Das Barberini-Diptychon (Abb. siehe Titelblatt) entstand in der ersten Hälfte des 6.
Jahrhunderts 1) in Konstantinopel. Es ist aus Elfenbein gefertigt und hat das Format 34,2 x
26,6 cm. Das Diptychon ist fünfteilig, wobei nur einer der beiden Flügel erhalten ist und von
diesem das originale rechte Seitentäfelchen fehlt. Nach Richard Delbrueck 2) handelt es sich
bei der erhaltenen Tafel um die hintere des Diptychons. Das Relief war vermutlich bemalt
und mit Edelsteinen, die jedoch größtenteils ausgefallen sind, besetzt.
Der Name des Diptychons bezieht sich auf die Sammlung Barberini in Rom, in der es sich bis
zum Ende des 19. Jh. befand. Kardinal Barberini erhielt das Diptychon im Jahr 1625 von
einem Gelehrten namens Nicolas-Claude Fabri de Peiresc aus Aix-en-Provence als Geschenk.
Man nimmt an, dass sich das Diptychon schon im 7. Jahrhundert in der Provence befunden
hat, da sich auf seiner Innenseite eine Liste mit Namen von Bischöfen des 4.-7. Jahrhunderts
und Königen aus der Zeit von 612-675 aus dieser Region befindet 3). 1899 wurde das
Diptychon bei der Versteigerung der Sammlung Barberini in Paris für den Louvre erworben,
wo es sich auch heute noch befindet (Inv.-Nr. OA. 9063). Das Wort Diptychon kommt aus dem Griechischen und bedeutet "doppelt gefaltet". Seit der
Antike bezeichnete man damit zweiflügelige, zusammenklappbare Schreibtafeln aus Holz,
Metall oder Elfenbein. Die beiden Flügel solcher Diptychen wurden mit Schnüren, Riemen
oder (in späterer Zeit) mit Scharnieren verbunden. Geschrieben wurde mit Griffeln auf einer
Wachsschicht, mit der die Innenseiten der Diptychen überzogen waren. [...]
1) Über die genaue Datierung gibt es leicht differierende Meinungen: Zum Beispiel nennt P. Metz das
Datum 527 n. Chr., während W. Telesko 540 n. Chr. angibt: Peter Metz, Elfenbein der Spätantike,
München, 1962, S. 32; Werner Telesko, Studien zu den Bildquellen des sogenannten Barberini-
Diptychons in Römische Historische Mitteilungen, 41. Band, Wien 1999, S. 371.
2) Richard Delbrueck, Die Consulardiptychen und verwandte Denkmäler, 1929, S 20; S 193; S 188,
N48: "Der Deckel war der hintere eines Diptychons, da auf der linken Seite unter der Mitte sein
Rahmen leicht eingezogen und an der oberen Kante abgerundet ist; das Scharnier saß also an dem
verlorenen rechten Teilstück.“
3) Wolfgang Fritz Volbach, Elfenbeinarbeiten der Spätantike und des frühen MA, 1976, S. 47; Peter
W.Hartmann, Elfenbeinkunst, Wien, 1998, S. 41
Das "Barberini-Diptychon"
Das Barberini-Diptychon (Abb. siehe Titelblatt) entstand in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts 1) in Konstantinopel. Es ist aus Elfenbein gefertigt und hat das Format 34,2 x 26,6 cm. Das Diptychon ist fünfteilig, wobei nur einer der beiden Flügel erhalten ist und von diesem das originale rechte Seitentäfelchen fehlt. Nach Richard Delbrueck 2) handelt es sich bei der erhaltenen Tafel um die hintere des Diptychons. Das Relief war vermutlich bemalt und mit Edelsteinen, die jedoch größtenteils ausgefallen sind, besetzt.
Der Name des Diptychons bezieht sich auf die Sammlung Barberini in Rom, in der es sich bis zum Ende des 19. Jh. befand. Kardinal Barberini erhielt das Diptychon im Jahr 1625 von einem Gelehrten namens Nicolas-Claude Fabri de Peiresc aus Aix-en-Provence als Geschenk. Man nimmt an, dass sich das Diptychon schon im 7. Jahrhundert in der Provence befunden hat, da sich auf seiner Innenseite eine Liste mit Namen von Bischöfen des 4.-7. Jahrhunderts und Königen aus der Zeit von 612-675 aus dieser Region befindet 3). 1899 wurde das Diptychon bei der Versteigerung der Sammlung Barberini in Paris für den Louvre erworben, wo es sich auch heute noch befindet (Inv.-Nr. OA. 9063).
