Die Arbeit versucht diesen Komplex zu strukturieren, diskutiert dabei auch mögliche Veränderungen in den Erwartungen des Nutzers und stellt dem Forschungsstand insofern auch konkrete Hypothesen und Anregungen für eine spätere empirische Überprüfung zur Verfügung.
2 EINORDNUNG: Die Ausgangssituation
2.1 Sport und Medien: Der Mediensport als dynamisches ökonomisches System
Fußball ist wie andere Spitzensportarten zu einem Teilbereich eines komplexen ökonomischen Systems geworden, wobei sich diese Entwicklung als Prozess der Kommerzialisierung und Mediatisierung beschreiben lässt, der von verschiedenen Formen der Inszenierungen gekennzeichnet ist, so dass die medialen Präsentationen den Sport heute nicht nur abbilden sondern transformieren.
Wie vielfach dargestellt, diskutiert und teilweise auch kritisiert ist der „Fußball“ in den Medien nicht nur die Übertragung von Spitzen-Sport, sondern ein milliardenschwerer Wirtschaftsfaktor und globale Industrie, in der neben den Profiligen und Verbänden die verschiedensten Teilnehmer zahlreiche Geschäftsfelder organisieren: „ Bei der Suche nach den Gründen für den Siegeszug dieses Ballspiels und seiner medialen Inszenierung begibt man sich also unweigerlich in ein Dickicht materiell-strategischer Interessen, ö konomischer Anreize, institutioneller Regeln, kultureller Verbundenheiten und sozial geteilten Wissens. “5
Die strategisch-ökonomische Verbindung zwischen Sport und Medien- deren Auftakt oftmals mit der Innitierung der Tour de France durch die Zeitung L ’ Auto (die heutige L ’ Equipe) zur wochenlangen Auflagengarantie datiert wird,6 hat sich vor allem mit der Verbreitung des Fernsehens stetig vertieft und nimmt inzwischen häufig symbiotische Züge an:
Sportveranstalter, Medien und die werbetreibende Industrie bilden dabei eine Art „ Interessengemeinschaft, die von gegenseitiger Einflussnahme und Abhängigkeit gekennzeichnet ist “7. Dieses Geflecht wechselseitigkeiter Abhängigkeiten, häufig auch als „magisches Dreieck oder Dreieinigkeit“ bezeichnet, läßt sich an dieser Stelle kaum vollständig beschreiben - im Sinne einer Übersicht zu den Zielen und Funktionen der einzelnen Markteilnehmer soll jedoch folgende Grafik die Zusammenhänge illustrieren:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Der Mediensportkomplex (Eigene Erstellung)
Teilsweise findet sich in der Literatur dieses Dreieck auch als Viereck durch das Element des Zuschauers bzw. Publikums ergänzt8, wobei der Konsument eigentlich nicht nur als Teilsystem sondern sogar im Zentrum einzuordnen ist: Als Zielguppe und somit Bindeglied sämtlicher Interessen der Beteiligten hält er die Beziehungen im Dreieck aufrecht, indem er in Form von Absatz und Einschaltquoten, die Nachfrage und somit Rentabilität der produzierten Angebote beeinflusst.
Spitzensport, und insbesondere der Fußball ist also nicht nur gesellschaftlich, sondern auch ökonomisch ein hochrelevanter Programminhalt, der bei Top-Spielen bis zu 20 Millionen Zuschauer und Marktanteile bis zu 80% erzielt9.
Dies hat nicht nur zur inhaltlichen Konzentration auf einige wenige, telegene Spitzensportarten und Clubs im Sinne einer “Winner takes all”- Monopolisierung, sondern auch zu massiver Preistreibung geführt -eine Tendenz die durch Dualisierung des deutschen Rundfunksystems nochmal verstärkt wurde.
