Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Gruppe
2.1. Definition
2.2. Vorteile von Gruppen
2.3. Nachteile von Gruppen
3. Die Gruppenbildung
3.1. Die erlebte Gruppenbildung
3.2. Phasen der Gruppenbildung
3.3. Eigenerfahrung
4. Zusammenfassung
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Diese Arbeit ist das Ergebnis einer dreitägigen Blockveranstaltung, die im ersten Abschnitt des Betriebswirtschaftsstudiums an der Universität Klagenfurt zu absolvieren ist. Modul 0, eine interdisziplinäre Einführung, hat die Aufgabe, den Studenten einen praxisorientierten Einblick in den Ablauf, die Komplexität, Vieldimensionalität, Eigendynamik und in die Organisation von Unternehmen zu geben. Die Teilnehmer dieser Lehrveranstaltung simulieren dabei den Ablauf einer Unternehmung, die dabei in mehrere Gruppen mit verschiedenen Aufgabenbereichen zusammengefasst werden.
Bei dieser Veranstaltung sollen nicht nur die betrieblichen Abläufe, sondern auch gruppendynamische Prozesse, sowie das Verhalten von Menschen innerhalb dieser Gruppe sichtbar gemacht werden. Die Angestellten sollen dabei versuchen, die Probleme und Schwierigkeiten, die bei diesen betrieblichen und gruppendynamischen Abläufen entstehen, zu lösen bzw. richtig handzuhaben. Ein weiteres Ziel des Seminars ist es, durch die Verarbeitung des Erlebten in Verbindung mit den Theorien der Literatur zu Lerninhalten und Erkenntnissen zu kommen. Dadurch soll der Student bzw. Teilnehmer einerseits Verständnis für Dynamiken und Prozesse in Organisationen und sozialen Systemen, wie z.B. Unternehmen, andererseits aber auch eine gewisse Sensibilität für solche betrieblichen Prozesse entwickeln.
In meiner Arbeit möchte ich mich mit dem Thema „Gruppe“ beschäftigen, da ich während des Seminars in diesem Bereich persönliche Erfahrungen sammeln konnte.
2. Die Gruppe
2.1. Definition des Begriffs „ Gruppe “
Es gibt in der Literatur sehr verschiedene Definition vom Begriff „Gruppe“. Allerdings gibt es einige Merkmale in diesen Definitionen, die sehr ähnlich sind.
Eine Gruppe kann definiert werden als:1
„Eine soziale Gruppe die eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern (Gruppen-mitgliedern) umfasst. Die zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles (Gruppenziel) über längere Zeit in einem relativ kontinuierlichen Kommunikations- und Interaktionsprozess stehen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit (Wir-Gefühl) entwicklen.“
Eine weitere Definition lautet:2
„Eine Gruppe kann definiert werden als eine Reihe von Individuen,
- die über längeren Zeitraum hinweg in persönlicher Interaktion stehen und
- die gemeinsam, d.h. interdependent, eine von der Leitung des sozialen Systems übertragene Aufgabe erfüllen.“
2.2. Vorteile von Gruppen
„Als soziales Wesen ist der Mensch immer auch Mitglied einer Arbeitsgruppe. Neben dieser formalen Gruppe gibt es auch eine Vielzahl anderer Gruppen, denen er meist freiwillig angehört. Gerade diese letzteren informellen Gruppen bilden nicht unwesentliche Anreize, weil durch eine Zugehörigkeit verschiedene Bedürfnisse des Menschen befriedigt werden können. Folgende Anreize sowie Bedürfnisbefriedigungen sind hervorzuheben: soziale Geborgenheit, Informationsaustausch,Statussymbole, Gruppenanerkennung, Gruppenarbeit.“3
„Mit der Gruppenarbeit werden eine Reihe von Vorteilen angestrebt: Ein Mehr an Autonomie und Qualifikation sowie wechselnde Arbeitsfunktionen für den einzelnen sollen dessen persönliche Arbeitszufriedenheit und Motivation erhöhen. Mit verdichteter Kommunikation und Kooperation in der Gruppe werden Flexibilität im Disponieren und Verantwortungsbereitschaft dafür gefördert, sich für die Lösung auftretender Probleme und die Sicherung der Arbeitsqualität einzusetzen.“4
Im Gegensatz dazu stellt Staehle den organisatorischen Nutzen und den individuellen Nutzen von Gruppenarbeit gegenüber:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Nadler/Hackmann/Lawler (1979), S. 102 zitiert in Staehle (1991), S. 260
Robert Lussier wiederum schreibt, dass der Schlüssel zum Erfolg bei der Benützung von Gruppen seien, die Vorteile zu maximieren und die Nachteile zu minimieren.