Typus und Verwendungszweck
Das Wort Diptychon kommt aus dem Griechischen und bedeutet "doppelt gefaltet". Seit der Antike bezeichnete man damit zweiflügelige, zusammenklappbare Schreibtafeln aus Holz, Metall oder Elfenbein. Die beiden Flügel solcher Diptychen wurden mit Schnüren, Riemen oder (in späterer Zeit) mit Scharnieren verbunden. Geschrieben wurde mit Griffeln auf einer Wachsschicht, mit der die Innenseiten der Diptychen überzogen waren. Diptychen aus Elfenbein wurden wegen ihres Materials auch „libri elephantini“ (= Elfenbeinbücher) genannt.
Seit Ende des 4. Jahrhunderts wurden elfenbeinerne Prunkdiptychen 4) mit Schnitzereien an den Außenseiten unter anderem zu Geschenkzwecken hergestellt. Hohe kaiserliche Beamte und Konsuln verteilten solche Elfenbeintafeln nach ihrer Ernennung an Freunde und hochrangige Persönlichkeiten. Ein kaiserliches Edikt von 384 gestattete schließlich nur mehr Konsuln Elfenbeindiptychen zu verschenken.5) (Ab diesem Zeitpunkt mussten sonstige Beamte, die Prunkdiptychen verschenken wollten, diese entweder aus anderen Materialien herstellen lassen oder um einen Dispens vom Gesetz ansuchen.)
Diese sogenannten Konsulardiptychen sind für die Wissenschaft sehr interessant, da sie sich aufgrund ihrer Inschriften (für gewöhnlich die Namen und Titeln der Konsuln, manchmal aber nur Monogramme) - im Gegensatz zu anderen Elfenbeinarbeiten jener Zeit - meist genau datieren lassen. Diese Inschriften sind auch für weitere Zuordnungen von Bedeutung, da sie bei westlichen Diptychen auf der hinteren Tafel beginnen, bei den östlichen dagegen auf der vorderen 6).
Während die aus dem 5. Jh. erhaltenen Konsulardiptychen auf römische Konsuln zurückgeführt werden, nimmt man bei den meisten Exemplaren des 6. Jh. Konstantinopel als Herstellungsort an. Das früheste bekannte Konsulardiptychon ist das Probus-Diptychon von 406 n. Chr. (Abb. 1), das späteste stammt vom Konsul Justinus aus dem Jahr 540 n. Chr. (Abb. 2). 7)
Eine weitere Gattung sind die Kaiser-Diptychen, zu welchen das Barberini-Diptychon gehört. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Form des Diptychons, bei der jeder der beiden Flügel aus fünf Tafeln besteht: einer großen, rechteckigen Haupttafel in der Mitte, zwei schmäleren Seitenfeldern und zwei schmalen, abschließenden Querstreifen oben und unten. Dieser fünfteilige Typus war eventuell ausschließlich kaiserlichen Auftraggebern vorbehalten8).
Das Barberini-Diptychon ist das einzige bekannte Kaiser-Diptychon, von dem ein Flügel fast vollständig erhalten ist. Wie bei diesem, war das zentrale Feld von Kaiser-Diptychen in der Regel einer ganzfigurigen Darstellung des Herrschers gewidmet. Anders als beim Barberini-Diptychon dürfte das übliche Bildthema jedoch die Verleihung der Codicilli (= die kaiserlichen Ernennungsdekrete) durch den thronenden Kaiser an den Konsul gewesen sein.9) Einen Hinweis darauf geben zwei Teilstücke, die dem Rückendeckel von Cod. lat. 23 630 in München (Bayrische Staatsbibliothek) (Abb. 3) eingearbeitet sind und vermutlich von einem Kaiserdiptychon von ca. 450 n. Chr. stammen. Auf einer der beiden Tafeln ist ein Konsul mit den Codicilli abgebildet, auf der anderen ein Hofbeamter. Auf der fehlenden Mitteltafel war vermutlich ein thronender Kaiser zu sehen 10).
