Kognitive Entwicklung nach Piaget
Piaget
= bekanntester europäischer Entwicklungspsychologe
= seine Intelligenzdef.: besondere Art biologischer Aktivität
Grundprinzip:
Streben nach dem Gleichgewicht zwischen
- dem was man weiß, wahrnimmt und versteht
- und dem, was neue Erfahrungen u. Probleme sind
Äquilibration = Findung von Gleichgewicht, d.h. Impuls zum Aufbau komplexerer Systeme erfolgt aus Ungleichgewicht, d.h. fehlschlagende Assimilation, Widersprüche oder kognitiven Konflikten
= STRUKTURENKONSTRUKTION
Äquilibrationsprozess:
Entwicklung der kog. Strukturen von wenig leistungsfähigen widerspruchsanfälligen zu immer leistungsfähigeren, stabilen Strukturen.
Zwei Mechanismen:
1. Assimilation: Anwendung von Konzepten Anpassung von Erfahrung an bestehendes Kog. System
⇒ Assimilation gibt es in jeder Stufe, besonders jedoch in der sensomotorischen Stufe
a) Reproduktive A. = Kinder üben Schema durch wiederholtes Anwenden
b) Generalisierte A. = Spanne der Stiuli vergrößert sich, die zu einem Schema assimiliert werden (z.B. Saugen an Decken und Spielzeug)
c) wiederkehrende A. = Objekte werden gleichzeitig mit der Generalisierung der Schemata
differenziert. Kinder erkennen ein Objekt, wenn sie es adäquat assimilieren (z.B. saugen an der Bruswarze bei Hunger, an der Rassel wenn sie satt sind)
2. Akkommodation: Anpassung an Wirklichkeit
Anpassung von Kog. Strukturen an Wahrnehmung
Anpassungsprozess, der abläuft, wenn das durch fühere Erfahrung aufgebaute Schema einer neuen und vielleicht unerwarteten Erfahrung angepaßt werden muss.
⇒ Die Interaktion zwischen dem menschlichen Wesen und seiner Umwelt ist ein grundlegendes Thema bei Piaget d.h. die Aktion der Person beeinflussen ihre Umwelt, wobei die Umwelt ihrerseits eine geistige Entwicklung in der Person auslöst.
- I. Stufenmodell der kognitiven Entwicklung
1. Sensumotorische Stufe ( 0-2 Jahre)
⇒ Kinder begreifen die Welt durch physische Auswirkungen auf sie.
Das Verhalten entwickelt sich von einfachen Reflexen über verschiedene Schritte zu einer durchstrukturierten Reihe von Schemata
- hauptsächlich Wahrnehmung + Motorik
- Grundlagen für die Denkentwicklung werden gelegt (erste Vorformen des Denkens)
- Konzepte des Raumes, der Zeit und der Kausalität enstehen
- Das sensumotorische Stadium wird nochmals in 6 Unterstufen gegliedert
1. Stufe: Übung angeborener Reflexmechanismen ⇒ Festigung von Schemata
⇒ Der Säugling verstärkt, generalisiert und differenziert in diesem Stadium Verhaltensweisen, die als Reflexe begonnen haben. Er bildet Schemata Bsp.: saugen, greifen
2. Stufe: Primäre Kreisreaktionen
⇒ Ausbildung erster Gewohnheiten
⇒ Einverleibung in eigene
Handlungsschemata
⇒ Primär deswegen, weil der eigene Körper im Mittelpunkt steht
Bsp.: Daumenlutschen ⇒ tritt zwar schon mit der Geburt auf, doch erst jetzt wird es zu einem systematischen koordinierten Verhalten.
3. Stufe: Sekundäre Kreisreaktionen ⇒ Differenzierung von Mittel und Zweck
z.B. Strampeln läßt Glocke bimmeln.