Seine wichtigsten Vorteile von Gruppenarbeit sind:
- Bessere Qualität bei den Entscheidungen
- Mehr Information, Alternativen, Kreativität und Innovation
- Gruppenarbeit verbessert die Motivation und
- ist ein gutes Training.5
Weitere Vorteile einer Gruppenbildung sind:
- Es gibt Lernprozesse innerhalb der Gruppe, d.h. jeder lernt von jedem. Die Gruppe ist Träger des Arbeits- und Lernprozesses, zu dem jedes einzelne Gruppenmitglied seinen Beitrag leisten muss und so den Verlauf und die Ergebnisse der Gruppe maßgeblich beeinflusst.
- Jedes Mitglied der Gruppe bring verschiedene Fähigkeiten, Kenntnisse, Erfahrungen aber auch unterschiedliche Einstellungen, Erwartungen und Motive in die Gruppe ein. Dies ermöglicht die Nutzung von verschiedenen Ideen und Problemlösungsansätzen, da die gesamte Gruppe mehr Informationen besitzt als ein Einzelner.
- Gruppenbildung führt zu einer höheren Kommunikation der Gruppenmitglieder untereinander, daraus resultiert ein besseres Betriebsklima und Motivation der einzelnen Arbeitnehmer steigt. Die Mitglieder der Gruppe können die Ängste und Schwächen eines Einzelnen reduzieren.
2.3. Nachteile von Gruppen
Neben den Vorteilen von Gruppen in Organisationen, sind auch eine ganze Reihe von Gefahren bzw. Nachteilen von Gruppen nicht zu vergessen.
Übertriebener Teamgeist, der in Gruppenbefangenheit (Groupthink) umschlägt, kann zu stark getrübten Realitätswahrnehmungen führen und in der Folge zu einer Abnahme von Problemerkenntnis und Problemlösungsfähigkeit.
Außerdem setzten Gruppen organisatorischen Veränderungen höheren Widerstand entgegen:6
Typische Symptome des Groupthink-Phänomens sind:
- „Illusion der Unverwundbarkeit; übertriebener Optimismus und hohe Risikoeignung
- Rationalisierung schlechter, unerwünschter Nachrichten
- Glaube an die moralische Integrität der Gruppe
- Stereotype Qualifizierung der Kritiker als schwach, bösartig und dumm
- Gruppendruck gegenüber potentiellen Abweichlern
- Selbstkontrolle jeglicher Abweichungen vom Gruppenkonsens
- Illusion der Einstimmigkeit; Schweigen bedeutet Zustimmung
- Selbsternannte ‚Mindguards’ schützen die Gruppe vor dissonanten Informationen.“7
3. Die Gruppenbildung
3.1. Die erlebte Gruppenbildung
Die Firma Future Mind 2000 war ein streng hierarchisch geführtes Unternehmen, welches aus Geschäftsführung, Management, sowie aus den einzelnen Abteilungen (Marketing, Controlling, Personal usw.) bestand. Am Vormittag des ersten Tages erhielten wir von der Geschäftsführung den Auftrag, ein marktfähiges Produkt zu entwickeln. Nachdem wir unsere Arbeitsaufträge für die jeweiligen Abteilungen erhalten haben, begaben wir uns in unsere Arbeitsgruppen.
Nach der ersten Kennlernphase widmeten wir uns sofort unserem Produkt. An Motivation fehlte es der Gruppe meiner Meinung nicht, da wir uns alle das Thema PR interessierten. Natürlich gab es am Beginn auch Schwierigkeiten, da einerseits die Gesamtorganisation des Unternehmens nicht reibungslos verlief und uns die Aufgabenstellung andererseits nicht ganz klar war. Schließlich hatte noch niemand von uns ein Produkt im Bereich PR entwickelt. Für die erste Präsentation beschlossen wir, als gesamte Gruppe aufzutreten, da dies unserer Meinung nach Geschlossenheit ausdrückte. Leider wurde unsere Präsentation dadurch zu lange und auch das Produkt wurde nicht vorbehaltlos aufgenommen.
