Nach eigener Aussage hatte sich Peter Handke also viel vorgenommen mit seinem Roman Der kurze Brief zum langen Abschied aus dem Jahre 1972. Darin schickt er seinen Erzähler, einen österreichischen Schriftsteller, der sich zuvor von seiner Frau Judith getrennt hat, auf eine Reise, oder besser gesagt, auf einen Entwicklungsprozess durch die Vereinigten Staaten von Amerika, wo dieser auf der Jefferson Street in Providence, Rhode Island, nüchtern, einer Reisedokumentation gleich, anfängt zu beschreiben. Seine Route führt ihn von der Ost- zur Westküste, er bereist 15 Städte in etwa drei Wochen, von Providence bis Bel Air, Kalifornien. Dort endet der Roman im paradiesischen Garten des amerikanischen Filmregisseurs John Ford mit einem „märchenhaften Schluss.“2 Der Roman ist in zwei Teile gegliedert („Der kurze Brief“ und „Der lange Abschied“).
Im Mittelpunkt der Handlung steht der Versuch des Erzählers, sich von seinen eigenen ihn verfolgenden Zwängen zu lösen und so die Selbstentfremdung zu überwinden. Es ist die Geschichte seiner Manie, seiner Beklemmung und seiner Psychose. Von besonderer Wichtigkeit dabei ist das undurchsichtige und merkwürdig bizarre Verhältnis zu seiner Ehefrau Judith. Sie scheint ihn zwar zu verfolgen, schreibt ihm aber im Titel gebenden kurzen Brief, es wäre nicht schön sie zu finden.3 Zwischen den beiden findet gleichzeitig eine Art Suche oder Verfolgung oder auch Jagd statt. Es ist eine Jagd von der Ost- zur Westküste, von der Vergangenheit in die Zukunft, von jemand anderem hin zu sich selbst. Dabei ist nicht immer klar, wer der Jäger und wer der Gejagte ist, aber die Jagd bewegt sich in den festen Kategorien von Raum und Zeit. Den Raum, den Hintergrund dieser konfusen Beziehung und dieses zerrissenen Charakters, bilden die Vereinigten Staaten von Amerika. Die USA spielen als Ort der Handlung und – wörtlich gesprochen – ´Schauplatz` des Helden eine besondere Rolle, die für seinen Entwicklungsprozess und das Fortlaufen der Handlung von entscheidender Bedeutung ist.
INHALTSVERZEICHNIS
Der kurze Brief zum langen Abschied - Hoffnung auf Entwicklung
Neue Subjektivität und autobiographische Tendenzen
Der kurze Brief zum langen Abschied - Ein Entwicklungsroman?
Darstellung und Funktion der USA im Kurzen Brief
Der Einfluss der USA auf den Entwicklungsprozess des Erzählers
Einflüsse amerikanischer Kultur in Der kurze Brief zum langen Abschied
John Ford in Der kurze Brief zum Langen Abschied
Der Kurze Brief im Kontext des Gesamtwerks Peter Handkes
LITERATURVERZEICHNIS
- Arbeit zitieren
- Benjamin Reichenbach (Autor:in), 2004, Auflösung der Selbstentfremdung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189155
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