⇒ Sekundär deswegen, weil nun die Reaktionen auf die äußere Welt Bsp.: Schütteln einer Rassel führt zu einem Geräusch
4. Stufe: Koordinierung erworbener Handlungsschemata und Anwendung auf neue Situationen Schmata werden übertragbar, werden aus ihrem Ur-Kontext herausgelöst
5. Stufe: Tertiäre Kreisreaktionen ⇒ Entdeckung neuer Hdl.schemata durch aktives Experimentieren
Kind wird zum Wissenschaftler, die Umwelt zum Labor
6. Stufe: Übergang von sensumotor. Intelligenzakt zur Vorstellung
⇒ Antizipation von Handlungsergebnissen, Verinnerlichung
⇒ Objektpermanenz
2. Voroperationale, anschauliches Stadium (2-7 Jahre)
Joachim Brenner Universität Würzburg
⇒ Kinder können Symbole verwenden ⇒ mentale Repräsentation, Worte, Geste etc.)
⇒ Allgemein:
1. fehlerhafte Assimilation:
- animistische: Wahrnehmung unbelebter Gegenstände als belebt (z.B. Wolken weinen)
- ⇒nalistische: z.B. Steine existieren, damit Häuser gebaut werden können
- arti⇒zialistische: Naturdeutungen (z.B. starke Leute haben Berge gemacht)
2. Egozentrismus: Unfähigkeit sich in andere Dinge hineinzuversetzen
Es besteht eine noch unvollständige Unterscheidung zwischen dem Selbst und der Aussenwelt. Das Kind hat die Tendenz die Welt in der Perspektive des Selbst wahrzunehmen, zu begreifen und zu interpretieren.
RIGIDITÄT DES DENKENS
3.Zentrierung auf einen oder wenige Aspekte (Wasserumschüttversuch)
4. Zentrierung auf Zustände (Vernachlässigung dessen, was zum Zustand führt) ⇒ Unfähigkeit zu dezentrieren, also mehr als eine Dimension zu berücksichtigen Ist normalerweise bis zum Grundschulalter überwunden
a) Stufe des symbolisch- vorbegrifflichen Denkens (2-4 Jahre)
- Verinnerlichung von Handlungen, symbolische Spiele
- Dinge als Symbole z.B. Holzstecken als Degen
⇒ Kind schafft sich bestimmte Vorstellungen d.h. Vorbegriffe, die auf der nächsten Stufe Begriffe werden. Diese Vorstellungen sind jedoch noch sehr unbeständig und kurzlebig.
b) Stufe des intuitiv - anschaulichen Denkens (4-7 Jahre)
- Denken = stark wahrnehmungsabhängig (Bsp: Wasserumfüllaufgabe)
- Entstehung von Oberbegriffen
- vom Beginn des Kindergartenalters bis zur Grundschule
- in dieser Zeit werden viele Grundbegriffe geschaffen.
3. Stufe der konkreten Operationen (7/8 - 11/12 Jahre)
⇒ Erwerb von bestimmten logischen Strukturen, die es ihnen ermöglichen, verschiedene geistigen Operationen durchzuführen.
- von der Grundschule bis zum ersten Jahr in der Sek.
- entscheidendes Merkmal dieser Stufe:
Kind kann sehr einfache Begriffe der Klassi⇒kation, Seriation, Zahl, Länge, Fläche etc. bilden.
- Ermöglicht Bewältigung der Schwierigkeiten von Stufe 2
- Durchführung von logischen Operationen an Gegenständen
- additive Komposition von Klassen: Unter-Oberbegriffe, Kategorisierung, Klassi⇒kationsmerkmale
- Reihenfolge (Länge, Gewicht, Helligkeit): Erstellen korrekter Reihen
- Beachtung mehrerer Details zur selben Zeit ⇒ Erhaltung der Mengen
- Grenze: Kind kann nur die Probleme lösen, wo konkrete Gegenstände verfügbar sind.
4. Stufe der formalen Operationen (ab 11/12 Jahren)
⇒ Geistige Operationen sind nicht mehr auf konkrete Objekte beschränkt, sondern ⇒nden auch Anwendung auf rein verbale oder logische Aussagen.
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- abschließende Stufe
- Fähigkeit zum abstrakten und schlußfolgenden Denken
- Fähigkeit uns anhand von Hypothesen vom Allgemeinen zum Besonderen zu bewegen
- abstrakte Begriffe: Gerechtigkeit, Proportion etc.