In der darauffolgenden Diskussion innerhalb der Gruppe wurde der Entschluss gefasst, unsere Arbeitsweise zu ändern. Anstatt als gesamte Gruppe am gleichen Denkprozess zu arbeiten, betrieben wir Arbeitsteilung.
Da wir von Erzählungen von anderen Studenten den Ablauf der Lehrveranstaltung kannten, traf uns der sogenannte „Bombenwurf“ nicht aus heiterem Himmel. Nichtsdestotrotz war diese Erfahrung mit Gefühlen wie Angst, Wut, Motivationsverlust, Frustration, aber auch Neugier und Erleichterung verbunden. Vier Mitglieder unserer PR- Gruppe, darunter auch ich, wurden in das Profit- Center „Marketing“ versetzt, eine Person wechselte in ein anderes Profit- Center und ein Mitglied übernahm eine Führungs- und Kontrollfunktion. Erstaunlicherweise verlief die Gruppenbildung in dieser Phase sehr schnell und es kam zu einer Fusion des Produktes unserer Denkfabrik „PR“ und jenem der Denkfabrik „Marketing“.
Es herrschte von Beginn an eine ausgezeichnete Arbeitsteilung: Einige widmeten sich dem Verkauf, andere stellten eine Kostenbilanz auf und wiederum andere bereiteten sich auf die Präsentation vor. Leider wurde unser Produkt vom Interessenten nicht gekauft, jedoch als ausbaufähig beschrieben und am letzten Tag vom Direktorium beibehalten.
3.2. Die Phasen der Gruppenbildung
„Am Beginn der Gruppenbildung steht stets ein zielgerichteter Anlass mehrerer Personen, untereinander Kontakt aufzunehmen. Er kann von außen vorgegeben werden oder in ihrer Mitte selbst entstehen. So kristallisiert eine Gruppe sich stets um ein Gruppenziel.“8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Tuckman 1965, S 396
Abbildung 1: Phasen der Gruppenentwicklung9
Wie es die Literatur zeigt, konnte auch in unserer Gruppe die Entwicklung verfolgt werden.
Wie es die „Forming-Zone“ zeigt, war auch bei uns anfänglich eine gewisse Unsicherheit zu spüren. Durch Gespräche und Aufgabeneinteilung entwickelte sich eine noch sehr kleine Vertrauensbasis, die sich bis zum Ende unseres Kurses deutlich verbesserte. Schlussendlich konnten an den letzten zweieinhalb Tagen Probleme gemeinsam gelöst werden.
Im Gegensatz zu Tuckman unterscheidet Bass vier Phasen der Gruppenentwicklung die sehr optimistisch sind und damit eher ein Ideal als die Realität beschreiben:10
1. Phase: MUTAL ACCEPTANCE
Nach einer ersten Phase des Misstrauens suchen die Mitglieder nach gemeinsamen Aufgaben und fangen an, sich gegenseitig zu akzeptieren.
2. Phase: DECISION MAKING
In einer Atmosphäre der Offenheit werden die Probleme und Rollen definiert, Entscheidungen über die Vorgehensweise getroffen.
3. Phase: MOTIVATION
Die Gruppe kommt in die Reifephase, Kohäsion und Kooperation steigen, man hilft sich gegenseitig.
4. Phase: CONTROL
Die Gruppe arbeitet effizient, die Einhaltung von Gruppennormen wird überwacht, abweichendes Verhalten wird negativ sanktioniert.
