Getreu den gesellschaftlichen Verhältnissen im deutschsprachigen Raum des 19. Jahrhunderts sind Fanny Lewalds Frauenfiguren in Clementine eher zurückhaltende domestizierte Geschöpfe, die beim Erscheinen des Romans 1842 noch nicht allzu viel über die emanzipatorischen Ansichten der Schriftstellerin verraten. Die Rolle der Frauen in Clementine innerhalb ihres klassischen Wirkungskreises, der Familie, ist erwartungsgemäß durch die An- oder Abwesenheit eines Mannes, also durch ihren Status als ledig oder verheiratet, bestimmt. Neben den weiblichen Figuren, die sich nach jenem Gesichtspunkt schnell einteilen lassen, ist die Hauptfigur Clementine die einzige, deren Funktion in der Familie sowohl außer- als auch innerhalb der Ehe im Werk dargestellt wird. Dabei ist auffällig, dass das Handeln Clementines fast vollkommen unkommentiert bleibt und der Leser mit dem Eindruck zurück gelassen wird, die Autorin vermittle keine Wertung hinsichtlich ihrer Hauptfigur. Dieser entsteht durch die Illusion von Authentizität durch die Verbindung der Narration mit Briefen und Tagebucheinträgen und die Präsentation der Geschichte durch scheinbar neutrale Erzähler. Trotz aller Neutralität lässt sich zwar kein eindeutiges Urteil der Autorin, jedoch Verständnis oder Mitgefühl für die Protagonistin durch Erzählerkommentare und die Charakterisierung ihrer Nebenfiguren erkennen. Nach einer knappen Beschreibung von Clementines Funktionen in der Familie, bzw. vor und während der Ehe mit von Meining, soll diese Haltung zu Clementines Rollen bewiesen werden.
Jungfer im Haushalt oder unglückliche Gattin: Die Bewertung der Rollen von Fanny Lewalds Clementine in der Familie
Getreu den gesellschaftlichen Verhältnissen im deutschsprachigen Raum des 19. Jahrhunderts sind Fanny Lewalds Frauenfiguren in Clementine eher zurückhaltende domestizierte Geschöpfe, die beim Erscheinen des Romans 1842 noch nicht allzu viel über die emanzipatorischen Ansichten der Schriftstellerin verraten. Die Rolle der Frauen in Clementine innerhalb ihres klassischen Wirkungskreises, der Familie, ist erwartungsgemäß durch die An- oder Abwesenheit eines Mannes, also durch ihren Status als ledig oder verheiratet, bestimmt. Neben den weiblichen Figuren, die sich nach jenem Gesichtspunkt schnell einteilen lassen, ist die Hauptfigur Clementine die einzige, deren Funktion in der Familie sowohl außer- als auch innerhalb der Ehe im Werk dargestellt wird. Dabei ist auffällig, dass das Handeln Clementines fast vollkommen unkommentiert bleibt und der Leser mit dem Eindruck zurück gelassen wird, die Autorin vermittle keine Wertung hinsichtlich ihrer Hauptfigur. Dieser entsteht durch die Illusion von Authentizität durch die Verbindung der Narration mit Briefen und Tagebucheinträgen und die Präsentation der Geschichte durch scheinbar neutrale Erzähler. Trotz aller Neutralität lässt sich zwar kein eindeutiges Urteil der Autorin, jedoch Verständnis oder Mitgefühl für die Protagonistin durch Erzählerkommentare und die Charakterisierung ihrer Nebenfiguren erkennen. Nach einer knappen Beschreibung von Clementines Funktionen in der Familie, bzw. vor und während der Ehe mit von Meining, soll diese Haltung zu Clementines Rollen bewiesen werden.
