Die Frage nach der Schuldigkeit des Menschen und dem zur Vergebung durch Gott zu durchlaufenden Bußeweg durchzieht die christliche Theologie von ihren Anfängen an. Bereits im dritten Kapitel der Genesis wird vom Sündenfall des Urpaares Adam und Eva berichtet, deren Fehltritt als „Erbsünde“ auf alle kommenden Generationen übertragen wird. In Religion in Geschichte und Gegenwart wird das christliche Schuldverständnis darauf zurückgeführt, dass „in den Universalreligionen […] ein zentrales Hemmnis der religiösen Einheit des Menschen mit der Wirklichkeit des Heiligen erlebt“ wird. Der Gläubige nimmt also eine Diskrepanz zwischen der eigenen Fehlerhaftigkeit und der in der Vorstellung existierenden Vollkommenheit alles Göttlichen wahr. Während im Alten Testament die verschiedenen Begriffe für Schuld zahlreich sind und sündiges Handeln vielfach definiert ist, zeichnet sich das Neue Testament dadurch aus, dass keine feste Terminologie für Schuld besteht und Synonyme für Schuldigkeit nur sparsam vorkommen. Abschnitte im Neuen Testament, in denen Schuld oder Sünde zur Sprache kommen, haben häufig den Zweck, den positiven Umgang Jesus‘ mit den Sündern zu verteidigen. Die Möglichkeit des Sündigens ist also zwar eine ständige Gefahr für den Christen, im Neuen Testament überwiegt jedoch „die Freude über die Sündenvergebung den Eifer, ein tiefes S.nbewusstsein hervorzurufen.“
Im Barock erreicht die Beschäftigung mit dem Thema des wahren Glaubens und der Buße durch die Zustände während des 30- jährigen Krieges einen Höhepunkt. Bei den von 1618 bis 1648 andauernden kriegerischen Handlungen ist zum ersten Mal im deutschen Raum die Zivilbevölkerung massiv betroffen. Sekundäre Folgen der Plünderungen durch die verschiedenen Heere sind Hunger, Epidemien und eine brachliegende Landwirtschaft. Die Literatur der Zeit beschreibt nicht nur, sondern greift sowohl kritisch als auch propagandistisch ein. Die Autoren der Zeit bemühen sich, Begründungen für die furchtbaren Leiden zu finden, die große Teile der Bevölkerung erdulden. In ihrer diametralen Anlage eines Entwurfs von Sündenfall und Erkenntnis mit dem Hintergrund des 30-jährigen Krieges faszinieren die beiden für den Barock programmatischen Schriften Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörzerin Courasche von Hans Jakob Grimmelshausen und Das friedewünschende Teutschland von Johann Rist.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung: Hinführung zur zentralen Fragestellung
- II. Hauptteil
- 2.1 Zu den Autoren
- 2.2 Die Handlungsverläufe
- 2.3 Gattungstraditionen Komödie und Schelmenroman
- 2.4 Struktureller Aufbau
- 2.5 Sprachliche Besonderheiten
- 2.6 Darstellung des Krieges
- 2.7 Figurengestaltung
- III. Fazit
- IV. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den beiden barocken Schriften „Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörzerin Courasche" von Hans Jakob Grimmelshausen und „Das friede-vvünschcndc Teutschland" von Johann Rist. Die Arbeit analysiert die beiden Werke in Bezug auf ihre Darstellung von Schuld oder Sündhaftigkeit und Buße, wobei die gattungstheoretischen, strukturellen und inhaltlichen Unterschiede im Fokus stehen.
- Die Darstellung von Schuld und Buße im Kontext des 30-jährigen Krieges
- Die unterschiedlichen Konzepte von Schuld und Buße bei Grimmelshausen und Rist
- Die gattungsspezifischen Merkmale der Courasche (Schelmenroman) und des Teutschland (Komödie)
- Der Einfluss der Autorenbiografien auf die Werke
- Die sprachlichen Besonderheiten der beiden Werke
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die zentrale Fragestellung der Arbeit ein und beleuchtet das christliche Schuldverständnis im Kontext des 30-jährigen Krieges. Der Hauptteil widmet sich der Analyse der beiden Werke in Bezug auf die Autoren, Handlungsverläufe, Gattungsmerkmale, strukturellen Besonderheiten, sprachliche Eigenheiten, Darstellung des Krieges und Figurengestaltung.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Schuld, Buße, 30-jähriger Krieg, Schelmenroman, Komödie, Hans Jakob Grimmelshausen, Johann Rist, Courasche, Teutschland, Barock, Sprachreform, Opitz, Gattungstraditionen, Figurengestaltung, Krieg, Religion, Theologie.
- Arbeit zitieren
- Britta Baier (Autor:in), 2011, Die gegensätzlichen Entwürfe von Schuld und Buße im „Friedewünschenden Teutschland“ und der „Courasche“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189940
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