Das Ausmaß dieser Tendenz wird deutlich, wenn man sich z.B. die Entwicklung der Rechtekosten für die TV-Übertragung der Bundesliga seit 1984 anschaut, wobei ein Ende noch lange nicht erreicht scheint10:
Abbildung 2: Entwicklung der Preise für TV-Übertragung der Bundesliga in Mio € (Quelle: Eigene Erstellung nach WORATSCHEK/SCHAFMEISTER, S.76-77)
Zugleich sind die Massenmedien und insbesondere die TV-Sender widerum eine wesentliche und unverzichtbare Finanzierungsquelle des Spitzen-Sports: So stellen im Falle der deutschen Fußball Bundesliga allein die Erlöse aus medialer Verwertung (ohne Werbeeinnahmen!) regelmäßig rund ein Drittel der jährlichen GesamtEinnahmen der Liga dar11.
Zur Sicherung dieser Einnahmen müssen Rechteinhaber und Veranstalter also ihre Verhandlungsmacht durch ein stetig attraktives Angebot aufrechterhalten. Dies führt immer mehr dazu, dass sich die Sportveranstaltunger nach den Medien richten und die originären Sportereignisse in zunehmendem Maße medien- und insbesondere fernsehgerecht konzipiert werden. Die Kommerzialisierung des Sports geht also Hand in Hand mit seiner Mediatisierung, im Sinne seiner schrittweisen Anpassung an die Anforderungen und Eigengesetzlichkeiten der Medien.12.
Dementsprechend hat sich die Beziehung zwischen der Sport- und Medienwirtschaft inzwischen zu einem höchst kommerziellen, teilweise auch nicht mehr voneinander trennbaren Produktions-Komplex entwickelt, so dass „ sowohl traditionelle aber auch die sog. Neuen Medien die Welt des Sports nicht einfach abbilden, sondern ma ß geblich zu deren Formung, Transformation und Globalisierung beitragen “13.
Gleichzeitig haben Sportveranstaltungen für das Fernsehen den Stellenwert “ einer Ware, die es unter dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung zu verwerten gilt, und die marketingstrategisch so aufzubereiten ist, dass sie ein m ö glichst hohes Zuschauerpotential generiert.“14
Als Ware und zugleich Produkt der Medienwirtschaft zeichnet sich der Mediensport dabei durch eine Eigenschaft aus, die ihm besondere Anziehungskraft verleiht: Als Hybrid zwischen Information und Unterhaltung, kann sowohl die Relevanz eines Ereignisses (Offenheit des Verlaufs und Ausgangs) und zugleich ein hoher Grad an „authentischen“ Emotionen (Spannung, Freude, Trauer, Identifikation) vermittelt werden. Entsprechend häufig wird der Sport von den Medien auch ressort-übergreifend eingeordnet und aufbereitet.
Zahlreiche Studien und Analysen beschreiben, dass die Sportberichterstattung somit zunehmend unter Gesichtspunkten und Gestaltungselementen der Zuschauerattraktivität, Affektivität und Unterhaltung produziert werden15 - oder kommen direkt zu dem etwas kulturpessimistischen Schluss, dass „ der Schritt vom Infotainment zum reinen Entertainment “16 bereits vollzogen ist.
Die dabei wesentlichen Strategien zur Steigerung des Unterhaltungswertes im TVBereich können wie folgt zusammengefasst werden17:
a) Dynamisierung: also die Betonung von Tempo, Spannung und Unerwartetem, z.B. vermittelt durch schnelle Schnittfolge, neue Kameraperspektiven und Spezialkameras wie z.B. Spidercam, grafische Elemente mit Zusatzinformationen, Statistiken, mit Erklärungen angereicherte Wiederholungen, Zeitlupe usw.
b) Emotionalisierung: Gefühlsbetontere Darstellung, auch Personalisierung, z.b. durch Großaufnahmen, emotionale Sprache, musikalische Untermalung, aber auch inhaltliche Dramatisierung von Konflikten, Duellen, Heldenhaftigkeit.
c) Narrativisierung: Einbettung und Verlängerung der Sportberichterstattung in Geschichten, z.B. in Form umfangreicher Vor- und Nachberichterstattung, Boulevardisierung, biographischen Analysen, seriellen Rubriken, Sporttalkshows o.ä.