Clementines erste Funktion ist die der ledigen Gesellschafterin: Nach dem Tod ihrer Mutter sorgt sie für die Erziehung Maries und nach deren Heirat mit Professor Reich und ihrer gescheiterten Romanze mit Robert unterrichtet sie „Mariens Kinder“ und erleichtert „ihr den Haushalt“ (Lewald 48, 18). Da sie selbst jedes Angebot einer Verbindung ausgeschlagen hat und als ledige Frau zwar die finanziellen Mittel, nicht aber die Zustimmung der Gesellschaft hat, allein zu leben, wohnt sie im Haushalt ihrer Schwester. In der Rolle als bessere Haushaltshilfe scheint Clementine auch aufzugehen: Schließlich fällt sie Professor Reich vor allem durch ihre „Häuslichkeit“ auf, sie lässt sich im Hause ihrer Schwester „manche Erleichterung für Marie [und] manche Bequemlichkeit für den Professor“ einfallen und es bereitet „ihr Vergnügen, die Ihrigen zu erfreuen“ (Lewald 12, 10). Auch ist Clementines Leben bei Marie sicherlich auch als Zuflucht aus der unglücklichen Liebe zu Robert zu verstehen, da ihr „[n]ach den schmerzlichen Aufregungen der letzten Zeit“, u.a. ein Euphemismus für den Bruch mit dem Liebsten, die „Ruhe im Hause ihrer Schwester […] sehr wohl“ tut (Lewald 10).
In der Ehe mit von Meining ist Clementines Rolle nun nicht mehr durch die Abwesenheit, sondern durch die Anwesenheit eines Mannes an ihrer Seite bestimmt. Zu Beginn jener Ehe erlebt der Leser die frisch Getraute als eher gelangweilte Gattin, deren „Haushaltsangelegenheiten“ sich „in einer Stunde abthun“ lassen und die „ohne alle wirkliche Beschäftigung“ dahinlebt (Lewald 26). Darüber hinaus kann sie anfangs wohl als „Musterbeispiel einer sich beschneidenden und nur für die Zufriedenheit ihres Mannes lebenden Ehefrau gelten“ (Möhrmann 139): Diese Zufriedenheit ist ihr „letztes Ziel“ (Lewald 27), will sie von Meining doch „einen wahren Himmel bereiten“ (Lewald 29). Allerdings lässt Clementines Verhalten einen Hang zum Perfektionismus erkennen. In ihrer Ehe erfüllt sie „auf´s Strengste ihre Pflichten“ (Lewald 30), will nach vermeintlichem Fehlverhalten „mehr als je über sich […] wachen“ (Lewald 31), ist „unzufrieden mit sich selbst“ (Lewald 33), und ist bei Meinungsverschiedenheiten mit ihrem Gatten „[i]mmer geneigt die Schuld sich beizumessen und das Beste zu glauben“ (Lewald 34).
Ihre Rolle als Ehefrau zeichnet sich weniger durch praktische Tätigkeiten wie das Führen des Haushaltes oder das Ausrichten von Feiern aus als durch ihre Zerrissenheit zwischen ihren Vorstellungen von Ehe und ihren tatsächlichen, zum Teil frustrierenden, Erfahrungen mit derselben. Sie sieht die Ehe als „keuscheste, heiligste Verbindung, die gedacht werden kann“ und misst ihr einen „ganz andere[n] Gedanke[n]“ bei, „als die Kirche ihn will“ (Lewald 15-16). Dieser Gedanke mag sein, dass sie wünscht, von Meining sehe „sie wie einen Freund“ und weniger wie eine „freundliche[…] Gesellschafterin“ (Lewald 28). Stattdessen muss sie feststellen, nichts „als die Gegenwart“ mit ihrem Gatten gemein zu haben (Lewald 36). Neben ihren Gefühlen für Robert ist es wohl auch diese in der Ehe entstandene Frustration, die sie schließlich zu kurzzeitigen Liaison mit Thalberg treibt.
[...]
- Arbeit zitieren
- Franz Kröber (Autor:in), 2011, Jungfer im Haushalt oder unglückliche Gattin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189274
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.