Als Vorstufen für die Komposition von Kaiserdiptychen werden in der Literatur häufig das Missorium des Theodosius I. (388 n. Chr.) (Abb. 4) und das Relief auf dem Postament der Arcadius-Säule in Konstantinopel (401/402) (Abb. 5) genannt. Letzteres ist jedoch nur durch Zeichnungen 11) überliefert, da es 1729 zerstört wurde. Das Theodosius-Missorium zeigt den thronenden Kaiser, dem Genien Blumen und Früchte darbringen. Am Relief der Arcadius-Säule ist unter anderem die Huldigung der besiegten Barbaren dargestellt und in der oberen Zone Engel, die einen Siegeskranz mit dem Kreuzsymbol tragen – ähnlich der Szene auf dem oberen Querstück des Barberini-Diptychons.12)
Im Stil der fünfteiligen Kaiserdiptychen wurden in späterer Zeit auch Elfenbeintafeln für christliche Bucheinbände gestaltet, wie zum Beispiel um 810 für das Lorscher Evangeliar (von der Palastschule Karls des Großen) (Abb. 6). Die gleiche Gliederung weist auch der Einband des romanischen Evangeliars von Riddagshausen auf (Ende 12./Anfang 13. Jh., Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum) (Abb. 7); für dieses war möglicherweise das Lorscher Evangeliar Vorbild 13). Die fünf Tafeln dieses Evangeliarbuchdeckels sind jedoch mit einem Rahmen aus vergoldetem Silberblech mit Steinschmuck gefasst.
Für die christlichen Diptychen wurde nicht nur die Anordnung der Tafeln von den spätantiken Kaiserdiptychen übernommen, sondern auch das Thema des Triumphes. Einige Elemente der imperialen Ikonographie wurden in christliche Ikonographie umgewandelt: An die Stelle der zentralen Bildnisse vom thronenden Kaiser bzw. der thronenden Kaiserin traten Darstellungen von Christus und Maria und die Tribut bringenden Barbaren wurden durch die anbetenden Magier ersetzt: „Wie die unterworfenen Barbaren den Sieg des Kaisers offenbaren, so offenbaren die Magier in der Huldigung die Gottheit und den Sieg Christi“ (Frauke Steenbock14)). Beispiele hierfür findet man auf dem Elfenbeindiptychon aus Etschmiadzin (Mitte des 6. Jh., Armenien, Archäologisches Museum) (Abb. 8) und auf dem Buchdeckel des Lorscher Evangeliars.
Wie ebenfalls bei diesen beiden Werken zu sehen, wurde das von Engeln getragene Rundbild mit einer Darstellung Christi oder einem Kreuzsymbol bei christlichen Diptychen entsprechend den spätantiken Diptychen auf der oberen Quertafel dargestellt. (Vgl. auch das Elfenbeindiptychon aus St. Lupicin, Mitte 6. Jh., Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 9384 (Abb. 9) und das Elfenbeindiptychon aus Murano (Anfang 6. Jh., Ravenna, Museo Nazionale).
Ikonographie und detaillierte Beschreibung 15)
Das Mittelfeld
Auf der Mitteltafel des Barberini-Diptychons ist ein Kaiser als siegreicher Feldherr auf seinem Pferd dargestellt. Die Kunsthistoriker nehmen heute mehrheitlich an, dass es sich bei
dem Herrscher um Kaiser Justinian I. (527-565) handelt; in manchen, vor allem älteren Publikationen wird die Darstellung mit Anastasius I. (491-518) identifiziert. Daneben sind in der Literatur auch Identifikationen mit Konstantin I. d. Großen (reg. 306– 337) und Constantius II. (317-361) zu finden.16)
Die militärische Kleidung des Kaisers besteht aus einer langärmeligen Tunika mit schraffierten Ärmelbesätzen, einem Panzer und einem Paludamentum (Feldherrenmantel), das von einer runden Fibel zusammengehalten wird. In der Fibel war laut Delbrück ursprünglich ein Edelstein eingesetzt. Die Uniform hat einen Hängeschurz aus gefalteten Stoffbahnen mit Troddeln. An den Füßen trägt der Kaiser geschnürte, zehenfreie Stiefel, die am oberen Rand mit dem Kopf eines Löwenjungen verziert sind.
Die Statur des Kaisers wirkt untersetzt, aber kräftig. Sein Kopf ist im Verhältnis zum restlichen Körper etwas überdimensioniert und mit einem Diadem geschmückt, das ursprünglich ebenfalls mit kleinen, runden Edelsteinen - wahrscheinlich Topazen - besetzt war. Auch in dem kleinen Aufsatz in der Mitte über dem Diadem hat sich offenbar einmal ein (quadratischer) Stein befunden. Unter dem Diadem sind die rund geschnittenen, in Strähnen abgeteilten Haare zu sehen, welche die Ohren verdecken. Das runde, bartlose Gesicht des Kaisers ist im Halbprofil dargestellt und wird von einer großen, scharfen Nase dominiert. Das Kinn ist gekehlt. Insgesamt wirkt das Gesicht sehr schematisch, seine Züge haben keinen individuellen Ausdruck.
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- Arbeit zitieren
- Christa Harlander (Autor:in), 2002, Das Barberini-Diptychon, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12616
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