d) Relevanzzuschreibung: Konzentration auf einige wenige Spitzen-Sportarten, Dramatisierung und Aufwertung einzelner Ereignisse zu entscheidenden Events (“Das Nord-Derby”), Verknappung und Vereinfachung von Wettbewerben auf Duelle (“Messi vs. Ronaldo”), Betonung und Kreation von Rekorden, wissenschaftlich anmutende Analysen u.v.m. Vergleichbare Strategien finden sich gespiegelt natürlich auch auf Seiten der Verbände und Veranstalter, im Fußball z.B. durch die Einführung von Spezial-Reglements zur Spannungssteigerung (z.B. Golden Goal), durch die Konzeption transnationaler Elite- Wettbewerbe zur Relevanzsteigerung (z.B. UEFA Champions League) oder auch einfach durch unterhaltende Rahmenprogramme und Zusatzangebote in den Stadien.
All diese Maßnahmen und Entwicklungen sind also in einen Kreislauf eingebettet bzw. eine Spirale der fortwährenden Erzeugung, Aktualisierung und Transformation von Repräsentationen des Sports, wobei das zentrales Ziel aller Beteiligten darin besteht, die Anziehungskraft auf das Publikum zu erhöhen und zu bewahren.
Wie ist nun die Branche der Videospielindustrie in diesen Komplex des Mediensports einzuordnen?
2.2 Sport und Videospiel: Die Gamingindustrie
Die Spieleindustrie ist im System des Mediensports sehr smart angedockt und inzwischen ein etablierter Martkteilnehmer mit wachsendem Einfluss.
Sport und Videospiele verbindet ein komplexes und engeres Verhältnis, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Inwieweit sich die Gaming-Industrie den Sport zunutze gemacht hat und wie sie dabei in Beziehung zu den anderen Marktbeteiligten steht, ist Gegenstand des folgenden Abschnitts.
Für ein besseres Verständnis soll zunächst die grundlegende Wertschöpfungskette der Branche, sowie die verschiedenen Arten sportthematischer Spiele und schließlich die daraus entwickelten Geschäftsmodelle im “Sportsgaming” kurz dargestellt werden.
2.2.1 Die Spieleindustrie: Marktteilnehmer & Wertschöpfungkette
Videospiele stellen mit einem Jahresumsatz von rund 1,83 Milliarden Euro18 inzwischen auch in Deutschland einen relevanten Faktor in der Unterhaltungsindustrie dar. Die Leistungserstellung der Spieleindustrie ist denen traditioneller Unterhaltungsmedien nicht unähnlich: Der in einem Entwicklungsstudio produzierte Titel wird von einem Publisher/Label vermarktet und erreicht dann über verschiedene, und zunehmend auch digitale Distributionswege den Endkunden.
Die einzelne Schritte der Wertschöpfungskette können stark vereinfacht wie folgt dargestellt werden - wobei vertikale Integrationsmodelle inzwischen recht häufig sind und insbesondere Publisher und Plattformbetreiber oftmals ineinander übergehen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Die Wertschöpfungskette der Videospielindustrie (Eigene Erstellung)
Zu den Stufen und Aufgabenbereichen im Einzelnen:
Die Developer bzw. Entwicklungsstudios bestehend u.a. aus den Kreativ-Departments von Autoren, Game-Designern, Komponisten/Musikern, Grafikern usw. konzipieren und betreuen die Spielentwicklung bis zur Herstellung des sog. „Glassmasters“.
Oftmals integriert, teils aber auch vorgelagert sind noch die sog. Engine-Produzenten, deren Daten-Grundgerüste den Entwicklern die grundlegenden ProgrammierWerkzeug zuliefern, um die verschiedenen Komponenten eines Spiels wie z.B. Grafik, Sound, und künstliche Intelligenz aufeinander abgestimmt zu gestalten.