- Aufbau kombinatorischer Systeme (bilden die Basis für Hypothesenbildung) Kind bemüht sich um Variablenkontrolle und Hypothesenbildung
- II. Merkmale des Stufenkonzepts
1. Phasenabfolge = invariant, gesetzmäßig [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] umkehrbar
2. Vorangegangene Strukturen = verschwinden nicht, sondern werden neu integriert
3. Kog. Strukturen einer Stufe = integriertes Ganzes
4. Stufen = Vorbereitungsperiode + stabile Endperiode
- III. Konzepte in der Entwicklungstheorie Piagets
1. Adaption: gegenseitige Anpassung zwischen Organismus und Welt
2. Schema: Klassen von Umweltgegebenheiten handhaben verschiedene Dinge werden zu Gleichartigen Abstratkion von Handlungsweisen
3. Kog. Str.: organisierte Verbindungen von Schemata Kategorisierung von Handlungsweisen
4. Piagets Strukturalismus
= Piaget setzt den Strukturalismus unter den Denkpsychologen durch
⇒ Strukturbeschreibung von Fertigkeiten, Denkprozessen, Sachzusammenhängen kann als Modell für Darstellung von Verhalten, Verständnis etc. dienen.
= sein Stufenkonzept ist charakterisiert durch Strukturen, die aus Handlungen und Denkleistungen erschlossen werden.
⇒ verschiedene Denkleistungen erfordern verschiedene Strukturen.
5. Stadium = ein strukturorientiertes Ganzes in einem Zustand des Gleichgewichts
- IV. Abgrenzung zu anderen Theorien
- Piaget weist folgende Theorien zurück, da diese Lernen nicht als geistige Entwicklung sehen: ⇒ KK (Pawlow)
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⇒ Lernen am Erfolg (Thorndike)
⇒ Wahrscheinlichkeitslernen
⇒ Diskriminationslernen
V. Bedeutung für die Schule: Lernanforderungen
a) Transfertheorie
- Förderung der Nutzungschancen aufgebauter Strukturen für Problemlösung in anderen Bereichen
- Herausarbeitung struktureller Gemeinsamkeiten
- Transfer auf neue Inhalte umso leichter, an je mehr unterschiedlichen Gegenständen die Struktur angewandt wurde.
b) Ableitung aus Konzept der Beweglichkeit
- verschiedene Wege zum gleichen Ergebnis z.B. Ja-nein-Ratespiel
c) Ableitung aus Äquilibrationsprozess
- multiples Klassifizieren durch Anbieten von Konfliktfällen
- induzieren von Konflikten ⇒ Lösung vom Schüler suchen lassen
d) Piagets Erziehungsideologie
- Aufbau der Struktur kann nicht gelehrt werden
- Lernende müssen Unzulänglichkeit ihrer Auseinandersetzung begreifen, um es ändern zu können
- Lehrer muss Erkenntnismöglichkeiten richtig einschätzen und angemessene Probleme vorlegen
- keine unverstandene Übernahme der Erkenntnisse des Lehrers
- favorisiert offenen UR, Interaktion mit Gleichaltrigen, genetische Methode
- Individuum aktiv, Umwelt passiv.
e) Kinder
= sind was ihre Denkprozesse betrifft, keine jungen Erwachsenen. Sie denken qualitativ anders als Erwachsene. Für den Lehrer heißt dies intellektuelle Einfühlung
= in der Grundschule lernen besonders gut, wenn sie mit konkreten Objekten umgehen
= der Gebrauch vom entdeckenden Lernen scheint in der Grundschule besonders geeignet
- VI. Kritik an Piaget
1. Er unterschätzt die Fähigkeiten der Kinder im sensumotorischen Stadium
2. Er hat sich zu stark auf Beschreibungen verlassen, die Kinder von ihren Denkvorgängen geben
3. Daher: Theoriebildung = eher spekulativ
4. Altersangaben: nur Annäherungswerte. Durch gezieltes Training kann ⇒ früher Stufen erreichen
5. Kognition = determiniert er ausschließlich biologisch ⇒ das kritisiert Brainerd
Joachim Brenner Universität Würzburg
- Quote paper
- Joachim Brenner (Author), 2001, Piagets Stufenkonzept, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103392
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