Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Methodik von Stiluntersuchungen.
Das Thema ist von Interesse, da allen Texten zwar Stil zugesprochen wird, die
Frage aber, mit welchen Methoden er analysiert werden kann, in der
Sekundärliteratur nur unzulänglich bzw. widersprüchlich beantwortet wird. Gibt es
möglicherweise eine universelle Stilanalyse oder muss für jeden Text die
passende Methode gesucht werden?
„Mit der Erörterung methodologischer und methodischer Fragen der Stiluntersuchung stehen
wir vor einer äußerst schwierigen Aufgabe. Es gibt zwar manche Vorarbeiten und
Lösungsversuche in bezug auf eine theoretische Begründung der in der Stilistik verwendeten
Grundbegriffe; in bezug auf die Methodik der Stiluntersuchung gibt es jedoch kaum
theoretische Grundlagen, ja auf diesem Gebiet sind der Subjektivismus und Praktizismus
innerhalb der Stilistik am stärksten ausgeprägt.“ (Michel 1968, S. 65)
Es ist zu klären, ob diese Aussage, die Georg Michel vor 34 Jahren traf, im 21.
Jahrhundert zu differenzieren ist, ob dem „Subjektivismus“ Einhalt geboten werden
konnte oder ob noch immer die grundlegenden Regeln bzw. Untersuchungsprinzipien
fehlen. Dazu sollen zunächst die historisch wichtigsten Methoden
zur Stilanalyse knapp diskutiert werden. Anschließend sollen vier Methoden
zur Untersuchung von Stil erörtert und die Vor- und Nachteile herausgearbeitet
werden.
Diese ausgewählten Methoden beleuchten die Perspektiven der Pragma- und der
Textlinguistik. Das Konzept des Vergleichens soll im Kapitel 3.3 beleuchtet
werden. Abschließend wird anhand der strukturalistischen Untersuchungsmethode
eine praktische Stilanalyse an einem Gedicht von Friedrich Hölderlin durchgeführt.
Das Fazit und ein Ausblick sollen die Hausarbeit, die auf der Referatsleistung des
Hauptseminars „Perspektiven auf Stil“ beruht, abrunden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Bisherige Vorschläge zur Stilanalyse
3. Methoden von Stiluntersuchungen
3.1 Pragmalinguistischer Analyseansatz
3.2 Textlinguistischer Analyseansatz
3.3 Das methodische Konzept des Vergleichens
3.4 Strukturalistische Stiluntersuchung
3.4.1 Beispielanalyse
4. Fazit
5. Anlage
6. Bibliographie
1. Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Methodik von Stiluntersuchungen. Das Thema ist von Interesse, da allen Texten zwar Stil zugesprochen wird, die Frage aber, mit welchen Methoden er analysiert werden kann, in der Sekundärliteratur nur unzulänglich bzw. widersprüchlich beantwortet wird. Gibt es möglicherweise eine universelle Stilanalyse oder muss für jeden Text die passende Methode gesucht werden?
„Mit der Erörterung methodologischer und methodischer Fragen der Stiluntersuchung stehen wir vor einer äußerst schwierigen Aufgabe. Es gibt zwar manche Vorarbeiten und Lösungsversuche in bezug auf eine theoretische Begründung der in der Stilistik verwendeten Grundbegriffe; in bezug auf die Methodik der Stiluntersuchung gibt es jedoch kaum theoretische Grundlagen, ja auf diesem Gebiet sind der Subjektivismus und Praktizismus innerhalb der Stilistik am stärksten ausgeprägt.“ (Michel 1968, S. 65)
Es ist zu klären, ob diese Aussage, die Georg Michel vor 34 Jahren traf, im 21. Jahrhundert zu differenzieren ist, ob dem „Subjektivismus“ Einhalt geboten werden konnte oder ob noch immer die grundlegenden Regeln bzw. Untersuchungsprinzipien fehlen. Dazu sollen zunächst die historisch wichtigsten Methoden zur Stilanalyse knapp diskutiert werden. Anschließend sollen vier Methoden zur Untersuchung von Stil erörtert und die Vor- und Nachteile herausgearbeitet werden.