Die zentrale Rolle im Marktgeschehen spielt der Publisher. Dieser gibt Entwicklungen in Auftrag oder erwirbt - in der Regel im Entwicklungsstadium gegen Vorfinanzierung und/oder Umsatzbeteiligung - die Rechte an einem Titel. Das Publishing umfasst dann die gesamte Labelarbeit, d.h. konzeptionelle Vermarktung, inkl. Produktionssteuerung, Marketing- und Vertriebsstrategien und natürlich auch den Erwerb aller notwendigen Rechte und Lizenzen. Zu den international größten Publishern gehören z.B. Blizzard (z.B. World of Warcraft), Rockstar (z.B: Grand Theft Auto-Reihe), sowie Electronic Arts (z.B. Call of Duty).
Konsolen- und Endgerätehersteller wie Microsoft, Sony oder Nintendo lieferten ursprünglich nur die notwendige Hardware. Durch die heutige Konsolen-Generation, welche es auch ermöglicht, zusätzliche Inhalte online abzurufen oder kostenpflichtig herunterzuladen (z.B. PlayStation Network, Xbox LIVE, Nintendo WiFi Connection) agieren sie jedoch zunehmend auch als Publisher und/oder Vertrieb in eigener Sache.
Die Distribution an den Endkunden erfolgt dann sowohl in Form des physischen Datenträgers (als DVD/HD-DVD/Blue-Ray) über den Einzelhandel aber auch digital über die verschiedenen Online-Plattformbetreiber, wobei der physische Vertrieb mit einem Anteil von 61% an den verkauften Spielen und damit 81% am Gesamtumsatz der Branche in Deutschland nach wie vor den wesentlichen Distributionsweg ausmacht19.
Zu dem Kerngeschäftsfeld der Herstellung und dem Vertrieb von PC- und Konsolenspielen, gesellen sich ergänzende Erlösmodelle wie z.B. der Verkauf von Spielen für mobile Endgeräte (mobile Konsole, Handy, Smartphone, Tablets), Einnahmen aus Online- und Browserspielen (Subskription/Abonnements/Premium- Accounts) und dem Verkauf virtueller Zusatzinhalte (sog. Item Selling/In Game Selling).
[...]
1 Vgl. zum angloamerikanischen Raum z.B. STEIN/MUTGUTSCH/CONSALVO (2013), CONWAY (2010).
2 Als solches im Jahr 2008 sogar offiziell vom Deutschen Kulturat anerkannt, vgl. BUI
3 11 Freunde vom 8.3.2011; http://www.11freunde.de/artikel/analog-versus-digital-die-zukunft-des- fussballs
4 The Guardian vom 07.06.2010; http://www.theguardian.com/football/2010/apr/07/barcelona-arsenal- lionel-messi
5 SCHWIER/SCHAUERTE 2006, S.13.
6 vgl. z.B. SCHAUERTE 2008, S.39.
7 GLEICH 2001, S.169
8 vgl. z.B. HAGENAH 2004, S. 17ff.
9 Statista.com
10 Für den Zeitraum von 2009-2013 vergab die DFL die nationalen Fernsehrechte für 1,65 Milliarden Euro, also 412 Mio. p.a., wobei die zur Verhandlung stehenden 500 Mio. Euro pro Spielzeit lediglich durch das Bundeskartellamt verhindert wurden (vgl. auch BERTLING 2009, S.151).
11 vgl. Jahresbericht der DFL 2014
12 BERTLING 2009 S.127, sinngemäß auch STIEHLER 2007.
13 SCHAUERTE/SCHWIER o.A. http://www.staff.uni-giessen.de/~g51039/workingpaperII.htm
14 SCHAUERTE/SCHWIER 2004, S. 167.
15 vgl. z.B. WHANNEL 1992, S. 25-66, SCHAUERTE/SCHWIER 2004, S164ff., auch: STIEHLER 2003
16 SCHAUERTE 2004, S.44
17 vgl. dazu auch BERTLING S.209-211; STIEHLER 2003, S.166 ff.
18 Bundesverband Interaktive Unterhaltungsindustrie, http://www.biu-online.de/
19 Diese und weitere Kennzahlen 2013, vgl. BUI, Link
- Arbeit zitieren
- Julius Hahne (Autor:in), 2014, Sport, Medien und Computerspiele, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/281862
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