3.3. Eigenerfahrung
In unserer Gruppe konnten wir die vier Phasen der Gruppenbildung bis ins Detail miterleben. Jedoch durchlebten wir die Theorie von Bass, die eher ein Ideal als die Realität ist. Wir konnten die erste Phase des Misstrauens sehr schnell überwinden und fanden sogleich gemeinsame Arbeiten, die wir letztendlich auch effizient lösen konnten. In der zweiten Phase „Decision Making“ konnten wir aufgrund der in der ersten Phase erarbeiteten gegenseitigen Akzeptanz mit anfänglichen Problemen die Rollenaufgaben innerhalb der Gruppe verteilen und Entscheidungen über deren Vorgehensweise treffen. Die dritte Phase „Motivation“ ist sicherlich einer der Hauptfaktoren, dass Gruppen effizient und erfolgreich miteinander arbeiten können. Die vierte Phase „Control“ ist meiner Erfahrung zu Grunde nicht so sehr auf das Überwachen und negative Sanktionieren, wie auf das kontinuierliche Motivieren und Stärken der Gruppenkohäsion aufgebaut.
5. Zusammenfassung
Fasse ich die Lerninhalte und Erlebnisse der gesamten Lehrveranstaltung Modul 0 zusammen, so komme ich zur Erkenntnis, dass jedes Unternehmen auch als ein komplexes soziales System gesehen werden muss.
Das Unternehmensplanspiel half mir zu verstehen, dass Erfolg nicht an ein einziges Kriterium gebunden ist, sondern dass er sich nur durch ein harmonisches Zusammenspiel aller Kriterien und Ebenen, vom Top-Management bis hin zur Produktionsstufe, ganz von alleine einstellt. Über den Erfolg eines Unternehmens entscheidet im Wesentlichen die ständige Verbesserung der Produkte bzw. der Produktionsabläufe und die Berücksichtigung der sozialen, innerbetrieblichen Komponenten, wie z.B. Prozesse in Gruppen (Kommunikation, Motivation, Führungsstil, etc.). Ein Management, das solche Ressourcen erkennt, diese auch nützt und aktiv steuert, wird trotz, oder aber vielleicht gerade wegen dieser „menschlichen Komponente“ erfolgreich sein.
Weiters verdeutlichte mir die LV, dass sogenannte Dämpfer keine Tragödie darstellen. Ganz im Gegenteil, sie sind notwendig für einen erneuten Motivationsschub, welcher wiederum zu neuer Kreativität und weiters zur Erstellung eines neuen Produktes führen könnte. Dieses ruft bei den beteiligten Personen schlussendlich ein Gefühl der Zufriedenheit und erneuten Motivation hervor. Es entsteht ein Kreislauf, der sich ständig wiederholt.
Die LV mit dem Grundgedanken „Learning by doing“ hat den Teilnehmern mit unzähligen Denkanstößen sicherlich gezeigt, welche Bedeutung Eigeninitiative für unser späteres Berufsleben hat, welche Auswirkungen bestimmt Schlüsselerlebnisse auf einzelne Gruppen, auf deren Bildung, Rollen sowie Dynamik haben und wie wichtig es ist, zu agieren anstatt zu reagieren.
6. Literaturverzeichnis
Bass, B.M, Organzitional psychology, Bosten 1965
Fehlbaum, Hill, Ulrich, Organisationstheorie, Stuttgart 1981
Lussier, R., Management, Cincinnati/Ohio 1996
Malik, F., Managemente Perspektiven, Bern/Stuttgart/Wien 1994
Richter, M., Personalführung, Stuttgart 1994
Schäfers, M., Organisation, 1994
Staehle, W.H., Management, München 1991
Thommen, J.P./Achleitner A.K., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Wiesbaden 1998
Wöhe, G., Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaft, München 1993
Wunderer, R., Führungslehre 1, Grundlagen der Führungslehre, Berlin 1980
[...]
1 vgl. Schäfers, 1994, S. 20f
2 vgl. Fehlbaum/Hill/Ulrich, 1981, S. 85
3 vgl. Thommen, Achleitner, 1998, S. 656
4 Richter, 1994, S. 110
5 vgl. Lussier, 1996, S. 108f
6 vgl. Staehle, 1991, S. 265
7 Staehle, 1991, S. 266
8 Richter, 1994, S. 105
9 Staehle, 1991, S. 256
10 Bass, B.M., 1965, S. 197f
- Arbeit zitieren
- Rita Dummer (Autor:in), 2000, Die Gruppe und Gruppenbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105148
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