Diese ausgewählten Methoden beleuchten die Perspektiven der Pragma- und der Textlinguistik. Das Konzept des Vergleichens soll im Kapitel 3.3 beleuchtet werden. Abschließend wird anhand der strukturalistischen Untersuchungsmethode eine praktische Stilanalyse an einem Gedicht von Friedrich Hölderlin durchgeführt.
Das Fazit und ein Ausblick sollen die Hausarbeit, die auf der Referatsleistung des Hauptseminars „Perspektiven auf Stil“ beruht, abrunden.
2. Bisherige Vorschläge zur Stilanalyse
Die sprachwissenschaftliche Disziplin Stilistik entwickelte sich im 19./20. Jahrhundert und lehnt sich an die traditionelle Sprachpflege, Rhetorik und der Literaturinterpretation an (vgl. Bußmann 1990, S. 737).
Die ältesten Formen der Stilanalyse stammen bereits aus dem beginnenden 19. Jahrhundert. Unter einer Stiluntersuchung wurde meist nur das Erfassen „der Stilelemente, meistens der rhetorischen Figuren und Tropen literarischer Texte“ (Sowinski 1999, S. 138) verstanden. Ein erstes methodisches Konzept, das über das bloße Auflisten der Stilmittel hinausgeht, ist jenes von Leo Spitzer, der erstmalig eine sukzessive Herangehensweise praktiziert. Dieses Stufenmodell umfasst:
„1. intuitive Detailbetrachtung; 2. Feststellung von Gemeinsamkeiten im scheinbar Zufälligem; 3. Rückschluß auf den Seelenzustand des Verfassers beim nochmaligen Lesen des Ganzen, wobei auch das Formprinzip des Ganzen erschlossen wird.“ (Sowinski 1999, S. 138)
Wie später im Vergleich mit heutigen Methoden deutlich wird, besitzt dieses Untersuchungsverfahren (um 1928) bereits viele Komponenten der späteren Analysen. Es geht vom Spezifischen zum Ganzheitlichen, es sind Ansätze des Vergleichens vorhanden, hermeneutisch wird versucht, auf die Intentionen des Produzenten zu schließen und ein nochmaliges Lesen ist auch im 21. Jahrhundert von außerordentlicher Wichtigkeit.
Wie Leo Spitzer rückt auch Wolfgang Kayser („Das sprachliche Kunstwerk“ (1948)) die Intuition in den Mittelpunkt: „Eine Stiluntersuchung ist kein mathematischer Beweis; um beginnen zu können braucht sie Fingerspitzengefühl und Intuition [...].“ (Michel 1968, S. 65) Georg Michel kritisiert zu Recht, dass es sich dabei nicht um eine wissenschaftliche Methodik handelt. Es ist eher eine aus der Selbstbeobachtung gewonnene, intuitive Vorgehensweise. Intuition ist grundsätzlich und auch in der Stilistik keinesfalls fehl am Platz, sie muss jedoch von der Theorie gestützt werden. Und die Theorie zeigt, welche Ordnungsprinzipien den verschiedenartigsten Stilelementen eines Textes logisch zu Grunde liegen. Eine wissenschaftliche Stiluntersuchung stützt sich auf belegbare Zusammenhänge, nicht auf intuitive Vermutungen.
Eine bis heute unabdingbare Komponente der Stilanalyse liefert der bereits zitierte Georg Michel (1968). In seinem Schema folgt nach dem Erfassen aller stilistischer Merkmale eine stilbeschreibende Synthesestufe. Konkret wird auf dieses Modell im Kapitel 3.2 eingegangen.
Auffällig ist, dass nachfolgende Stilistiker eigene Analysevorschläge „aus bestehenden Ansätzen“ (Sowinski 1999, S. 148) ableiten. Bernd Spillner, Herbert Seidler u.a. nahmen teilweise die Ideen von Spitzer auf und ergänzten bzw. modifizierten die Methode. Neu ist meist, dass Stil nicht nur beschrieben und erklärt, sondern gedeutet werden muss.
Mit der pragmatischen Wende rückte die pragmalinguistische Perspektive auf Stil in den Vordergrund (Spillner und Sandig können hier als Autoren angeführt werden). Dabei wird Stil als Handeln verstanden, der immer etwas über Produzent und Rezipient mit aussagt. Ausführlicher wird diese Analyseform im nachfolgenden Abschnitt beleuchtet.
Zusammenfassend können den kurz dargestellten Methoden neben einigen Unterschieden auch auffällige Gemeinsamkeiten zugesprochen werden. Die Analyse wird in mehrere Stufen unterteilt, die meist von kleinen auffälligen Erscheinungen eines Textes (Stilelemente) auf makrostilistische Zusammenhänge schließt. Die Betrachtung der Stilzüge und ihre Funktion für das Textganze folgt abschließend in der Synthesestufe. Im 21. Jahrhundert hat „jede Stilanalyse [...] eine analytische und eine synthetische Seite.“ (Fix; Poethe; Yos 2001, S. 51)
3. Methoden von Stiluntersuchungen
3.1 Pragmalinguistischer Analyseansatz
Unter der pragmalinguistischen Untersuchungsmethode wird die Analyse verstanden, die den Stil nicht mehr nur bei einzelnen Wörtern oder Sätzen, sondern innerhalb ganzer Texte und Kommunikationsprozesse berücksichtigt. Eine kommunikationsorientierte Stilauffassung, die als „produktive Weiterentwicklung des sprechakttheoretischen Ansatzes“ (Fix; Poethe; Yos 2001, S. 35) zu sehen ist und bei der Stil über verschiedene Aspekte Aussagen machen kann:
1. Aussagen über Kommunikationsbereich, Textsorte und Intention
2. Aussagen über die Beziehung von Produzent und Rezipient
3. Aussagen über das Selbstbild des Produzenten
4. Aussagen über das Verhältnis des Senders zur Sprache
5. Aussagen über das Verhältnis des Produzenten zum dargestellten
Gegenstand (vgl. u.a. Fleischer; Michel; Starke 1993, S. 28).
Stil gilt demnach seit der pragmatischen Wende (Ende der 60er Jahre) als Teil der Textbedeutung und wird nicht wie in der Antike „nur“ als Redeschmuck angesehen. „Stil ist als Handeln aufzufassen.“ (Fix; Poethe; Yos 2001, S. 35) Das bedeutet, dass jede Aussage in der Sprechakttheorie ein intentionaler Akt ist. Eine Sprachhandlung teilt dem kompetenten Hörer den Produzentenstandpunkt zu den fünf genannten Aspekten mit. Um es mit der kommunikations-theoretischen „Lasswell-Formel“ auszudrücken: Wer – sagt was – auf welchem Wege – zu wem – mit welcher Wirkung? Der letzte Aspekt rückte erst mit der Pragmatik in den Vordergrund. In diesem sogenannten perlokutionären Akt sollte der Rezipient die vom Produzenten intendierte Reaktion zeigen. Dass dieser Teilakt der Sprechakttheorie nicht konventionalisiert ist, zeigen viele alltägliche Beispiele. Produzent: „Der Hund ist bissig.“ Der Hörer kann nun verschiedene Reaktion zeigen: Er schreckt zurück, er schüttelt den Kopf, er nimmt die Information sachlich auf oder er kauft den Hund, da der Rezipient genau so einen Hund suchte. Um solche Missverstände zu umgehen, benötigen die Gesprächsteilnehmer kommunikative Handlungskompetenz. Der Produzent sollte seine sprachlichen und stilistischen Mittel so wählen, dass die gewünschte Intention übertragen und verstanden wird. Und der Rezipient sollte das Bestreben des Gesprächsteilnehmers mit Hilfe seines Weltwissens erkennen. Die Art der Formulierung bestimmt zum Teil die Funktion einer Äußerung und ist gleichzeitig eine „Sekundärinformation“ (vgl. Fix; Poethe; Yos 2001, S. 35) für den Rezipienten. Die Formulierungsebene, das „wie“, wird in der „Lasswell-Formel“ jedoch nicht berücksichtigt. Birgit Stolt modifiziert darum diese Formel, um sie für eine pragmatische Stilanalyse zu verwenden:
„- Mit welcher Art von Text?
- äußert Wer?
- zu Wem?
- Was?
- Zu welchem Zweck?
- Wie?“ (Stolt, In: Spillner 1984, S. 165).
[...]
- Arbeit zitieren
- Sebastian Krüger (Autor:in), 2003, Zur Methodik von Stiluntersuchungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13999
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